Islamisten und Terroristen haben sich schon vor langer Zeit im Jemen als parallele Macht im Staat etablieren können. Seit dem Fall des Taliban-Regimes in Afghanistan und der Zerschlagung al-Qaidas im Irak haben Terroristen im Jemen eine ideale Rückzugs- und Operationsbasis gefunden. Durch seine strukturellen Schwächen bietet der Jemen eine ideale Basis für terroristische Organisationen. Seit 2006 formiert sich dort nun eine neue al-Qaida-Organisation. Diese Entwicklung beunruhigt die Region sowie westliche Staaten. Die politische, soziale und ökonomische Stabilisierung des Jemens liegt daher im gemeinsamen Interesse der jemenitischen Regierung, der Anrainerstaaten und des Westen, um dem internationalen Terrorismus seine Basis zu entziehen. In HSFK-Report Nr. 07/2010 "Luftpost aus dem Jemen - Ein fragiler Staat im Kampf gegen den Terror" bennent Maurice Döring die Ursachen und Folgen der strukturellen Schwäche des Jemen und deren Bedeutung für die gegenwärtige Stärke des Terrornetzwerks al-Qaida. Schließlich ergänzt der Autor seine Analyse mit Handlungsempfehlungen für eine neue Anti-Terror-Politik.
Re-instate a national body to ensure coordination and harmonization of policies across different sectors, which would help institutionalize a transparent national multi- stakeholder dialogue on energy planning. Include different interest groups in policy consultation and optimize domestic research capabilities to provide innovative solutions and evidence-based policy advice in addressing Tunisia's main energy transition challenges. Assess local socio-economic impacts of energy projects through mandatory social impact studies. Ensure further effective local grievance mechanisms and independent judicial prosecution of pollution and threats to public health. Legally substantiate local governments' stake in the development and implementation of public and private energy projects with respect to their local impacts and adhere to legally required participatory processes and open governance principles. Use the technical potential of renewable energy to increase decentralized electricity production and encourage local communities and local governments to develop their own local energy projects.
Réinstituer un organisme national pour assurer la coordination et l'harmonisation des politiques dans différents secteurs et contribuer à institutionnaliser un dialogue national pluripartite transparent sur la planification énergétique. Inclure les différents groupes d'intérêt dans la consultation politique et optimiser les capacités de recherche nationales pour apporter des solutions innovantes et un conseil en matière politique scientifiquement fondés concernant les principaux défis de la transition énergétique en Tunisie. Évaluer les conséquences socio-économiques locales des projets énergétiques au moyen d'études d'impact social obligatoires. Garantir des mécanismes locaux supplémentaires efficaces de recours et des procédures judiciaires indépendantes concernant la pollution et les menaces liées à la santé publique.independent judicial prosecution of pollution and threats to public health. Justifier juridiquement l'intérêt des collectivités locales au développement et à la mise en œuvre des projets énergétiques publics et privés dans l'optique de leur impact local, à leur adhésion aux processus participatifs exigés légalement et à la création de principes de gouvernance ouverte. Exploiter le potentiel technique des énergies renouvelables afin d'augmenter la production décentralisée d'électricité, et encourager les communautés et les collectivités locales à développer leurs propres projets énergétiques locaux.
