Die Schuldenkrise und Zweifel am Erfolg traditioneller Entwicklungsprojekte haben zu Beginn der achtziger Jahre den Gedanken der "Hilfe zur Selbsthilfe" in den Vordergrund gerückt. Der Autor fragt nach Chancen und Gefahren der Selbsthilfeförderung für die Entwicklungsländer und die betroffenen Gruppen. Er stützt sich dabei auf 15jährige Erfahrungen mit gruppenbezogener Selbsthilfeförderung in der Bundesrepublik und in Lateinamerika. Diskutiert werden die Probleme der Gemeinwesenarbeit, der Selbsthilfeförderung, Basisarbeit, Armutsbekämpfung, Grundbedürfnisstrategie und der Förderung des informellen Sektors. Konventionelle Entwicklungsmaßnahmen sind nach Aussagen des Autors normalerweise günstig für den Staat und die Privatwirtschaft in der Dritten Welt, nicht aber für den informellen Sektor und die Armen. Hierfür bedürfe es spizieller armutsorientierter Strategien, die nach Aussagen des Autors auch viel effizienter seien, als gemeinhin angenommen werde.
Am Beispiel der Selbsthilfeförderung werden die Grenzen herkömmlicher administrativer Regelungsstrategien in der Sozialverwaltung aufgezeigt. Im Anschluß an eine Darstellung von Art und Umfang der Selbsthilfeförderung wird erörtert, welche neuen Probleme und Anforderungen sich bei der öffentlichen Selbsthilfeförderung für die Verwaltungen ergeben. Es wird auf die aktuelle Praxis dieser Förderung und deren Problematik eingegangen. Die Ausführungen zeigen, daß die Praxis der Selbsthilfeförderung den Anforderungen, die für eine auch im Sinne der Kommunen optimale Nutzung von Selbsthilfegruppen zu beachten wären, zu einer stärkeren Dezentralisierung von Entscheidungsstrukturen und stärkeren Beteiligung von Selbsthilfegruppen zu gelangen und somit die "Selbstregulierung" dieser Gruppen zu unterstützen sind Schritte in diese Richtung. Es werden Entwicklungsperspektiven einer kooperativen Beziehung zwischen Verwaltung und Bürgern aufgezeigt. (GF)
"Selbsthilfe setzt Unzufriedenheit voraus und Ziele: eigene Ziele. Durch Selbsthilfe greifen Menschen in den gesellschaftlichen Entwicklungsprozeß ein und 'überholen' dabei die Entwicklung (Bloch). Selbsthilfe heißt den Menschen dort, wo sich höhergeordnete und gemeinhin entwicklungsprägende Systeme als dysfunktional erweisen, ihr Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen. Hierbei können sie und ihr Handeln von Fall zu Fall mit dem Staat kollidieren oder aber ihn substituieren. Vielerorts im ländlichen Afrika hat sich der Staat als dysfunktional erwiesen. Aber wo er früher, indem er sie zu instrumentalisieren suchte, oft ein Hemmnis für echte Selbsthilfe war, entstehen heute Freiräume: 'In vielen Ländern der Dritten Welt, insbesondere in Afrika, hat der Staat in den letzten Jahren so sehr an Einfluß verloren, daß er teilweise im Hinterland aufgehört hat zu existieren.' (GTZ) Parallel hierzu rückt 'Selbsthilfeförderung' ins Zentrum der Konzepte entwicklungspolitischer Geber: Hilfe von außen darf immer nur 'Hilfe zur Selbsthilfe' sein, heißt es im BMZ. Gleichzeitig werden aber Inhalte und Ziele dieser vermeintlichen Selbsthilfe-Förderung vorgezeichnet. 'Die Hilfe der Geber muß sich in ein solches Konzept der Strukturanpassung, das in aller Regel die Weltbank und der Internationale Währungsfonds (IWF) vorzeichnen, einfügen.' So besehen wird SHF zur zielgerichteten Maßnahme, die Staatsausgaben zu senken und das Weltwährungssystem zu stabilisieren. Dem Selbstbestimmungsrecht der Afrikaner wären enge Grenzen gesetzt: die sog. 'Selbsthilfe' soll SAP-kompatibel sein. Echte Selbsthilfe setzt eigene Ziele voraus. Für viele Menschen im ländlichen Afrika sind die eigenen Werte- und Zielsysteme zusammengebrochen, ohne daß bisher etwas Neues an diese Stelle getreten ist (vgl. Kabou). Modernistische Entwicklung wird meist ebensowenig als eigenes Ziel gesehen wie die 'Rückkehr zu der Väter Zucht und Sitte' in Form eines fundamentalistischen Islam. Konsequente Selbsthilfeförderung muß deshalb dort ansetzen, wo Ziele und Utopien von Menschen selbst entwickelt werden. Das setzt Einmischung, Dialog und schließlich Solidarität voraus." (Autorenreferat)
Aus dem Vorwort: Mit dem vorliegenden Band werden die Ergebnisse eines Projekts vorgelegt, das in den Jahren 1983 bis 1987 vom Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft finanziell gefördert und am Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung bei der Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer durchgeführt wurde. Ziel des Projekts "Beiträge der Weiterbildung zur Förderung von sozialem Engagement und Selbsthilfe in der arbeitsfreien Zeit" war es, neue Wege zur Unterstützung ehrenamtlicher Mitarbeit und Selbsthilfe im Sozial- und Gesundheitsbereich zu entwickeln und zu erproben. Dabei stand die Frage im Mittelpunkt, welchen Beitrag die Weiterbildung hierzu leisten kann.
Die Studie stellt den Abschlussbericht eines Projekts zur Förderung der Selbsthilfe im Sinne des § 20h SGB XI im ländlichen Raum in den Jahren 2016 bis 2019 in der Region Lausitz/Kreis Görlitz dar, finanziert von der AOK PLUS in Sachsen und Thüringen. Das Projekt wurde durchgeführt von der KISS, getragen von "Soziales Netzwerk Lausitz" in Weißwasser. Die Evaluation bediente sich Methoden der qualitativen Sozialforschung bzw. der Ethnographie und diskutiert die Ergebnisse politisch auf der gewährleistungsstaatlichen Grundlage der Idee der Sozialraumbildung im Kontext der rechtlichen Vorgaben kommunaler Daseinsvorsorge, hier im prekärem ländlichen Raum, dabei die Kooperationsfragen mit den Aufgaben der Sozialversicherung betonend.
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