Naturrisiken werden seit einigen Jahren ein zunehmend wichtiges Thema. Das Erdbeben vom 12. Mai 2008 in der chinesischen Provinz Sichuan forderte 20.000 Tote allein durch erdbebenversursachte Hangrutschungen – eine kaum vorstellbare Dimension. Aber auch in den Mittelgebirgen Deutschlands sind gravitative Massenbewegungen ein bedeutendes Phänomen. Hier sind es jedoch weniger Aufsehen erregende Großereignisse, sondern kaum wahrnehmbare, kontinuierliche Prozesse. Mit nur wenigen Millimetern bis Zentimetern Bewegung pro Jahr führen sie im Laufe der Zeit zu umfangreichen Schäden bei Häusern und Infrastruktur führen. Die vorliegende Arbeit ist im Rahmen des DFG-geförderten Forschungsprojekts Inter RISK sowie des BMBF-geförderten Projekts ILEWS entstanden. Sie hatten zum Ziel, ein integratives Naturrisikomanagement am Beispiel von Hangrutschungsrisiken an der Schwäbischen Alb zu entwickeln. Die Aufgabe des Teilprojektes InterRISK-Perception, in dessen Rahmen diese Arbeit entstand, lag darin, einen sozialwissenschaftlichen Rahmen zu konzipieren, in dem Naturrisikomanagement denk-, beschreib- und umsetzbar wird. Aufgrund der Involviertheit unterschiedlichster Akteure wurde immer deutlicher, dass ein gesellschaftstheoretischer Rahmen nötig ist, um die große Komplexität abzudecken. Als Ansatz wurde die Systemtheorie Niklas Luhmanns gewählt und um die Sichtweise von Helmut Willke ergänzt. Die Arbeit stellt einen ersten Schritt dar, Naturrisikomanagement systemtheoretisch zu denken und leistet damit einen Beitrag zur Theoretisierung der Naturrisikoforschung. Methodisch ist die Arbeit eine Mischung aus theoretischen Überlegungen und der Auswertung von 24 Leitfaden gestützten, qualitativen Experteninterviews mit Vertretern verschiedener Organisationen. Weiterhin wurden 257 Zeitungsartikel sowie diverse Urteile und Gesetze mittels Qualitativer Inhaltsanalyse nach Mayring ausgewertet. Der Ansatz dieser Arbeit ist es systemtheoretisches Naturrisikomanagement zweischrittig zu konzipieren. Im ersten Schritt geht es darum, ein grundlegendes Verständnis der Unterscheidungen und Eigenlogiken der beteiligten Systeme zu entwickeln. Dies wird durch die differenzierte Analyse der Funktionssysteme Wirtschaft, Recht, Wissenschaft, Massenmedien, das politisch-administrative System sowie des Erziehungssystems erreicht. Hierbei wird der zentrifugale Trend von sich funktional immer weiter ausdifferenzierenden Gesellschaften deutlich. Funktionssystemübergreifende Themen werden strukturbedingt immer nur aus der dem jeweiligen System immanenten Perspektive heraus beobachtet. In manchen Fällen, wie bei ökologischen oder auf Naturrisiken bezogene Fragen, kann diese Multiperspektivität einzelner in sich gefangener Beobachtungsstandpunkte zu negativen Effekten für die Gesellschaft als Ganzes führen. Aus dieser Situation heraus wurde in einem zweiten Schritt ein Naturrisikomanagement-System konzipiert, welches aufgrund der gesellschaftstheoretischen Einbettung erfolgversprechender erscheint als die bislang praktizierten Einzellösungen. Im konkreten Fall des Untersuchungsgebietes Schwäbische Alb sind aufgrund der geringen Wahrnehmbarkeit der Hangrutschungen vor allem die Grenzen von Naturisikomanagement deutlich geworden. Ungeachtet dessen zeigt der konzeptionelle Aufbau dieser Arbeit eine Vielzahl von Möglichkeiten, wie umfangreiches Management von Naturrisken gelingen kann.
ZusammenfassungDer unabgeschlossene Modernisierungsprozess der Individualisierung hat zu einer Vielzahl perforierter Lebensverläufe und disparater Normalbiographien mit je eigener Logik geführt. Die Risiken dieser neuen und alten Lebenslaufregime treffen Frauen und Männer, die verschiedenen Generationen sowie die sozialen Milieus nicht in gleichem Maße. Zugleich sind die materiellen, sozialen und kulturellen Ressourcen und daraus resultierend die paradigmatischen Lebensverlaufsperspektiven sowie die Bereitschaften und Möglichkeiten zur Verantwortung in den Milieus sehr unterschiedlich. Das hat Konsequenzen für die Bewältigung der Haupt-, Neben- und Spätfolgen. Damit steht die Politik vor der Herausforderung der Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen: Die veränderten und sich dynamisch weiter verändernden Realitäten zur Grundlage politischer Entscheidungen und Visionen zu machen. Das erfordert Multiperspektivität und verweist umso dringender auf Institutionalisierung (von Verfahrensweisen) einer konsistenten und konzertierten Politik statt primär eigenlogisch-abgeschlossen operierender Ressorts. Das zielt auf Reflexion der konkreten (!) Konsequenzen für die verschiedenen Zielgruppen in ihren aktuellen und weiteren Phasen im Lebenslauf. Nach Maßgabe der Milieu-, Generationen- und Geschlechtergerechtigkeit wäre ein naheliegendes politisches Prinzip das der Ermöglichung und Aufklärung.AbstractThe incomplete modern process of individualisation has led to a multiplicity of perforated lives and disparate standard biographies each following their own internal logic. The risks of these new and old life-course regimes do not affect men and women, the different generations or the different milieus to the same extent. At the same time, material, social, and cultural resources and the resulting paradigmatic life-course perspectives, and the willingness and possibilities to accept responsibility vastly differ depending on milieu. This of course has a great bearing on the handling of main, indirect, and late consequences. Hence, politics face the simultaneity of the nonsimultaneous: the challenge of making changed and dynamically further changing reality the basis of political decisions and ideas. This requires multiperspectivity and the urgent institutionalisation (of procedures) of consistent and focussed politics instead of departments locked in their primarily self-referential logics. This aims at considering the concrete (!) consequences for the different target groups in their current and further life-course phases. Taking milieu, generation and gender justice seriously, one political principle that offers itself is that of enablement and education.
Gemeindepsychologie ist zwar nicht an ein bestimmtes Methodenarsenal gebunden, es gibt aber gute Gründe, weshalb eine qualitative Methodik bei vielen gemeindepsychologischen Untersuchungen die Methodik der Wahl ist. Charakteristika des gemeindepsychologischen Ansatzes sind u.a. Alltagsnähe, Mehrperspektivität, Parteilichkeit und Prozeßhaftigkeit. Sie treten bei der Untersuchung komplexer psycho-sozialer Prozesse wie Empowerment, Vernetzung usw. auf, die sich in ganz unterschiedlichen Kontexten entwickeln. In dem Beitrag wird diskutiert, auf welche Weise qualitative Ansätze zu einem besseren Verständnis solcher Prozesse in gemeindepsychologischen Untersuchungen beitragen können.