"Islamisten und Terroristen haben sich schon vor langer Zeit im Jemen als parallele Macht im Staat etablieren können. Seit dem Fall des Taliban-Regimes in Afghanistan und der Zerschlagung al-Qaidas im Irak haben Terroristen im Jemen eine ideale Rückzugs- und Operationsbasis gefunden. Durch seine strukturellen Schwächen bietet der Jemen eine ideale Basis für terroristische Organisationen. Seit 2006 formiert sich dort nun eine neue al-Qaida-Organisation. Diese Entwicklung beunruhigt die Region sowie westliche Staaten. Die politische, soziale und ökonomische Stabilisierung des Jemens liegt daher im gemeinsamen Interesse der jemenitischen Regierung, der Anrainerstaaten und des Westen, um dem internationalen Terrorismus seine Basis zu entziehen. Der Autor bennent die Ursachen und Folgen der strukturellen Schwäche des Jemen und deren Bedeutung für die gegenwärtige Stärke des Terrornetzwerks al-Qaida. Schließlich ergänzt er seine Analyse mit Handlungsempfehlungen für eine neue Anti-Terror-Politik." (Autorenreferat)
Der Forschungsbericht des Netzwerks "Connecting Research on Extremism in North Rhine-Westphalia", kurz CoRE-NRW, ist eine Handreichung, welche die aktuelle Landschaft der Radikalisierungs- und Extremismusforschung systematisch präsentiert. Die dargestellte Forschungslandschaft bezieht sich dabei nicht allein auf spezielle wissenschaftliche Vorhaben und Einrichtungen in den Forschungsfeldern Islamismus und Rechtsextremismus, sondern bezieht auch die Auseinandersetzung mit angrenzenden und querschnittlich verlaufenden Aspekten, wie u.a. Antisemitismus, Rassismus und Verschwörungserzählungen, mit ein. Der Forschungsbericht beinhaltet wissenschaftliche Projekte und Forschungseinrichtungen, die im Berichtszeitraum von August 2021 bis Juli 2022 einschlägige Forschung betrieben haben. Der Bericht ist in drei Cluster gegliedert: 1) Islamismus, 2) Rechtsextremismus und Rassismus sowie 3) Phänomenübergreifende Forschung und andere Formen des Extremismus. Innerhalb dieser Cluster wird die in NRW angesiedelte Forschung besonders hervorgehoben. Die Forschungslandschaft in NRW wird zudem auf der Webseite www.core-nrw.de präsentiert. Darüber hinaus werden im Forschungsbericht auch ausgewählte Vorhaben und Einrichtungen außerhalb NRWs vorgestellt. Dies umfasst sowohl in anderen Bundesländern angesiedelte, bzw. bundesweite Verbundforschung ohne direkten NRW-Bezug als auch Projekte auf europäischer Ebene. Die Kurzprofile zu den Forschungsunternehmungen leisten einen informativen Überblick, inklusive der Forschungsfragen, Methodik sowie erster Ergebnisse und aktueller Publikationen. Insgesamt werden 66 Vorhaben und Einrichtungen vorgestellt. Davon befinden sich 29 in NRW oder forschen mit Beteiligung einer in NRW ansässigen Einrichtung. Darunter sind acht Forschungsprojekte, die vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft NRW im Rahmen von CoRE-NRW gefördert werden bzw. im Berichtszeit wurden. Die CoRE-NRW-Projekte decken alle drei Themencluster ab und betrachten unterschiedliche Teilaspekte. Im Cluster "Islamismus" sind drei Projekte im Berichtszeitraum aktiv gewesen, die sich mit der Präventionslandschaft und -diskursen (BICC, TU Dortmund), sowie mit den Alltagspraktiken salafistischer Gruppen (Universität zu Köln) auseinandersetzen. Im Cluster "Rechtsextremismus und Rassismus" legen CoRE-NRW-Projekte den Fokus auf verschiedene, in der Forschung bisher vernachlässigte Themen wie z.B. die Perspektive von Betroffenen rassistischer Gewalt (TH Köln), Formen der Hasskriminalität (Ruhr-Universität Bochum), Konzepte und Debatten der Neuen Rechten (DISS) und vigilantische Gruppen in NRW (Hochschule Düsseldorf). Im Cluster Drei befasst sich das CoRE-NRW-Projekt EMRA mit einer vergleichenden Modellierung von Radikalisierungsprozessen (Hochschule des Bundes, Universität Münster). Der Forschungsbericht ist keine erschöpfende Darstellung der Forschungslandschaft, weder in NRW noch bundesweit oder in Europa. Es gibt viele Wissenschaftler:innen, die jenseits von Drittmittelprojekten und Institutionen mit explizitem Fokus auf Radikalisierung oder Extremismus zu Themen, die für das Forschungsfeld relevant sind, arbeiten, jedoch im vorliegenden Bericht nicht erfasst werden oder aus bestimmten Gründen nicht im Forschungsbericht auftauchen möchten. Grundsätzlich steht CoRE-NRW und die Publikationsreihe des Netzwerks, zu der auch dieser Forschungsbericht gehört, allen Forscher:innen, die engverwandte Forschungsansätze oder -beiträge präsentieren wollen, offen.
