Migration als Entwicklungshilfe?
In: Blätter für deutsche und internationale Politik: Monatszeitschrift, Band 52, Heft 5, S. 610-617
ISSN: 0006-4416
Angesichts des aktuellen Trends, Migration als Entwicklungsmotor für die ärmeren Herkunftsländer zu propagieren, befasst sich der Beitrag mit der auch von der Internationalen Organisation für Migration vertretenen Auffassung, dass durch die Konzepte des "brain drain", die Abwanderung qualifizierter Fachkräfte von ärmeren in reichere Länder, und des "brain gain", die Rücküberweisungen von Migranten in ihre Herkunftsländer mit dem Ziel des Kapital- und Wissenstransfers, die Entwicklungsländer zumindest ein wenig "entwickelt" werden. Vorgestellt werden hier vor allem die Inhalte und Zielsetzungen der von der IOM vorbereiteten Internationalen Migrations- und Entwicklungsinitiative. Eine kritische Betrachtung des neuen Migrationsregimes weist neben den fortschrittlichen Aspekten der Initiative auch auf die Probleme hin, die mit der Spaltung der Beschäftigten entlang nationalstaatlicher Identitäten und der Auseinandersetzung zwischen Kapital und Arbeit zu tun haben. Abschließend wird betont, dass diese Trendwende der Migrationspolitik lediglich eine Ergänzung zur früheren Entwicklungspolitik darstellen kann, und dass der Ansatz vor allem als Element neoliberaler Globalisierung zu deuten ist. Die möglichen progressiven Aspekte dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass es primär um die Verwertungsinteressen der reicheren Länder geht. (ICH)