Unendliche Geschichte, notwendiger Streit: die Auseinandersetzung um deutsche "Blauhelme"
In: Vereinte Nationen: Zeitschrift für die Vereinten Nationen und ihre Sonderorganisationen, Band 42, Heft 1, S. 1-6
ISSN: 0042-384X
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In: Vereinte Nationen: Zeitschrift für die Vereinten Nationen und ihre Sonderorganisationen, Band 42, Heft 1, S. 1-6
ISSN: 0042-384X
World Affairs Online
In: Gewerkschaftliche Monatshefte, Band 44, Heft 3, S. 190-200
ISSN: 0016-9447
World Affairs Online
In: Europa-Archiv / Beiträge und Berichte, Band 47, Heft 13, S. D445-D456
World Affairs Online
In: Liberal: das Magazin für die Freiheit, Band 34, Heft 2, S. 41-49
ISSN: 0459-1992
World Affairs Online
In: Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung. [Deutsche Ausgabe], Heft 40, S. 361-372
ISSN: 0342-5754
World Affairs Online
Politische Einstellungen, politische Partizipation und Wählerverhalten
im vereinten Deutschland. Zusammengefasster Datensatz einer
sechswelligen Erhebung mit Panelkomponente und für Ost und West
getrennte Samples.
Themen: In mindestens einer Studie oder in allen sechs Studien wurde
gefragt:
1. Beurteilung der aktuellen allgemeinen Wirtschaftslage sowie der
allgemeinen Wirtschaftslage im Vorjahr und im zukünftigen Jahr;
Wichtigkeit von Erst- und Zweitstimme für die Bundestagswahl;
Demokratiezufriedenheit; Politikinteresse; Sicherheit der eigenen
Wahlbeteiligung bei der Bundestagswahl; Art der Stimmabgabe; eigene
Wechselwählerschaft; Parteipräferenz (Sonntagsfrage, Erststimme und
Zweitstimme); Sicherheit der eigenen Wahlentscheidung; Gründe für
Wahlabsicht und Nichtwahl; Sicherheit des Einzugs ausgewählter Parteien
in den Bundestag (Bündnis 90/Grüne, PDS, Republikaner, DVU); Erwartung
einer Mehrheit für die CDU oder die SPD; Demokratie als Staatsidee;
Einschätzung der eigenen aktuellen Wirtschaftslage sowie der eigenen
Wirtschaftslage im Vorjahr und im zukünftigen Jahr; Gründe für die
Unzufriedenheit mit Parteien; Koalitionspräferenz; Zufriedenheit mit
dem Wahlergebnis der Bundestagswahl 1998; Verfolgung des Wahlkampfs zur
Bundestagswahl 1998; Einstellung zu Parteien (Skala: wollen nur
Wählerstimmen, Parteien sehen Staat als Selbstbedienungsladen,
Vertrauenswürdigkeit der Politiker, ohne Beziehung zu Parteien ist für
den Bürger nichts erreichbar, einfache Parteimitglieder können sich
einbringen, Machtstreben, Parteien unterscheiden sich klar, zu viel
Einfluss auf die Gesellschaft, Berufspolitikertum, Korruption);
wichtigste Probleme in der Bundesrepublik; kompetenteste Partei zu
Lösung dieser Probleme; Einstellung zur Politik und Beurteilung
politischer Wirksamkeit (efficacy) (Skala: Politiker kümmert, was
einfache Leute denken, keine persönlichen Einflussmöglichkeiten auf die
Regierung, Politik ist zu kompliziert, Bemühen von
Bundestagsabgeordneten um Kontakt zur Bevölkerung,
Einflussmöglichkeiten der Bürger auf die Politik, freie
Meinungsäußerung, Zutrauen einer eigenen aktiven Rolle in einer
politischen Gruppe, Demokratie ohne Opposition nicht denkbar,
Verständnis politischer Fragen, Wahlbeteiligung als Bürgerpflicht,
Chance auf Regierungsbeteiligung für jede demokratische Partei);
vermutete Position der Parteien CDU/CSU, SPD, FDP, Bündnis90/Die
Grünen, Republikaner und PDS zur Kernenergie (weiterer Ausbau versus
Abschaltung aller Kernkraftwerke), zum Ausländerzuzug sowie zur
europäischen Einigung; eigene Issue-Position und Issue-Relevanz;
Förderung der Gleichberechtigung, Arbeitsplatzversorgung und neuer
Technologien durch den Staat; Bewertung des persönlichen
Lebensstandards, der Gerechtigkeit der Einkommensverteilung, der
sozialen Sicherheit und des Schutzes vor Verbrechen;
Sympathie-Skalometer für die Parteien CDU, CSU, SPD, FDP,
Schill-Partei, Bündnis90/Grüne, Republikaner und PDS;
Postmaterialismus; Institutionenvertrauen (Bundestag,
Bundesverfassungsgericht, Bundesregierung, Gerichte, Polizei,
Verwaltung, Kirchen, Parteien, Bundeswehr, Gewerkschaften, Wirtschafts-
und Arbeitgeberverbände, Umweltschutzgruppen); Bundeskanzlerpräferenz;
Kompetenz und Tatkraft des Kanzlers sowie Sympathie für den Kanzler;
Beteiligungsbereitschaft an ausgewählten Formen politischer
Partizipation mit und ohne Gewaltanwendung (Bürgerinitiative,
genehmigte Demonstration, gewaltsame Demonstration, Verkehrsblockade,
Unterstützung einer Partei suchen); Selbsteinschätzung auf einem
Links-Rechts-Kontinuum; Vertretung der eigenen Interessen am ehesten
durch Gewerkschaften, Wirtschafts- und Arbeitgeberverbände,
Umweltschutzgruppen, Kirchen, die Parteien CDU/CSU, SPD, FDP,
Bündnis90/Grüne, Republikaner, DVU oder PDS; Einschätzung der
Parteinähe dieser Interessengruppen; präferiertes Gesellschaftsmodell
(Bewährtes achten, Bürgerbeteiligung, Leistungsorientierung, Recht und
Ordnung, offen für neue Ideen, Mensch wichtiger als Geld);
Zufriedenheit mit den Leistungen der Bundesregierung; Verbundenheit mit
der Gemeinde, der Region, dem Bundesland, der alten BRD/DDR sowie mit
Deutschland; Links-Rechts-Einstufung der Parteien CDU, SPD, FDP, CSU,
Bündnis90/Grüne, Republikaner, PDS und DVU; Häufigkeit der Lektüre des
politischen Teils in der BILD-Zeitung, in überregionalen Zeitungen bzw.
