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Bücherschecks, datengestützte Schulentwicklung und ein 12-Punkte-Plan: Bildungsminister Steffen Freiberg sagt, wie er die Brandenburger Schüler aus dem Leistungstief holen will, was er jetzt vom Bund erwartet – und warum er die Wissenschaftlichkeit von PISA für unumstritten hält.
Steffen Freiberg (SPD), 42, war seit 2016 Bildungsstaatssekretär in Mecklenburg-Vorpommern, seit 2022 in Brandenburg. Nachdem Rücktritt von Britta Ernst wurde er dort im Mai 2023 Minister für Bildung, Jugend und Sport. Foto: Sophie Weise / Ganz in Weise.
Herr Freiberg, Sie wollen Bücherschecks für fast drei Millionen Euro an Brandenburgs Schüler verschenken. Ihr neues Mittel gegen Bildungsarmut?
Wir hatten noch Restmittel aus dem Bundesprogramm "Aufholen nach Corona", und damit die nicht verfallen, haben wir uns entschieden, sie zusammen mit dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels in ein Bücherprojekt für unsere Schülerinnen und Schüler zu stecken. Es gehört zu den wesentlichen Erkenntnissen der aktuellen PISA-Studie, dass die Förderung von Sprach- und Lesefähigkeit die zentrale Voraussetzung ist für den Kompetenzerwerb in allen anderen Fächern, einschließlich der Mathematik. Wir schenken den Schülern aber nicht einfach Bücherschecks.
Sondern?
Fast alle Schulen im Land, von der Grundschule bis zum Gymnasium, erhalten je nach Schülerzahl Schecks, angefangen mit 500 Euro für die ganz kleinen bis rauf zu 11.600 Euro für die ganz großen Standorte. Die Schulen entscheiden dann, was sie damit machen und wie sie diese Bücher zielgerichtet für die Verbesserung der Sprach und Lesefähigkeit auch im Rahmen schulischer Bildungsprozesse nutzen und dabei den individuellen Bedarf der Schüler berücksichtigen. Das ist also nicht als reines Freizeitvergnügen gedacht.
Und wenn die Schüler finden, dass sie einen Comic brauchen, einen Fantasy-Roman oder einen Sportalmanach?
Solange diese Bücher nach Meinung der Lehrkräfte eine sinnvolle inhaltliche Gestaltungsperspektive bieten, aus ihrer Sicht zum Lesen und Weiterdenken anregen, ist alles denkbar. Es geht vor allem um das Lesen lernen, über Lesen üben in allen Formen. Die empirische Bildungsforschung zeigt, dass Unterrichtsmaterialien dann einen besonderen Lernerfolg erzielen, wenn sie einen Bezug zur Lebenswelt der Schülerinnen haben. Wichtig ist in jedem Fall, dass die Bücher den Kindern und Jugendlichen gehören. Ein trauriges Ergebnis verschiedener Befragungen besteht nämlich darin, dass es Schülerinnen und Schüler auch bei uns Brandenburg gibt, die nicht mehr als ein, zwei Bücher in der Familie besitzen.
Sie erwähnen gleich mehrfach die Bedeutung von Studien und Bildungsforschung. Auch in dem 12-Punkte-Plan, den Ihre Vorgängerin Britta Ernst (SPD) im Oktober 2022 vorgestellt hat, spielen wissenschaftliche Begleitung, Evaluation und eine datengestützte Schulentwicklung eine auffällig große Rolle. Warum?
Der letzte IQB-Bildungstrend ergab für die Brandenburger Neuntklässler bedrückende Ergebnisse. Und zwar quer durch alle Schulformen. Wir sehen, dass sich in den vergangenen zehn, 15 Jahren die soziale Schülerschaft verändert hat, nicht nur in Brandenburg, sondern bundesweit. Und das hat, anders als oft behauptet, wenig mit der Frage zu tun, ob die Schüler aus Einwandererfamilien stammen oder nicht. Der pädagogische Rückhalt in den Elternhäusern schwindet, gleichzeitig führt der Konsum digitaler Medien zu einem Mangel an Bewegung und Gesundheit. Hinzu kommt, dass die Schule ihre Rolle als gesellschaftliche Instanz teilweise eingebüßt hat – und damit auch der Respekt vor den Lehrkräften abnimmt. Die Corona-Pandemie hat diese Entwicklungen noch beschleunigt. Woraus folgt: Wenn wir die Lage verbessern wollen, braucht es mehr als die Aufwertung der Unterrichtsqualität. Es braucht einen umfassenden, wissenschaftsbasierten Ansatz, und den verfolgen wir mit unserem 12-Punkte-Plan: von der Stärkung der Basiskompetenzen in Deutsch und Mathematik über die sozialen Unterstützungssysteme an den Schulen bis zur Neuorganisation der Lehrkräftefortbildung. Für mich ist dabei klar: Die einzigen Menschen, die Unterricht verändern können sind diejenigen, die unterrichten. Unseren Lehrkräften müssen wir neben Anerkennung konkrete, praxistaugliche und unmittelbar verwendbare Unterstützung anbieten, bei Material und Fortbildung.
"Es kann pädagogisch schlicht nicht falsch sein, allen Schülern unabhängig vom eigenen Geldbeutel die Gelegenheit zu geben, sich nach ihren Interessen und ihrem Bedarf ein eigenes Buch auszusuchen."
So sehr Sie Daten und wissenschaftliche Empirie betonen: Die Bücherschecks für insgesamt fast drei Millionen Euro geben Sie raus, ohne anschließend sagen zu können, was die Aktion gebracht hat.
Weil ich überzeugt bin, dass die Lehrkräfte vor Ort am besten wissen, was ihre Schülerinnen und Schüler gebrauchen können. Wenn ich anfangen würde, hier vom Ministerium zentral Bücher zu bestellen, würden viele Schulen zu Recht fragen: "Und was sollen wir jetzt damit?" Ob man einen direkten Effekt der Aktion in einer Evaluation nachweisen könnte, weiß ich nicht. Es kann aber pädagogisch schlicht nicht falsch sein, allen Schülern unabhängig vom eigenen Geldbeutel die Gelegenheit zu geben, sich nach ihren Interessen und ihrem Bedarf ein eigenes Buch auszusuchen. Wer nicht richtig Lesen, Schreiben und Rechnen lernt, dem wird später die soziale, politische, wirtschaftliche Teilhabe nur eingeschränkt möglich sein. Klar ist, unsere Bücherschecks sind nur ein Baustein – und kein Allheilmittel. Anderes behauptet aber auch keiner.
Wie passt Ihre Überzeugung, dass die Lehrkräfte vor Ort am besten wissen, was richtig ist, zu Ihrer Strategie der datengestützten Schulentwicklung?
