Die systemische Relevanz der Versicherungswirtschaft ist im Nachgang der Finanzkrise seit 2007 ein in Fachkreisen viel diskutiertes Thema, das von den Debatten rund um die Kreditwirtschaft überschattet wird. Mit dieser Publikation erscheint nun erstmals eine Abhandlung, die sich allein der Assekuranz widmet und wesentliche Erkenntnisse über deren Bedeutung zusammen trägt. Vor dem Hintergrund der Systemtheorie wird der Frage nachgegangen, inwiefern sich in der Versicherungsindustrie systemische Risiken manifestieren können, die die Gesellschaft - ähnlich wie zuletzt die Kreditinstitute - in eine tiefe Krise stürzen können. Dazu vermittelt die Autorin ein umfassendes Verständnis zur systemischen Bedeutung von Versicherungsunternehmen für das Finanz- und Gesellschaftssystem und geht auf mögliche Kriterien zur Identifikation systemisch relevanter Versicherungsunternehmen ein. Sie analysiert in der Folge die systemische Relevanz der Versicherungswirtschaft und untersucht darüber hinaus die Lebens-, Komposit- und Rückversicherungssparte sowie die Ebene der Gruppen und Konzerne. Zahlreiche historische Beispiele vermitteln den notwendigen Kontext und illustrieren die Bedeutung und Vernetzung der Versicherungswirtschaft. Den umfangreichen rechtlichen, regulatorischen und unternehmenspolitischen Konsequenzen ist ein eigenes Kapitel gewidmet. Das Werk wendet sich an Entscheidungsträger und Mitarbeiter aus den Bereichen der Unternehmenssteuerung, Politik und Aufsicht. Ferner ist es dem an der Versicherungswirtschaft und deren Leistungen interessierten Leserkreis aus Theorie und Praxis zu empfehlen.
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[Vorwort] Die Systemrelevanz von Banken ist im Zusammenhang mit der globalen Finanzmarktkrise 2007/08 ff. in Bankenpraxis, Regulierung und Wissenschaft zu einem sehr wichtigen Thema geworden, das von kontroversen Diskussionen begleitet ist. Dies ist nicht überraschend, ist doch davon auszugehen, dass als systemrelevant eingestuft zu werden, für die betreffenden Banken mit Vorteilen an den Kapitalmärkten verbunden ist. Ihre Refinanzierungskosten sinken und ihre Ratings verbessern sich. Doch die damit verbundenen systemischen Effekte - Renten durch eine implizite Staatsgarantie - haben weitreichende Fehlallokationen zur Folge. Auf der Grundlage ihrer Masterarbeit analysiert Susanne Günther in diesem IfG-Arbeitspapier die politischen Maßnahmen, die im Zusammen-hang mit den Gefahren durch systemrelevante Banken ergriffen wurden, im Hinblick auf ihre ökonomischen Wirkungen. Susanne Günther konzentriert sich auf die Global-Systemically Important Banks (G-SIB) und deren Eigenkapitalvorgaben durch BASEL III. Im Rahmen dieser Regulierungsmaßnahme müssen diese Banken, die wesentlich für ein funktionierendes globales Wirtschaftssystem sind, je nach Grad ihrer System-relevanz eine höhere Eigenkapitalquote vorhalten als andere Banken. Frau Günther legt die offizielle und zu regulatorischen Zwecken verwendete Liste dieser Banken ihrer Untersuchung zugrunde. Im Rahmen einer Eventstudie prüft sie, ob die Finanzmärkte die ergriffenen regulatorischen Maßnahmen für die G-SIB als restriktives Signal einpreisen und kann bemerkenswerte Ergebnisse präsentieren. Dieses Arbeitspapier entstammt dem 'IfG-Forschungscluster I: Institutionenökonomische Analysen und Regulierungsthemen'.
This article explores the question of what systemic relevance means in times of the pandemic and to what extent "systemic relevance" could become a component of the socio-political semantics of the 21st century. To answer this question, empirical, theoretical, and thought-experimental considerations are being combined. The first part understands systemic relevance as an actor category and examines the term's career and shifting meanings in different discursive contexts. The second part understands systemic relevance as an analytical category and discusses three theoretical perspectives that accompany the establishment of quasi-sociological observational schemes in everyday life and politics. Finally, the third part is devoted to the conceptual challenges for sociology during and after the pandemic. Starting from a conceptual gap in the discourse of systemic relevance, it is argued that we cannot talk meaningfully about systemic relevance without at the same time considering the expected or planned duration with which certain institutions are being closed down or put into minimal operation in critical situations.