in einer lokalen Tageszeitung; Häufigkeit der Rezeption von politischen
Nachrichten von öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern sowie von
Privatsendern; Gerechtigkeit der Gesellschaftsordnung; persönliche
Benachteiligung in der Gesellschaft; Wahlverhalten bei der letzten
Bundestagswahl; Nationalstolz; Einstellung zur Verstaatlichung
wichtiger Wirtschaftsunternehmen; Mut zum Nationalgefühl; Unterordnung
von Gruppeninteressen unter das Allgemeinwohl; Diktatur als die bessere
Staatsform; mehr gute als schlechte Seiten in der DDR; Einstellung zum
Sozialismus als Idee; Nationalsozialismus hatte gute Seiten; Hitler als
großer Staatsmann; Überfremdung der BRD durch Ausländer; Ausländer
sollten Landsleute heiraten; Antisemitismus; Verständnis für Anschläge
auf Asylbewerberheime.
2. Wahlberechtigung bei der Bundestagswahl; Zufriedenheit mit dem
Ergebnis der Bundestagswahl; Verfolgung des Wahlkampfs; Gründe für eine
Unzufriedenheit mit den Parteien; Herkunft aus der damaligen
Bundesrepublik, der damaligen DDR oder aus dem Ausland;
Sympathie-Skalometer für Gerhard Schröder und Edmund Stoiber; Vergleich
von Gerhard Schröder und Edmund Stoiber hinsichtlich ihrer
wirtschaftlichen Kompetenz, ihrer Sympathie, politischer
Vertrauenswürdigkeit und Tatkraft; Zugehörigkeit zu einer
benachteiligten oder zu einer bevorzugten Bevölkerungsgruppe; deutsche
Staatsbürgerschaft von Geburt an oder späterer Erwerb; frühere
Staatsbürgerschaft.
3. Gründe für Wahlabsicht und Nichtwahlbeteiligung; erwarteter Einzug
der Parteien FDP, Bündnis90/Die Grünen, PDS und Republikaner in den
Bundestag; erwartete Mehrheit im Bundestag; Bewertung der Demokratie
als Staatsidee; Häufigkeit der Beschäftigung mit dem Wahlkampf
(Freunde, Verwandte, Veranstaltungen, Internetseiten); Kenntnistest:
Gesamtzahl der Bundesländer in der heutigen BRD;
Persönlichkeitsmerkmale und Konservatismus mit Affinität zu einem
stabilen kognitiven System (Skalen: ASKO und Big Five); Vertrauen in
die Abgeordneten des Deutschen Bundestags; Internetnutzung: Häufigkeit
der Internetnutzung; Nutzungsbeginn (Jahr); Internetnutzung für
politische Informationen, Suche nach politischen Einrichtungen sowie
für Kontakte zu politischen Einrichtungen; Kenntnistest Online-Wahl:
neben Briefwahl möglich oder allgemein möglich; Rezeption des
Fernsehduells am 8. September: Beurteilung des Abschneidens von Gerhard
Schröder und Edmund Stoiber bei der zweiten Debatte; Rezeption des
Fernseh-Duells vom 25. August; Beurteilung des Abschneidens von Gerhard
Schröder und Edmund Stoiber bei der ersten Debatte.
4. Beurteilung der aktuellen allgemeinen Wirtschaftslage und im
Vergleich zum Vorjahr; Ausmaß der Verantwortlichkeit der Politik der
Bundesregierung für wirtschaftliche Entwicklung in den letzten Jahren;
erwartete Wirtschaftslage im zukünftigen Jahr (Konjunkturerwartung);
Kenntnistest: Erststimme oder Zweitstimme entscheidet über Anteil der
Parteien im Parlament; Demokratiezufriedenheit; Politikinteresse;
präferierte Wunschregierung; Koalitionspräferenz;
Bundeskanzlerpräferenz; Sympathie-Skalometer für Gerhard Schröder und
Angela Merkel; Zufriedenheit mit den Leistungen der Bundesregierung aus
SPD, Bündnis90/Die Grünen sowie mit den Leistungen der Opposition aus
CDU/CSU und FDP; Selbsteinschätzung und Einschätzung der Parteien auf
einem Links-Rechts-Kontinuum; politische Wirksamkeit (effficacy,
Skala); politische Unzufriedenheit (Skala); Vergleich von Gerhard
Schröder und Angela Merkel hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen
Kompetenz, ihrer Sympathie, politischer Vertrauenswürdigkeit und
Tatkraft; Rezeption des Fernseh-Duells zwischen Gerhard Schröder und
Angela Merkel am 4. September; Beurteilung des Abschneidens von Gerhard
Schröder und Angela Merkel bei diesem Fernseh-Duell; Unterstützung des
politischen Systems; Nationalstolz; Diktatur als bessere Staatsform;
Sozialismus als gute Idee.
