In: Orient: deutsche Zeitschrift für Politik, Wirtschaft und Kultur des Orients = German journal for politics, economics and culture of the Middle East, Band 24, Heft 1, S. 43-63
Die 1880er Jahre waren der Beginn einer massiven europäischen Einwanderung nach Argentinien. In dieser Arbeit werden kulturelle, politische, wirtschaftliche und demographische Veränderungen für das Land untersucht und welche Auswirkungen diese auf das Selbstverständnis der argentinischen Intellektuellen und die argentinische Kultur hatten. Die leitende Frage wird sein, wie eine kulturelle und nationale Identität in Zeiten der massiven Einwanderungswellen im Untersuchungszeitraum entstehen konnte. Dabei wird die politisch-historische Entwicklung, d.h. die Konstitution einer nationalen Identität, erörtert: Ist Argentinien mit der Unabhängigkeit im Jahre 1810 tatsächlich wirtschaftlich und politisch eigenständig geworden ist? Durch Balibars Nationenbegriff wird verifiziert werden, dass sich das Land erst im Untersuchungszeitraum zu einer Nation wandelte, das jedoch eine fragile Identität besaß. Zum anderen werden anhand des Assmannschen Konzeptes des Kulturellen Gedächtnisses die Erinnerungskultur und die Ausbildung eines kulturellen Gedächtnisses der argentinischen Intellektuellen erörtert. Ein einheitliches Bewusstsein für nationale und kulturelle Werte war nicht existent. Dies spiegelte sich in der Literatur, in der Kunst und im Theater im Untersuchungszeitraum wider. Im Laufe der massiven Einwanderungsströme entstand eine neue Gesellschaft, nichtsdestotrotz wurden kulturelle Neuerungen der Einwanderer kaum in die kulturelle Identität integriert. Nicht nur die eigene Kultur wurde verklärt gesehen, sondern auch die europäische Kultur überformt und selektiert, dessen Abbild in die argentinische Kultur integriert wurde. Durch diese Arbeit sollen Erkenntnisse aus historischer Sicht gewonnen werden, die bis heute Argentinien und den gesamten südamerikanischen Kontinent prägen: die Frage nach der Identität, die in Zeiten massiver Immigration verstärkt gestellt wurde. ; In Argentina the 1880s mark the beginning of a huge flow of European immigrants to the country. This article deals with the cultural, political, economic and demographic changes and which consequences these had for the identity of Argentinian intellectuals and for Argentinian culture. The article also focuses on answering the prevalent question of how a cultural and national identity could develope in times of massive immigration during this era. The author attempts at examining the political development within its historic context, which gives key clues about the constitution of a national identity: Did Agentina really become self-sufficient politically and economically with its independence in 1810? Balibar's definition of nations confirms that the country of Argentina only developed into a nation during the examined time period of the 1880s, although with a yet fragile identity. The concept of Assmann helps to identify the collective memory and cultural identity of Argentinian intellectuals. Prior to the migration flow examined in this article, a homogeneous consciousness of national and cultural values did not exist. Literature, art and theatre during the examined era all reflected the lack thereof. During the migration flow a new society developed, in which, nevertheless, new cultural values of the immigrants were barely absorbed. Not only did one view Argentinian values in an idealized way, but one also saw selected parts of European culture as ideals, which were integrated into Argentinian culture as they were understood. The findings drawn from a historic context in this article will provide valuable information about questions of identity that, especially during migration flows, continue to be of interest in Argentina and the whole South American continent until today.
In der philosophischen Forschungsliteratur zur Einwanderungsproblematik wird die Einwanderung überwiegend aus der Perspektive des Individuums diskutiert, das sich zur Migration entschließt. In diesem Zusammenhang werden zum Beispiel Fragen einer gerechten globalen Ressourcenverteilung oder eines Menschenrechts auf Einwanderung erörtert. Dabei wird jedoch die Perspektive des Einwanderungslandes und damit die nationalstaatliche Dimension des Immigrationsproblems ausgeblendet, wie die Autorin in ihrem Beitrag betont. Sie entwickelt vor diesem Hintergrund den Begriff einer "liberalen nationalen Identität". Sie geht ferner auf die in Deutschland geführte Diskussion über nationale Identität ein, in welcher sich mit der "universalistischen" und der "traditionalistischen" Position zwei diametral entgegengesetzte Auffassungen von nationaler Identität gegenüberstehen. Die Autorin erörtert in diesem Zusammenhang die Frage, ob und inwiefern sich der kontextualistische Ansatz von Joseph Carens fruchtbar machen lässt, um zwischen diesen beiden Positionen zu vermitteln. (ICI2)
