Die Konstitution von Bürgerrollen in organisierten Beteiligungsverfahren zur Nanotechnologieentwicklung : ein Ländervergleich ; The constitution of citizen roles in organised participation processes on nanotechnology development : a country comparison
Seit über 25 Jahren wird der Einsatz von Bürgerbeteiligungsverfahren zu Fragen der Technikentwicklung und -implementierung von unterschiedlichsten Erwartungen auf verschiedenen Seiten begleitet und führt regelmäßig zu Ernüchterungen bei Beobachtern und Beteiligten. Ausgehend von dieser Beobachtung untersucht diese Arbeit, welche Zuschreibungen an die Rolle des Bürgers in der Governance neuer Technologien durch Bürgerbeteiligungsverfahren erzeugt bzw. zum Ausdruck gebracht werden. Die Untersuchung geht der Annahme nach, dass in organisierten Bürgerbeteiligungsverfahren sich jeweils eine bestimmte Form der Bürgerrolle manifestiert, die sich jeweils auf ein bestimmtes Verständnis der Wissenschafts- und Technikkultur sowie der Wissenschafts- und Technikgovernance der Sponsoren und/oder Organisatoren des Verfahrens zurückführen lässt. So lassen sich über die Analyse von Bürgerbeteiligungsverfahren dominante oder sich wandelnde Verständnisse von der Rolle der Bürger in der Technikkultur und Technikgovernance ablesen. Danach müsste sich im Ländervergleich zeigen, dass die Rolle der Bürger in Beteiligungsverfahren zu vergleichbaren soziotechnischen Fragestellungen jeweils durch den länderspezifischen Kontext geprägt wird. Empirisch wird diese Annahme in einem Vergleich von gut dokumentierten Beteiligungsverfahren zur Nanotechnologie aus Großbritannien, Frankreich und Deutschland überprüft. Der Untersuchungsansatz geht dabei über den vieler Fallstudien zur Bürgerbeteiligung in der Wissenschafts- und Technikforschung hinaus und analysiert nicht nur einzelne Beteiligungsverfahren nach normativen Kriterien im Hinblick auf ihre Qualität und Performance. Bürgerbeteiligungsverfahren sollen vielmehr als ein Phänomen betrachtet werden, an welchem sich die Sichtweisen und Einstellungen ihrer Auftraggeber, Organisatoren und Adressaten über das Verhältnis zwischen den Bürgern auf der einen und Politik, Forschung und sonstigen in der Technologieentwicklung und -governance involvierten Akteuren auf der anderen Seite ablesen lassen. Im Vordergrund der Untersuchung steht die Fragestellung, wie in Bezug auf die Beteiligungspraxis Bedeutungen von der Rolle des Bürgers in der Technologiegovernance hergestellt, kommuniziert und interpretiert werden. Beteiligungsverfahren und die durch sie konstituierte Bürgerrolle werden dabei auch als Bestandteile von Diskursen betrachtet. Damit verfolgt diese Arbeit ein Erkenntnisinteresse, welches dem interpretativ-hermeneutischen Ansatz der Policyanalyse nahesteht. ; For more than 25 years, the use of citizen participation processes on issues of technology development and implementation has been accompanied by the most diverse expectations on different sides leading regularly to disappointments among observers and participants. Based on these observations, this thesis examines the ascriptions to the role of the citizen in the governance of new technologies that are generated or expressed by citizen participation processes. The study is based on the assumption that in organised citizen participation processes a certain form of citizen role manifests itself, each of which can be traced back to a certain understanding of the scientific and technological culture and the scientific and technological governance of the sponsors and/or organisers of the process. In this way, the analysis of citizen participation processes reveals dominant or changing understandings of the role of citizens in technology culture and technology governance. Accordingly, a comparison of countries would have to show that the role of citizens in participation processes on comparable socio-technical issues is shaped by the respective country-specific context. Empirically, this assumption is verified in a comparison of well-documented participation processes in the field of nanotechnology in Great Britain, France and Germany. The research approach goes beyond many case studies on public participation in science and technology studies and does not only analyse individual participation processes according to normative criteria with regard to their quality and performance. Rather, citizen participation processes are to be regarded as a phenomenon that reveals the views and attitudes of their clients, organizers and addressees regarding the relationship between citizens on the one hand and politics, research and other actors engaged in technology development and governance on the other. The focus of the study is on the question of how, in relation to participation practice, meanings of the role of the citizens in technology governance are produced, communicated and interpreted. Participation processes and their constituting of the role of citizens are also regarded as elements of discourses. Thus, this study pursues an epistemological interest that is close to the interpretative-hermeneutic concept of policy analysis.