Wenn ich auf unsere Lehrerinnen und Lehrer höre, sagen die: Vom Wiegen allein wird die Sau nicht fett. Und das stimmt ja auch. Für das Messen um des Messens willen können wir den Kollegien den Aufwand nicht zumuten. Darum müssen wir immer genau wissen, wo wir was erheben. Wir tun das, was wir als Landesregierung brauchen, um unsere Schulpolitik daran auszurichten. Indem wir zum Beispiel die IQB-Bildungstrends oder die bundesweiten VERA-Vergleichsarbeiten durchführen. Wobei letztere bereits einen zusätzlichen Mehrwert für die Schulen bieten, auf den es ankommt. Noch mehr tun das die Individuelle Lernstandsanalysen in der Grundschule (ILeA), die wir in Brandenburg sehr konsequent einsetzen, wie einige andere Bundesländer auch. Die geben den Lehrkräften eine individuelle Rückmeldung zu ihren Schulklassen an die Hand, die Schulen können die Bildungsbiografien ihrer Schülerinnen und Schüler genau verfolgen und überlegen, wie sie ihnen mit welchen Mitteln gezielt helfen können. Das tun sie nicht allein, sondern die Schulleitungen stehen in einem regelmäßigen und strukturierten Austausch mit der Schulaufsicht – auf der Grundlage der Daten für jede einzelne Schule. Das minimiert die Gefahr, dass bestimmte Entwicklungen den Kollegien entgleiten, und umgekehrt werden positive Trends erkannt, honoriert, und es wird daraus gelernt.
Der Deutsche Philologenverband war neulich so verärgert über OECD-Bildungsdirektor Andreas Schleicher und dessen Interpretation der PISA-Ergebnisse, dass der die Kultusminister zum Ausstieg aus dem internationalen Schulvergleich aufforderte – zumindest bis Schleicher seinen Posten geräumt hat. Was sagen Sie dazu?
Zu solchen Forderungen äußere ich mich nicht, nur so viel: PISA ist Teil der von der Kultusministerkonferenz (KMK) beschlossenen Strategie zum Bildungsmonitoring. Und solange dieser Beschluss der KMK gilt, werde ich mich an ihn halten. Das Prinzip der Wissenschaftlichkeit von PISA ist unumstritten und hängt nicht von den Äußerungen einzelner ab. Ich für meinen Teil habe erst neulich wieder aus dem Gespräch mit der deutschen PISA-Koordinatorin Doris Lewalter viele Erkenntnisse gezogen – etwa die bereits erwähnte, dass die Sprachförderung auch für die mathematischen Kompetenzen eine große Bedeutung hat.
Lange Zeit haben alle Brandenburger Schulen unabhängig von der Zusammensetzung ihrer Schülerschaft die gleiche Finanzierung bekommen. Das gerade zwischen Bund und Ländern vereinbarte "Startchancen"-Programm speziell für benachteiligte Schülerinnen und Schüler bedeutet auf Bundesebene nun einen Paradigmenwechsel. Wie vollziehen Sie den in Brandenburg?
Unserem 12-Punkte-Plan folgend haben wir auch bei uns im Land erstmals einen Sozialindex veröffentlicht, der alle unsere Schulen anhand von drei Kriterien nach ihrer sozialen Belastung einstuft, und zwar nach ihrer Inklusionsquote, nach dem Anteil von Familien mit Bürgergeldbezug und mit nichtdeutscher Familiensprache. Abhängig von ihrer Einstufung erhalten die Schulen jetzt in einem Pilotprojekt seit dem 1. Februar unterschiedlich hohe Budgets zur freien Verfügung für unterrichtsunterstützende und -begleitende Maßnahmen. Insgesamt 3,5 Millionen Euro übers Land verteilt pro Jahr. Wir sind natürlich noch am Anfang, anders als Hamburg, das seit Jahren so vorgeht, aber auch wir haben jetzt ein neues Instrument zur Verfügung, das künftig vermehrt zur Anwendung kommen soll. Die Brandenburger Schulen, die über das "Startchancen"-Programm gefördert werden sollen, werden wir zum Beispiel darüber auswählen, wobei da am Ende die Schulträger mit entscheiden, ob sie mitmachen wollen.
"Ich bin jetzt sehr zuversichtlich, dass es gelingen wird, den Digitalpakt 2.0 auf den Weg zu bringen."
Apropos "Startchancen"-Programm: Die Länder sollen das Bundesgeld, insgesamt eine Milliarde pro Jahr, zu gleichen Teilen gegenfinanzieren. Gehe ich richtig in der Annahme, dass die von Ihnen eingeführten Schulbudgets eine Art Vorauszahlung auf den Brandenburger Länderanteil sind?
Wie gesagt ist das bislang bei uns nur ein Pilotprojekt, die Gelder dafür sind also nicht dauerhaft im Haushalt vorgesehen. Wenn sich das ändert wäre es sicher so, dass das einzahlen würde auf unsere Kofinanzierung im "Startchancen"-Programm. Mir fallen aber noch weitere Maßnahmen für Schulen in sozial herausfordernde Lage ein, die wir schon vergangenes Jahr auf den Weg gebracht haben und die zu den "Startchancen" passen.
Parallel zu den "Startchancen" verhandelten Bund und Länder über die Fortsetzung des Digitalpakts. Allerdings aus Sicht der Länder lange so ergebnislos, dass in der KMK zwischenzeitlich sogar ein Junktim zwischen beiden Programmen diskutiert wurde: Eine Einigung bei den Startchancen nur gegen die Zusicherung, dass der Digitalpakt 2.0 auch kommt. Schnee von gestern?
Man kann in der Politik nie ganz sicher sein, bevor die Tinte trocken ist. Aber ich bin jetzt sehr zuversichtlich, dass es gelingen wird, den Digitalpakt 2.0 auf den Weg zu bringen. Ohne ihn würden wir den in den vergangenen Jahren erreichten Stand bei der digitalen Ausstattung der Schulen aufs Spiel setzen.
Es habe bei den Digitalpakt-Verhandlungen kurz vor der finalen Startchancen-Einigung "substanzielle Fortschritte" gegeben, lautete zuletzt die unter den Kultusministern vereinbarte Formulierung. In Ihrem 12-Punkte-Plan versprechen Sie, die Digitalisierung "als Verbesserung der Unterrichtsqualität und der individuellen Förderung" weiterzuentwickeln. Welche konkreten Forderungen haben Sie vor dem Hintergrund an den Bund?
Das Wichtigste ist eine langfristige, möglichst kontinuierliche Förderung der Schulen, außerdem die Möglichkeit, über die Anwendungsbereiche des Digitalpakt 1.0 hinauszugehen und dabei trotzdem nicht bürokratischer zu werden.
Der Bund fordert seinerseits, dass die Länder statt zehn diesmal 50 Prozent der Ausgaben tragen. Aus Ihrer Sicht vorstellbar?
