Intimsphäre und Zeugenpflicht: Der Schutz der Intim- und Privatsphäre des Zeugen bei seiner Vernehmung im Strafverfahren
In: Düsseldorfer Rechtswissenschaftliche Schriften v.129
Wer als Zeuge im Strafverfahren auszusagen hat, muss nach der Strafprozessordnung über alles Auskunft geben, was für die Aufklärung des Sachverhalts von Bedeutung sein kann. Dies gilt auch für sehr private Informationen, etwa über Krankheiten oder Sexualität. Es ist allerdings zweifelhaft, ob der de lege lata bestehende unbedingte Vorrang des Interesses an der Erforschung der Wahrheit vor dem Interesse des Zeugen am Schutz seiner Intim- und Privatsphäre heute noch eine sachgerechte Lösung darstellt. Dagegen sprechen die gewachsene Sensibilität für die Bedeutung der Privatsphäre auf verfassungs- und menschenrechtlicher Ebene, aber auch ein gewandeltes Verständnis von der Bedeutung der Wahrheitssuche im Strafverfahren. Gudrun Fink schlägt moderne und ausgewogene Lösungen für die Problemfelder vor, wobei sie auch die legitimen Verteidigungsinteressen berücksichtigt. Die Autorin ist Richterin im Oberlandesgerichtsbezirk Düsseldorf. In German criminal proceedings, witnesses are obliged to testify on anything that may be relevant for finding the truth. This includes information on intimate matters, such as illness and sexual conduct. In recent years, however, the importance of privacy interests has gained strong support in national and international human rights law, whereas the emphasis on truth-finding in the German criminal process has declined. It is doubtful, therefore, whether the absolute priority of the interest in truth-finding, as proclaimed by German courts under the Code of Criminal Procedure, still provides an acceptable solution for the conflict between the interests of justice and of privacy. In this book, Gudrun Fink develops reasonable compromise solutions which also take legitimate defence interests into account. Gudrun Fink is a judge in the district of the State Court of Appeals of Düsseldorf. Reihe Düsseldorfer