Soziales Netzwerk, Pflegebereitschaft und Einschätzung der gesellschaftlichen Situation alter Menschen in einer Kleinstadt.
Themen: 1. Angaben zu Verwandten: lebende Eltern oder Schwiegereltern; Alter der Eltern oder Schwiegereltern; Pflegebedürftigkeit von Verwandten und Inanspruchnahme der Pflegeversicherung; Beteiligung an der pflegerischen Versorgung; Familienstand; fester Lebenspartner und Zusammenleben mit diesem; Anzahl und Angaben zu den Personen im Haushalt (Alter, Geschlecht, Verwandtschaft); Anzahl, Alter, Geschlecht und Entfernung der Kinder außerhalb des Haushalts.
2. Pflegebereitschaft: Einstellung zum Anspruch von Eltern an die Übernahme häuslicher Pflege durch ihre Kinder; Bereitschaft zur Pflege einer dem Befragten nahe stehenden Person (Skala); Nachdenken über eigene Pflegebedürftigkeit und Einschätzung der Wahrscheinlichkeit, dass der Befragte selbst oder sein Partner pflegebedürftig wird; getroffene Vorsorge für einen solchen Fall; im Pflegefall präferierte sowie wahrscheinliche Hilfe; Einstellung zur Verpflichtung Angehöriger oder des Staates, Pflegeaufgaben zu übernehmen (Skala); Beurteilung der Vorteilhaftigkeit der neuen Pflegeversicherung für pflegende Angehörige (Skala).
3. Einschätzung der gesellschaftlichen Situation: Postmaterialismus; Einschätzung der Sicherheit der eigenen Altersversorgung; Präferenz für eine Kürzung, Ausweitung oder für ein Gleichbleiben der Sozialleistungen; Einstellung zur Berufstätigkeit von Müttern und Frauen (Rollenorientierungs-Skala); Wertorientierungen; Zukunftspessimismus; Politikerverdrossenheit.
Demographie: Schulabschluss; Ausbildungsabschluss; Berufstätigkeit; Beruf; letztes Jahr der Erwerbstätigkeit; letzte berufliche Stellung; Arbeitslosigkeit während der letzten 10 Jahre und Dauer der Arbeitslosigkeit; Wohnstatus; Dauer des Wohnens in der aktuellen Wohnung und in Munderkingen; Alter; Haushaltsnettoeinkommen; Religionszugehörigkeit; Kirchgangshäufigkeit; Geschlecht.
Zusätzlich verkodet wurden: Wohnumfeld; Art und Lage der Wohnung; Beginn des Interviews, Interviewdauer.
Erfahrungen mit der Pflege bedürftiger Personen. Belastungen durch Pflege. Vorstellungen über eigene Pflegebedürftigkeit. Bewertung der Pflegeversicherung und von Pflegeheimen in Kassel.
Themen: 1. Telefoninterview: Alter der Eltern, Schwiegereltern bzw. Großeltern; Pflegebedürftigkeit von Verwandten derzeit oder in der Vergangenheit und Angabe der konkreten Person; häusliche Pflege oder im Pflegeheim; Haushalt, in dem die Pflege durchgeführt wurde; Beteiligung des Befragten an der Organisation der Pflege; Pflegetätigkeit des Befragten; Unterstützung bei der Pflege durch Verwandte, berufliche Pflegekräfte, ambulante Dienste, Nachbarn und Freunde, Selbsthilfegruppen, Einrichtungen wie Kurzzeitpflege/Tagespflege; Familienstand; fester Lebenspartner; Zusammenleben mit einem Partner; Anzahl der Personen im Haushalt; Kinder; Vorstellungen über die Bewältigung eigener Pflegebedürftigkeit und erwartete Unterstützung durch die eigene Familie; Bewältigung der Pflegesituation allein oder Beratung erforderlich; Kenntnis über Beratungsmöglichkeiten in Kassel; Einschätzung der gesellschaftlichen Situation: a) Politik: Postmaterialismus (Inglehart-Skala); Bereiche ehrenamtlichen Engagements des Befragten (in einem Verein, einer Initiative, einem Projekt oder einer Selbsthilfegruppe); b) Familie und Kindererziehung: Einstellung zur Berufstätigkeit der Frau (Rollenorientierungs-Skala).