Ich werde solche Forderungen nicht in der Öffentlichkeit bewerten, bevor wir als Kultusminister mit unserer Kollegin aus dem Bund am Tisch gesessen und darüber gesprochen haben. Das steht aber noch nicht an, jetzt verhandeln die Staatssekretäre über alle inhaltlichen Fragen, die finanziellen sind ausgeklammert, bis der Vereinbarungsentwurf die Ministerebene erreicht. Das war übrigens bei den Verhandlungen um den Digitalpakt 1.0 genauso.
"Wenn ich mir anschaue, mit welchen gewachsenen Strukturen jedes Bundesland umzugehen hat, kann ich nicht alles wegwischen und sagen: Alles Unsinn. Dann muss ich mit den Strukturen und den Menschen darin Stück für Stück in Richtung einer Verbesserung arbeiten."
Ehrgeizig ist Ihr 12-Punkte-Plan auch in Hinblick auf den Ganztagsausbau, um den ab 1. August 2026 geltenden Rechtsanspruch auf eine Ganztagsbetreuung in der Grundschule zu gewährleisten. Laut erstem Ganztag-Förderbericht der Bundesregierung hat Brandenburg allerdings auch besonders großen Nachholbedarf. Nur 51 Prozent aller Grundschulen im Land boten demzufolge 2022 Ganztag, unter den 13 verglichenen Bundesländern der zweitschlechteste Wert, nur Baden-Württemberg lag noch deutlich darunter.
Meine Statistiken besagen, dass fast 96 Prozent unserer Erstklässler den Hort besuchen. Es kommt also auf die Klassenstufen an, von denen wir reden, bei uns ist die Betreuungsquote der unter 6- und 7-Jährigen traditionell sehr hoch. Hinzu kommt, dass sich die einzelnen Erhebungen sehr stark voneinander unterscheiden, was an den unscharfen Definitionen liegt. Sie dürfen nicht vergessen, dass in den ostdeutschen Ländern die Betreuung von Kindern im Grundschulalter nicht nur an der Grundschule stattfindet, sondern nachmittags immer schon im Hort. In Brandenburg und in Ostdeutschland insgesamt haben die Horte traditionell überwiegend den Charakter von Bildungseinrichtungen und sind daher konzeptionell sehr nahe an den Schulen, die als sogenannte verlässliche Halbtagsgrundschulen arbeiten. Das ist also eine Darstellungsfrage, zumindest an dieser Stelle. Insofern können wir uns jetzt gegenseitig mit Statistiken bewerfen und ich zum Beispiel anführen, dass Brandenburg unter den ostdeutschen Ländern den besten Betreuungsschlüssel im Kindertagesbereich hat. Unsere Abdeckung mit Kitaplätzen ist also im Gegensatz zu dem, was die im Bericht der Bundesregierung angeführte Statistik nahelegt, sehr vorzeigbar, gerade im Vergleich zu den Herausforderungen in manchem westdeutschen Bundesland, wo die flächendeckende Kindertagesbetreuung nicht überall gelebte Praxis war. Aber natürlich haben auch wir an manchen Orten einen Mangel, und an dem arbeiten wir.
Als Sie vergangenes Jahr Vorsitzender der Jugend- und Familienministerkonferenz (JFMK) waren, haben Sie und die damalige KMK-Präsidentin Katharina Günther-Wünsch dafür gesorgt, dass JFMK und KMK erstmals zusammen getagt und gemeinsame Beschlüsse gefasst haben, auch zur Qualität im Ganztag. Was allerdings fehlte, war ein Plädoyer für den gebundenen Ganztag: also den sich über den Tag hinweg ziehenden Wechsel zwischen Schulunterricht, Selbstlernphasen, Freizeitangeboten und wieder Unterricht – was viele Bildungsexperten favorisieren.
Man sollte die Kirche im Dorf lassen. Klar, wenn ich am Reißbrett ein Ganztagssystem planen und aufbauen könnte, käme ich vermutlich sehr schnell beim gebundenen Ganztag an. Wenn ich mir aber anschaue, mit welchen gewachsenen Strukturen jedes Bundesland umzugehen hat, kann ich nicht alles wegwischen und sagen: Alles Unsinn. Dann muss ich mit den Strukturen und den Menschen darin Stück für Stück in Richtung einer Verbesserung arbeiten. Was hier in Brandenburg die Schulen, die Horte und ihre jeweiligen Träger umfasst.
Der Anlass für den 12-Punkte-Plan waren die enttäuschenden Leistungen der Brandenburger Schüler vor allem beim Bildungstrend. Wann werden sich all die ergriffenen Maßnahmen denn in besseren Leistungen bemerkbar machen?
Dass sich schon im nächsten Bildungstrend für Mathematik etwas zeigt, weiß ich nicht, da will ich keine Prognose abgeben. Aber wir sprechen ständig mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, gleichen unsere Maßnahmen immer wieder mit ihren Erkenntnissen ab, und insofern bin ich überzeugt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Dass der sich in den Kompetenzmessungen der einzelnen Schüler möglichst bald bemerkbar macht, hoffe ich natürlich sehr.
Weil Sie als Minister dann gut dastehen?
Nein, weil die Schülerinnen und Schüler dann für ihr weiteres Leben gut dastehen.
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Deutschland vernachlässigt systematisch die Zukunftschancen seiner Jugend – und meidet die Debatte darüber. Wie lässt sich die Schieflage zwischen den Generationen erklären – und gibt es Hoffnung auf Veränderung? Ein Essay.
Bild: Wokandapix / pixabay.
ANFANG VERGANGENER WOCHE schaffte es "Pickel am Po" auf die Frontseiten mehrerer Tageszeitungen und Online-Portale. Das war, nachdem der Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte, Thomas Fischbach, eine Eigenbeteiligung für Eltern gefordert hatte, die mit ihren Kindern wegen vermeintlichen Nichtigkeiten am Wochenende in den chronisch überlasteten Kinder-Notdiensten auftauchen. "Die Notfallversorgung muss auf Notfälle konzentriert werden und nicht für die Pickel am Po der Kinder, für die die Eltern unter der Woche keine Zeit haben und mit denen man dann am Wochenende beim Notdienst aufschlägt", sagte Fischbach der Neuen Osnabrücker Zeitung.
Offenbar braucht es inzwischen so plastische Formulierungen, damit die dramatische Schieflage der Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen überhaupt wieder einmal bundesweit Schlagzeilen macht. Insofern handelte es sich um einen strategisch geschickten Vorstoß Fischbachs, der mitten in der Sommerpause des politischen Betriebs dankbar von den Medien aufgegriffen wurde. Was allerdings nicht daraus entstand, war eine nachhaltige Debatte über die Hintergründe und Ursachen dieser Schieflage.
Ähnlich verhielt es sich mit der Aufregung um eine misslungene Werbeaktion des baden-württembergischen Kultusministeriums. Am Stuttgarter Flughafen wurden Reisende begrüßt mit dem Plakatslogan: "Gelandet und gar keinen Bock auf Deine Arbeit? Hurraaa! Mach, was Dir Spaß macht, und werde Lehrer*in". Während Lehrerverbände Sturm liefen, hier werde Lehrkräften pauschal Faulheit unterstellt, sagte die grüne Kultusministerin Theresa Schopper: "Bei uns ist niemand überhaupt nur auf die Idee gekommen, Lehrkräfte mit dem Attribut faul in Verbindung zu bringen." Der Slogan werde jetzt abgeändert.