Demographie: Geschlecht; Alter (Geburtsjahr, Geburtsmonat);
Schulabschluss; Konfession; Kirchgangshäufigkeit; angestrebter
Schulabschluss; berufliche Lehre; derzeitige Berufstätigkeit; frühere
Erwerbstätigkeit; Jahr der Beendigung der letzten Berufstätigkeit;
unfreiwilliger Arbeitsplatzwechsel, Arbeitslosigkeit oder Ausscheiden
aus dem Berufsleben seit 1994; Beschäftigung im öffentlichen Dienst;
berufliche Stellung; Familienstand; Zusammenleben mit einem Partner;
Schulabschluss des Partners; angestrebter Schulabschluss bzw.
berufliche Lehre des Partners und weitere berufliche Charakteristika
des Partners; eigene Mitgliedschaft in einer Bürgerinitiative, Partei,
Berufsvereinigung oder Gewerkschaft; Parteineigung und
Parteiidentifikation (Skala); Dauer der Parteineigung; Gründe für
Parteineigung (Skala: Partei bedeutet dem Befragten viel, Partei hat
die besseren Politiker, Partei in der Vergangenheit oft gewählt, Partei
macht bessere Politik); Anzahl der Personen, die zum Haushaltseinkommen
beitragen; Selbsteinschätzung der Schichtzugehörigkeit;
Schichtzugehörigkeit im Vergleich zum Elternhaus (soziale Mobilität);
Haushaltsgröße; Personenzahl im Haushalt ab 16 Jahren mit deutscher
Staatsangehörigkeit; Telefonanschluss im Haushalt; Veränderungen im
Berufsleben des Befragten und des Partners;
Wiederbefragungsbereitschaft.
Zusätzlich verkodet wurde: West-Ost-Split; Befragungszeitpunkt;
Befragungsjahr; Art der Befragung (mündlich oder schriftlich); Panel
oder Querschnitt; Interviewdatum; Interviewdauer;
Intervieweridentifikation; Bundesland; Gemeindegröße; Regierungsbezirk;
Telefonanschluss; Gewichtungsfaktor Ost-West; Gewichtungsfaktoren;
Wahlkreiskennung.
Interviewerrating: Anwesende Personen während des Interviews;
Eingreifen anwesender Personen in den Interviewverlauf; Einschätzung
der Kooperationsbereitschaft des Befragten und der Zuverlässigkeit der
Angaben; Anzahl der telefonischen und postalischen Kontakte;
Interviewergeschlecht; Intervieweralter; Bildungsabschluss des
Interviewers.
GESIS
Blog: www.jmwiarda.de Blog Feed
Am Mittwochnachmittag überreichen die EFI-Wissenschaftsweisen ihr Jahresgutachten an Bundeskanzler Scholz. Der EFI-Vorsitzende Uwe Cantner spricht im Interview über den transformationspolitischen "Schlingerkurs" der Ampel, Deutschlands Bildungskrise und den Rückstand bei der KI-Entwicklung, die Öffnung zur Militärforschung – und was die Regierung trotz allem richtig macht.
Uwe Cantner, 63, ist seit Mai 2019 Vorsitzender der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI). An der Universität Jena hat er eine Professur für
VWL/Mikroökonomie, seit 2014 ist er Vizepräsident seiner Universität. Foto: David Ausserhofer.
Herr Cantner, wenn Sie nach der Überreichung des neuen EFI-Jahresgutachtens eine Minute allein hätten mit Olaf Scholz, was würden Sie ihm raten?
Meine wichtigste Botschaft an den Bundeskanzler wäre: Trotz aller Riesenaufgaben von der Verteidigungs- über die Sicherheits- bis hin zur Klimapolitik dürfen Forschung und Innovation auf keinen
Fall unter die Räder der immer schärferen Budgetkonkurrenz geraten. Und dann würde ich ihm ein paar Vorschläge machen, wie sich die Bearbeitung der unterschiedlichen Herausforderungen geschickt
mit einer gut ausfinanzierten F&E-Politik kombinieren ließe.
Alle wissen doch, dass sich die großen Probleme von heute und morgen nur mithilfe der Wissenschaft lösen lassen. Warum glauben Sie trotzdem, dass so eine Warnung nötig ist?
Weil wir die Transformation unserer Gesellschaft und unserer Wirtschaft hin zur Klimaneutralität und damit auch die nötige Forschung und Entwicklung jetzt durchführen und finanzieren müssen, die
Erträge aber erst weit nach den nächsten Wahlen sichtbar werden. Da ist es politisch opportuner, große Investitionsprogramme für die Bundeswehr zu beschließen oder Konjunkturstimuli, die schnell
wirken. Wir dürfen über dem kurzfristig Drängendem nicht das langfristig Erforderliche aus den Augen verlieren.
Sie sagen es selbst: Politiker wollen Wahlen gewinnen, anstatt sie jetzt zu verlieren und in 15 Jahren Recht gehabt zu haben.
Dieser Gegensatz ist nicht zwangsläufig. Es ist durchaus möglich, Verantwortung für heute und für die Zukunft zu übernehmen. Also Strategien und Maßnahmen zu entwickeln, die schnell helfen, mit
ihren Auswirkungen aber der nächste Generation zu Gute kommen. Natürlich muss ich so einen langfristigen Plan den Wählerinnen und Wählern unbedingt erklären, sie dafür gewinnen. Die Grünen
versuchen das meiner Meinung nach zurzeit am ehesten.
