"Der vorliegende Artikel argumentiert, dass kritisch-feministische Perspektiven auf Gesellschaft und Ökonomie einer utopietheoretischen Erweiterung bedürfen. Dies gilt vor allem dann, wenn sie sich real vorhandenen emanzipatorischen Praxen verpflichtet fühlen. Denn diese 'konkreten Utopien' sind auch auf der analytischen Ebene nur unter Einbezug einer utopietheoretischen Perspektive adäquat abzugrenzen und zu analysieren. Der Artikel sondiert in diesem Sinne kritisch vorliegende Ansätze aus dem theoretischen Utopiediskurs. Ziel dabei ist es, eine aktualisierte feministisch-utopietheoretische Position im Kontext von kritischer Gesellschaftstheorie zu konturieren." (Autorenreferat)
Die Autorin verfasst eine kommentierende Einleitung zu den Beiträgen von S. Maurer "Utopisches Denken statt Utopie? Gedankenexperiment und (unbestimmte) Grenzüberschreitung als feministische Politik", A. Standhartinger "Religion, Utopie und Emanzipation. Feministische Auslegungen von Galater 3,28 in Geschichte und Gegenwart" und von R. Kahl "Geschlechts(rollen)wechsel im japanischen Jugendcomic - ein utopisches Moment". Die drei Texte bewegen sich in dem Feld zwischen der Frage nach den Inhalten feministischer Utopien einerseits und den Bedingungen, unter und in denen feministische Utopien gedacht, entworfen und praktiziert werden können. Die von R. Kahl durchgeführte Medienanalyse lässt den Schluss zu, dass das Motiv des Geschlechtsrollenwechsels alleine noch keine emanzipatorische Utopie entwerfen kann. Auch das neutestamentarische Taufbekenntnis, auf das sich die Überlegungen von A. Standhartinger beziehen, verspricht nicht die Aufhebung des Unterdrückungsverhältnisses zwischen Mann und Frau. Nach Meinung von S. Maurer lassen sich feministische Emanzipationsbestrebungen in erster Linie als praktische und gedankenexperimentelle Kritik an Herrschaft und deren Verdeckungszusammenhängen verstehen, die ihren utopischen Impuls aus der ständigen Reflektion der eigenen Erfahrung bezieht. (ICB)
Reconciling work and family life is one of the main issues of welfare state policies in the fields of childcare and long-term care. On that account, policy and research are focused almost exclusively on women – often on the reconciliation of work and childbearing – and social policy at the state level. In our study, we concentrate on men who reconcile gainful employment with elderly care, and we include the company level – a level of analysis often neglected in traditional theoretical approaches and typologies of comparative welfare state research. In Germany, during the last decade, the share of sons who are responsible for taking care of their elderly relatives has remarkably increased. In our qualitative research, we carried out comparative case studies in eleven German companies. We conducted around 60 interviews with male employees caring for an elderly relative, as well as with members of the works councils and human resources departments in different kinds of companies. We analysed which familial, social, professional, legal as well as occupational resources are central for these men, how they cope with reconciling work and care, and which gaps in the welfare system they identify. Interestingly, the overwhelming majority of the caring sons claim not to have problems in reconciling work and care, although they spend significant time on caring. In this paper we try to explain this pattern by looking at their typical care arrangements. We found that while women tend to organise employment around care, men rather seem to organise care around their employment. Given the feminist critique of the "adult worker model" this is an interesting result and needs theoretical reflection. Do men have the solution to the care-blindness of the "adult worker model" without falling into the "cold modern model of care"? Which resources are mainly used in "adult worker care arrangements"? Where are the limits of the approach? ; Die Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Sorgearbeit ist ein wichtiges Handlungsfeld wohlfahrtsstaatlicher Politik. Vorhandene Studien nehmen dabei vorwiegend die Vereinbarkeit von Kindererziehung und Beruf durch Frauen in den Blick, und betrachten überwiegend staatliche Politiken. In dieser Studie geht es um Männer, die erwerbstätig sind und gleichzeitig pflegen. Wir beziehen dabei auch die betriebliche Ebene ein, eine Analyseperspektive, die in den theoretischen Ansätzen und Typologien der vergleichenden Wohlfahrtsstaatsforschung eher vernachlässigt wird. In Deutschland ist der Anteil der pflegenden Söhne in den letzten Jahren deutlich angestiegen. In unserer qualitativen Studien haben wir elf Betriebsfallstudien in deutschen Unternehmen durchgeführt und dabei rund 60 Interviews mit erwerbstätigen, pflegenden Männern sowie betrieblichen Interessenvertretungen der Beschäftigten und Personalabteilungen von Unternehmen geführt. Im Zentrum standen dabei betriebliche, familiäre, soziale und rechtliche Ressourcen der pflegenden Männer, deren Bewältigungsmuster bei der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf sowie von ihnen identifizierte Lücken des wohlfahrtsstaatlichen Systems. Die überwiegende Mehrheit der pflegenden Söhne gibt dabei an, keine Vereinbarkeitsprobleme zu haben, obwohl sie beträchtliche Zeit mit den unterstützenden und pflegerischen Aufgaben verbringen. Im Aufsatz versuchen wir diesem Puzzle nachzugehen, indem wir typische Pflegearrangements herausarbeiten. Es zeigt sich, dass die hier untersuchten Söhne in der Regel die Pflege um ihre (Vollzeit-)Erwerbstätigkeit herum organisieren, während Frauen ihre Erwerbstätigkeit tendenziell nach der Pflege ausrichten. Vor dem Hintergrund der feministischen Kritik am "adult worker model" wird dies näher diskutiert: Haben die Männer etwa eine Lösung für die Blindheit des "adult workel models" für Sorgearbeit, ohne ins "cold modern model of care" zu verfallen? Welche Ressourcen werden in "adult worker care arrangements" vor allem genutzt? Wo liegen Grenzen dieses Ansatzes?
Abstract We carried out comparative case studies in eleven German companies and conducted interviews with male employees caring for an elderly parent. The overwhelming majority of the sons claim not to have problems in reconciling work and care, although they spend significant time at care work. In the paper we try to explain this pattern by looking at their typical work and care arrangements. We show that male care is organized all around full time employment.