Nicht einmal mehr der Anschein eines Rucks
Auch dieser Ärger hätte Anlass sein können, um eine bundesweite Debatte über eine Schieflage anzuzetteln. Eine Debatte darüber, wie groß der Lehrkräftemangel inzwischen sein muss, dass Ministerien sich überhaupt auf derart eigenartige PR-Stunts einlassen. Doch auch diese Chance wurde verpasst: Nach Transport der offiziellen Empörungsperspektive verschwand das Thema wieder aus den Medien.
Die immer gleichen Meldungen über all die tausenden und abertausenden unbesetzten Lehrerstellen bundesweit haben die Öffentlichkeit längst abstumpfen lassen, so scheint es. Oder waren es die seit Jahren regelmäßigen Berichte, dass Deutschlands Schüler immer schlechter lesen, schreiben und rechnen können, wie zuletzt im Mai nach Veröffentlichung der neuen IGLU-Ergebnisse? Die jedes Mal noch ein kurzes Aufblitzen erzeugen, aber nicht einmal mehr den Anschein eines Rucks durchs Land gehen lassen?
Vielleicht haben die regelmäßigen Nicht-Debatten über die Zukunftschancen der jungen Generation aber auch einen anderen Grund. Vielleicht gibt es ja eine gemeinsame Ursache für die Unterfinanzierung von Kindermedizin, für den Mangel an Psychotherapieplätzen für Kinder und Jugendliche, für das jahrelange Vorbeiplanen der Landesregierungen an einem absehbar drohenden Lehrermangel, für die Versuchung von Finanzpolitikern in Land und Bund, Haushaltslöcher häufig überproportional auf Kosten der Jugend und ihrer Familien zu stopfen?
In so einer Gesellschaft muss eine Bildungsmilliarde als Gipfel des Machbaren erscheinen
Sprachkitas, BAföG, Bundeszentrale für politische Bildung: Die Liste vollzogener oder diskutierter Kürzungen lässt sich fast beliebig fortsetzen. Sie gipfelt in der Art und Weise, wie das BMBF das Ampel-Versprechen eines Bildungs- und Chancenaufbruchs längst in ein doppeltes Zeitspiel verwandelt hat: um das einst so groß angekündigte und längst grenzwertig geschrumpfte Startchancen-Programm genau wie um die Fortsetzung des Digitalpakts. Ein Finanzminister, der eine einzige zusätzliche Bildungsmilliarde pro Jahr als Großzügigkeit der jungen Generation gegenüber verkauft, sekundiert von der Bundesbildungsministerin, sendet damit zugleich eine brutal ehrliche Botschaft: In einer politisch-gesellschaftlichen Gemengelage, in der die Chancen der jungen Generation so wenig Priorität genießen, ist mehr eben nicht drin. Da muss eine Bildungsmilliarde mehr bereits wie der Gipfel des Machbaren erscheinen.
Es ist diese politisch-gesellschaftliche Gemengelage, die an die Stelle notwendiger Debatten nur noch ein indifferentes Achselzucken setzt. Und wer dafür die Politik verantwortlich macht, übersieht Wesentliches. Das Wesentliche sind wir alle, eine Gesellschaft, die in ihrer Überalterung die Sicherheitsinteressen der Älteren, der Arrivierten über das Eröffnen von Entwicklungsoptionen für die Jungen setzt. Eine Prioritätensetzung, die von einer Politik, die wiedergewählt werden will, dann nur umgesetzt wird.
In dieser Gesellschaft leben in nur noch jedem fünften Haushalt Menschen unter 18, in jedem dritten aber Menschen über 65. Es ist eine Gesellschaft, die seit vielen Jahren trotz zahlloser anderslautender Versprechungen kaum darüber hinauskommt, drei Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für Schulen und Kitas auszugeben, aber es sich in voller Kenntnis ihrer demographischen Entwicklung geleistet hat, eine Rente mit 63 einzuführen. Die es in der Corona-Zeit für richtig hielt, Kindern wochen- und monatelang das Recht auf Bildung und Teilhabe einzuschränken, während den viel gefährdeteren Älteren längst der Gang ins Restaurant wieder offen stand – und die Büros nie geschlossen wurden.
Demografie als Erklärung, nicht als Entschuldigung
Doch auch wenn die Demografie eine Erklärung bietet, so taugt sie doch nicht als Entschuldigung. Dass alternde Gesellschaften andere politische Pfade einschlagen können und sich, nebenbei gesagt, langfristig durch eine dadurch verursachte Steigerung der Geburtenrate auch noch jünger halten, zeigt etwa der Blick ins benachbarte Ausland. Dänemark gab 2022 laut dem Industriestaatenverband OECD 3,6 Prozent seiner Wirtschaftsleistung für Kitas und Schulen aus, Schweden 3,9 Prozent, selbst Frankreich kam auf 3,7 Prozent. Deutschland: 3,1 Prozent. Um den Unterschied zu verdeutlichen: Allein um auf das französische Niveau zu kommen, wären pro Jahr nicht eine zusätzliche Bildungsmilliarde nötig, sondern 23. Wie schaffen die, was wir nicht schaffen?
Ich habe drei Erklärungen anzubieten. Erstens: Die frühkindliche, vorschulische Bildung hat sich in Deutschland in den vergangenen 20 Jahren zwar qualitativ und quantitativ dramatisch weiterentwickelt, doch immer wieder stößt sie auf kulturelle und finanzpolitische Vorbehalte. Sie ist längst nicht so selbstverständlich und finanzpolitisch obligatorisch wie anderswo, ebenso wenig wie es der (gebundene) Ganztagsunterricht es hierzulande ist mit all dem, was Schulen drumherum dann anbieten. Man denke nur an die indiskutable Umsetzung des bereits verschobenen Rechts auf Ganztag für Grundschüler ab 2026, von Ganztagsbetreuung im Übrigen, nicht von Ganztagsbildung.
Doch das Problem ist, dass diese Erklärung keinerlei Anhaltspunkte liefert, warum Deutschland auch außerhalb der Bildung das Wohl seiner Jugend so viel weniger wert ist als etwa den skandinavischen Ländern, die hier Gradmesser für uns sein sollten. Was mich zu Erklärung Nummer zwei bringt, die ich schon kurz angedeutet hatte: Deutschland ist eine strukturkonservative Gesellschaft, die jede Form von Veränderungen erst einmal als Risiko ansieht und Investitionen ins Morgen meidet, sobald sie für das Heute Einschränkungen bedeuten würden.