Hauptbeschreibung: Die Globalisierung, wie sie sich im Zuge der Epochenwende von 1989/90, der weltweiten Öffnung der Märkte, der neuen Kommunikationstechnologien und einer beschleunigten Mobilität herausgebildet hat, steht im Begriff, die Welt tiefreichend zu verändern. Soziale, wirtschaftliche, staatliche und kulturelle Identitäten und Vertrautheiten werden zunehmend in Frage gestellt. Von diesen Befunden gehen die in diesem Band publizierten Beiträge aus. Dabei stellen sich Fragen in zwei Richtungen: Wird die Globalisierung dazu führen, daß die Unterschiede und Besonderheiten zwischen den Na
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Der Autor vergleicht von einem makrosoziologischen Standpunkt aus die großen Umbrüche der Neuzeit (Wissenschaft, Industrie, Französische Revolution) mit ihren weltweiten Auswirkungen mit dem Umbruch des frühen Christentums; beide Entwicklungen waren identitätsbestimmend. Die Buchdruckerkunst und das Zeitalter der Entdeckungen verhalfen Europa zu einer frühen Vormachtstellung und prägten in ihren geistigen Auswirkungen dessen Identitätsvorstellungen. Die von Westeurpa ausgehenden Revolutionen haben nicht nur nationale und klassensolidarische (imperialistische), national-kulturelle und auch kulturkritische Identitäten hervorgebracht. Abschließend werden Ausbildung und Verbreitung des Nationalitätsgedankens am Verhältnis von "Vorreitern" und "Nachzüglern" diskutiert: Der Demonstrationseffekt des westeuropäischen Vorsprungs machte alle anderen Länder zu Nachzüglern und beeinflußte ihre Bewußtseinsbildung nachdrücklich. (psz)
Die überall in Europa zu beobachtende Entwicklung zum Nationalstaat während der Renaissance führte auch zu einem Wandel in der Historiographie. Während die mittelalterlichen Chroniken und Annalen noch die Menschheitsgeschichte als Erfüllung eines transzendenten göttlichen Weltplanes behandeln, tauchen in der Renaissance neue Themen auf: Die Stadt, das Territorium oder eben der Staat als Basis der Nation. Der Autor beschreibt die historiographische Praxis vom Beginn des 16. Jahrhunderts an in England, wobei sich zeigt, daß nirgends eigentlich unter dem Begriff der "natio" thematisiert trotzdem immer wieder Elemente nationalen Denkens und Fühlens greifbar werden, weil sie gewissermaßen unter den "common places" der zeitgenössischen Diskussion zur Behandlung kamen. (psz)
"Das Forschungsprogramm 'Kulturelle Vielfalt und nationale Identität' ist im Doppelheft Juli/August vorgestellt und besprochen worden." Hier wird "das Thema aus der Sicht des Linguisten" aufgegriffen. "Die Sprachenvielfalt der Schweiz dient unserer Identifikation im lokalen Bereich. Dennoch kann man 'Schweizerwörter' in durchaus voneinander verschiedenen Mundarten feststellen, gewissermaßen 'panhelvetische' sprachliche Gemeinsamkeiten. Der Sprachforscher spricht von lexikalischen Konvergenzerscheinungen. Sie haben ihre Grenzen. Der Wille, lokale Identität zu bewahren, und der politische Wille, sich gemeinsame staatliche Strukturen zu schaffen, sind über eine lange Vergangenheit hin wirksam gewesen. 'Zwischensprachliche Kommunikation ist eine Schule der Toleranz.'" (Aus der autorisierten Zusammenfassung) (SY)
Die offizielle Kunstpolitik der Wilhelminischen Ära manifestiert sich in den Monumentalbauten des Berliner Doms, dem Umbau des Berliner Zeughauses und der Siegesallee, dem Reichstag oder dem Berliner Roten Rathaus. In der sich zunehmend polarisierenden Kunstöffentlichkeit des Kaiserreichs stellen sie jedoch nur eine Seite der Medaille dar. Die andere Seite - das sind die Avantgarden, die Secessionen, der deutsche Impressionismus, der Expressionismus mit seinen Gruppenbildungen, der Brücke in Dresden und dem Blauen Reiter in München. Aus dieser Avantgarde greift der vorliegende Beitrag eine "Bewegung" heraus, an der sich die Frage nach dem Verhältnis von politischer und kultureller Identität im Kaiserreich besonders gut verdeutlichen läßt: Der Deutsche Werkbund. Skizziert wird die Geschichte des Werkbundes bis 1914, dann die Frage des Verhältnisses von nationaler und kultureller Identität diskutiert und abschließend der Werkbund in den Kontext der Kulturgeschichte und des Nationalismus des Kaiserreichs verortet. (pmb)
Welche Rolle spielt das "deutsche Buch" für die Definition und den Erhalt der nationalen kulturellen Überlieferung, und was besagt in diesem Zusammenhang das Attribut "deutsch"? Kultur- und Literaturwissenschaftler, Historiker, Bibliothekare und der Schriftsteller Friedrich Dieckmann suchen nach einerAntwort auf die Frage, welche Rolle das "deutsche Buch" in der nationalen kulturellen Überlieferung spielt. Was überhaupt bedeutet "nationales Erbe" im europäischen und außereuropäischen Kontext?Wie funktioniert die Identitätsstiftung qua kulturelles Gedächtnis im Hinblick auf nationales Erbe und Weltkulturerbe?Welchen Einfluß hatte die Entwicklung der Kunst und der Pädagogik auf Buchförderung und Buchpolitik? Im Blickpunkt stehen Autoren, Verleger und Zensoren, Messen und bibliophile Gesellschaften, aber auch der Kulturbund der DDR und die Leseforschung; nicht zuletzt werden aktuelle Förderprogramme für das "deutsche Buch" diskutiert.