Norwegen
In: Aus Politik und Zeitgeschichte: APuZ, Heft B 43, S. 12-21
ISSN: 0479-611X
"Soziale Gerechtigkeit und nationale Selbstbestimmung nehmen einen hohen Stellenwert in der politischen Kultur Norwegens ein. Über die Entwicklung des Wohlfahrtsstaats besteht ein weitgehender Konsens zwischen den Parteien. In der Frage der Haltung gegenüber Europa und insbesondere zur EG zeigt sich das scheinbare Paradox, daß ein Land, das eines der offensten Wirtschaftssysteme der Welt hat, sich gleichzeitig auf der europäischen Bühne äußerst zurückhaltend verhält. Norwegen hat bis zum Zweiten Weltkrieg eine starke Tradition hinsichtlich der Neutralität, und seine nur kurze Geschichte nationaler Unabhängigkeit ist eine mögliche Erklärung für seine zögernde Haltung gegenüber der Entstehung einer supranationalen Macht in Europa. Norwegen ist das einzige Land, das die Aufforderung, Mitglied der EG zu werden, abgelehnt hat (1972). Selbst in der grundlegend veränderten europäischen und internationalen Situation der neunziger Jahre sind bei Meinungsumfragen die Gegner der EG-Mitgliedschaft den Befürwortern immer noch zahlenmäßig überlegen. Innenpolitisch wird die Arbeitslosigkeit in den neunziger Jahren als das größte Problem betrachtet, während außenpolitisch die Beziehung zur EG und die eventuelle Mitgliedschaft in ihr die Diskussion beherrschen." (Autorenreferat)