Die Covid-19-Pandemie und die zu ihrer Eindämmung getroffenen Maßnahmen haben die wirtschaftlichen und kulturellen Aktivitäten und das gesellschaftliche Leben in der Bundesrepublik Deutschland nachhaltig beeinträchtigt. Neben der Sorge um die Gesundheit sind erhebliche Auswirkungen auf die ökonomische Existenz vieler Betriebe, das Einkommen abhängig Beschäftigter, die Situation von Kindern, Jugendlichen und älteren Menschen sowie hinsichtlich der Einschränkung von Grundrechten zu verzeichnen. Zum Teil sind die von den Regierungen in Bund und Land sowie den Verwaltungen erlassenen Maßnahmen auf dem Rechtsweg überprüft und aufgehoben worden. An vielen Stellen wurde auch Protest gegen die beschlossenen Maßnahmen organisiert. Das sichtbarste Protestgeschehen auf den Straßen und Plätzen wurde von einer inzwischen als Bewegung auftretenden Vielzahl von Einzelpersonen, Gruppen, Netzwerken und Parteien organisiert, die sich selbst als "Freiheitsbewegung", als "Querdenker" oder auch als "Corona-Rebellen" bezeichnen. Sie kritisieren nicht einzelne Maßnahmen, sondern argumentieren entlang der zentralen Behauptung, dass die Covid-19-Pandemie nicht gefährlicher sei als eine Virusgrippe (Influenza). Damit leugnen sie die spezifischen Gefahren der Pandemie. Aus diesem Grund bezeichnen wir diese Bewegung als Pandemie-Leugner*innen. In dieser Bewegung gibt es eine Vielzahl von Erzählungen darüber, was der tatsächliche Grund für die Maßnahmen der Regierung sind, denn der eigenen Bewertung nach rechtfertigt die von Covid-19 ausgehende Gefahr solche weitreichenden Maßnahmen nicht. Ein großer Teil der Redner*innen, Teilnehmer*innen und dieser Bewegung verbundenen Medien folgt zur Erklärung Verschwörungserzählungen, deren antisemitischer Gehalt vielfach evident ist; insofern geht es weniger um die konkret beschlossenen Maßnahmen und deren (vermeintliche) Unverhältnismäßigkeit, sondern um weitreichende politische Zwecke. Im politischen Raum und in den Medien hat es früh Vermutungen darüber gegeben, dass die Aktivitäten der verschwörungserzählenden Pandemie-Leugner*innen auch Akteur*innen der populistischen bzw. extremen Rechten anziehen könnten bzw. diese Bewegung einen solchen Charakter habe oder annehmen könne (Crolly 2020; Frigelj et al. 2020). Das vorliegende Kurzgutachten nimmt solche Überlegungen als Ausgangspunkt und fragt mit Blick auf Nordrhein-Westfalen zentral danach, ob diese Proteste durch Akteur*innen der extremen Rechten initiiert und gesteuert werden oder ob die extreme Rechte die von Gruppen wie Querdenken durchgeführten Proteste zu instrumentalisieren versucht. Für eine angemessene Beurteilung dieser Frage bedarf es der Beschreibung und Analyse mehrerer Dimensionen; hierzu sind quantitativer Umfang und Dynamik der Proteste ebenso zu untersuchen wie die im Rahmen der Protestversammlungen sichtbar werdenden Akteur*innen und Milieus. Darüber hinaus geht es um die Darstellung und Analyse der Positionierung der verschiedenen Strömungen der extremen Rechten gegenüber der Covid-19-Pandemie bzw. den staatlicherseits zu deren Einhegung beschlossenen Maßnahmen. Schließlich werden die im Rahmen der Protestversammlungen dargebotenen Erklärungen und zentralen Begriffe einer kontextualisierenden Darstellung unterzogen; dieser Auseinandersetzung mit Struktur und Inhalt aktueller Verschwörungserzählungen folgt ein Fazit, das die zentralen Ergebnisse der Untersuchung zusammenfasst. Zu diesem Zweck haben Forscher*innen des Forschungsschwerpunktes Rechtsextremismus/Neonazismus der Hochschule Düsseldorf im Zeitraum 1. Juli bis 30. September 2020 eine umfangreiche Datenerhebung durchgeführt (Kapitel 2). Diese erlaubt es, den Umfang der Proteste in Nordrhein-Westfalen für das gesamte Bundesland, aber auch für die Regierungsbezirke in Grundzügen abzubilden (Kapitel 3). Es folgt die exemplarische Darstellung des Protestgeschehens in der Landeshauptstadt Düsseldorf (Kapitel 4). Auf der Grundlage der erhobenen Daten werden sodann relevante Gruppen und Strukturen vorgestellt, die die Proteste organisieren bzw. an ihrer Durchführung mitwirken (Kapitel 5). Im Anschluss an eine Darstellung der Positionierung und der Aktivitäten verschiedener Akteur*innen der populistischen/extremen Rechten (Kapitel 6) werden die relevantesten Verschwörungserzählungen und Schlagworte aufgegriffen, die im Rahmen des Protestgeschehens relevant gesetzt wurden (Kapitel 8) sowie durch das Geschehen mobilisierte Milieus skizziert (Kapitel 9). Das Kurzgutachten endet mit einem zusammenfassenden Fazit.