Demographie: Schulabschluss; Ausbildungsabschluss; Erwerbstätigkeit; Beruf; Arbeitslosigkeit; Wohnstatus; Wohndauer in Kassel; Staatsangehörigkeit (deutsch, Aussiedler, türkischer Herkunft); Alter; Geschlecht. Zusätzlich verkodet wurde: Teilnahmebereitschaft an einem weiteren, persönlichen Interview; Interviewbeginn; Interviewdauer; sprachliche Probleme während des Interviews; Stadtteil.
2. Face-to-face-Interview: Pflegebedürftige Person in der Familie oder im Bekanntenkreis; Nutzung von Pflegeversicherungsleistungen; häusliche Pflege oder im Pflegeheim; Befragter war selbst mit der Versorgung beschäftigt; Organisation der Pflege durch den Befragten; Pflegetätigkeit des Befragten; Unterstützung beim Pflegen durch Verwandte, berufliche Pflegekräfte, Nachbarn und Freunde, Selbsthilfegruppen oder Einrichtungen wie Kurzzeitpflege/Tagespflege; Dauer der Pflege; Belastungen durch die Pflege; Verzicht auf berufliche oder private Vorhaben; Beurteilung einer hypothetischen Situation: die Entscheidung einer Tochter gegen die häusliche Pflege der Mutter; präferierte Pflegemöglichkeiten: ohne fremde Hilfe pflegen, häusliche Pflege mit Unterstützung durch einen Pflegedienst oder Platz im Pflegeheim suchen; Beeinflussung der Entscheidung durch günstigere Arbeitszeitregelungen; Bedeutung des gesetzlich geregelten Teilzeitanspruchs, flexiblerer Arbeitszeitgestaltung bzw. der Einführung eines Pflegejahres für eine eigene Pflegeentscheidung; Gedanken über eigene Pflegebedürftigkeit; Einschätzung der Wahrscheinlichkeit der eigenen Pflegebedürftigkeit; Einschätzung der Versorgungssicherheit im eigenen Pflegefall; Vorsorgegedanken für eigene Pflegebedürftigkeit; Vorhandensein eines potentiellen Pflegers: Partner, Ehegatte, andere Verwandte, Kinder, Freunde oder Bekannte; Bereitschaft zum Wohnortwechsel im Pflegefall; Kinderzahl; Entfernung zu den Kindern; akzeptierte Möglichkeiten im Falle der eigenen Pflegebedürftigkeit: Hilfe durch Familienangehörige im Haushalt der Angehörigen, Pflege in einem Pflegeheim in der Nachbarschaft der Angehörigen, Pflege in der eigenen Wohnung durch Angehörige bzw. einen Pflegedienst bzw. durch Freunde; Einschätzung der Wahrscheinlichkeit des Eintretens dieser Möglichkeiten; Bedeutung des Geschlechts einer Pflegekraft; Pflegekraft sollte dieselbe Nationalität haben wie Befragter; Kenntnis von Pflegeheimen in Kassel oder Umgebung; Akzeptanz der genannten Pflegeheime; Einstellung zur Pflege von Angehörigen: Pflege passt nicht mehr in die heutige Zeit, Angehörige sind moralisch zur Pflege verpflichtet, ältere Menschen haben Anspruch auf Pflege durch die Kinder, in einer Ehe haben beide Anspruch auf gegenseitige Pflege, Sicherung der Pflege durch den Staat, unter Markt- und Wettbewerbsbedingungen bzw. durch gemeinnützige Organisationen, finanzielle Absicherung des Pflegerisikos liegt bei jedem selbst (Skala); Kenntnis der Pflegeversicherung; Einstellung zur Pflegeversicherung: Ansporn für Angehörige, als Anerkennung für die Gepflegten, fördert Intergenerationensolidarität, entlastet die Angehörigen (Skala); Einstellung zu lebensverlängernden Maßnahmen; wichtige Gesichtspunkte zur Einschätzung einer solchen Situation; Gedanken zum eigenen letzten Lebensabschnitt; Einstellung zur Sterbehilfe; Bereiche gesellschaftlichen und ehrenamtlichen Engagements.