Im Zentrum dieser Diplomarbeit steht das Bundesland Kärnten und seine BewohnerInnen, zu denen nicht nur die dort ansässige deutschsprachige Mehrheitsbevölkerung, sondern auch die autochthone Volksgruppe der Kärntner SlowenInnen zählt.Das Bundesland Kärnten verbindet eine lange, komplexe und sehr konfliktreiche Geschichte mit der Republik Slowenien. Durch das Aufkommen des Nationalismus im 19. Jahrhundert entwickelten sich vor allem im Gebiet des heutigen Südkärnten brisante Konflikte zwischen den Volksgruppen, welche sich durch die Kriege des 20. Jahrhunderts enorm verstärkten und auch in der Gegenwart durch sprachliche, kulturelle und politische Unstimmigkeiten präsent sind.In dieser Diplomarbeit werden zu Beginn theoretische Konzepte der Friedens- und Konfliktforschung vorgestellt. Nachfolgend wird die aktuelle Situation der Kärntner SlowenInnen und der starke Rückgang dieser Volksgruppe, sowie das derzeitige Verhältnis der deutsch- und der slowenischsprachigen Bevölkerung Kärntens erklärt. Zudem werden einige konfliktträchtige Themen und ihre Entwicklung bis ins Jahr 2017 vorgestellt, auf welche dann eine historische Analyse folgt, welche die Tiefenstruktur für die derzeitigen Diskrepanzen in Kärnten darstellt. Der sogenannte "Ortstafelkonflikt" wird hierbei als Paradebeispiel vorgestellt, um die Multiperspektivität und die daraus resultierende Komplexität, welche sich in vielen Konflikten widerspiegelt, zu veranschaulichen.Nachdem ein grundlegendes Bild der Vergangenheit und der Gegenwart vermittelt wurde, wird das Augenmerk noch auf die Zukunft gerichtet und etwaige Aufgaben, Projekte und Ziele im Sinne der Aufarbeitung und eines grenzenlosen und friedlichen Miteinanders vorgestellt. ; The main focus of this thesis lies on the state of Carinthia and its population, which does not only include the predominant German-speaking but also the indigenous and Slovene-speaking population the Carinthian Slovenes. The highly complex history of the state of Carinthia is closely connected to the history of the republic of Slovenia. The advent of nationalism in the 19th century was one of the main reasons for numerous serious conflicts between Carinthians and Slovenes. These conflicts continued to intensify throughout the wars and other events of the 20th century; even today, the conflicts can be discovered through looking into linguistic, cultural and political disputes in Carinthia.Firstly, this thesis focuses on the theoretical concepts relating to research carried out on conflict and peace. Then, this paper will analyze the current situation of the Carinthian Slovenes and provide explanations for their rapid decline. Additionally, this thesis depicts the current relationship between the German-speaking and the Slovene-speaking Carinthians, presents several conflicts that have arisen and examines how these conflicts have developed up until today. The focus lies on the historical analysis of the border region of Carinthia and Slovenia, so as to explain the deep structure of the conflicting nations, which lays the foundation for present discrepancies. This part also includes the "Ortstafelkonflikt", which exemplarily combines an extensive amount of various conflictual perspectives. After focusing on historical and on current aspects, the thesis addresses future projects and objectives that are aimed at coming to terms with the past and a peaceful cooperation of language, culture and humanity. ; vorgelegt von Johanna Claus ; Abweichender Titel laut Übersetzung des Verfassers/der Verfasserin ; Zusammenfassungen in Deutsch und Englisch ; Karl-Franzens-Universität Graz, Diplomarbeit, 2017 ; (VLID)2117003
Im August 2014 jährt sich der Ausbruch des Ersten Weltkrieges (1914-1918) zum 100. Mal. Im Sommer 1914 entfesselte Europa einen unfassbar grausamen, erstmals global ausgetragenen Konflikt mit Folgen, die unsere Gegenwart bis heute prägen. Was uns Deutschen allerdings häufig wenig bewusst ist und bei unseren Nachbarn in Europa für Irritationen sorgen kann: In Deutschland scheinen die Millionen toten Soldaten und Zivilisten des Krieges von 1914-1918 nahezu vergessen zu sein. Das Gedenken steht hier ganz im Schatten des Zweiten Weltkriegs. Der Große Krieg, wie Belgier, Briten und Franzosen noch heute den Ersten Weltkrieg nennen, ist dagegen im kollektiven Gedächtnis unserer (west-)europäischen Nachbarn und anderer Nationen wie Australien, Neuseeland oder Kanada tief verankert. Wie können wir daher heute für die Dimensionen dieser "Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts" (George F. Kennan) und die Spuren, die sie bis heute hinterlassen hat, sensibilisieren? Wie können wir dazu beitragen, dass wir den Ersten Weltkrieg (wieder) stärker als Teil unserer eigenen Geschichte begreifen? Wie können wir aktiver werden, um ein gemeinsames - oder sich zumindest Europäisch / transnational verstehendes - Erinnern und Gedenken zu fördern? Konfrontiert mit dieser Herausforderung haben die Autoren ein Konzept für ein mehrtägiges Vor-Ort-Seminar zum Ersten Weltkrieg entwickelt, mit einer europäisierten und transnationalen Perspektive und exemplarisch anhand der Ereignisse und Erfahrungen der Soldaten und Zivilisten an der damaligen Westfront in Belgien. Dieser Beitrag möchte einen Einblick in die Praxis historisch-politischer Bildungsarbeit geben und liefert anschauliche Informationen zum Seminar, das im Sommer 2014 bereits zweimal durchgeführt wurde. Dies umfasst Konzept und Programm, Zielgruppe, Lernziele, Lehrmethoden, inkl. Literaturhinweise, sowie Seminarergebnisse, Eindrücke und Erfahrungen. (DIPF/Autor) ; In August 2014 the one hundredth anniversary of the outbreak of the first world war (1914-1918) takes place. In the summer of 1914 Europe unleashed an incredibly atrocious conflict, fought for the first time globally and with consequences which have been shaping our world up to the present day. However, we as Germans are often not very aware of a fact that might cause irritations amongst our neighbours in Europe: In Germany, the millions of dead soldiers and civilians of the war 1914-18 seem to be almost forgotten. Remembrance here is entirely overshadowed by the second world war. By contrast, the Great War, so called by Belgians, the British and the French until today, is deeply rooted in the collective memories of our (west-)European neighbours and other nations such as Australia, New Zealand or Canada. Therefore, a relevant question is how can we raise awareness for the dimensions of this "great seminal catastrophe of the 20th century" (George F. Kennan) and the traces it has left behind to the present? How can we contribute to a (renewed) deeper comprehension of the first world war as part of our own history? How can we get more active in promoting a common - or at least mutually informed European / transnational - way of remembering and commemorating? Faced with this challenge, the authors have developed a concept for a multi-day field visit seminar on World War I, with a Europeanized and transnational perspective, exemplary through the events and experiences of soldiers and civilians at the former western front in Belgium. This article aims to provide an insight into the practice of historical-political educational work, and provides illustrating information about the seminar which has already been conducted on two occasions in Summer 2014. This includes the concept and programme, target group, learning objectives, teaching methods, incl. references, as well as seminar results, impressions and experiences. (DIPF/author)
