Reziprozität
In: Die Zukunft denken: neue Leitbilder für wirtschaftliches und gesellschaftliches Handeln, S. 69-93
Der Autor untersucht den Wandel von Wirtschaft, Werten und Gesellschaft. Er rekapituliert knapp die wirtschaftlichen Veränderungen nach dem zweiten Weltkrieg sowie ihre Auswirkungen auf die Gesellschaftswerte in hochentwickelten Industrienationen. Nach der Phase des wirtschaftlichen Überflusses und einer sozialen Großzügigkeit in den 1950er und 1960er Jahren, nach den Zeiten der Selbstverwirklichung in den 1970er und 1980er Jahren konstatiert er wirtschaftliche Veränderungen, die neuer Werte bedürfen ("Value Mix") zwischen den alten Pflicht- und den neuen Entfaltungswerten. Er diskutiert den Begriff der "Reziprozität". Für die Sozialpolitik bedeute dies, daß das "Prinzip der Gegenseitigkeit" zum neuen Leitbild für gesellschaftliches Leben werde. Das Anspruchdenken des einzelnen im Sozialstaat sei eine Form des "unreflektierten Selbstinteresses". Die Wertesysteme von Sozialstaat und Marktwirtschaft verstärken die individualistische Selbstbezogenheit auf Kosten der gemeinschaftlichen Institutionen und Gemeinschaftswerte. Der Gemeinschaftsgeist steht unter dem Druck der großen Wahlmöglichkeiten und dem Druck gesetzlicher Regelungen andererseits, lautet ein Fazit. (rk)