Medienaneignung als blinder Fleck der Systemtheorie
In: Doing Culture: neue Positionen zum Verhältnis von Kultur und sozialer Praxis, S. 201-218
Medienaneignung ist in unterschiedliche soziale Praktiken eingebunden, die sich als Ursache wie auch als Wirkung der Bedeutungskonstitution verstehen lassen. Diese von den Cultural Studies beschriebenen Interpretationsgemeinschaften fordern die Systemtheorie heraus, da Sinnkonstitution als sozialer Prozess durch den Begriff des Interaktionssystems nicht angemessen erfasst wird. Mit der zunehmenden kulturellen Differenzierung emergieren rekursive soziale Prozesse, die sich in emergenten Strukturen kristallisieren und eine relative Stabilität aufweisen. Der Autor plädiert dafür, "oberhalb" der Interaktionsebene eine weitere Systemebene mit der sozialen Gruppe zwischen Interaktion und Organisation einzuziehen. Auch "unterhalb" der Interaktionsebene sollten Ergänzungen vorgenommen werden, da praxistheoretische Ansätze darauf hingewiesen haben, dass auch technische Artefakte an sozialen Reproduktionsprozessen beteiligt sind. Zumindest eingeschränkt kann sinnverarbeitungskompetenten Technologien die Partizipationsfähigkeit an sozialen Systemen zugestanden werden. Da Handeln in der Systemtheorie auf sozialen Zuschreibungsprozessen und nicht auf ontologischen Prämissen beruht, ist die Systemtheorie für eine Erweiterung von Handlungsträgern ausbaufähig. (ICA2)