Die Kernfrage meiner Arbeit, die bisher erst wenig im Fokus stand, befasst sich mit der Rolle des Antifaschismus, genauer, des in Teilen der damaligen westdeutschen Bevölkerung verbreiteten Antifaschismuskonsenses als ein wesentlicher Grundstein des Protestes der Zeit um 1968. Die Rote Armee Fraktion (RAF) war eine von mehreren linken militanten Gruppen in der BRD, die sich unmittelbar nach 1968, d.h. über 20 Jahre nach dem alliierten Sieg über den Faschismus in Deutschland, organisierten. Am Beispiel der RAF soll untersucht werden, wie sich der Antifaschismuskonsens konstituierte und wie dieser rezipiert wurde. Eine Untersuchung, die eine ähnliche ideengeschichtliche Fragestellung beinhaltet, aber wesentlich umfassender auf "Ideologien und Analysen des Terrorismus in der BRD" angelegt war, stammt von einer Forschungsgruppe um Iring Fetscher, Günter Rohrmoser u.a. und fand im Auftrag der Ständigen Konferenz der Innenminister der Länder (IMK) um 1980 statt. Die folgenden Thesen sind zugleich Ausgangspunkt und Leitfaden meiner Arbeit: 1) Antifaschismus basiert auf der Ablehnung des Faschismus, unter dem auch der Nationalsozialismus rubriziert wird. Der Antifaschismuskonsens vereint die Ansicht innerhalb der westdeutschen Protestbewegung1, dass die Tradition des Faschismus nach 1945 in der BRD partiell fortbesteht und weiterhin in unterschiedlichen Formen kritisiert und bekämpft werden muss. Der Antifaschismus ist wie auch der Antiimperialismus und der Antiamerikanismus ein konstituierendes Element der Protestbewegung. 2) Der Konflikt zwischen Staat und Protestbewegung eskalierte nach 1967 und führte durch verschiedene Schlüsselereignisse und die verbreitete Auffassung von einer internationalen Guerillabewegung zur Gründung einzelner militanter Gruppen, darunter in der BRD die Tupamaros Westberlin bzw. München (1969), die RAF (1970) und die Bewegung 2. Juni (1972). Dabei ist der Antifaschismuskonsens auch für militante Gruppen wie die RAF ein konstituierendes Element wie anhand der produktiven Rezeption in Reden oder Texten deutlich wird. 3) Die antifaschistische Haltung konstituierte sich dabei nicht nur psychologisch oder biografisch, d.h. durch die individuelle Entwicklung und äußere Einflüsse, sondern auch textuell, d.h. über konkrete Texte, die innerhalb der Protestbewegung kanonisch bzw. allgemein anerkannt waren. Aus diesen Thesen resultieren Fragen, die ich im zweigegliederten Hauptteil der Arbeit erörtern werde. Allem voran steht im Teil I die Frage der zeitlichen und individuellen Perspektive. Dadurch soll, um einem wichtigen didaktischen Kriterium gerecht zu werden, der Bezug zum Prinzip der Multiperspektivität hergestellt werden. Es gilt, anhand von Beispielen eine konzise Grundlage für eine differenzierte und kritische Betrachtung der Primär- und Sekundärliteratur zu erarbeiten (→ Kap. I.1). Anschließend wird der Hauptbegriff meiner Arbeit, Antifaschismus, in seinen Facetten erörtert (→ Kap. I.2 / These 1). Danach versuche ich den Zusammenhang zwischen Antifaschismus und Entnazifizierung in der BRD zu klären und herauszuarbeiten, inwiefern von einem Kontinuum des Nationalsozialismus gesprochen werden kann (→ Kap. I.3 / These 1). Den ersten Teil abschließend soll die Relevanz des Antifaschismuskonsenses für die Konstituierung der Protestbewegung aufgezeigt werden (→ Kap. I.4 / These 1 u. 3). Im Teil II wird der Fokus auf eine bestimmte Gruppe gelenkt, die RAF. Der Teil beginnt mit einem Exkurs zur Herausbildungung der RAF im Kontext des eskalierenden Konfliktes zwischen dem Staat und der Protestbewegung (→ Kap. II.1 / These 2 u. 3). Daraufhin untersuche ich einzelne Texte der RAF auf die Frage nach den Belegen für eine produktive, d.h. aktive, Rezeption des Antifaschismuskonsenses (→ Kap. II.2 / These 2 u. 3). Dabei geht es schließlich darum, den Zusammenhang zwischen der antifaschistischen Haltung und einer entsprechenden textuellen Konstituierung aufzuzeigen, also um die Frage nach dem Wirken der passiven Rezeption neben beispielsweise psychologischen oder biografischen Einflüssen. Die zeitliche und räumliche Eingrenzung des Gegenstandes der Arbeit richtet sich nach dem inhaltlich gesteckten Rahmen, im Wesentlichen beginnend mit der Entnazifizierung nach 1945 und endend mit der Konstituierung der RAF um 1970. Dresden, Juni 2012:Abkürzungsverzeichnis 2 Einführung 4 I. Antifaschismus als Konsens und Basis des Protestes – Eine Frage der Perspektive 9 I.1 Zur Frage der Perspektive 9 I.2 Zum Begriff des Antifaschismuskonsenses 14 I.3 Entnazifizierung und Kontinuum des Nationalsozialismus – Ein Paradoxon? 19 I.4 Konstituierung der Protestbewegung und Relevanz des Antifaschismuskonsenses: Die Folgen des "gescheiterten Experimentes" 28 II. Eskalation des Konfliktes – Rezeption und Konstituierung des Antifaschismuskonsenses am Beispiel der RAF 38 II.1 Konstituierung der RAF im Kontext des eskalierenden Konfliktes 40 II.2 Produktive Rezeption des Antifaschismuskonsenses in Texten der RAF 50 Resümee 56 Verzeichnis der Quellen und Literatur 57 A) Quellen 57 B) Sekundärliteratur 61 C) Internet / Onlinemedien 71 Selbstständigkeitserklärung 72
Im 21. Jahrhundert kulminiert die Verfügbarmachung der Welt, des Selbst und des Sozialen in einer stetigen Zunahme komplexer gesellschaftlicher Transformationsereignisse. Entwicklungen in Ökologie, Technik und Politik lassen zunehmend Erfahrungen des Unverfügbaren hervortreten, wo zuvor Verfügungsgewissheit herrschte. Die Konfrontation mit ökologischen, sozio-technischen und politischen Ereignissen wird primär in Erfahrungen des Ungewissen, der Unabsehbarkeit, der Orientierungslosigkeit und des Unkontrollierbaren artikuliert, kurz: in Erfahrungen des Un/Verfügbaren. Der Band untersucht diese spätmoderne Spannung des Un/Verfügbaren in paradigmatisch vielfältigen Perspektiven auf ökologische, technische und politische Herausforderungen unserer Zeit. Mit Beiträgen von Gianna Behrendt | Elena Beregow | Andreas Bischof | Katharina Block | Ulf Bohmann | Michael Ernst-Heidenreich | Jan Gärtner | Erich Hörl | Dirk Nabers | Carsten Ohlrogge | Catharina Peeck-Ho | Uwe Schimank | Matthias Schloßberger | Volker Schürmann | Philipp Zeltner