Und bekommen entsprechend Gegenwind. Sagen Sie mir bitte, wann eine Regierung das zuletzt so gehandhabt hat und dann erfolgreich bei Wahlen war.
(lange Pause) Bei der Wiedervereinigung, beim Aufbau Ost, da hat es funktioniert.
Den Eindruck hatte der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl vermutlich nicht, als er von Demonstranten mit Eiern beworfen wurde.
Proteste wird es immer geben, wenn sich Dinge ändern. Aber Kohl ist 1994 wiedergewählt worden. Und er hat das sehr geschickt angestellt mit seinem Versprechen, in zehn Jahren werde es im Osten
"blühende Landschaften" geben. Bis die da waren, hat es zwar – im Nachhinein betrachtet – deutlich länger gedauert, aber er hat es mit diesem Narrativ geschafft, die Leute hinter sich zu bringen.
Mehr noch: Er hat einen parteiübergreifenden Konsens in der Politik hergestellt, der ziemlich lange gehalten hat. Man hat das zusammen durchgezogen. So lange, bis wichtige Weichen gestellt waren.
Ein bisschen von diesem Geist würde ich mir heute wünschen. Zuerst hatte ich den Eindruck, der Ampel-Koalitionsvertrag, der sehr ambitioniert war, wäre ein Signal für einen solchen gemeinsamen
Aufbruch. Aber in der Praxis der drei Parteien prallen die Ideologien aufeinander. Und in der Wahrnehmung der Wähler verlieren alle Koalitionspartner – und extreme Kräfte bekommen Aufwind.
"Jeden Tag wird eine andere Technologie durchs Dorf getrieben, die abgelöst oder besonders gefördert werden soll. Die Politik generiert keine Ziele, sondern
Unsicherheit."
Ist es nicht erwartbar, dass bei einer Transformationsaufgabe dieser Größe die Fetzen fliegen?
Ich habe nichts dagegen, wenn über die Maßnahmen gestritten wird: Steuererhöhung, Steuersenkung, Subventionsabbau, Gebote und Verbote, solche Dinge. Das Problem ist, wenn darüber die gemeinsamen
Ziele verloren gehen. Die Regierung braucht einen Zielkorridor, wo sie hinwill, und dieser Zielkorridor muss über eine Legislaturperiode und die jetzige Parteienkonstellation hinaus Bestand
haben. Die Unternehmen haben hunderte Milliarden auf der hohen Kante, aber sie geben sie nicht aus, weil sie nicht wissen, in was sie investieren sollen. Jeden Tag wird eine andere Technologie
durchs Dorf getrieben, die abgelöst oder besonders gefördert werden soll. Die Politik generiert keine Ziele, sondern Unsicherheit.
Bekommen andere Länder das besser hin mit dem Zielesetzen?
Bei allen politischen Schwierigkeiten würde ich sagen, dass die USA besser sind im Ansagenmachen in Richtung ihrer Wirtschaft, im Setzen von Rahmenbedingungen. Oder nehmen Sie Österreich: Da hat
die Bundesregierung einen nationalen Energie- und Klimaplan aufgestellt, auf den sich alle politischen Akteure verständigt haben, und unterlegt ihn strategisch-langfristig mit Maßnahmen wie der
"Klimaneutralen Stadt". Natürlich ist es von Vorteil, wenn wie dort alle Zuständigkeiten in einem Ministerium konzentriert sind, das auch die operative Umsetzung übernimmt, das schafft Konstanz
–während bei uns immer wieder irgendein Ressort oder eine Partei die Grundsatzfrage neu stellen will.
Vielleicht wird das Thema bei uns zu sehr überhöht? Anstatt die Transformation als Teil des politischen Tagesgeschäfts zu begreifen und unaufgeregt voranzutreiben, wird in Deutschland
immer die große Umwälzung beschworen. In einer Vorversion des EFI-Gutachtens stand, es handle sich um eine "Herkulesaufgabe" ohne Vorbild, die von den finanziellen Dimensionen vergleichbar sei
mit dem Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg.
Den Satz haben wir gestrichen, obwohl ich persönlich ihn angemessen fand. Entscheidend ist: Für diese Transformation gibt es keine Blaupause, keine Erfahrungswerte. Unserer deutschen Mentalität
entspricht es, dass wir erstmal stehen bleiben und alles haarklein vorab besprechen und regeln wollen. Am besten juristisch wasserdicht. Anstatt wie andere Länder erstmal loszulaufen,
auszuprobieren, und wenn etwas nicht funktioniert, unaufgeregt nachzusteuern.
Die deutsche Politik fördert diese Mentalität, wenn sie so tut, als ließen sich im Voraus alle Härten ausschließen. Schon in der Corona-Pandemie hat sie Milliarden und Abermilliarden
ausgegeben, um auch denen die Verluste auszugleichen, denen sie gar nicht wehgetan haben.
Die Politik weiß genau, dass sie solche Versprechen nicht halten kann. Die Transformation kostet fürchterlich viel Geld, es wird Gewinner und Verlierer geben, das kann man nicht alles abfangen.
Doch aus Angst vor den Protesten entstehen solche politischen Lebenslügen. Und in der Not nimmt man dann Gelder, die für die Bekämpfung der Coronakrise vorgesehen waren, und will sie für die
Transformation einsetzen – bis das Bundesverfassungsgericht einem einen Strich durch die Rechnung macht.
Im EFI-Gutachten sprechen Sie von einem "Schlingerkurs".
Nehmen Sie das Gebäude-Energie-Gesetz. Wie konnte man auf die Idee kommen, den Einbau von Gasheizungen kurzfristig verbieten zu wollen, obwohl man weiß, dass der Einbau von Wärmepumpen pro
Haushalt 30.000 Euro kosten wird, wahrscheinlich sogar mehr? Und warum hat man die soziale Abfederung erst später nachgeliefert?