Die Gleichberechtigung von Frauen geht einher mit mehr Gleichberechtigung der Generationen
Weshalb sich drittens in Deutschland auch der Weg der Frauen zur gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Gleichberechtigung so viel steiniger gestaltet als in fast allen anderen westeuropäischen Ländern. Hier schließt sich für mich der Kreis zu Erklärung Nummer 1: Dort, wo Frauen gleichberechtigt sind, spielen frühkindliche Bildung und Ganztagsschule eine tragende Rolle, dort sind Ausgaben für hochwertige Bildungs- und Betreuungsangebote eine Grundverpflichtung des Staates und nichts, worüber sich in Zeiten knapper Kassen diskutieren ließe.
Wer sich im Übrigen fragt, warum die skandinavischen Ländern in Sachen Corona-Schulschließungen im Schnitt deutlich liberaler vorgingen, findet, so meine These, hier ebenfalls seine Antwort: wegen des größeren gesellschaftlichen Einflusses von Frauen und ihrer Belange. Die OECD vermerkte schon 2021 in ihrem Bericht "Bildung auf einen Blick": "Schulschließungen dauerten in Ländern mit schlechteren Lernergebnissen tendenziell länger an." Wobei Deutschland eines der wenigen Länder war, die 2021 die Schulschließungen gegenüber 2020 sogar noch verschärften, so dass die Bundesrepublik im zweiten Corona-Jahr in Sachen Schulschließungen von 48 verglichenen Ländern nur noch von Mexiko, Litauen und Chile übertroffen wurde.
Ist Deutschland in Sachen Generationengerechtigkeit also ein hoffnungsloser Fall? Ich hoffe nicht. Und ich sehe ebenfalls drei Anhaltspunkte, die mich verhalten optimistisch stimmen.
Erstens: Die geplante Senkung der Einkommensgrenze fürs Elterngeld hat eine Diskussion übers Ehegattensplitting ausgelöst. Die Forderung nach dessen Abschaffung, um damit das Elterngeld in seiner bisherigen Form zu finanzieren, war natürlich für die politische Galerie, da ohne jede Realisierungschance. Ich hielte die Lösung darüber hinaus für falsch. Das Ehegattensplitting muss weg, ja. Aber im Sinne der Generationengerechtigkeit gehört mit seiner Abschaffung ein Familiensplitting finanziert, das Familien abhängig von der Kinderzahl besserstellt und nicht Ehen unabhängig von der Kinderzahl. Es gilt, das Debattenfenster, das sich hier auftut, entsprechend zu nutzen. In der nächsten Legislaturperiode gehört das Familiensplitting oben auf die Agenda – ein Anfang ist getan. Dass es darüber hinaus sinnvoll wäre, im Sinne der Gleichstellung das Elterngeld mit seinen bisherigen Einkommensgrenzen zu belassen, ist eine andere Sache. Aber nicht gegenfinanziert über die Milliarden fürs Ehegattensplitting, die, siehe oben, für eine andere Reform gebraucht werden.
Mahnende Stimmen, die einen Anfang machen
Zweitens: Eine Herabsetzung des Mindestwahlalters auf 16 wird seit Jahrzehnten diskutiert und liegt bei Bundestagswahlen noch in weiter Ferne. Bei Kommunal- und Landtagswahlen aber ist es in einigen Bundesländern mittlerweile Realität, das verschiebt das gesellschaftliche Machtgefüge – ein wenig – zugunsten der Jugend. Irgendwann wird dieses Momentum auch die Bundesebene erreichen.
Drittens: Gerade hat eine Gruppe von Ökonomen die Abschaffung der Rente mit 63 gefordert. Der von SPD, Grünen und FDP geplante weitere Ausbau der gesetzlichen Rente werde nur dann langfristig finanzierbar sein, wenn sich die Koalition gleichzeitig zu einigen empfindlichen Einschnitten entschließe, schreibt der Mannheimer Volkswirt Eckhard Janeba laut FAZ in einem Brief an Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Janeba ist Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats beim Wrtschaftsministerium, und der mahnt die Politik: Falls es nicht den Willen zur Abschaffung insgesamt gebe, sollte die Rente ab 63 zumindest auf die wirklich Bedürftigen beschränkt werden. Entgegen landläufiger Meinung werde die Regelung nämlich "überwiegend von gut gebildeten, überdurchschnittlich verdienenden und gesünderen Menschen in Anspruch genommen". Auf die Kosten der jungen Generation, wie Janeba plastisch ausführt: "Die Gefahr ist groß, dass dadurch die Finanzierung von Zukunftsaufgaben verdrängt wird, etwa der sozial-ökologische Umbau der Wirtschaft, aber auch vermehrte Bildungsanstrengungen und der Ausbau der öffentlichen Infrastruktur."
Oder wie der Wirtschaftswissenschaftler Christian Lessmann von der Technischen Universität Dresden auf dem vormals Twitter genannten Nachrichtendienst "X" übersetzte: "Wenn da nicht in dieser Legislaturperiode ernsthaft gegengesteuert wird, dann wird das nix mit der Integration von Immigranten, Bildungsoffensive, Reduktion von Treibhausgasen usw. Die (weniger werdenden) Jungen zahlen dann für die Alten und wir sind gelähmt. Geld alle." Mein einziger Einwand: Ich glaube, an dem Punkt sind wir längst.
Ansonsten sind es diese Stimmen eines gesellschaftlich-politischen Ehrlichmachens, die wir jetzt vermehrt brauchen. Dass es sie gibt, macht mir Hoffnung, dass die gesellschaftliche Indifferenz in Sachen Generationengerechtigkeit nicht das letzte Wort sein muss.