Präventionsprojekte gegen extremistische Radikalisierung werden derzeit häufig innerhalb der Tätigkeitsbereiche und Strukturen der Jugendsozialarbeit konzipiert und gefördert. Die Vermengung von Sozialer Arbeit und Prävention vermittelt dabei insbesondere muslimischen Jugendlichen den Eindruck, pauschal unter Radikalisierungsverdacht zu stehen. Um solche kontraproduktiven Stigmatisierungseffekte zu vermeiden, sollten Mittelgeber Förderlinien und Projektangebote der Sozialen Arbeit nicht unter den Titel "Radikalisierungsprävention" stellen. Radikalisierungsprävention sollte ausschließlich Maßnahmen umfassen, die einen konkreten Bezug zu einer extremistischen und gewaltaffinen Ideologie aufweisen. Dies schließt die anlassbezogene Fallarbeit mit potenziell gewaltbereiten Individuen sowie die Aufklärung und Sensibilisierung zu spezifischen Formen des gewalttätigen Extremismus ein. Die Jugendsozialarbeit leistet einen wichtigen Beitrag, die Resilienz gegen extremistische Ideologien zu stärken. Allerdings führen befristete Projektmittel - auch aus Töpfen der Radikalisierungsprävention - dazu, dass Träger Angebote nicht nachhaltig gestalten können. Die Landesregierung sollte daher eine langfristige und finanziell abgesicherte Strategie entwickeln, die Regelstrukturen für Jugendsozialarbeit auf kommunaler Ebene gewährleistet. Mittelgeber sollten sich bei den Förderstrukturen für Radikalisierungsprävention nicht auf ein spezifisches Phänomen wie den "gewaltbereiten Salafismus" beschränken. Gewaltaffine extremistische Milieus sowie durch sie geschaffene Bedrohungslagen entwickeln sich dynamisch und in Wechselwirkung zueinander. Die Strukturen der Präventionsarbeit müssen darauf reagieren können. Neben islamistischen Strömungen abseits des extremistischen Salafismus stellen insbesondere Rechtsextremismus und Rassismus derzeit eine große Herausforderung dar.
Prävention gegen islamistische Radikalisierung ist nach wie vor ein wichtiges Politikfeld in Nordrhein-Westfalen. Wie aber stellt sich die aktuelle Problemlage aus Sicht kommunaler Präventionsakteure im Bundesland dar? Wo sehen lokale Präventionsberaterinnen und -berater, Lehrkräfte, Fachkräfte der Sozialen Arbeit, kommunale Behördenvertreterinnen und -vertreter sowie Polizistinnen und Polizisten die aktuell größten Herausforderungen? Welchen Beitrag können sie in ihrem Arbeitsfeld zur Verhinderung einer islamistischen Radikalisierung leisten? Was für Bedarfe haben sie in dieser Hinsicht? Was braucht es für eine wirksame Prävention? Und was wird unter dem Begriff der "Prävention" überhaupt verstanden? Diese Fragen stehen im Zentrum dieses BICC Working Paper. Wir unterscheiden dabei zwischen einem engen und einem breiten Verständnis von Prävention. Präventionsarbeit im engeren Sinn bezieht sich auf die konkrete Fallarbeit mit Individuen, die bereits Anzeichen einer Hinwendung zu islamistischen Ideologien und/oder Szenestrukturen erkennen lassen, sowie auf Aufklärungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen. Breiter gefasste Prävention setzt hingegen bei den angenommenen strukturellen Ursachen islamistischer Radikalisierung an. Die Herausforderungen in diesem Arbeitsfeld spiegeln häufig größere gesellschaftliche Kontroversen, beispielsweise rund um das Thema "Integration", wider. Breit gefasste Prävention befasst sich zudem meist mit verschiedenen Ausformungen des Extremismus, etwa auch mit antimuslimischem Rassismus und Rechtsextremismus.