"Die Streichung der Subvention von Agrardiesel ist transformationspolitisch richtig. Ich darf aber bei der Umsetzung nicht gleich zwei Fehler
machen."
Jetzt hat man die Pflicht aufgeweicht, und die staatliche Förderung bekommen alle, nicht nur die sozial Bedürftigen. Da ist sie wieder, die Beschwichtigungsstrategie auch denen gegenüber,
die es sich leisten könnten.
Das ist wie bei der Subvention von Agrardiesel. Deren Streichung ist transformationspolitisch richtig. Ich darf aber bei der Umsetzung nicht gleich zwei Fehler machen. Erstens: Ich nehme die
Streichung der Subvention für Flugbenzin raus, obwohl es die Reichen sind, die fliegen und Kerosin verbrennen. Und zweitens verzichte ich beim Agrardiesel auf eine soziale Kompensation, eine
Staffelung abhängig von der Betriebsgröße etwa. Da sind Proteste vorprogrammiert. Um diese Unausgewogenheit auszugleichen wäre es wohl besser gewesen, alle Subventionen um einen einheitlichen
Prozentsatz zu kürzen.
Sie widmen sich als EFI-Kommission diesmal ausführlich dem Bildungssystem. Die internationale Schulvergleichsstudie PISA hat gezeigt, dass deutsche Neuntklässler so schlecht lesen,
schreiben und rechnen wie seit mindestens 20 Jahren nicht. Woraus Sie die Prognose ableiten, dass die Bundesrepublik über die nächsten Jahrzehnte eine unterdurchschnittliche wirtschaftliche
Entwicklung nehmen wird. Steckt da nicht ein Denkfehler drin? Wenn sich die Schülerleistungen ein, zwei Jahrzehnte später in der Innovationsdynamik widerspiegeln, müssten wir gerade einen Boom
erleben, denn vor 15, 20 Jahren befand sich unser Bildungssystem nach dem ersten PISA-Schock kräftig im Aufwind.
Natürlich kann man die Ergebnisse von Bildungsstudien nicht eins zu eins auf das künftige Wirtschaftswachstum übertragen, da gibt es noch weitere Faktoren. Aber wir sollten die Entwicklung sehr
ernstnehmen. Unsere künftige Innovationsfähigkeit als Gesellschaft entscheidet sich heute daran, wie gut wir den jungen Menschen die Grundkompetenzen vermitteln.
Dann machen Sie ein paar Vorschläge, was helfen würde.
Als EFI wollen wir vor allem eine nachdrückliche Warnung in Richtung Politik senden. Wir sind aber keine Bildungsforscher. Deren Botschaft ist allerdings überwiegend recht deutlich: weg vom
Frontalunterricht, stattdessen eine interaktivere Unterrichtsgestaltung, ein Einsatz digitaler Medien und die Nutzung der neuen Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz, wo sie Sinn ergibt. Aber
ohne zu überziehen – wir sehen, dass beispielsweise Schweden und Finnland den Grad der Digitalisierung in der Bildungsvermittlung zurückfahren. Wir müssen auch über die Prüfungsformate sprechen.
Und ich kann nicht nachvollziehen, dass Deutschland zwar mit die höchsten Lehrergehälter weltweit hat, aber die Lehrerfortbildung wenig systematisch betreibt und zu wenig in sie investiert.
Übrigens brauchen wir an den Hochschulen ebenfalls dringend wieder einen Diskurs über die Modernisierung der Studiengänge. Der ist leider zum Erliegen gekommen. Und die Lehrerbildung muss ins
Zentrum der universitären Strategie rücken.
Unterdessen fallen Deutschland und Europa bei der nächsten Schlüsseltechnologie zurück, der Künstlichen Intelligenz, die viele Experten für die entscheidende für die kommenden Jahrzehnte
halten. Bis vor einer Weile tröstete die Wissenschaft sich damit, wenn schon nicht in der Umsetzung in Anwendungen und Produkte, dann wenigsten in der KI-Entwicklung an der Weltspitze zu sein.
Das, sagt Ihre Kommission, ist jetzt auch vorbei.
Nicht vorbei, aber wir drohen nach den Patenten auch bei den wissenschaftlichen Publikationen den Anschluss zu verlieren. Allerdings handelt es sich um eine sehr junge Technologie, die
Entwicklungspfade sind nicht festgelegt, noch ist das Spiel nicht vorbei. Nehmen wir die großen KI-Sprachmodelle, da hat Open AI mit ChatGPT einen deutlichen Vorsprung, aber Aleph Alpha aus
Deutschland und Mistral aus Frankreich sind in einer guten Position für eine Aufholjagd, um bei den Modellen der dritten Generation – vor allem in der Anwendung – die Augenhöhe zu
erreichen.
Allein mir fehlt der Glaube. Es sind die US-Konzerne von Google über Facebook bis hin zu Microsoft und Apple, die seit Jahren die weltweiten Standards vorgeben und einen Innovationssprung
nach dem anderen abliefern. Und wir Deutschen und Europäer setzen diese Technologien ein, diskutieren über Datenschutz, europäische Lösungen und das Erringen technologischer Souveränität, und
während wir noch diskutieren und politische Pläne schmieden, stellen die Amerikaner oder Chinesen uns mit dem nächsten Game Changer vor vollendete Tatsachen.
