Der Autor beschränkt sich in seinem Referat nicht nur auf die ökonomische, die ausschließlich am Einkommen orientierte Armut, sondern erläutert die Formen sozialer Benachteiligung, die durch den systematischen Ausschluß bestimmter Personen und Personengruppen von wirtschaftlichen Entscheidungsprozessen innerhalb des Wirtschaftssystems bedingt ist. (MS)
In diesem Aufsatz wird aus der Perspektive der katholischen Soziallehre die Arbeit als grundlegendes Merkmal der menschlichen Existenz und als Brennpunkt der sozialen und auch der öko-sozialen Frage dargestellt. Zunächst wird die ethische Option einer Menschwerdung des Menschen durch die Arbeit erläutert und danach präzisiert, welche Art von Arbeit gegenwärtig in eine Krise geraten ist. Die Ursache für die Krise der Erwerbsarbeit wird in drei Tendenzen gesehen, die zunehmend als störend empfunden werden: ihre Vermarktung, ihre Abhängigkeit und ihr privatwirtschaftlicher Charakter. Abschließend werden gangbare Wege zur Befreiung der Erwerbsarbeit dargelegt. Diese Befreiung wird einmal in der demokratischen Kontrolle, zum anderen in der gleichmäßigen Verteilung der vorhandenen Erwerbsarbeit gesehen. Außerdem soll das Verhältnis zwischen Erwerbsarbeit und Eigenarbeit neu ausbalanciert werden und der Eigenwert zur Geltung gebracht werden. (GF)
"Eine abgerundete Bilanz der Tarifrunde 1984 erscheint zu Beginn des Jahres 1985 verfrüht, denn noch ist die Überraschung nicht abgeklungen, in welchem Ausmaß der Konflikt der Tarifpartner das gesellschaftliche Umfeld in seinen Sog gezogen, die Regierung sich eingemischt und die moderne Technologie bewährte Kampftaktiken der Gewerkschaften unterlaufen hat. Auch das schillernde Tarifergebnis, die Kombination von allgemeiner Arbeitszeitverkürzung und Flexibilisierung, vor allem jedoch die Verlagerung tarifvertraglicher Regelungskompetenzen auf die betriebliche Ebene läßt noch unbestimmt, wie stark sich die Arbeitszeitverkürzung gegen die Lohnerhöhung durchsetzt und beschäftigungspolitisch wirksam wird. Dennoch sind in der Tarifrunde Konturen einer veränderten Arbeitsethik wahrnehmbar, die ein ausschließlich instrumentelles Verständnis der Arbeit und damit die Fixierung auf Erwerbsarbeit überwindet - auch wenn noch offenbleibt, ob die Vorentscheidung für weniger Erwerbsarbeit anstelle von mehr Lohn dem einzelnen Arbeitnehmer größere Zeitsouveränität geschenkt, die Solidarität der Erwerbstätigen mit den Arbeitslosen überzeugend und erfolgreich zum Ausdruck gebracht und die Qualität der Erwerbsarbeit als Ort schöpferischer Selbstdarstellung und sozialer Anerkennung verbessert hat. In der Tarifrunde haben sich auch veränderte arbeitspolitische Entscheidungen verkörpert: Die Beiträge, die vom Wirtschaftswachstum und von der Arbeitszeitverkürzung zum Abbau der Massenarbeitslosigkeit zu erwarten sind, werden anders gewichtet. Auch sind Tendenzen aufgehalten worden, die ganze Personengruppen wie Frauen, Ausländer, ältere Arbeitnehmer und Jugendliche aus dem Arbeitsmarkt ausgrenzen. Umfassende arbeitspolitische Konzepte, die die marktwirtschaftsbedingten Asymmetrien der privaten und öffentlichen Wirtschaftsrechnung, der primären Einkommensverteilung und der internationalen Wirtschaftsbeziehungen antasten und zu regeln versuchen, sind indessen ausgeblendet worden." (Autorenreferat)
Der Verfasser beurteilt die Wirtschaftspolitik der sozial-liberalen Koalition aus der Sicht der katholischen Soziallehre. Der Regierungspolitik werden außergewöhnliche Leistungen praktizierter Solidarität mit strukturell benachteiligten Bevölkerungsgruppen zugestanden. Defizite im Bereich der Rentenpolitik, Familienpolitik und im Bereich der Vermögensstreuung in der BRD stehen im Verbund mit der gestiegenen Zahl von Arbeitslosen und den Differenzen innerhalb der Koalition. Die Fixierung auf ökonomische und beschäftigungspolitische Aspekte der Wirtschaftskrise verbauten die Chance, Einstellungsveränderungen in der Bevölkerung gegenüber einem konsum- und marktorientierten Wirtschaftssystem einzuleiten. (RG)
Der Autor bewertet vom Standpunkt der katholischen Soziallehre in Form einer Bilanz 13 Jahre Sozialpolitik der sozialliberalen Koalition 1969-1982. Das Fazit: "Trotz heftiger Angriffe, deren Stärke sie unterschätzt hat, versuchte die Koalition, den Sozialstaat und die soziale Demokratie zu verteidigen:. Dies gelang ihr nicht ohne Erfolg, wenn auch um den Preis zäh ausgehandelter Kompromisse, die immer stärker zu Zerreißproben und schließlich zum Auseinanderbrechen der Koalition führten." (IAB2)
"Könnte man dieses Buch als Pflichtlektüre in die Gymnasien, als Lehrbuch in die Proseminare der Wirtschaftsfakultäten einschleusen und zur Bibel für Konsumenten und Geldanleger erklären - dann würde die einen entdecken, mit welch fragwürdigen Annahmen und märchenhafte Legenden die herrschenden Wirtschaftstheorie gespeist wird, und die anderen würden merken, welche Macht sie haben, um den Kapitalismus umweltverträglich und demokratiegercht umzusteuern." Prof. Friedhelm Hengsbach