Diese Arbeit bindet die häufig lediglich eindimensional und konzeptionell beschriebene Bewegungserziehung im Kindergarten an die vielschichtige wissenschaftliche Ordnung der Pädagogik der frühen Kindheit und die der Sportpädagogik an. Sie verbindet im Gegensatz zu zahlreichen eingleisigen Ansätzen dabei (a) die multiperspektivische Integration wesentlicher, die Bewegungserziehung legitimierender Erkenntnisse, (b) deren systematisierende Einordnung in einen die zusammengetragenen Wissensvorräte strukturierenden großtheoretischen Ansatz (vgl. Kap. 2), (c) empirisch-methodische Anliegen im Rahmen der Professionsforschung (vgl. Kap. 3), sowie (d) resultierende konzeptionelle Vorschläge und Arbeitshilfen zur Annäherung an ein vielseitig einsetzbares dynamisches und sich selbst evaluierendes Konzept (vgl. Kap. 4). (a) Die multiperspektivische Integration relevanter Erkenntnisse verwirklicht sich in der erstmaligen Erfassung aller als relevant erachteten, die Bewegungserziehung legitimierenden Sachlagen. Dazu zählen neben Lebensweltveränderungen von Vorschulkindern bzgl. sachlicher und sozialer Umwelt und deren Auswirkungen auf die motorische, gesundheitliche und kognitive Entwicklung (vgl. Kap. 2.1) institutionelle Sachverhalte im Focus des gesetzlichen Auftrages des Kindergartens sowie die Auseinandersetzung mit Sichtweisen von Bewegung und Bildung in institutionellen Kontexten (Kap. 2.2). Ebenso subsummiert sich hier das notwendige Nachzeichnen von Paradigmenwechseln in forschungsrelevanten Bezugssystemen, wie der Pädagogik der frühen Kindheit, der Sportwissenschaft, der Gesundheitspolitik, dem Ausbildungssystem der ErzieherInnen zwischen Schule und Jugendhilfe sowie der konzeptionellen Fortentwicklung der Bewegungserziehung in den Kindertageseinrichtungen (vgl. Kap. 2.3) als historische (bzw. in Anlehnung an Bronfenbrenner chronosystematische) Dimension. Zugleich unverzichtbar schließt sich die Auseinandersetzung mit zu erwartenden positiven Auswirkungen der Bewegungserziehung (vgl. Kap. 2.4) sowie, vor entwicklungspsychologischen Grundlagen betrachteten, didaktisch-methodischen Konsequenzen zur Inszenierung der Bewegungserziehung (vgl. Kap. 2.5) an. (b) Systematisierende Anliegen verwirklichen sich in der erstmaligen Ordnung der Wissensbestände und Bedingungskonstellationen der Bewegungserziehung entlang des für die Elementar- und Sportpädagogik wegen seines weiten Blickwinkels ergiebigen großtheoretischen systemischökologischen Theorieansatzes nach Urie Bronfenbrenner (1981) (vgl. auch Abb. 1). Die Ordnung, die das Erkennen großtheoretischer Wirkzusammenhänge ermöglicht, spiegelt sich bereits im Inhaltsverzeichnis wider und erstreckt sich inhaltlich von der Makroebene (bspw. veränderte Lebensweltveränderungen, vgl. Kap. 2.1) über das Exosystem (bspw. institutionelle Betrachtung des Kindergartens, vgl. Kap. 2.2) sowie forschungsrelevante Bezugssysteme der Wissenschaft (vgl. Kap. 2.3) bis hin zu den von Bronfenbrenner beschriebenen Meso- und Mikrosystemen (bspw. ausgewählte Transferleistungen der Bewegungserziehung auf ausgewählte Aspekte der Entwicklung, vgl. Kap. 2.4 und didaktisch-methodische Konsequenzen für die individuumsspezifische Gestaltung der Bewegungserziehung im Kindergarten, vgl. Kap. 2.5). (c) Empirisch-methodische Anliegen (vgl. Kap. 3) schließen sich auf der Basis der gewonnenen Erkenntnisse vorangegangener Kapitel im Rahmen der Professionsforschung an. Die Fragebögen bilden die Grundlage für das explorativ empirisch-methodische Anliegen der Arbeit im Sinne einer Explorationsstudie. Sie geben u. a. als Qualitätsindikatoren bei einer quantitativen fragebogengestützten Vergleichsuntersuchung konzeptabhängiger bewegungserzieherischer Einstellungen Aufschluss über konzeptresultierende Orientierungen der ErzieherInnen. Denn ErzieherInnenorientierungen haben wesentliche Bedeutung für deren tatsächliches Handeln. Subjektive Orientierungen implizieren Leitbildvorstellungen und dienen Pädagogen zur Komplexitätsreduktion des komplizierten Alltags, denn sie gewähren Handlungsfähigkeit, -sicherheit -rechtfertigung und -routine (vgl. Kap. 2.3.6). Insgesamt werden 500 Fragebögen (250 an Bewegungskindergärten/250 an eine Vergleichsgruppe) an 82 Einrichtungen (41 Bewegungskindergärten (Totalerhebung)/41Kindergärten als angepasste Stichprobe) übersandt (vgl. Kap. 3). Neben vergleichenden Fragestellungen zu den in den Einrichtungen tätigen Personen und Einrichtungsmerkmalen (vgl. Kap. 3.1) interessieren konzeptabhängige Orientierungsunterschiede (vgl. Kap. 3.2) sowie die Identifikation von Orientierungstypen (vgl. Kap. 3.3) und ein an den existierenden Wissensbeständen (vgl. Kap. 2) ausgerichteter Vergleich der Gesamtqualität (vgl. Kap. 3.4). (d) Resultierende konzeptionelle Vorschläge knüpfen an die Ergebnisse der unterschiedlichen Kapitel der Arbeit an und lassen sich aus einer an der Praxis orientierten pragmatischen Perspektive als dynamisches Konzept in bestehende Konzepte integrieren. Alle Kapitel der Arbeit können – auch einzeln betrachtet – als Grundlage zur Ableitung von Ausbildungscurricula und als Ausgangsbeschreibung notwendiger weiterer empirischer Vergewisserungen (denn selbstverständlich wird diese Arbeit mit begrenzten Mitteln nicht alle aufgeworfenen Fragen klären können) sowie als normative Fluchtpunkte zu Möglichkeiten und Grenzen von Konzeptentwicklungen genutzt werden. Aus diesem Grund finden wichtige Inhalte Kapitel übergreifend mehrfache Erwähnung. Jedes Kapitel und zahlreiche Unterkapitel werden (wie hier) auf Grund der Vielschichtigkeit dieser Arbeit mit einem "Wegweiser" eingeleitet, der einen Überblick über die wichtigsten Anliegen und Vorgehen innerhalb des Kapitels gibt. Daran schließen sich Hintergrundinformationen an, die zur Übersichtlichkeit mit einer Themenüberschrift versehen sind und wichtige Inhalte vertieft darstellen. Zuletzt wird darauf hingewiesen, dass Wert darauf gelegt wird, jegliches Vorgehen für den/die Leser/in transparent darzustellen. Deshalb sind zahlreiche Inhalte ausführlich dargestellt, Schritte der Arbeit detailreich beschrieben und zahlreiche Unterpunkte im Inhaltsverzeichnis aufgeführt.