Das muss nicht jedes Mal so laufen. Wir können uns immer noch auf eine starke Grundlagenforschung stützen, wir bilden hervorragende Leute aus. Die großflächige Einrichtung von KI-Professuren und
Nachwuchsgruppen, die wir als EFI zunächst kritisiert haben, hat sich doch bewährt. Wenn Sie im Silicon Valley durch die Entwicklungsabteilungen der großen Tech-Konzerne laufen, stammt da gefühlt
jeder dritte aus Deutschland.
"Wenn wir das attraktiv genug machen,
gehen die Leute nach Dresden oder Tübingen
anstatt nach Stanford oder Palo Alto."
Was nicht wirklich eine Beruhigung ist, wenn unsere KI-Talente keine Perspektiven für sich in Deutschland sehen.
Wenn sie keine Chance haben, mit ihrem Know How bei uns wirtschaftlich erfolgreich zu sein, gehen sie weg, das ist richtig. Der Vorteil der amerikanischen Konzerne ist deren Größe und ein schier
unerschöpfliches Finanzvolumen. Deutschland und Europa kann da nur mit KI-Ökosystemen gegenhalten. Diese können sich um Forschungszentren herum entwickeln, mit kleinen und größeren Laboren,
Unternehmen und Start-ups. In Deutschland versuchen wir, mit den KI-Zentren Ähnliches zu entwickeln: Kerne der Grundlagenforschung, Hochschulen und Forschungsinstitute, und um sie herum eine
geschickt aufgesetzte Startup-Förderung. Wenn wir das attraktiv genug machen, gehen die Leute nach Dresden oder Tübingen anstatt nach Stanford oder Palo Alto.
Sie können nicht mit ein bisschen staatlicher Gründerförderung den weltweiten Kapitalzustrom in die US-Tech-Community kompensieren. Die jungen Leute gehen nach Kalifornien, weil sie dort
das Risikokapital erhalten, das ihnen in Europa keiner gibt.
Das kommt darauf an. Von einem bestimmten Punkt an entwickeln die Ökosysteme eine Eigendynamik, dann kommt das Geld, und die Investitionen folgen. Schauen Sie auf Intel oder Microsoft und ihre
Pläne in Deutschland. Richtig ist, dass wir mehr mutige Unternehmer und Mäzene brauchen wie Dieter Schwarz, der massiv in Wissenschaft und Künstliche Intelligenz investiert und speziell in Aleph
Alpha. Fest steht: Wenn wir es jetzt nicht mit aller Kraft versuchen, ist das Spiel wirklich entschieden zugunsten der USA oder von China. Innovationsfinanzierung, insbesondere im Start-up
Bereich, ist ja ein deutsches Dauerproblem. Das lässt sich nicht nur mit deutscher Risikoaversion erklären, sondern auch mit dem Fehlen großer Pensionsfonds, die beispielsweise in den USA eine
wichtige Rolle bei der Start-up-Finanzierung spielen. Aber das ist, wie gesagt, kein KI-spezifisches Problem.
Jetzt loben Sie die Politik bitte einmal.
Nur einmal? In unserem Gutachten sehen wir für Lob gleich mehrfachen Grund. Der wichtigste: Die Bundesregierung ist bei ihrer Forschungs- und Innovationspolitik an sich auf dem richtigen Weg. Sie
ist sich der Aufgabe bewusst. Und sie beginnt bei allen erwähnten Inkonsistenzen mit der Umsetzung, sei es bei der Ausgestaltung der "Zukunftsstrategie Forschung und Innovation", bei der
Weiterentwicklung der Bundesagentur für Sprunginnovationen (SPRIND) oder dem Aufbau der Deutschen Agentur für Transfer und Innovation (DATI). Natürlich würden wir uns bei der SPRIND wünschen,
dass man ihr noch mehr rechtliche und finanzielle Freiräume gibt, dass die Bundesregierung zum Beispiel ganz auf ein Aufsichtsgremium verzichtet. Wir sehen aber ein, dass die Politik vermutlich
so weit gegangen ist, wie sie kann. Bei der Zukunftsstrategie wiederum sind die Strukturen jetzt da, die Missionsteams zwischen den Ministerien wurden aufgestellt, die Beiräte installiert.
Natürlich wäre es besser, wenn die Steuerung der Strategie nicht auf Ebene der Staatssekretäre angesiedelt wäre, sondern weiter oben. Und wenn sie einen eigenen Etat hätte, anstatt dass die
Mitglieder der Missionsteams für jede Maßnahme Geld aus ihren Häusern mitbringen müssen. Aber jetzt sollten wir sie mal laufen lassen. Zu hoffen ist, dass der lange Atem da ist, in die
eingeschlagene Richtung weiterzulaufen, falls es nächstes Jahr zu einem Regierungswechsel kommt. Bis eine Mission umgesetzt ist, wird es viele Jahre dauern. Womit ich wieder beim langfristigen
Zielkorridor bin: Wir brauchen eine grundsätzliche Übereinkunft, die über die Ampel hinausreicht.
Eine Übereinkunft von wem? Sehen Sie nicht die Gefahr, dass die Ministerien am Ende doch zu stark die Richtung vorgeben und die Wissenschaftsfreiheit unter die Räder kommt?
Die Politik muss ihre Rolle genau definieren. Eine Mission vorgeben heißt: Wir wollen das Alte durch etwas Neues, Anderes ablösen. Aber was dieses Neue ist, geben wir nicht vor. Alles, was anders
ist, kann erforscht und ausprobiert werden. Ein Beispiel: Wir wollen beim Automobilantrieb raus aus den fossilen Energien, aber in Hinblick auf die Alternativen fördern wir technologieoffen. Wir
lassen die Akteure loslaufen und nutzen die Kreativität der Wissenschaft und des Marktes.
