Entgrenzung von Gewalt in autoritärer Herrschaft
In: Forschungsjournal Soziale Bewegungen: Analysen zu Demokratie und Zivilgesellschaft, Band 36, Heft 2, S. 269-282
ISSN: 2365-9890
Zusammenfassung
Wie gewaltsam sind Staat-Gesellschaftsbeziehungen in repressiven Kontexten? Dieser Beitrag illustriert dies anhand des Irans in Form periodisch wechselnder Beziehungsverhältnisse. Autoritäre Macht ist grundsätzlich charakterisiert durch ihren exklusiven Charakter, der durch Repressionen aufrechterhalten wird. Dennoch ist sie, um Output-Legitimität zu generieren, auf effektive Politikgestaltung angewiesen. Aufgrund dieser pragmatischen Überlegungen greift sie auf begrenzte gesellschaftliche Teilhabe in Form autoritärer Partizipation zurück. Wo aus dieser Responsivität eine signifikante Machtverschiebung zugunsten gesellschaftlicher Konkurrent*innen hervorgeht, sichern Machthabende ihre Position durch den Einsatz massiver Gewalt ab. Dies kann, wie derzeit im Iran, kurzzeitig den Machterhalt sichern, nimmt aber langfristig beschädigte Staat-Gesellschaftsbeziehungen in Kauf. Damit sichert Gewalt zwar den Machterhalt, schwächt aber die Institutionen, auf denen der eigene Machtapparat aufbaut. Dermaßen polarisierte Staat-Gesellschaftsbeziehungen lassen sich schließlich immer schwerer in friedliche Formen des Machterhalts zurückführen, womit eine staatlich beförderte Eskalationsspirale droht.