Die Debatte über den Einsatz von Biotechnologien in der Landwirtschaft ist eine der lautstärksten und emotionalsten der letzten Jahre, da kaum ein Gebiet wissenschaftlich und gesellschaftlich so umstritten ist, wie die moderne Gentechnik. Grund hierfür sind die stark divergierenden Ansichten der Verbraucher und Regierungen bezüglich der aktuellen und potentiellen Gefahren und Vorteile, die Produkte der landwirtschaftlichen Biotechnologie – GVO und Produkte hieraus – mit sich bringen können. Der Bereich der gv landwirtschaftlichen Produkte hat erst kürzlich großes öffentliches Aufsehen durch die bevorstehenden Genehmigung der ersten gv Kartoffel erregt. Die Bundesregierung hat die Biotechnologie sogar zur Strategie des Monats August 2007 erklärt. Die Einführung der Gentechnik in der Landwirtschaft hat zu kontroversen Diskussionen geführt, die neben der ökologischen auch eine große wirtschaftliche Dimension haben. Trotzdem sind die Auswirkungen der Gentechnik bisher weitgehend unbekannt, womit sich die dringliche Frage nach einem geeigneten, anpassungsfähigen Rechtssystem stellt, das diesen Anforderungen – dem schnellen Wandel der Technik, der Ungewissheit über die Risiken, dem Druck der Öffentlichkeit, insb. in Europa, den gegensätzlichen Verbraucherinteressen weltweit sowie den divergierenden Zielen der EG, WTO und des Cartagena-Protokolls – gerecht werden kann. Deutschland ist das Land mit den meisten Biotechnologiefirmen in Europa, die 2006 einen Umsatz von ca. 1,5 Mrd. Euro erzielten und auf 947 Hektar gv Pflanzen, die über eine Zulassung zum IVB verfügen, anbauten. Weltweit wurden ca. 102 Mio. Hektar gv Pflanzen in 22 Ländern angebaut, davon rund 82% in den USA, Argentinien und Brasilien. Gang der Untersuchung: Der rechtliche Hintergrund genmanipulierter landwirtschaftlicher Produkte als Gegenstand des Öffentlichen Wirtschaftsrechts ist eine sehr weitreichende Materie, die für eine zielgerichtete und informative Darstellung der Thematik einiger Einschränkung bedarf. Bei 'genmanipulierten landwirtschaftlichen Produkten' handelt es sich um gv landwirtschaftliche Erzeugnisse, die zunächst im allgemeinen Kontext des Öffentlichen Wirtschaftsrechts eine Konkretisierung erfordern: Ursprung des Regelungsbedarfs bezüglich gv landwirtschaftlicher Erzeugnisse ist die Problematik des nationalen und internationalen Handels mit diesen Produkten. Dieser stellt gleichzeitig auch Dreh- und Angelpunkt der verschiedenen Interessengruppen wie Unternehmen, Landwirte und Verbraucher dar und beansprucht somit die höchste Notwendigkeit an Rechtssicherheit. Aus diesem Grund sollen sich die folgenden Ausführungen vornehmlich auf das Außenhandelsrecht als Zweig des Öffentlichen Wirtschaftsrechts beziehen. Nicht alle Erzeugnisse sind von Sonderregelungen betroffen. Daher bleibt ein beträchtlicher Teil der Ein- und Ausfuhr den allgemeinen Regeln des Außenhandelsrechts unterworfen, z. B. der Bereich des Zollrechts. Dies gilt für gv landwirtschaftliche Produkte aber gerade nicht: Diese sind sowohl auf nationaler bzw. europarechtlicher Ebene durch ein gemeinschaftsrechtliches System als auch auf internationaler Ebene, insb. durch das Protokoll von Cartagena und das SPSÜ, handelspolitischen Sonderregelungen unterworfen. Da die vorliegende Arbeit die rechtliche Situation für den Handel mit gv landwirtschaftlichen Erzeugnissen darstellen soll, liegen die ganz allgemeinen Vorschriften des Außenhandelsrechts, die bei Nichtvorliegen einer Sonderregelung greifen, außerhalb des Betrachtungsfeldes. Weiterhin abzugrenzen sind die unterschiedlichen Anwendungszwecke gv landwirtschaftlicher Produkte: Für den Handel mit GVO werden nur die Vorschriften untersucht, die den Anwendungszweck des IVB und der Aus-, Ein- und Durchfuhr gv landwirtschaftlicher Produkte regeln. Zur Abgrenzung des Begriffs des IVB ist die positive Definition in Art. 2 Nr. 4 S.1 RL 2001/18/EG bzw. die Negativ-Abgrenzung in Art. 2 Nr. 4 S. 2 RL 2001/18/EG heranzuziehen, da diese Regelungen europaweit Geltung beanspruchen und darüber hinaus auch die internationalen Vorschriften des Protokolls von Cartagena umsetzen. Abzugrenzen ist der Begriff des IVB in zweierlei Hinsicht, und zwar einerseits gegen Systemverwendungen und andererseits gegen Freisetzungen: Die Anwendung in geschlossenen Systemen beinhaltet den Forschungsaustausch zur Weiterverwendung im Labor oder die Weitergabe von GVO im Rahmen eines Patentierverfahrens, aber auch gewerbliche Weitergabe von GVO, jedoch lediglich für die industrielle Produktion in geschlossenen Systemen. Die FreisetzungsRL und die SystemRL bilden systematisch eine Einheit, in dem die Systemverwendung von GVO deren Freisetzung und diese wiederum dem IVB von GVO aufgrund des Stufenprinzips zeitlich vorgeordnet sind. Ziel ist es, die gesamte Produktionskette bezüglich des Umgangs mit GVO rechtlich zu erfassen: Solange keine sektoralen Vorschriften greifen, wird jede Tätigkeit mit GVO entweder von der SystemRL oder der FreisetzungsRL erfasst. Da der Umgang mit GVM in geschlossenen Systemen aufgrund der Einschließungsmaßnahmen als weniger risikoreich und grundsätzlich leichter kontrollierbar angesehen wird, sind weniger restriktive Genehmigungsregelungen und kein aufwendiges Zulassungsverfahren wie beim IVB von GVO vorgesehen. Daher sind die Verwendung von GVO in geschlossenen Systemen und die entsprechenden Regelungen nicht Teil dieser Arbeit. Weiterhin ist gegen den Begriff der Freisetzung abzugrenzen, dem in der FreisetzungsRL zunächst zwei unterschiedliche Bedeutungen zukommen: Die Legaldefinition des Begriffs in Art. 2 Abs. 3 RL 2001/18/EG beschreibt die Freisetzung als 'jede Art von absichtlichem Ausbringen (von GVO) in die Umwelt […]'. Hierunter wäre also das IVB von GVO, das Ausbringen von bereits genehmigten GVO in die Umwelt sowie auch Freisetzungen i.e.S. zu verstehen. Die Freisetzung gv landwirtschaftlicher Produkte i.e.S. betrifft eher die experimentelle Freisetzung zu Forschungszwecken als die Verfolgung kommerzieller Profitziele. Die Zulassung zum Zwecke des IVB ist wesentlich strengeren Voraussetzungen unterworfen als die zum Zwecke der Freisetzung. Somit sind die Regelungen zur Freisetzung weniger stark regulierend und