Die Zunahme rechtextremistisch motivierter Straftaten in polizeilichen Kriminalstatistiken schlägt sich in den konkreten, alltäglichen Erfahrungen der Beratungsstellen gegen Rechtsextremismus nieder. Beraterinnen und Berater können die hohe Nachfrage nach Unterstützung kaum bewältigen. Das Land Nordrhein-Westfalen (NRW) muss für die Beratungsarbeit im Problemfeld Rechtsextremismus zusätzliche personelle und materielle Kapazitäten zur Verfügung stellen. Wichtig ist hierbei, Regelstrukturen den Vorrang zu geben, statt auf zeitlich befristete Projekte zu setzen. Menschen, die sich am Anfang eines Hinwendungsprozesses zu rechtsextremen Ideologien und/oder Szenestrukturen befinden, stehen bisher nicht im Fokus der Präventionsarbeit in NRW. Gerade in dieser frühen Phase stehen die Chancen jedoch mutmaßlich gut, einer Radikalisierung erfolgreich entgegenwirken zu können. Das Land sollte zusätzliche finanzielle Mittel bereitstellen, um eine intensive und beratende Fallarbeit mit radikalisierungsgefährdeten Personen zu ermöglichen. Beratungsstellen sollten auf das Problemfeld Rechtsextremismus konzentriert, lokal verankert und vernetzt sein. Das Land sowie die Kreise und kreisfreien Städte in NRW haben zu prüfen, welche bestehenden Strukturen eine Grundlage für den Aufbau einer solchen fallbezogenen Präventionsarbeit bieten können. Dabei können sie ggf. aus den Erfahrungen mit lokalen Beratungsstellen in der Arbeit gegen Islamismus lernen.
Die Schutzverantwortung des Staates gebietet, dass die Bundesregierung angesichts der katastrophalen humanitären Lage von Gefangenen in Nordsyrien mit den lokalen Behörden über die Rückholung dort inhaftierter Deutscher verhandelt. Je länger deutsche Staatsangehörige ohne klare Perspektive, unter menschenunwürdigen Bedingungen und in volatiler Sicherheitslage in den ehemaligen IS-Gebieten gefangen bleiben, desto größer wird das Risiko einer verstärkten oder erneuten Radikalisierung. Flucht aus den Lagern und fortgesetzte Aktivität in terroristischen Gruppierungen stellen ein Bedrohungspotenzial dar. Eine baldige Rückführung ist deshalb nicht nur humanitär geboten, sondern dient auch deutschen Sicherheitsinteressen. Personen, die in jüngerer Vergangenheit aus den ehemaligen IS-Gebieten nach Deutschland gekommen sind bzw. in Zukunft einreisen werden, sind z. T. stärker traumatisiert und radikalisiert als frühere Rückkehrende. Zudem sind mehr Frauen und Kinder darunter. Um deren therapeutischen und pädagogischen Bedarfe erfüllen zu können, muss die NRW-Landesregierung mehr Ressourcen zur (trauma-)psychologischen Betreuung der Rückkehrenden erschließen sowie schnellere behördliche Hilfen zur Stabilisierung von Betroffenen mit Kindern ermöglichen. Die auf Landesebene angesiedelten Rückkehrkoordinierenden können hierbei eine wichtige Steuerungsfunktion übernehmen, indem sie Bedarfe erheben und entsprechend Ressourcen vermitteln. Die Ausstiegsbegleitung der Rückkehrenden aus IS-Gebieten wird noch viele Jahre in Anspruch nehmen. Auch sind ideologisch motivierte Ausreisen deutscher Staats- angehöriger in Kriegsgebiete aller Wahrscheinlichkeit nach kein vorübergehendes Phänomen. Mittel- bis langfristig sollten Ausstiegsprogramme darauf eingestellt sein, auch mit Rückkehrenden aus anderen Kriegsgebieten sowie mit Angehörigen anderer extremistischer Phänomenbereiche zu arbeiten. Dabei können sich sowohl die geographischen als auch die ideologischen Bezüge ändern. Bundesregierung und Landesregierungen müssen die Ausstiegsstrukturen für den Umgang mit Deutschen, die sich im Ausland verschiedenen extremistischen Gruppen anschließen, dauerhaft festigen und eine grundsätzliche Rückholpolitik verfolgen.
