"Die Autorin gibt einen Überblick über die Theorien von Ethnizität, ethnischer Mobilisierung und ethnischem Konflikt und fragt, unter welchen Bedingungen Ethnien als imaginierte Gemeinschaften politisch mobilisiert werden. Dies ist vor allem der Fall, wenn sich der relative Status einer oder mehrerer Ethnien in einer Gesellschaft verändert, Assimilation über individuellen Aufstieg nicht stattfindet und es dadurch für einzelne und für Gruppen attraktiv wird, eine Ethnie als Klientel oder als Mobilitätskanal zu aktivieren. Die damit auftretenden Konflikte verschärfen sich, wenn keine regulierenden Institutionen zur Verfügung stehen, die Kooperation nahelegen oder erzwingen. Auch politische Ordnungsformen können zur Eskalation ethnischer Konflikte führen. Welche Formen in der Lage sind, ethnische oder kulturelle Pluralität über Schlichtung zu integrieren, hängt von der spezifischen Konfliktkonstellation ab. Die Frage, wann ethnische Eliten deeskalative Strategien wählen und mit ihnen Erfolg haben und welche Hilfe hierbei die Intervention Dritter leisten kann, ist ihrer Ansicht nach noch nicht hinreichend erforscht." (Textauszug)
Diskussion der Bedeutung ethnischer Faktoren in den innenpolitischen Auseinandersetzungen in Burundi 1988 zwischen den Stammesgruppen der Hutu und Tutsi. Stellungnahme des Autors zu einem Aufsatz von F. Reyntjens in Politique africaine 37 vom März 1990. Rückblick auf die Ursachen historischer Krisen seit 1965 und deren politische Zusammenhänge. Überlegungen zur Definition ethnischer Gruppen nach "rassischen" und "sozialen" Merkmalen. (DÜI-Wsl)
In: Discussion Papers / Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, Forschungsschwerpunkt Arbeitsmarkt und Beschäftigung, Abteilung Organisation und Beschäftigung, Band 98-107
"Der vorliegende Beitrag päsentiert die Ergebnisse einer explorativen Studie über die Arbeits- und Beschäftigungssituation von Frauen in der Berliner Türkischen Ökonomie. Diese wurde im Frühjahr 1998 durchgeführt. Insgesamt wurden 50 Unternehmerinnen und abhängig Beschäftigte befragt. Damit handelt es sich um Forschungsneuland: es ist die erste empirische Untersuchung, die sich dezidiert der Situation der weiblichen Beschäftigten im ethnischen Gewerbe in Berlin zuwendet. Im Mittelpunkt stehen Fragen nach der Strukturierung dieses Ausschnittes des Arbeitsmarktes: nach der Arbeitsorganisation und der Beschäftigungssituation, nach der Bedeutung von Familienbeziehungen für die Arbeitsorganisaiton und nach der Positionierung der türkischen Frauen innerhalb des ethnischen Gewerbes. Als analytischer Rahmen dient erstens die internationale, vorwiegend englischsprachige, Literatur zur Geschlechtsspezifik von ethnischen Ökonomien. Hieraus werden die forschungsleitenden Fragen entwickelt. Zweitens wird das regionale Beispiel Berlin durch die Skizzierung der jüngsten Arbeitsmarktentwicklungen vorgestellt und erkennbare Ethnisierungsprozesse werden aufgezeigt. Die Untersuchungsergebnisse zeigen, daß im Falle der türkischen Unternehmerinnen in Berlin nicht von einer Übertragbarkeit des Konzeptes der 'ethnischen Ökonomien' ausgegangen werden kann. Vielmehr wird deutlich, daß sich die türkischen Unternehmerinnen - anders als die abhängig Beschäftigten - nicht mit der ethnischen Ökonomie identifizieren und in sich teilweise sogar explizit von dieser abwenden. Sie greifen in der Regel nicht auf die Beschäftigung 'ethnischer' Arbeitskräfte bzw. Familienmitglieder zurück und besitzen nicht generell 'ethnisch' geprägte Zuliefererbeziehungen. Die Zusammenfassung zeigt Forschungsdesiderate auf." (Autorenreferat)
Die internationalen Schulleistungsstudien PISA und IGLU zeigen, dass Schüler/-innen mit Migrationshintergrund im deutschen Bildungssystem benachteiligt sind. Auf der Suche nach Erklärungen erschließt Christine Baur am Innenleben einer Schule in einem Berliner Kiez ein enges Geflecht sich gegenseitig beeinflussender Faktoren in Familie, Schule und Quartier, die zur Bildungsbenachteiligung führen, und fragt nach den bisher wenig erforschten Wirkungen sozialer und ethnischer Segregation an Berliner Schulen. Sie zeigt: Der Transfer US-amerikanischer und französischer Interventionsstrategien, die Segregation vermeiden und die Zusammensetzung der Schüler/-innenschaft über die sozioökonomische Integration steuern, könnte eine mögliche Lösungsstrategie sein.