haben demnach geringere Auswirkungen auf den Handel. Zudem soll diese Arbeit den Handel, also das 'auf den Markt bringen' von GVO als in der Praxis relevantere Form der kommerziellen Nutzung untersuchen, die sich in Form des IVB der Produkte vollzieht. Sie steht daher im Mittelpunkt dieser Untersuchung. Die Einbeziehung der Regelungen zu gv Arzneimitteln, die im allgemeinen Handel mit GVO sicherlich eine wichtige Rolle spielen, verbietet sich schon durch den Titel der Arbeit, der explizit nur landwirtschaftliche Produkte umfasst, zu denen Arzneimittel nicht zählen. Bezüglich des nun definierten Rechtsgebietes sollen sich die Ausführungen auf den europarechtlichen Rechtsrahmen, der auf die nationale Situation indirekt durch Richtlinien und direkt durch die jeweiligen Verordnungen stark Einfluss ausübt, sowie den internationalen Rechtsrahmen beziehen. Auf das deutsche Gentechnikrecht soll aus diesem Grund nur knapp eingegangen werden. Darüber hinaus werden in einer vergleichenden Darstellung Kernpunkte der US-amerikanischen Vorschriften mit einbezogen, die aufgrund ihrer Divergenz gegenüber den europarechtlichen Vorschriften den rechtlichen Gegenpol zur Vorbereitung einer abschließenden Analyse bilden. Die vorliegende Arbeit besteht aus vier Teilen. Teil 1 bildet mit einer kurzen Einführung in das Thema, der Abgrenzung und Vorgehensweise sowie der Begriffsdefinition den einleitenden Teil der Arbeit. Anschließend wird in Teil 2 der Stand der Forschung und Entwicklung im Bereich der Gentechnik sowie deren Vor- und Nachteile dargestellt. Teil 3 befasst sich mit der Darstellung der derzeit existierenden Vorschriften bezüglich des Handels mit gv landwirtschaftlichen Produkten. Da der Rechtsrahmen für gv Erzeugnisse in Fachkreisen als kompliziert gilt, aber dennoch für die Praxis äußerst relevant ist, bildet dieser Punkt den Hauptteil der Arbeit. Den Schlussteil der Arbeit bildet in Teil 4 die Analyse des Rechtsrahmens unter Berücksichtigung wichtiger Probleme aus der Praxis, wobei der Versuch gemacht wird, durch Vergleich gewonnene Verbesserungsvorschläge integrativ darzustellen. Abschließend wird ein kurzer Ausblick in die mögliche zukünftige Entwicklung im Bereich gv landwirtschaftlicher Produkte gegeben.Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis: InhaltsverzeichnisII AbkürzungsverzeichnisIV 1.Einleitung1 1.1Problemstellung1 1.2Abgrenzung des Themas und Vorgehensweise der Untersuchung2 1.3Erläuterung zentraler Begriffe5 2.Anwendungsbereiche und Risiken der Gentechnik in Landwirtschaft und Industrie8 2.1Stand der Forschung und Anwendungsbereiche8 2.2Risiken gentechnisch veränderter landwirtschaftlicher Produkte10 2.3Vor- und Nachteile des Handels mit gentechnisch veränderten landwirtschaftlichen Produkten aus ökonomischer Sicht11 3.Der Rechtsrahmen für den Handel mit gentechnisch veränderten Produkten13 3.1Entstehungsgeschichte der derzeitigen Reglementierung innerhalb der EU und der WTO14 3.2Die nationalen und europarechtlichen Vorschriften15 3.2.1Andere gentechnisch veränderte Organismen19 3.2.1.1RL 2001/18/EG über die absichtliche Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen in die Umwelt und zur Aufhebung der RL 90/220/EWG des Rates19 3.2.1.2Das deutsche Gentechnikgesetz zur Umsetzung der RL 2001/18/EG27 3.2.2Alle gentechnisch veränderten Organismen29 3.2.2.1VO (EG) Nr. 1830/2003 über die Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung von GVO und über die Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung von aus GVO hergestellten Lebens- und Futtermitteln sowie zur Änderung der RL 2001/18/EG29 3.2.2.2VO (EG) Nr. 1946/2003 zur grenzüberschreitenden Verbringung von GVO bezüglich des Exports von GVO aus der EU32 3.2.3Lebens- und Futtermittel33 3.2.3.1VO (EG) Nr. 1829/2003 über das Inverkehrbringen von gentechnisch veränderten Lebens- und Futtermitteln34 3.2.3.2VO (EG) Nr. 258/97 über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten (Novel-Food-VO) und ihr Verhältnis zur VO (EG) Nr. 1829/200337 3.3Vergleichende Darstellung der US-amerikanischen Vorschriften gegenüber den europarechtlichen Vorschriften39 3.4Die internationalen juristischen Regelwerke41 3.4.1SPS-Übereinkommen42 3.4.2TBT-Übereinkommen47 3.4.3GATT-Regelung51 3.4.4Cartagena-Protokoll zur biologischen Sicherheit52 3.4.5Der WTO-Biotech-Fall und der transatlantische Streit bezüglich GVOs55 4.Abschließende Gesamtbetrachtung der jurisitischen Regelwerke und Ausblick58 4.1Abschließende Analyse und Bewertung der untersuchten Rechtssysteme unter Berücksichtigung aktueller Praxisprobleme58 4.2Ausblick über zukünftige Entwicklung der untersuchten Rechtssysteme62 LiteraturverzeichnisVI AnhangXVTextprobe:Textprobe: Kapitel 3.3, Vergleichende Darstellung der US-amerikanischen Vorschriften gegenüber den europarechtlichen Vorschriften: Die USA ist eines der Länder, in denen die Regierungen den neuen Biotechnologien – und damit insb. der Biotechnologie- und Saatgutindustrie – relativ wenige rechtliche Hürden in den Weg gelegt haben. In Sachen Gentechnik ist die USA den Europäern einen Schritt voraus: Vor allem die Gesetzeslage ermöglicht der Forschung einen größeren Spielraum. Dies ist eine Folge der unterschiedlichen Rechtskulturen. Die Diskrepanzen der Rechtssysteme spiegeln die unterschiedlichen Ansätze und Einstellungen der Verantwortlichen der US-Regierung, der Verbraucher und der Industrie gegenüber GVO und gv Lebensmitteln. Das US-amerikanische Rechtssytem bezüglich GVO unterscheidet sich also stark von dem europäischen Rechtssystem. Der Grund: Die EU handelt nach dem Vorsorgeprinzip. In Europa gilt das Gentechnik-Verfahren grundsätzlich als risikoreich. Erst wenn man Schäden durch Gen-Pflanzen ausschließen kann, erlaubt Brüssel die Nutzung. Anders in den USA: Die Vorreiter auf dem Gebiet der Gentechnik forschen schon seit drei Jahrzehnten. Das Vorsorgeprinzip wird aufgrund seiner Fähigkeit, gesetzeswidrige Handelsbeschränkungen zu rechtfertigen und zu schützen, nur mit größter Vorsicht angewendet. Eine zentrale Kontrollstelle wie bspw. die EFSA gibt es ebenso wenig wie ein einheitliches Gentechnikrecht: Basierend auf dem Ansatz, dass gv Produkte im Grunde genommen nur eine Erweiterung herkömmlicher Produkte darstellen, machte sich die US-Regierung ursprünglich die bereits existierenden Gesetze zunutze, um die Sicherheit der gv Produkte zu garantieren. 