'Zukunftsszenarien zur Altersversorgung sind weitgehend von Hochrechnungen zur Bevölkerungsdynamik beherrscht. Neuere Altenplanungen berücksichtigen aber zunehmend auch Faktoren, die den viel weiter zu fassenden Prozess des sozialen Wandels beschreiben. Diese könnten ähnlich gravierende infrastrukturelle Vorkehrungen und mentale Neuorientierungen erforderlich machen wie die wachsenden Anteile älterer Menschen. Die hier vorgestellte empirische Studie geht der Frage nach, in welchem Maße bevorzugte Vorstellungen über die Pflegesituation im Alter an Milieuzugehörigkeiten gebunden sind und sich daher mit dem sozialen Wandel verändern dürften. Dazu wird eingangs der Projekthintergrund skizziert und dann die Erhebung beschrieben, die als Repräsentativbefragung von 40- bis 60-Jährigen in der ausgewählten Kleinstadt Munderkingen erfolgte. Aus den zentralen Resultaten ragt vor allem die sehr deutliche Korrelation unterschiedlicher Pflegevorstellungen mit Indikatoren der sozialen Ungleichheit heraus. Auch bei vorsichtiger Interpretation ergeben sich einige Schlussfolgerungen, die für eine erfolgreiche gesellschaftliche und auch individuelle Steuerung der Altersvorsorge zumindest ebenso wichtig sind wie demographische Faktoren. Das fordert eine Neuorientierung in der Altenplanung heraus, um flexibel angepasste Pflegearrangements in kleinen Planungseinheiten zu fördern.' (Autorenreferat)
Inhaltsverzeichnis: 1. Einleitung: Anmerkungen und Erläuterungen zur Fragestellung und Darstellung; 2. "Soziologische Basisvariablen" – Bedingungen, mit denen sich pflegekulturelle Orientierungen erklären lassen – die "unabhängigen Variablen"; 2.1 Persönlich-biografische Verhältnisse; 2.2 Verankerung im gesellschaftlichen Umfeld: kirchliche Bindungen, Erwerbstätigkeit, soziale Milieus; 3. Eigene Pflegeerfahrungen; 4. Wie würde man mit der Pflegebedürftigkeit eines nahen Angehörigen umgehen?; 4.1 Entscheidungen in einer Dilemma-Situation: Wie wird die Entscheidung zur Heimversorgung der eigenen Mutter bewertet?; 4.2 "Bewältigungskompetenz": Würde man sich die Versorgung einer nahe stehenden pflegebedürftigen Person selber zutrauen oder würde man Hilfe und Beratung brauchen?; 4.3 Was ist zu tun, wenn eine nahe stehende Person pflegebedürftig wird?; 5. Was würde man bevorzugen, wenn es um die eigene Pflegebedürftigkeit geht?; 5.1 Wie "wahrscheinlich" ist Pflegebedürftigkeit? Wie esichert ist die Versorgung?; 5.2 Stellenwert des Pflegebudgets bei eigener Pflegebedürftigkeit – neue Optionen für Leistungserbringung, Organisation der Pflege und Bezahlung von Leistungen; 6. Bürgerschaftliches Engagement im Landkreis Annaberg - Sozialkapital als zivilgesellschaftliche Ressource; 6.1 Gemeinschaftsaktivitäten und Ehrenamt in den Landkreisen Annaberg und Unna; 6.2 "Nahraum"- und "Fernraumsolidarität"; 7. Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den beiden Landkreisen – zwei "Pflegekulturen"?; 8. Pflegepolitische Konsequenzen; Literatur; Anhang: Fragebogen der persönlich-mündlichen Befragung in Unna.