The authors try to bridge the gap between researchers who, in the wake of Almond & Verba's "civic culture," have investigated the relationship between civic culture & political participation & those primarily interest in multicultural democracy. Earlier, the authors found a correlation between political participation & political trust of ethnic minorities, on one hand, & the network of ethnic associations, on the other. Here, they treat the network of ethnic organizations as a proxy for civic community, following the assumption that voluntary associations create social trust, which can lead to political trust. Civic community building is the creation of trust among organizations. Bottom up, increased social trust may generate political trust, because citizens feel that their leaders are competent to monitor local government. Top down, interlocking directors can spread the political trust they themselves have within the ethnic community; by doing so, they act as an agent for local government. Discussed in conclusion is whether this civic community is generated by factors that stem from the political opportunity structure in the host country or to cultural factors that originated in the country of origin. 5 Tables, 46 References. Adapted from the source document.
Die öffentliche Meinung über die Einwanderung und die Einwanderungspolitik in den USA wird zum Großteil von Stereotypen bestimmt. So werden zum Beispiel wirtschaftliche Interessen als Gründe der Einwanderer von vielen Bürgern als vorrangig angesehen, erst dann folgen Menschenrechtsverletzungen oder ethnische Faktoren als Einwanderungsgründe. Die amerikanische Politik hat versucht, diesen Stereotypen entgegenzuwirken, bisher jedoch ohne viel Erfolg. Es bleibt die Aufgabe der Politik, darzustellen, daß nicht ausschließlich wirtschaftliche Faktoren Gründe für die Einwanderung Fremder darstellen (SWP-Fnk)
In: Soziale Ungleichheit, kulturelle Unterschiede: Verhandlungen des 32. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in München. Teilbd. 1 und 2, S. 3137-3145
"Der Beitrag untersucht die Frage nach Wissensverteilung und sozialer Differenzierung durch Migrantengruppen anhand des exemplarischen Falls eines türkischen Fußballvereins. Es wird gezeigt, dass geteilte ethnische Stereotype in interkulturellen Beziehungen eine zentrale Rolle spielen. Die ethnische Gruppe bildet zum einen Sonderwissensbestände aus, mittels derer sie die Migrationssituation kollektiv bewältigt und ihre soziale Konsolidierung bewerkstelligt. Zum anderen partizipieren die Vereinsmitglieder am Allgemeinwissen des Fußballmilieus. Dieses Wissen scheidet sich in milieuspezifisches Allgemeinwissen um Fußballregeln und geteiltes interethnischen Wissen, das die am Fußballmilieu beteiligten Gruppen zur Gestaltung ihrer Interaktion verwenden und dem auch Stereotype zuzurechnen sind. Deren Form und Verwendung weisen einige Besonderheiten auf, wie am Beispiel der zentralen Stereotype vom 'heißblütigen Türken' und vom 'steifen Deutschen' demonstriert wird: Im Gegensatz zu herkömmlichen Etablierte-Außenseiter-Konstellationen, in denen erstere ihre negativen Zuschreibungen weitgehend ungehindert setzen können, werden in diesem Fall wechselseitige Stereotypisierungen vorgenommen, was eine Symmetrie der Beziehungen impliziert. Die verwendeten Stereotype konstituieren überdies zwar eine Ungleichheit der Interaktionspartner, jedoch keine Ungleichwertigkeit. Sie zielen nicht auf 'kategorialen Ausschluss' (Neckel) der jeweils anderen Gruppe. Schließlich werden die Stereotype in der Interaktion wechselseitig als gültig anerkannt und büßen spätestens dadurch ihre negative Polung weitgehend ein. Der Beitrag versteht sich als