Unglücks-Zwangsversicherung?: eine Kritik staatlicher Katastrophenhilfe
In: Politik, Moral und Religion - Gegensätze und Ergänzungen: Festschrift zum 65. Geburtstag von Karl Graf Ballestrem, S. 379-398
Katastrophen sind potentielle Wahlschlager: Die jeweils Regierenden können in rituellen Gewändern (Gummistiefel, Regenjacke, Helm) Katastrophen besichtigen und mit rituellen Gesten Betroffenheit und Tatkraft demonstrieren. Einprägsame, simple Worte begünstigen die Wiederwahlchancen von Regierenden. Zum Unterschied von privater Hilfsbereitschaft ist staatliche Katastrophenhilfe jedoch nicht gratis, sondern wird durch Steuern bezahlt. Sie ist politische Disposition über knappe Ressourcen, die nicht im Privateigentum der Politiker stehen. Der Autor unterscheidet hier zwei Formen der Katastrophenhilfe: Schadensbegrenzende Maßnahmen (Prävention), Schadenersatz (Kompensation). Der Autor zeigt, dass man den gegenwärtig üblichen humanitär-politischen Aktionismus (Naturkatastrophe als Wahlschlager) nicht gänzlich als Propaganda ablehnen muss. Allerdings bleibt in der Regel unklar, welcher Katastrophengeschädigte "wirklich bedürftig" ist. Selbst wenn man die rein materiellen Verhältnisse des Geschädigten kennte, wüsste man noch nichts über die viel wichtigeren höchstpersönlichen Ressourcen (Energie, Spannkraft, Intelligenz), mit Hilfe derer der Geschädigte die Katastrophe bewältigen kann. Dieses Nichtwissens eingedenk, sind als staatliche Katastrophenhilfe wohl am ehesten Kredite sinnvoll, welche die Frist verlängern, innerhalb derer sich herausstellen kann, wer wirklich dauerhafter Hilfe bedürftig ist. (ICA2)