In den vergangenen Jahren hat sich die Politikdidaktik zunehmend mit dem Einsatz von Narrationen im Politikunterricht beschäftigt, denn neben Sachtexten bietet auch die Belletristik die Möglichkeit, sich mit politischen Themen auseinanderzusetzen. Insbesondere die Literatur von Ferdinand von Schirach hat in den letzten Jahren zunehmend Anklang in der Gesellschaft gefunden. Von Schirachs Texte greifen gesellschaftskritische Themen auf, beleuchten diese aus verschiedenen Perspektiven und fordern zur Meinungsbildung heraus. Aus diesem Grund weisen von Schirachs Narrationen ein hohes Potential für die Politische Bildung auf. Politische Bildung schließt auch die Rechterziehung ein. Der Fall Collini von Ferdinand von Schirach setzt sich sowohl mit rechtlichen, als auch mit politischen Themen im Sinne der Rechtserziehung auseinander. In der vorliegenden Masterarbeit wird der Frage nachgegangen, inwieweit der Roman Der Fall Collini von Ferdinand von Schirach als Narration eine Chance für politisch-rechtliches Lernen im Politikunterricht darstellt. Um die Forschungsfrage zu beantworten, werden die Lernchancen und -grenzen des Romans hinsichtlich seiner Thematik und seines Genres, sowie durch den Roman geförderten Kompetenzen herausgearbeitet und die durch ihn möglichen fächerübergreifenden Bezüge verdeutlicht. Durch die Auseinandersetzung mit von Schirachs Werk beschäftigen sich die Schülerinnen und Schüler mit politisch-rechtlichen Themen, wie dem Spannungsverhältnis von Recht und Gerechtigkeit, dem Ablauf von Strafgerichtsverfahren, dem theoretischen Anspruch des Rechtsstaates und dessen realen Schwächen. Zudem fördert die Auseinandersetzung mit dem Roman Der Fall Collini die vier fachbezogenen Kompetenzen der Politischen Bildung, sowie Multiperspektivität und exemplarisches Lernen. Des Weiteren verknüpft der Roman historische, politisch-rechtliche und moralisch-ethische Aspekte miteinander, wodurch fächerübergreifende Bezüge mit den Fächern Geschichte, Deutsch und L-E-R hergestellt werden können. Darüber hinaus spricht der Justizroman als Narration seine Leserinnen und Leser auch emotional an und fördert somit eine ganzheitliche und nachhaltige Wissensvermittlung im Sinne der Rechtserziehung. Es hat sich gezeigt, dass Der Fall Collini von Ferdinand von Schirach sich für die unterrichtliche Beschäftigung innerhalb der Politischen Bildung besonders eignet. ; In recent years, political didactics has increasingly engaged in the use of narrations for Civic Education in school. In addition to non-fictional texts, fiction also offers the opportunity to deal with political issues. As the fictional literature of Ferdinand von Schirach has successfully drawn society's attention towards political and legal issues over the past few years, it might be a valuable contribution to Civic Education. Von Schirach's texts take up critical issues, illuminate them from different perspectives and challenge people to form their opinions. For those reasons, von Schirach's narrations, especially The Collini Case, have a high didactical potential to promote their political and legal learning. In this Master's thesis, I will examine the question to what extent Ferdinand von Schirach's novel The Collini Case encourages a critical awareness for such issues, as well as political and legal learning. In order to answer this research question, the learning opportunities and limits of the novel with regards to its subject matter and genre, as well as the competencies promoted by the novel, are identified and the interdisciplinary refences are elucidated. Von Schirach's literature confronts students with different issues such as the tension between law and justice, the course of criminal court proceedings, the theoretical claims of the constitutional state and its weaknesses considering reality. In addition, reading the novel The Collini Case facilitates the four subject-related competencies of Civic Education, as well as multi-perspectivity and exemplary learning. Furthermore, the novel links historical, political-legal and moral-ethical aspects with one another, which enables interdisciplinary references to be made with the subjects of History, German and Ethics. Moreover, the novel also speaks to its readers on an emotional level and thus enables a holistic and sustainable transfer of knowledge. All in all, the analysis has shown that Ferdinand von Schirach's The Collini Case is particularly suitable for teaching politics.