Extremist:innen greifen zunehmend auf dunkle sozialen Medien zurück. Der Begriff der dunklen sozialen Medien umfasst verschiedene Typen alternativer Sozialer Medien (soziale Kontermedien wie Gab, kontextgebundene alternative Soziale Medien wie VKontakte, Fringe Communities wie 4Chan), ebenso wie verschiedene Typen dunkler Kanäle (ursprünglich private Kanäle wie Telegram und Separée-Kanäle wie geschloßene Facebook-Gruppen). Das vorliegende Gutachten beleuchtet die Gelegenheitsstrukturen für Extremismus und Extremismusprävention, die sich durch die Verlagerung hin zu dunklen Sozialen Medien ergeben. Hierfür werden in einem theoretischen Rahmenmodel Einflussfaktoren auf drei Ebenen verknüpft: (1) Regulierung (etwa durch das NetzDG) auf der gesellschaftlichen Makro-Ebene. (2) Verschiedene Genres und Typen (dunkler) sozialer Medien auf der Meso-Ebene einzelner Angebote. (3) Einstellungen, Normen und technische Affordanzen als Motivatoren menschlichen Verhaltens im Sinne der Theorie des geplanten Verhaltens (Ajzen und Fishbein, 1977) auf der Mikro-Ebene. Basierend auf diesem Rahmenmodel werden die Gelegenheitsstrukturen für Extremismus und Extremismusprävention mit Hilfe zweier Studien untersucht: (1) Einer detaillierten Plattformanalyse dunkler und etablierter Sozialer Medien (N = 19 Plattformen). (2) Eine Literaturanalyse (> 'scoping review') des Forschungsstandes zu (dunklen) Sozialen Medien im Kontext von Extremismus und Extremismusprävention (N = 142 Texte). Die Ergebnisse der Platformanalyse ermöglichen nuancierte Einblicke in die Gelegenheitsstrukturen, die sich durch unterschiedliche Typen und Genres (dunkler) Sozialer Medien ergeben. Das Scoping Review bietet einen Überblick über die Entwicklung des Forschungsfeldes und die typischen Untersuchungsmethoden, die eingesetzt werden. Auf der Grundlage der erhobenen Daten werden Forschungsdesiderata und Implikationen für die Extremismusprävention diskutiert.
Das BICC Working Paper untersucht Herausforderungen und Bedarfe der Radikalisierungsprävention in Justizvollzugsanstalten (JVAen) Nordrhein-Westfalens. Die Ergebnisse basieren auf Interviews, die das Projektteam am BICC 2021 mit Akteur:innen der Präventionsarbeit innerhalb und außerhalb des Justizwesens von NRW führte. Das BICC Working Paper unterscheidet zwischen drei Arbeitsbereichen der Prävention: Erstens, direkte und indirekte Maßnahmen, die Radikalisierungsprozesse in JVAen gar nicht erst entstehen lassen oder in einem sehr frühen Stadium unterbinden wollen (u. a. religiöse Seelsorge für Inhaftierte, Angebote der politischen Bildung). Zweitens, der Umgang mit bereits radikalisierten Gefangenen in Haft, insbesondere die Arbeit der staatlichen und zivilgesellschaftlichen Ausstiegsprogramme in JVAen. Drittens, die Bedeutung von Prävention in der Arbeit der Bewährungshilfe, also nach der Haftentlassung. Im Vergleich zu den anderen Bereichen haben Programme der Radikalisierungsprävention im Justizwesen diesen Aspekt bisher vernachlässigt. Schließlich ist eine wichtige Erkenntnis, dass sich die Problemwahrnehmung in den JVAen in letzter Zeit diversifiziert hat. Standen ursprünglich islamistische Bewegungen im Zentrum der Aufmerksamkeit, arbeiten Präventionsakteur:innen zunehmend auch rechtsextremen Hinwendungstendenzen entgegen.
