Die auflösungsgerichtete Vertrauensfrage
In: Der Staat: Zeitschrift für Staatslehre und Verfassungsgeschichte, deutsches und europäisches öffentliches Recht, Band 45, Heft 1, S. 45-82
ISSN: 0038-884X
Im Mittelpunkt des vorliegenden Beitrags steht eine Untersuchung der neuen Rechtsprechung des BVerfG zur Bundestagsauflösung, wobei insbesondere auf Änderungen gegenüber dem ersten Bundestagsauflösungsurteil (1983) eingegangen wird. Den Gegenstand der Erörterung bilden zunächst die grundsätzliche Zulässigkeit der auflösungsgerichteten Vertrauensfrage und die scheinbare Paradoxie der Vertrauensabstimmung. Sodann wird das vom BVerfG in der ersten Bundestagsauflösungsentscheidung 1983 eingeführte und im vergangenen Jahr fortgebildete ungeschriebene Tatbestandsmerkmal des Art. 68 GG, die "materielle Auflösungslage" bzw. "politische Lage der Instabilität", untersucht. Es folgt eine Betrachtung der verfassungsgerichtlichen Kontrolldichte. Anschließend wird die durch das BVerfG vorgenommene Subsumtion der Vorgänge um die Bundestagsauflösung unter den verfassungsrechtlichen Anforderungen erörtert. Der Beitrag schließt mit der Untersuchung eines Folgeproblems, nämlich den Auswirkungen vorgezogener Neuwahlen auf sogenannte "kleine Parteien". Insgesamt sieht der Autor keine Notwendigkeit, dem Bundestag, wie nach der Bundestagswahl von 2005 diskutiert, durch Grundgesetzänderung ein Selbstauflösungsrecht zu geben. (ICA2)