Weiterführung der Überlegungen von Alfred Schütz und Thomas Luckmann in 'Strukturen der Lebenswelt'. Die dort beschriebene Entwicklungstendenz moderner Gesellschaften hin zur Bedeutungszunahme von Sonderwissensbeständen und damit einhergehend zur Entstehung von 'Gesellschaften innerhalb der Gesellschaft' wird durch die Forschungsergebnisse bestätigt. Die vorgestellten Ergebnisse legen aber auch nahe, dass dieser Prozess begleitet wird von einer komplementär dazu verlaufenden Entwicklung von Allgemeinwissen in anderen Sphären der Vergesellschaftung. Mehrfache und wechselnde Mitgliedschaften und Teilzeitzugehörigkeiten in unterschiedlichen 'sozialen Welten' relativieren den Verpflichtungscharakter des Sonderwissens und bedingen die Entstehung geteilten Wissens. Die Forschungsergebnisse können dahingehend interpretiert werden, die 'Kreuzung sozialer Kreise' (Simmel) analytisch und zeitdiagnostisch stärker in Rechnung zu stellen." (Autorenreferat)
Die vorliegende Arbeit besch?ftigt sich mit dem Begriff des Anderen/N?chsten/Bruders im Orthodoxen Christentum sowie im Rahmen von verschiedenen aktuellen gesellschaftlichen und politischen Diskursen, wie z. B. zwischenmenschliche Beziehungen, interreligi?ser Dialog oder der Dialog ?ber die Vergangenheit in die Post-Konflikt-Periode auf dem Balkan. Die ?berlegungen der Autorin basieren dabei auf einer Er?rterung des Ph?nomens von Nicht-Akzeptanz des Anderen und des Andersartigen bzw. auf einer Analyse der Angst vor dem Anderen/Andersartigen und des Hasses ihm gegen?ber. Von solchen negativen Einstellungen und Gef?hlen sind im betreffenden Zusammenhang nicht nur Menschen als Einzelne betroffen, sondern auch ganze ethnische Gruppen und Nationen. Als einer der Schl?sselfaktoren bei der Beziehung zum Anderen, bei einem friedlichen Miteinander mit ihm und sogar bei dem Vers?hnungsprozess im ehemaligen Jugoslawien wird dabei der Dialog verstanden und seine Bedeutung in dieser Rolle hervorgehoben. Er?rtert wird au?erdem die unterst?tzende Rolle, welche das orthodoxe Christentum bei der Entwicklung eines friedlichen Miteinanders sowie bei der Friedenserhaltung heute potenziell spielen k?nnte.
Es wird allgemein angenommen, daß Lohnarbeit die effektivste und produktivste Form der Arbeit ist. Es gibt Anzeichen dafür, daß die Zunahme der Lohnarbeit in Indonesien von einer Arbeitsmarktsegmentierung begleitet wird. Der Autor berichtet in der vorliegenden Studie über eine empirische Untersuchung der Arbeitsmarktsegmentierung in West-Sumatra aufgrund geschlechtsspezifischer, ethnischer, verwandtschaftlicher und regionaler Faktoren. Es wurden strukturierte Interviews mit 506 Personen und Intensivinterviews mit 30 Personen durchgeführt. Es wird festgestellt, daß die Segmentierung vor allem auf die Geschlechtszugehörigkeit und die Region zurückzuführen ist, weniger auf ethnische Faktoren. Die Segmentierung führt zu großen Lohnunterschieden. Die Bildung beeinflußt ebenfalls die Höhe der Löhne, was ebenfalls zur Segmentierung beiträgt. (psz)
Der Autor untersucht den Einfluss kurdischer Historiographie auf die Bildung einer kurdisch-nationalen Identität. Angesichts des Fehlens offizieller kurdischer Institutionen und Publikationen basiert die Studie auf Zeitungsartikeln aus der einzigen kurdischen Tageszeitung 'Özgur Gündem'. Wie aus der Studie hervorgeht, ist die kurdische nationale Geschichte ein unter kurdischen Intellektuellen vielfach umstrittenes Gebiet. Die Debatte wird in der Regel vom türkischen Nationalismus in seiner populären Ausprägung bestimmt. Waren früher religiöse und soziale Faktoren wichtig, so schließt der Autor, basiert die kurdische Identität heute in erster Linie auf ethnischen Faktoren. (DÜI-Mjr)