Präventionsbeauftragte leisten einen wichtigen Beitrag, um extremistische Radikalisierungsverläufe unter Inhaftierten zu verhindern. Jedoch gibt es bislang nur fünf Präventionsbeauftragte in NRW, die im geschlossenen Jugendvollzug arbeiten. Dieses Stellenkontingent reicht nicht aus, um den bestehenden Bedarf zu decken. Es sollte in jeder JVA des Landes eine:n Präventionsbeauftragte:n geben. Rechtsextreme und verschwörungsideologische Denkmuster nehmen unter Inhaftierten zu. Um dieser Problemlage gerecht zu werden, sollte die Einstellung zusätzlicher Präventionsbeauftragter mit einer expliziten Erweiterung ihres Mandats auf alle Formen von Extremismus einhergehen. Muslimische Religionsbetreuer:innen können in den JVAen in NRW nur per Honorarvertrag für maximal zehn Stunden pro Woche eingestellt werden. Insbesondere fehlt die Option einer Festanstellung in Vollzeit, was eine deutliche Schlechterstellung im Vergleich zur christlichen Seelsorge im Strafvollzug bedeutet. Das Justizministerium NRW sollte Schritte in Richtung einer Gleichstellung unternehmen und Möglichkeiten einer Festanstellung ausloten. Zivilgesellschaftliche Träger spielen eine wichtige Rolle bei der Präventionsarbeit. Fast alle finanzieren sich in NRW über zeitlich begrenzte Projektförderungen, weshalb sie die große Nachfrage aus den Haftanstalten nicht nachhaltig bedienen können. Das Land NRW sollte die Finanzierung jener zivilgesellschaftlichen Projekte übernehmen, die sich in den letzten Jahren bewährt haben, und ihre Überführung in Regelstrukturen veranlassen. Bestehende Präventionskonzepte im Justizwesen NRWs gehen kaum auf die Bewährungshilfe ein. Das Justizministerium NRW sollte die präventiven Kompetenzen der Bewährungshilfe durch ein größeres Angebot von Weiterbildungen, einen Praxisleitfaden mit klaren Regelungen zum Datenschutz sowie die Bestellung professioneller Ansprechpartner:innen in den Gerichtsbezirken stärken.
Im Zuge des Medienwandels und der stetigen Ausdifferenzierung verfügbarer Online-Angebote verlagert sich nicht nur das alltägliche Leben zunehmend ins Digitale, sondern auch die Aktivitäten extremistischer Akteure. In Folge technologischer und gesellschaftlicher Entwicklungen (z.B. hinsichtlich zunehmender Gewaltbereitschaft im Rahmen von Covid-19-Demonstrationen) rücken Befürchtungen, das Internet könne eine Radikalisierung fördern, in den Fokus wissenschaftlicher und öffentlicher Debatten. Die Durchdringung des Alltags durch das Internet ist daher auch zentral bei der Analyse, Diskussion und Prävention von Radikalisierungsdynamiken. Die genaue Rolle des Internets in Radikalisierungsprozessen hängt dabei von verschiedenen Faktoren ab. Anhand einer systematischen Literaturanalyse von 216 Publikationen zu Radikalisierung im Internet wird ein Überblick über das Forschungsfeld generiert. Die Systematisierung der Literatur erfolgt auf drei Betrachtungsebenen, nämlich (1) der Unterscheidung von Wirkmechanismen auf Mikro-, Meso- und Makroebene, (2) der Modellierung von Radikalisierungsdynamiken entlang des Kommunikationsprozesses (Kommunikator:innen, Inhalt, Medium, Rezipient:innen) sowie (3) der differenzierten Betrachtung unterschiedlicher digitaler Räume im Kontext ihrer Nutzungspotenziale (Affordanzen) für extremistische Akteure. Darauf aufbauend werden Forschungslücken und Potenziale für künftige Studien sowie Handlungsempfehlungen für Akteure aus Praxis und Politik abgeleitet. Die Analyse