Die Geschichte und Gesellschaft der Türkei werden in den Schulbüchern und Lehrplänen für den Unterrichtsgegenstand "Geschichte, Sozialkunde und politische Bildung" nicht oder zumindest nicht ausreichend thematisiert, obwohl immer mehr Kinder mit türkischen Wurzeln die österreichischen Schulen besuchen. Mit meiner Arbeit versuche ich nun, diese Lücke zu schließen, indem ich insbesondere auf die jüngere Geschichte der Türkei eingehe, welche dann als Grundlage für die weitere Wissens- und Informationsvermittlung im Rahmen des Unterrichts im Fach "Geschichte, Sozialkunde und politische Bildung" dienen kann. Das Themenfeld meiner Arbeit umfasst vor allem die Geschichte, Geographie und Wirtschaft der Türkei, aber auch den EU-Beitrittsprozess und den Umgang der Türkei mit Minderheiten. Sie soll Anknüpfungspunkte für Diskussionen in den Klassen liefern und Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit geben, mit der Geschichte, Kultur und Gesellschaft ihrer Herkunftsländer bzw. der Herkunftsländer ihrer Vorfahren und damit einem Teil ihrer eigenen Identität zu befassen. Die Auseinandersetzung mit Ländern wie der Türkei soll aber nicht nur Kinder mit eigenen familiären Bezügen zu mehr Selbstbewusstsein verhelfen, sondern im Sinne der Multiperspektivität für alle förderlich sein. Meine Seminararbeit unterteilt sich in einen fachlichen und einen didaktischen Teil. Im ersten Teil der Arbeit werde ich zunächst auf einige geographische Eckdaten und dann auf die Geschichte des Landes eingehen. Um den heutigen Kulturkampf zwischen islamischen und laizistischen Parteien durchleuchten zu können, ist ein Blick in die Geschichte der Türkei unerlässlich. Ich möchte dabei vor allem die byzantinische und osmanische Vorgeschichte des Landes beleuchten, die seine einmalige Stellung zwischen Orient und Okzident erklärt. Heute ist die Türkei sowohl Bestandteil der islamischen Welt als auch politisch eingebunden in den Westen und auf dem Weg na Europa. Der Großteil meiner Arbeit soll aber einen Überblick über die Zeit nach der Gründung der Republik bieten, die eng mit einer beispiellosen Kulturrevolution verbunden ist, insbesondere aber über die politische, soziale und wirtschaftliche Entwicklung der Republik Türkei von der Gründung der Republik bis heute. Ich werde die politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen im zweiten Teil des 20. Jahrhunderts untersuchen. Dabei werde ich auf die Reformen des, aus türkischer Perspektive als Nationalhelden empfundenen, Mustafa Kemal bzw. Atatürk eingehen. In diesem Teil sollen auch die politische Lage der Türkei heute und die Kontroversen bezüglich der Verhandlungen der Türkei mit der EU beleuchtet werden.Im zweiten Teil der Arbeit werde ich einen Plan skizzieren, wie ich als Lehrerin für "Geschichte, Sozialkunde und politische Bildung" im Unterrichtsfach "Politische Bildung" das Thema "Die Türkei" bearbeiten würde. Dabei sollen die Kompetenzen der politischen Bildung berücksichtigt werden. ; In Austrian school books and curricula, Turkey's history and society is not discussed sufficiently in the school subject "History, Social and Political Education", although more and more children with Turkish descent attend Austrian schools.The aim of this thesis is to fill this knowledge gap, particularly by providing information about the more recent history of Turkey which should serve as a basic concept for further transfer of knowledge and information within the framework of the school subject "History, Social and Political Education". The topic of my paper ranges from the history, geography and economy of Turkey, the EU admission discussions and Turkey's handling with minority groups. Furthermore, I provide pupils with links to the history of their country of origin, respectively the country of their ancestors, in order to encourage them to deal with their identity and roots. However, discussions about countries like Turkey should not only help children with migration background to find more self-esteem, but also support the other pupils in class in the sense of multiperspectivity. The paper is divided into a theoretical and a didactical part. In the theoretical part of my thesis, I focus on geographical and historical data of Turkey. Moreover, I give an overview of the foundation of the Republic of Turkey which is closely connected to the cultural revolution of the country. Particularly, I discuss the political, economical and social development of the country from the time of foundation until today. In detail, I investigate the political and social development of the second part of the 20th century. Additionally, I discuss the reformations of Mustafa Kemal, also called Atatürk, who is regarded as a national hero from the Turkish perspective. Furthermore, the political situation in Turkey as well as the controversies concerning the negotiations between Turkey and the European Union are reviewed.In the didactical part of the paper I focus on a lesson plan for the subject "History, Social and Political Education" about how to deal with the topic of Turkey in the course of "Political Education" in class and how to integrate competence of political education during the lessons. ; vorgelegt von Mag.a iur. Agnes Totter ; Zusammenfassungen in Deutsch und Englisch ; Abweichender Titel laut Übersetzung des Verfassers/der Verfasserin ; Karl-Franzens-Universität Graz, Diplomarbeit, 2016 ; (VLID)1331032
Inhaltsangabe: Diese Arbeit nimmt den Umstand zu ihrem Ausgangspunkt, dass der arbeitsoziologische Diskurs um die Thematik "Subjektivierung von Arbeit" bislang ohne fundierte Theorie des Subjekts bzw. der Subjektivität arbeitet. Dabei unterteilt sie den Gesamtdiskurs zunächst in einzelne Teildiskurse und fragt jeweils nach Unzulänglichkeiten und Aporien, welche sich aus diesem Mangel ergeben. Im Anschluss daran versucht sie aus den Arbeiten des französischen Poststrukturalisten Michel Foucault eine theoretische Skizze zu entwickeln, welche dazu dienen soll, die konzeptionellen Lücken zu schließen. Diese spannt sich über die begrifflichen Eckpfeiler Macht, Selbst und Gouvernementalität. Am Ende wird die gewonnene Betrachtungsweise wieder auf den Diskurs bezogen. Problemstellung: Die sich mit Arbeit befassenden kritischen Sozialwissenschaften erleben, so scheint es, zurzeit eine Art von Umbruch: Über Jahrzehnte hinweg hatten zahlreiche Theorien unterschiedlichster Couleur einen gemeinsamen Fluchtpunkt; ja teilweise lässt sich fast sagen einen gemeinsamen Klienten, als dessen Anwalt sie, implizit oder expliziert, agierten: das Subjekt. Dieses Konstrukt bezeichnete dabei gewissermaßen das Individuum als sich in einem Spannungsfeld befindlich gedachtes: Auf der einen Seite standen seine spezifischen Eigenschaften als Exemplar der Gattung "Mensch", also seine Fähigkeit zu Fortschritt durch Erkenntnis sowie seine Dispositionen und Intentionen in Bezug auf Denken und Handeln; auf der anderen Seite seine Geformtheit durch kulturelle und soziale Einfluss. Grund zur Beunruhigung war dabei zumeist, dass bestimmte moderne Organisationsweisen den Charakter von Arbeit so bestimmten, dass Zweites das Erstere überformte oder vollständig unterdrückte. Sämtliche