Judenvernichtung und "Ausmerzung lebensunwerten Lebens"
In: Nationalsozialistische Diktatur 1933-1945: eine Bilanz, S. 529-538
Es war eine von Hitler wiederholt mit aller Deutlichkeit verkündete Absicht, den Krieg zu benutzen, um das Judentum in Europa gänzlich auszurotten. Gleich im Polenfeldzug kam es zu Gewalttaten von SS-Formationen gegen die Juden. Nach und nach fiel das Judentum in anderen besetzten Ländern in den nationalsozialistischen Machtbereich. Aufgrund von Protesten wurden unauffälligere Methoden entwickelt. Es zeigt sich, daß der Völkermord am Judentum keine Terrormaßnahme ist. Der Terror, wie er etwa in der Französischen Revolution oder in der Bolschewistischen Revolution geübt wurde, richtete sich gegen politische Gegner. Er vollzieht sich vor der Öffentlichkeit als Mittel der Abschreckung. Um die Vernichtungslager aber erstreckt sich eine Zone des Schweigens. Was hier geschah sollte niemand, aber auch nicht das deutsche Volk selber, erfahren. Hier wurden Menschen ermordet, die - unabhängig davon, ob sie überhaupt einen politischen Faktor darstellten - als minderwertig betrachtet wurden. Die SS ging mit bürokratischer Systematik vor. Die Statistiken, die erhalten gebliebenen Rechnungen und Zahlungsquittungen über die gelieferten Giftstoffe sind Zeugnis dafür. Das sogenannte Euthanasieprogramm ist in engem Zusammenhang mit der Vernichtung des Judentums zu sehen. (KW)