verdeutlicht: Das Internet kann Radikalisierungsdynamiken beschleunigen, indem es die Effektivität und Effizienz potenziell radikalisierender Kommunikationsprozesse erhöht, beispielsweise durch den Zugang zu größeren, globalen Zielgruppen oder Reichweitensteigerung. Extremistische Akteure nutzen das volle Angebotspotenzial und multimediale Inhalte (z.B. Videos, Podcasts, Memes) werden mit teils hohem Aufwand zielgruppenorientiert produziert. Die Angebotsstrukturen des Internets und (alternativer) sozialer Medien ermöglichen auch eine Selbstradikalisierung unabhängig von Offline-Kontakten. Auf unmoderierten Plattformen werden extremistische Inhalte, Hassrede und Hetze verbreitet, Anschlagsplanung ermöglicht und Fringe Communities, die thematisch zum Teil hochgradig spezifisch erscheinen (z.B. Incels, Manosphere) und trotzdem ideologische Überschneidungen zu bekannten extremistischen Bewegungen haben, können gedeihen. Die großen sozialen Medienplattformen sind weiterhin zentral für extremistische Akteure zur Reichweitengenerierung, Rekrutierung sowie Mobilisierung. Online-Radikalisierung ist niemals von Offline-Geschehen entkoppelt und eine Trennung von digital versus 'realweltlich' ist wenig zielführend, weil Internetnutzung ein zunehmend selbstverständlicher Bestandteil des Alltags ist. Welche Charakteristika digitaler Kommunikationsangebote Radikalisierung fördern und in welchem Umfang, kann auf Basis des aktuellen Forschungsstandes nicht ausreichend beantwortet werden. Das liegt 1) allgemein an der Komplexität der Erforschung von Radikalisierungsdynamiken, 2) der noch dünnen Befundlage zu Online-Radikalisierung, 3) der hohen Schwierigkeit und Kosten, die Kommunikationsdiffusion über digitale Räume hinweg zu erforschen, 4) der Verantwortungsverweigerung von Plattformunternehmen und 5) der Dynamik technischer Veränderung und digitaler Infrastrukturen. Um Online-Radikalisierung besser zu verstehen, müssen die Forschungslücken adressiert werden. Erweiterungsbedarf besteht unter anderem bei der Entwicklung und empirischen Überprüfung von Indikatoren für Online-Radikalisierungsdynamiken, aber auch bei Untersuchungen zu Gruppenprozessen sowie Betrachtungen im Längsschnitt. Wissenschaft, Prävention, Politik und Sicherheitsbehörden müssen im kontinuierlichen Austausch stehen, wenn in Gewalt kulminierende Radikalisierungsdynamiken sowie Extremismus konsequent begegnet werden soll.
Am 29. November 2019 fand in Düsseldorf das CoRE-NRW-Netzwerktreffen zum Thema "Salafismus- und Extremismusforschung 2020: Prävention, Wissenstransfer, Vernetzung" statt. An diesem interdisziplinären Austausch nahmen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die in verschiedenen Forschungsdisziplinen zum Thema Radikalisierung arbeiten, sowie Vertreterinnen und Vertreter aus der Präventionsarbeit und der Landesverwaltung teil. In seinem Grußwort hob Thorsten Menne, Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen (MKW NRW), hervor, wie wichtig angesichts der aktuellen Bedrohungslage die praxisrelevante, freie Forschung des CoRE-NRW-Netzwerkes ist. CoRE-NRW könne dazu beitragen, neue Perspektiven zu entwickeln, gerade auch, wenn Praxispartnerinnen und -partner in den Forschungskontext mit einbezogen werden. Die neue Koordinierungsstelle, die seit August 2019 beim Friedens- und Konfliktforschungsinstitut BICC in Bonn angesiedelt ist, könne im Auftrag des MKW unterstützen, diese Zusammenarbeit zu stärken.