Dann hat die FDP also Recht mit ihren Mahnungen, bloß nicht einseitig auf Batterieantriebe zu setzen?
Richtig ist, dass der Markt entscheiden muss, welche Technologien überleben und sich durchsetzen und welche nicht. Das heißt nicht, dass ich als Politik nicht verschiedene Innovationsansätze
zeitweise mit Subventionen unterstützen darf, aber es muss von Anfang an klar kommuniziert werden, dass diese Subventionen befristet sind. Wenn eine Innovation nicht von der Mehrheit der
Bevölkerung angenommen wird, dann muss die Politik irgendwann aufhören, sie zu fördern. Wobei der Zeitpunkt, wann Subventionen beendet werden, mitunter sehr schwer zu bestimmen ist. Bei neuen,
genmodifizierten Ansätzen in der Landwirtschaft ist das genauso. Wir sollten die Erforschung in jedem Fall ermöglichen und vom Ergebnis abhängig machen, was langfristig erlaubt ist und was nicht.
Aber wir dürfen nicht schon die Entwicklung verhindern!
"Der geopolitischen Lage können auch wir Wissenschaftler uns nicht verschließen. Studien aus den USA zeigen, dass jeder Dollar, der in Militärforschung gesteckt
wird, weitere 50 Cent an ziviler Forschung stimuliert."
Am Anfang haben Sie gesagt, in Zeiten der Budgetkonkurrenz komme es darauf an, die Finanzierung der aktuell drängenden Herausforderungen geschickt mit den nötigen Ausgaben für Forschung
und Entwicklung zu kombinieren. Aber was genau meinen Sie damit? Die Budgetkonkurrenz auflösen, indem die Wissenschaft in den Dienst der Aufrüstung gestellt wird?
So drastisch würde ich das nicht formulieren. Richtig ist aber: Das 100-Milliarden-Sondervermögen fließt nicht allein in militärisches Gerät. Ein Teil davon kann neue Forschungsansätze
finanzieren, die einen Dual-Use-Charakter haben, also Richtung ziviler und militärischer Nutzung gehen. Was bei der Forschung zu Künstlicher Intelligenz eigentlich immer und grundsätzlich der
Fall ist. Und noch ein Beispiel, das gar nichts mit Verteidigung zu tun hat: Wenn die Bundesregierung demnächst, über das Wachstumschancengesetz etwa, Maßnahmen zur Konjunkturstimulation
ergreifen sollte, gehört da eine sogenannte Strukturkomponente rein. Also Investitionen, um den langfristig notwendigen Umbau der Industrie jetzt voranzutreiben. Das geht wiederum nur mit
zusätzlichen F&E-Ausgaben.
Was Sie da beschreiben, würde bedeuten, dass sich Forscher auch an Ihrer Hochschule, der Universität Jena, darauf einstellen müssten, sich demnächst häufiger um Drittmittelaufträge der
Bundeswehr zu bewerben.
Das erfordert ein Umdenken, ja. Aber der geopolitischen Lage, in der wir uns befinden, können auch wir Wissenschaftler uns nicht verschließen. Studien aus den USA zeigen, dass jeder Dollar, der
in Militärforschung gesteckt wird, weitere 50 Cent an ziviler Forschung stimuliert. Ich sehe die Schwierigkeit für die Universitäten eher anderswo. Wenn Sie einen Auftrag der Bundeswehr annehmen,
kann es sein, dass die Wissenschaftler anschließend ihre Erkenntnisse nicht publizieren dürfen. Aktuell höre ich, dass es bereits bei einzelnen Drittmittelprojekten, die von der Cyberagentur
finanziert werden, solche Probleme gibt. Publizieren ist aber die Voraussetzung, um in der Wissenschaft Karriere zu machen. Insofern glaube ich nicht, dass wir viele rein militärische
Forschungsaufträge an Universitäten sehen werden.
Sie loben die Bundesregierung auch dafür, dass Sie bei der DATI in die Umsetzung gekommen ist. Ist sie das? Das Gründungskonzept steht weiter aus, und die ersten Pilot-Förderlinien waren
Kritikern zufolge so vage ausgeschrieben, dass es eine kaum zu handelbare Bewerbungsflut gab.
Das mit den vielen Bewerbungen finde ich überhaupt nicht schlimm. Das Ausschreibungsverfahren war bewusst experimentell aufgelegt, es musste breit sein, um den Transferbegriff möglichst
offenzuhalten. Zum Glück ist man von der ursprünglichen Kanalisierung auf Hochschulen für Angewandte Wissenschaften weg. Was das Konzept angeht: Es gibt jetzt die Gründungskommission, und zu
deren Aufgaben gehört neben der Auswahl von Ort und Leitung die Formulierung des finalen Konzepts.
Was ursprünglich anders gedacht war. Sonst hätte das BMBF die Kommission viel früher berufen.
Jetzt ist sie am Arbeiten, das zählt.
Wird die DATI wenigstens gleich die Freiheitsgrade bekommen, um die die SPRIND über Jahre kämpfen musste?
Vielleicht ja, vielleicht wird sich der Kampf auch wiederholen. Wichtig ist, dass die Agentur bald loslegt und ins Ausprobieren kommt. Dann werden wir sehen.
"Wenn von oben, von der Ministeriumsspitze,
kein Druck gemacht wird, es anders zu machen,
dann sind all die Beschwörungen und Ambitionen
nichts wert. Es ist ein Drama."
Apropos: Evaluationen neuer Einrichtungen, Projekte und Förderlinien gehören inzwischen nicht nur in der Innovationspolitik zum Alltag. Nur dass sie laut Ihrem Gutachten oft nicht richtig
aufgesetzt sind.