ZusammenfassungDer Beitrag identifiziert zunächst das auch Anfang des 21. Jahrhunderts ausgeprägte strukturelle Beharren auf der Zuweisung generativer Sorgearbeit an die weibliche Genusgruppe bei stetig steigendem Bildungsniveau der Frauen als eine entscheidende Ursache für die im europäischen Vergleich besonders starke Abnahme von Familienbildungsprozessen und rückläufigen Solidaritätsressourcen in Deutschland. Am Beispiel der Sorgearbeit für pflegebedürftige Angehörige wird herausgearbeitet, welche lebenslaufbezogenen Nachteile sich derzeit für diejenigen ergeben, die diese gesellschaftlich notwendigen, aber kaum anerkannten und mit einer Erwerbstätigkeit selten kompatiblen Fürsorgeleistungen privat übernehmen. Unter Rückgriff auf das Sachverständigengutachten zum Ersten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung werden Handlungsperspektiven aufgezeigt, die aus diesem Dilemma herausführen: Lebenslauftheoretisch gesehen, geht es um die Auflösung der traditionell nach Geschlecht getrennten Lebenswege und um eine Neujustierung sämtlicher Lebenslauf begleitenden Institutionen, so dass die Verbindung von Bildungs-, Erwerbs- und generativer Sorgearbeit als Grundmuster der Biographie einer Person und zwar unabhängig vom Geschlecht in unterschiedlichen Mischungen und mit flexiblen Übergängen gelebt werden kann.AbstractThe article identifies one of the determining factors for the – compared on a European level – particularly strong decline of family development processes and declining resources of solidarity in Germany. It is found in the assignment of generative care work to the female which is still structurally persistent at the beginning of the 21st century, while the women's educational level is steadily increasing. The example of private care for relatives illustrates how providing care services entails life-course disadvantages for the caregiver. Care work is essential for society but it is merely recognized as such and often incompatible with regular employment. In reference to the expertise for the Federal Government's first gender equality report, perspectives leading out of this dilemma are pointed out: the traditional gendering of lives needs to be abolished and all the institutions attending on the individual's biography need to be readjusted in order to offer not a predefined but flexible combination of education, professional life, and private generative care work as a basic model of life, regardless of gender. ; Der Beitrag identifiziert zunächst das auch Anfang des 21. Jahrhunderts ausgeprägte strukturelle Beharren auf der Zuweisung generativer Sorgearbeit an die weibliche Genusgruppe bei stetig steigendem Bildungsniveau der Frauen als eine entscheidende Ursache für die im europäischen Vergleich besonders starke Abnahme von Familienbildungsprozessen und rückläufigen Solidaritätsressourcen in Deutschland. Am Beispiel der Sorgearbeit für pflegebedürftige Angehörige wird herausgearbeitet, welche lebenslaufbezogenen Nachteile sich derzeit für diejenigen ergeben, die diese gesellschaftlich notwendigen, aber kaum anerkannten und mit einer Erwerbstätigkeit selten kompatiblen Fürsorgeleistungen privat übernehmen. Unter Rückgriff auf das Sachverständigengutachten zum Ersten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung werden Handlungsperspektiven aufgezeigt, die aus diesem Dilemma herausführen: Lebenslauftheoretisch gesehen, geht es um die Auflösung der traditionell nach Geschlecht getrennten Lebenswege und um eine Neujustierung sämtlicher Lebenslauf begleitenden Institutionen, so dass die Verbindung von Bildungs-, Erwerbs- und generativer Sorgearbeit als Grundmuster der Biographie einer Person und zwar unabhängig vom Geschlecht in unterschiedlichen Mischungen und mit flexiblen Übergängen gelebt werden kann.
Der Beitrag nimmt den im Frühjahr 2020 virulent gewordenen Begriff der Systemrelevanz zum Anlass, sich der Involviertheiten der Sozialen Arbeit in die gegenwärtigen kapitalistischen Formationen, wie sie sich in wohlfahrtsstaatlichen Arrangements manifestieren, zu vergewissern. Dabei wird nicht die Frage gestellt, ob Soziale Arbeit systemrelevant ist, sondern wie sich diese Relevanz beschreiben lässt und was dies wiederum für eine macht- und herrschaftskritische Soziale Arbeit bedeutet.
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Die Sektionen der Arbeitssoziologie (ÖGS) und der Arbeits- und Industriesoziologie (DGS) haben auf dem gemeinsamen Kongress von DGS und ÖGS im letzten Sommer im Zusammenhang mit der Corona-Krise die Frage nach dem "Wert der Arbeit" gestellt. In unserem Beitrag arbeiten wir den besonderen Wert von Dienstleistungsarbeit im Kund*innenkontakt heraus – generell, aber auch unter den … "Zur Systemrelevanz interaktiver Arbeit – in der Corona-Krise und darüber hinaus" weiterlesen
Soziale Berufe zeichnen sich durch hohe Systemrelevanz bei niedrigem Einkommen aus. Berufe in der Pflege, Erziehung und Sozialarbeit werden ganz überwiegend von Frauen ausgeübt. Beschäftigte in sozialen Berufen arbeiten häufig in Teilzeit. Vielfach arbeiten die Beschäftigten nicht im gewünschten Stundenumfang. Gesundheitspflegende wollen besonders oft Stunden reduzieren, während in der Altenpflege sowie Erziehung und Sozialarbeit Beschäftigte oft mehr Stunden arbeiten wollen. Vielfach sind die Beschäftigten durch großen Zeitdruck belastet. Viele Beschäftigte erwägen, die Stelle zu wechseln. Höherer Stundenlohn, mehr Zeitautonomie und nachhaltiges Gesundheits- und Belastungsmanagement wären bedeutsame Impulse für die Aufwertung sozialer Berufe.