Evangelische Pfarrer in Deutschland
In: Bildungssystem und Professionalisierung in internationalen Vergleichen, S. 248-278
Der Beitrag untersucht anhand gedruckter Quellen die Professionalisierung des Berufes des evangelischen Pfarrers in Deutschland von der Reformation bis heute. Seit der Reformation war der Pfarrer mit der Verpflichtung zur Weiterbildung nach der akademischen Ausbildung zum Gelehrten geworden. Die Geistlichkeit gehörte nicht zur politischen Führungsschicht, hatte aber großen informellen Einfluß. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts wurde die innere Berufung des Pfarrers durch die erfolgreich abgeschlossene akademisch-theologische Bildung ersetzt. Der Anteil der aus Pfarrhäusern stammenden Pfarrer sank über die Zeit von ca. 50 v.H. auf 20 v.H. Seit dem 19. Jahrhundert gewann das Pfarramt zunehmend Züge einer neuartigen, staatsbezogenen Professionalität mit Verwissenschaftlichung und Spezialisierung. Ansätze zur Professionalisierung zeigten sich besonders in der Teilhabe der Theologen an der bildungsbürgerlichen Kultur, bei der staatlichen Religionspolitik und den Veränderungen in der pfarramtlich-kirchlichen Organisation sowie im Wandel von Berufswissen und Berufsverständnis. Die kirchlichen Verfassungsreformen, die wachsende Abhängigkeit der Pfarrer von der landeskirchlichen Verwaltung und der Rückgang in der Kirchlichkeit in den Großstädten führten zum Zusammenschluß der Pfarrer in Pfarrvereinen als Standesorganisation. (AM)