Theorien, welche in irgendeiner Weise auf das Konzept der "Entfremdung" verweisen, können hier als beispielhaft gesehen werden. Seit Beginn der neunziger Jahre des letzen Jahrhunderts ist nun zu beobachten, wie all diese Konzeptionen zunehmend in eine Art von Krise geraten. Der Grund dafür liegt hier hauptsächlich im zunehmenden Zurückweichen eines bestimmten Organisationsparadigmas, welche über einen immensen Zeitraum hinweg die Struktur von Arbeit im Kapitalismus prägte: der Taylorismus. Im tayloristischen Paradigma war die Subjektivität des Individuums stets als Störgröße definiert, welche es über hierarchische Kontroll- und Anweisungsstrukturen stets auszuschalten oder zumindest beherrschbar zu machen galt. Die Frage, inwieweit Organisationsweisen von Arbeit das arbeitende Individuum dazu befähigen "sich selbst", also seine eigene Subjektivität, in die Arbeit einzubringen oder eben dies behinderten, galt in der sozialwissenschaftlichen Theorie so als Indikator für den Grad der humanen Gestaltung der Arbeit, bzw. zeigte an, inwiefern der Mensch durch seine Arbeit seiner eigentlichen Natur fremd wurde. Eine derartige Denk- und Forschungslogik scheint nun unter posttayloristischen Vorzeichen nicht länger angebracht: Der ehemalige Störfaktor "Subjektivität" erhält unter den Bedingungen von dynamisierten (globalisierten) Märkten, die gleichzeitig innovative Flexibilität und ökonomische Effizienz fordern, und der wachsenden Bedeutung des Produktionsfaktors Wissen, zunehmend den Status einer ökonomischen Ressource. In der Praxis bedeutet dies, dass betriebliche Organisationsweisen zunehmend nun geradezu darauf ausgerichtet werden, subjektive Potentiale, wie Kreativität, Eigeninitiative, Emotionalität und erfahrungsbasiertes Wissen, zu fördern, um diese dann ökonomisch nutzbar machen zu können. Diese Verschiebung reflektiert die Industriesoziologie derzeitig im Rahmen eines fachlichen Diskurses, der den Namen "Subjektivierung von Arbeit" trägt. Diesen Diskurs begleitet jedoch bis zum heutigen Tage ein Problem: Unter seinem Label werden derzeit in der Literatur zahlreiche heterogene Arbeiten zusammengefasst, welche den kleinsten gemeinsamen Nenner besitzen, in irgendeiner Weise den Wandel der Anforderungen an das Individuum im Wechselverhältnis zwischen Person und Betrieb in Arbeitsprozessen zu untersuchen, und dabei eine Verschiebung zu Lasten des Individuums zu konstatieren. Konkrete Befunde entstehen dabei, explizit oder implizit, vor den unterschiedlichsten theoretischen Hintergründen: Von am Marxismus orientierter Kritik über handlungstheoretische Zugänge bis hin zu psychoanalytischen Ansätzen, um nur einige Beispiele zu nennen, stößt man auf ein immens breites Ensemble von Zugangsweisen. Entsprechend unterschiedlich sind die entwickelten Forschungskonzepte, und entsprechend divergent stellen sich die Ergebnisse hinsichtlich brisanter Fragestellungen, wie beispielsweise die nach den Ursachen des Prozesses, der Auswirkungen auf das arbeitende Subjekt, der mikro- und makrosozialen Folgen, der angemessenen Strategie des Widerstandes usw. dar. Obgleich Multiperspektivität in einer Wissenschaft an sich kein Nachteil sein muss und sein sollte, erweisen sich Befunde und Handlungsempfehlungen aus diesem Grunde oftmals als schwer vergleichbar und existieren daher meist ohne gegenseitigen Bezug nebeneinander her. Was dem Diskurs um "Subjektivierung von Arbeit" letztendlich fehlt, ist also eine konkrete Theorie der Subjektivierung, bzw. des Subjektes, welcher hier gewissermaßen als geteilter Horizont dienen könnte. Diese Arbeit soll nun als ein Versuch gelesen werden, diese konzeptionelle Lücke zu schließen. Sie verfolgt letztendlich das Ziel, den arbeitssoziologischen Diskurs um die Thematik "Subjektivierung von Arbeit" in theoretisch zu unterfüttern. Dies geschieht in Form der Erarbeitung einer Konzeption von "Subjektivierung", welche sich konsequent auf die Arbeiten des französischen Poststrukturalisten Michel Foucault sowie deren Rezeptionen und Weiterentwicklungen bezieht. Die Entscheidung für gerade diesen Theoretiker liegt dabei vorrangig in der Tatsache begründet, dass zahlreiche aktuelle wissenschaftliche Arbeiten hier bereits auf mögliche Verbindungslinien verweisen; in ihrem Erkenntnisanspruch jedoch stets auf einen jeweils spezifischen Aspekt beschränkt bleiben. Diese Arbeit erhebt also auch den Anspruch, diesem fragmentiertem Bild ein holistisches entgegensetzen zu wollen. Gang der Untersuchung: Die Arbeit lässt sich grob in zwei Hauptschritte untergliedern: Der erste Schritt besteht in einer systematisierenden Darstellung des (neueren) arbeitssoziologischen Diskurses um die Thematik "Subjektivierung von Arbeit". Dabei wird dieser zunächst in Teildiskurse aufgeschlüsselt, d.h. innerhalb des Diskurses werden verschiedene Diskussionsstränge identifiziert und in Abhängigkeit von ihrem speziellen diskursiven Fokus (beispielsweise Führungstechniken) voneinander abgegrenzt. Aus jedem Teildiskurs werden dann jeweils ausgewählte Forschungsbeiträge einzeln zusammenfassend dargestellt. Mit dieser Vorgehensweise werden zwei grundlegende Ziele verfolgt: Auf der einen Seite soll ein möglichst breit gefächerter Überblick über das Bestehende generiert werden, welcher es dem Leser ermöglicht, einen tiefgründigen Einblick in die Thematik zu gewinnen; auf der anderen Seite soll der Diskurs in eine Form gebracht werden, in welcher es möglich wird, kontrastierende Vergleiche anzustellen, um auf diese Weise gewisse Stellen als systematische Mängel zu identifizieren, welche das Erkenntnispotential derzeitig einschränken. Des Weiteren soll auf diese Weise Anschlussfähigkeit für das theoretische Instrumentarium Foucaults; seine Sprache, sein Denken; generiert werden. Im zweiten Schritt kommt schließlich Foucault selbst ins Spiel: Auf der Basis von ausgewählter Primär- und Sekundärliteratur soll dort der Vorschlag für eine Konzeption von "Subjektivierung" erarbeitet werden, welche dem Diskurs um "Subjektivierung von Arbeit" als subjekttheoretisches Fundament dienen könnte. Dabei wird der Leser zunächst ausführlich in Foucaults spezifische Denkweise eingeführt , indem ausgehend vom fundamentalen Begriff der "Macht" elementare Konzepte wie "Wissen" oder "Diskurs" vorgestellt werden. Ausgehend von dieser Grundlage, wird es dann möglich sein, eine spezifische Perspektive der Subjektivität einzuführen, und diese im Anschluss aus verschieden Blickwinkeln auf ihre Implikationen zu befragen. Im letzen Teil dieses Abschnittes wird mit dem Konzept der "Gouvernementalität" schließlich ein Analyseinstrument vorgestellt, welches es erlaubt, das Phänomen der "Subjektivierung" von Arbeit als Effekt einer tiefer liegenden und umfassenderen Rationalität zu begreifen, welche derzeitig im Begriff ist, die gesamte Gestalt unserer Gegenwart zu transformieren: dem Neoliberalismus. Im letzten Abschnitt daran wird schließlich erörtert werden, inwieweit das zuvor gewonnene theoretische Gerüst dazu in der Lage ist, die im ersten Schritt aufgezeigten konzeptionellen Lücken des arbeitssoziologischen Diskurses zu schließen. Dabei werde ich mich erneut entlang der zuvor spezifizierten Teildiskurse orientieren.