Wir haben uns die Evaluationspraxis in zwei Ministerien angeschaut, dem BMWK und dem BMBF. In beiden Häusern existieren eigene Referate für Evaluation mit hochkompetenten Mitarbeitern, die
wissen, wie es geht. Das BMWK hat im Jahr 2013 bereits eine Richtlinie zur Durchführung von Evaluationen erstellen lassen, die stimmt Punkt für Punkt. Trotzdem sehen wir viele Evaluationen, die
nach dem Prinzip laufen: Ich gebe Geld, um zum Beispiel ein bestimmtes Technologiefeld zu fördern. Und wenn dieses Technologiefeld sich in ein paar Jahren positiv entwickelt hat, sage ich: Bingo,
hat funktioniert. Obwohl das 1000 Gründe haben kann und überhaupt nicht an der Förderung liegen muss. Aber man weiß es nicht besser, weil man die Erfolgskriterien vorher nicht richtig bestimmt,
keine Kontrollgruppe eingerichtet hat und nicht methodisch sauber misst.
Wie kann das sein?
Die Expertise im eigenen Haus wird nicht ausreichend genutzt, man hört nicht auf das, was die Fachleute im Evalutionsreferat sagen. Und den Einrichtungen und Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftlern, die extern mit der Evaluation beauftragt werden, verweigert man in der Regel die Herausgabe der notwendigen Daten, selbst wenn man sie hat. Das ist paradox. Offenbar herrscht in
vielen Referaten immer noch Angst vor zu viel Transparenz – vielleicht aus Furcht, bei einer negativen Evaluation Budget einzubüßen. Weswegen das, was ein Ministerium anstößt, per definitionem
positiv wirken muss. Wenn von oben, von der Ministeriumsspitze, kein Druck gemacht wird, es anders zu machen, dann sind all die Beschwörungen und Ambitionen nichts wert. Es ist ein Drama.
Am Ende bekommen Sie noch eine zweite Minute mit Olaf Scholz. Ihr Rat an den Bundeskanzler?
Bei der Forschungs- und Innovationspolitik unbedingt Kurs beibehalten. Die Innovationspolitik der Bundesregierung ist nicht konturenscharf, aber die prinzipielle Richtung stimmt. Sich über die
Ziele einigen, und wenn dann über den Weg und die Instrumente gestritten wird, ist das nicht schlimm. Entscheidend ist, nicht bei jeder Protestaktion zurückzuschrecken, sondern beharrlich zu
erklären und auch mal klare Ansagen zu machen. Zu Beginn des Ukrainekriegs, als Deutschland eine Energiekrise abwenden musste, hat Robert Habeck das gemacht. Er hat jeden Abend erklärt, worum es
geht und worauf es jetzt ankommt. Mittlerweile hat er das eingestellt. Wirklich schade.
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In: Europe in change
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In: SWP-Studie, Band S 33
'Die erstmals Anfang 2003 von den USA in Afghanistan eingesetzten 'Provincial Reconstruction Teams' (PRTs) sind ein neues Instrument der Internationalen Gemeinschaft zur Unterstützung des Peace-, Nation- und State-Building in Post-Konflikt-Gesellschaften. Eine deutsche Variante ist seit Ende 2003 in Kunduz und Feyzabad im Einsatz. Die Wiedererrichtung und Stabilisierung von Gesellschaften und Staaten nach der Beendigung gewaltsamer Konflikte ist zu einer prioritären Aufgabe der deutschen Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik und zu einer zentralen Strategie globaler Sicherheitskooperation geworden. Deutschland und seine Partner sehen sich beim Nation-Building vor allem zwei Problemen gegenüber: der Knappheit an personellen, finanziellen und politisch-legitimatorischen Ressourcen und dem Mangel an Konzepten und Instrumenten, die zivile und militärische Aufgaben so effizient wie möglich bewältigen helfen. PRTs sollen dazu beitragen, die nur begrenzt zur Verfügung stehenden Soldaten, Diplomaten, zivilen Experten und finanziellen Mittel möglichst optimal zur Stabilisierung und zum Wiederaufbau des gescheiterten Staates einzusetzen. Die Studie untersucht Struktur, Aufgaben und Arbeitsweise der deutschen PRTs, setzt sich mit den Hauptkritikpunkten an Konzept und Praxis auseinander und bietet einen Ausblick auf die Leistungsfähigkeit der PRT-Strategie und ihre Übertragbarkeit auf künftige Nation-Building-Operationen und Hilfsaktionen zur Bewältigung großer Naturkatastrophen. PRTs eröffnen der Außen- und Sicherheitspolitik mit ihrer einzigartigen Integration ziviler und militärischer Handlungsformen neue Möglichkeiten. Sie werden dann ihre Synergien voll entfalten können, wenn die zivilen und militärischen Akteure bereits in der politischen Einsatzplanung und in der schulenden Einsatzvorbereitung zusammenwirken. Die Einsatzergebnisse der PRTs sollten in einer zentralen Nation-Building-Datenbank erfasst und durch Praktiker wie Wissenschaftler gemeinsam aufbereitet werden.' (Autorenreferat)
In: Baustein "Für ein friedensfähiges Europa"
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In: Blätter für deutsche und internationale Politik: Monatszeitschrift, Band 63, Heft 5, S. 64-70
ISSN: 0006-4416
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In: Europäische Sicherheit & Technik: ES & T ; europäische Sicherheit, Strategie & Technik, Band 67, Heft 7, S. 16-17
ISSN: 2193-746X
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In: Europäische Sicherheit & Technik: ES & T ; europäische Sicherheit, Strategie & Technik, Band 67, Heft 7, S. 85-89
ISSN: 2193-746X
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