Virealer Raum und sozialräumliche Soziale Arbeit : Handlungsmöglichkeiten gegen digitale geschlechtsbezogene Gewalt
Vor 2017 und der Kampagne vom Bundesverband Frauenberatung und Frauennotrufe (bff o. J.) fand im deutschsprachigen Raum wenig gesellschaftlicher oder wissenschaftlicher Diskurs über digitale geschlechtsbezogene Gewalt statt. (vgl. Bauer u. a. 2021) Ebenso wird das Potenzial des digitalen Raums für die vireal, reflexive sozialräumliche Soziale Arbeit kaum wahrgenommen. Der Begriff "vireal" soll dafür mit seiner akronymen Verwendung von "virtuell" und "real" (vgl. INM - Institut für Neue Medien 1996) die Verwobenheit von digitalem und analogem Sozialraum beschreiben. (vgl. Ketter 2014: 301) Digitale geschlechtsbezogene Gewalt bezeichnet zusammengefasst die Tatsache, dass Frauen* als soziale Gruppe (neben BIPOC und LGBTIQ) mit einer größeren Bandbreite an Gewaltformen konfrontiert werden als andere Betroffene von digitaler Gewalt. (Frey 2020: 42) Deswegen wurde in dieser Arbeit zuerst versucht, den Raumbegriff zu erweitern für eine vireale, reflexiv sozialräumliche Soziale Arbeit in Bezug auf digitale geschlechtsbezogene Gewalt, um dann potenzielle vireale sozialräumliche Handlungsstrategien gegen diese Gewaltform entdecken zu können. Damit ergibt sich folgende zweigliedrige Forschungsfrage: Welche Handlungsstrategien des Entgegentretens gegen digitale geschlechtsbezogene Gewalt gegen Frauen* bestehen bereits im Internet und welche Möglichkeiten ergeben sich daraus für eine vireale sozialräumliche Soziale Arbeit? Zur Beantwortung sind Inhalte der Webauftritte von zwölf – im Internet und analog agierenden – Projekten gegen digitale (geschlechtsbezogene) Gewalt mit der inhaltlich strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse nach Kuckartz (2018) analysiert worden. Chancen für eine vireale sozialräumliche Soziale Arbeit wurden darauf aufbauend mit fachspezifischer Literatur abgeglichen und näher analysiert. Die empirische Datenanalyse zeigt unterschiedliche Potenziale, wie sich eine vireale sozialräumliche Soziale Arbeit wissens- und bewusstseinsbildend, empowernd und ressourcenstärkend gegen digitale geschlechtsbezogene Gewalt einsetzen kann. So fokussieren sich die Projekte umfangreich und vielseitig auf die inhaltliche Sensibilisierung, Wissensvermittlung beziehungsweise Aufklärung. Auch die Zusammenarbeit und Vernetzung zwischen Professionellen hat in der Konzeption und Ausführung der Projekte einen hohen Stellenwert. Vor allem die generierten Kategorien Safe Spaces, Plattformen, Communities, Storytelling und Sprecherinnen* Raum geben und sichtbar machen haben die Überlegungen zu Digital Storytelling und Online- beziehungsweise Blended-Streetwork als weitere, literaturbasierte Potenziale einer wortwörtlich virealen, reflexiv sozialräumlichen Sozialen Arbeit geprägt. Mit ersterem können gruppenbezogen individuell und kollektiv empowernde sowie bewusstseinsbildende Prozesse gestartet werden. Zweitere Methode zeigt die Vorteile einer virealen Präsenz als Streetwork im digitalen sowie analogen Raum. Die Thesis zeigt damit erste Schritte auf, wie sozialräumliche Soziale Arbeit vermehrt mit Adressatinnen*-fokussierten und virealen Möglichkeiten gegen digitale geschlechtsbezogene Gewalt vorgehen kann. ; Before 2017 and the campaign of the Bundesverband Frauenberatung und Frauennotrufe (bff o. J.), there was little social or scientific discourse on digital gender-based violence in German-speaking countries. (cf. Bauer et al. 2021) Likewise, the potential of the digital space for vireal, reflexive socio-spatial social work is hardly noticed. The term "vireal", with its acronymic use of "virtual" and "real" (cf. INM - Institute for New Media 1996), is intended to describe the interweaving of digital and analogue social space. (cf. Ketter 2014: 301) Digital gender-based violence refers in summary to the fact that women* as a social group (alongside BIPOC and LGBTIQ) are confronted with a wider range of forms of violence than other victims of digital violence. (Frey 2020: 42) Therefore, this thesis first attempted to expand the concept of space for a vireal, reflexively socio-spatial social work in relation to digital gender-based violence, in order to then be able to discover potential vireal socio-spatial strategies of action against this form of violence. This leads to the following two-part research question: What strategies for action to counter digital gender-based violence against women* already exist on the internet and what possibilities arise from this for a vireal socio-spatial social work? To answer this question, the contents of the websites of twelve projects against digital (gender-based) violence – operating on the Internet and analogously – were analysed using the content-structuring qualitative analysis according to Kuckartz (2018). On this basis, opportunities for a vireal socio-spatial social work were compared with subject-specific literature and therefore analysed in greater detail. The empirical data analysis shows different potentials for how a vireal socio-spatial social work can be used against digital gender-based violence in a knowledge- and awareness-raising, empowering and resource-strengthening manner. Thus, the projects focus extensively and in varied ways on sensitization, knowledge transfer and education. The cooperation and networking between professionals is also of great importance in the conception and execution of the projects. Above all, the generated categories Safe Spaces, Platforms, Communities, Storytelling and give speakers space and make them visible have shaped the considerations for Digital Storytelling and Online- or Blended-Streetwork as further, literature-based potentials of a literally vireal, reflexive social-spatial social work. With the former, individual and collective empowering and awareness-raising processes can be initiated on a group-by-group basis. The second method shows the advantages of a vireal presence as streetwork in digital as well as in analog space. The thesis show shows first steps on how vireal socio-spatial social work can address digital gender-based violence by being addressee-focused and taking vireal possibilities. ; Abweichender Titel laut Übersetzung der Verfasserin/des Verfassers ; Masterarbeit Wien, FH Campus Wien 2021