Geschichtspoltische Studien gewannen in den letzten 20 Jahren an großer Bedeutung. Die vorliegende Arbeit ist ein Beitrag zur geschichtspolitischen Debatte um Lehrmeinungen in der Geschichte von Barbados im 17. Jahrhundert. Anhand Aleida Assmanns methodischer Analyse von Geschichtspolitik, untersucht diese Arbeit das Vorhandensein von Geschichtsmanipulation, Mythologisierung, Aufklärung und Multiperspektivität in der modernen Lehrmeinung zur Geschichte von Barbados im 17. Jahrhundert. Hierzu werden Zeitzeugenberichte anhand der Quellenanalysemethode mit der Lehrmeinung führender Forscher auf dem Gebiet verglichen. Thematisch behandelt die Arbeit die Entdeckungs,- und Besiedelungsgeschichte, die Zeit des Englischen Bürgerkrieges, der Gelbfieberpandemie von 1647, und der Sklavereigeschichte. Zentrale Ergebnisse der Arbeit sind, dass sich Quellenanalysen nicht völlig mit der modernen Lehrmeinung decken. Die untersuchten Quellen lassen Zweifel an der offiziellen Inanspruchnahme Englands 1625 durch James Powell aufkommen. Besitzstreitigkeiten führten zur Geschichtsmanipulation mit dem Ziel die Legitimität im Anspruch des Earl of Carlisle durchzusetzen. Francis Willoughby, Gouverneur von Barbados während des Englischen Bürgerkrieges, wird in der aktuellsten Forschung als Wohlstandsbringer und Verfechter der Religionsfreiheit gesehen. Quellenanalysen belegen das genaue Gegenteil. Ein Revisionismus, mit dem Ziel Oliver Cromwell zu diskreditieren, könnte hierfür ausschlaggebend sein. Die Gelbfieberpandemie von 1647 entpuppt sich bei einer genauen Analyse der Quellen als zweifelhaft. Eine Fremdschuldzuweisung durch Manipulation muss in Betracht gezogen werden. Sklaverei im englischen Rechtsraum wird in der aktuellen Lehrmeinung als auf den portugiesischen und spanischen Systemen des transatlantischen Sklavenhandels aufbauend bezeichnet. Quellenanalysen der Vagabond und Vagrancy Acts deuten vielmehr auf eine Kontinuität der englischen Leibeigenschaft. Geschichtspolitische Aufklärung, mit dem Ziel eine Erinnerungskultur zu schaffen, könnte die Motivation sein. Geschichtsmanipulation lässt sich somit in den untersuchten Themenkomplexen nicht ausschließen. ; Studies of political memory have become more and more prominent over the past 20 years. This thesis sees itself as a contribution to the ongoing politics of history debate being present in the current doctrine of Barbadian history in the 17th Century. Utilising Aleida Assmann´s method of analysing politics of history, the existence of history manipulation, mythologisation, enlightenment, and multiperspectivity is being researched. Through source analysis, primary sources are being contrasted with current facts proposed by leading researchers in the field. The scope of this thesis focuses on the early discovery and settlement history of Barbados, as well as the time of the English Civil War, the yellow fever pandemic of 1647, and the history of slavery. The central conclusion being, that primary sources do not fully support the modern doctrine in the chosen areas of research. James Powell is widely seen as the first English to land and claim Barbados. Primary sources however point the first landing and ownership of Barbados to Simon Gordon. A possible reason for the manipulation could be the consequence of early disputes in ownership between the Earl of Marlborough, the Earl of Carlisle, and the Earl of Pembroke. Francis Willoughby is widely regarded as a beacon of religious tolerance and the cornerstone of Barbadian wealth during the English Civil War. A source analysis has however proven him to be quite the contrary. Not only was he anti-Jewish, he also played a key role in enforcing and tightening the Acts of Navigation after the restauration. Sources proof that the supposed Declaration of Independence in 1651 under his governance was merely a letter of refutation. Reasons for altering the history could be a result of anti-Cromwellian historiography. Analysing the current doctrine in regards to the yellow-fever pandemic of 1647, doubts as to the classification of the disease become apparent when contrasting the primary sources to the modern school of thought. Seeing a possible self-caused disease as problematic, a shift of blame towards a foreign entity is plausible. The last chapter of this thesis aims to compare the current doctrine on England's history of slavery with primary sources. In contrast to seeing it as a system developed on Portuguese and Spanish systems of chattel slavery, the possibility of Vagabond and Vagrancy Acts as foundations are being studied. Limiting slavery to early modern times ignores the eventuality of slavery in feudal England. Following the principle of enlightenment through politics of history, a revisionism towards fostering a set perspective becomes likely. Studies of political memory have become more and more prominent over the past 20 years. This thesis sees itself as a contribution to the ongoing politics of history debate being present in the current doctrine of Barbadian history in the 17th Century. Utilising Aleida Assmann´s method of analysing politics of history, the existence of history manipulation, mythologisation, enlightenment, and multiperspectivity is being researched. Through source analysis, primary sources are being contrasted with current facts proposed by leading researchers in the field. The scope of this thesis focuses on the early discovery and settlement history of Barbados, as well as the time of the English Civil War, the yellow fever pandemic of 1647, and the history of slavery. The central conclusion being, that primary sources do not fully support the modern doctrine in the chosen areas of research. James Powell is widely seen as the first English to land and claim Barbados. Primary sources however point the first landing and ownership of Barbados to Simon Gordon. A possible reason for the manipulation could be the consequence of early disputes in ownership between the Earl of Marlborough, the Earl of Carlisle, and the Earl of Pembroke. Francis Willoughby is widely regarded as a beacon of religious tolerance and the cornerstone of Barbadian wealth during the English Civil War. A source analysis has however proven him to be quite the contrary. Not only was he anti-Jewish, he also played a key role in enforcing and tightening the Acts of Navigation after the restauration. Sources proof that the supposed Declaration of Independence in 1651 under his governance was merely a letter of refutation. Reasons for altering the history could be a result of anti-Cromwellian historiography. Analysing the current doctrine in regards to the yellow-fever pandemic of 1647, doubts as to the classification of the disease become apparent when contrasting the primary sources to the modern school of thought. Seeing a possible self-caused disease as problematic, a shift of blame towards a foreign entity is plausible. The last chapter of this thesis aims to compare the current doctrine on England's history of slavery with primary sources. In contrast to seeing it as a system developed on Portuguese and Spanish systems of chattel slavery, the possibility of Vagabond and Vagrancy Acts as foundations are being studied. Limiting slavery to early modern times ignores the eventuality of slavery in feudal England. Following the principle of enlightenment through politics of history, a revisionism towards fostering a set perspective becomes likely. ; Arbeit an der Bibliothek noch nicht eingelangt - Daten nicht geprüft ; Abweichender Titel laut Übersetzung des Verfassers/der Verfasserin ; Masterarbeit Karl-Franzens-Universität Graz 2021