1986 erließ die US-Administration dann das 'Coordinated Framework for Regulation of Biotechnology' und setzte damit den rechtlichen Grundstein für die folgenden 20 Jahre US-amerikanischer Regelungen zur Biotechnologie. Dieses Rahmenkonzept, das mit unwesentlichen Änderungen bis heute gilt, stellt einen vertikalen, risikobezogenen Verfahrensansatz bei der Regulierung der Gentechnik in den USA dar. Nach diesem Rahmenwerk sind Behörden, die für die Aufsicht über bestimmte Kategorien von Produkten oder bestimmte Arten der Produktverwendung verantwortlich waren, auch zuständig für die Bewertung gleichartiger gv Produkte. Es sind demnach keine neuen Behörden speziell für den Bereich gv Produkte errichtet worden, wie dies bspw. nach europarechtlichen Regelungen bei der ESFA der Fall war. So ist die 'Food and Drug Administration' (FDA) verantwortlich für die Lebens- und Futtermittelsicherheit, auch im Bereich der GVO. Im US-amerikanischen Landwirtschaftsministerium (United States Department of Agriculture, USDA) ist der 'Animal and Plant Health Inspection Service' (APHIS) verantwortlich für die Risikobewertung gv Pflanzen; und die 'Environmental Protection Agency' (EPA) ist zuständig für die Entwicklung und Freisetzung gv Pflanzen. Die derzeitigen rechtlichen Vorschriften für Produkte der modernen Biotechnologie sind der 'Plant Protection Act' (PPA), der 'Federal Food, Drug, and Cosmetic Act' (FFDCA), der 'Federal Insecticide, Fungicide, and Rodenticide Act' (FIFRA) und der 'Toxic Substances Control Act' (TSCA). Neue Vorschriften wurden - sofern notwendig – nach Maßgabe dieser Gesetze entwickelt, um der Entwicklung neuer gv Produkte gerecht zu werden. Leitlinien zur Genforschung schreiben die National Institutes of Health (NIH) vor. Die einzelnen Bundesstaaten überprüfen die Nutzung. Außerdem werden US-Unternehmen über ein einheitliches Haftungsrecht direkt zur Verantwortung gezogen, wohingegen gerade die Haftungsproblematik in Europa noch nicht einheitlich geregelt ist. In den USA ist die Gentechnik längst im Alltag angekommen. Gentechnisch veränderte Lebensmittel finden sich in jedem gut sortierten Supermarkt – ursprünglich ohne Kennzeichnung. Allerdings ist in den letzten Jahren der Widerstand der Verbraucher gegenüber gv Lebensmitteln auch in den USA angewachsen, so dass auch die US-amerikanische Öffentlichkeit immer stärker nach einer angemessenen Kennzeichnung gv Lebensmittel verlangt. Im US-Kongress hat der Abgeordnete Kucinich seit 2000 die Gesetzgebung bezüglich der freiwilligen Kennzeichnung von gv Lebensmitteln vorangetrieben und 2003 sechs Reformvorschläge zu Rechtsvorschriften über gv Pflanzen erarbeitet und eingeführt. Der vorgeschlagene 'Genetically Engineered Food Right to Know Act of 2006' sowie weitere fünf Vorschriften zu gv Produkten sollen den Schutz der Verbraucher stärken, insb. durch die Verpflichtung der Lebensmittelindustrie, alle Lebensmittel, die GVO enthalten oder mit GVO hergestellt sind, als solche zu kennzeichnen. Desweiteren soll die FDA Kontrollen durchführen, um die Einhaltung der Vorschriften zu gewährleisten. Der seit 2001 bestehende 'Pre-market notice concerning bionegineered foods' verlangte eine Anmeldung zur Genehmigung bei der 'agency of data and information' bezüglich gv Lebens- oder Futtermittel, mindestens 120 Tage vor dem IVB, allerdings nur auf freiwilliger Basis. Diese Vorschriften sollen nun ersetzt werden durch strengere Vorschriften zur Kennzeichnung, Überwachung und Genehmigung, angeregt durch das USDA. Diese Verstärkung der Gentech-Vorschriften soll auch ein mehrstufiges, risikobasiertes Zulassungsverfahren enthalten, um das derzeitige Zulassungs-/Genehmigungsverfahren zu ersetzen. Amerikanische Verbraucher haben offensichtlich weniger Angst vor Gen-Food. Sie scheinen eher der Wirtschaft zu vertrauen, und die Europäer eher den staatlichen Behörden, die sich auf Verbraucherschutz und auf die Freiheit, zwischen genmanipulierten und konventionellen Lebensmitteln wählen zu können, berufen.
HEGELS LEBEN, WERKE UND LEHRE. [8. BAND. ERSTER THEIL] Geschichte der neuern Philosophie (-) Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Erster Theil] (8,1 / 1901) ( - ) Einband ( - ) Titelseite ( - ) [Abb.]: Kuno Fischer. ([II]) Titelseite ([III]) Impressum ([IV]) Vorrede. (V) Inhalzsverzeichniß. ([VII]) Erstes Buch. Hegels Leben und Werke. ([1]) Erstes Capitel. Herkunft und Lehrjahre. ([3]) I. Die erste Jugendzeit in Stuttgart. ([3]) 1. Elternhaus ud Schule. ([3]) 2. Der Präceptor Löffler. (4) 3. Rhetorische Uebungen. (5) 4. Studien und Lectüre. Tagebücher. (6) II. Die akademischen Lehrjahre in Tübingen. (10) 1. Studiengang. Magisterium und Candidatur. (10) 2. Kant und die Revolution. (11) 3. Freundschaften. Der politische Club. (12) Zweites Capitel. Hegel als Hauslehrer in Bern. (14) I. Lebensplan und Wanderjahre. (14) 1. Die Hauslehrerperiode. (14) 2. Aufenthalt in Stuttgart. Stäudlin und Hölderlin. (15) 3. Die Schicksale und Zustände Berns. (16) 4. Das Geschlecht der Steiger. (18) II. Hegels Fortbildung in der Schweiz. (20) 1. Sprache, Sitten und Politik. (20) 2. Alpenwanderungen. (21) Drittes Capitel. Fortsetzung. Hegels Studien in der Schweiz. (24) I. Die einflußreichen Zeitbegebenheiten. (24) 1. Philosophie. Fichte und Schelling. (24) 2. Deutsche Dichtung. Schiller. (25) 3. Das neue Weltalter. (26) II. Philosophische Studien. (28) 1. Theologische Probleme. (28) 2. Orthodoxie und Philosophie. (31) 3. Schelling als Führer. (32) 4. Die Frage des Monismus. (33) Viertes Capitel. Das Ende des Aufenthaltes in der Schweiz. Hegel und Hölderlin. Uebersiedlung nach Frankfurt. (35) I. Die neuen Mysterien. (35) 1. Der dritte im Bunde. (35) 2. Eleusis. (37) II. Hölderlin im Hause Gontard. (39) 1. Die Katastrophe. (39) 2. Irrfahrten und Ende. (40) III. Hegel im Hause Gogel. (41) 1. Stellung. (41) 2. Der verleidete Aufenthalt. 3. Tod des Vaters. Oekonomische Lage. (42) 4. Zukunftspläne. (42) Fünftes Capitel. Hegels Frankfurter Studien und Arbeiten. (45) I. Die Urform des Systems. (45) 1. Die Aufzeichnungen. (45) 2. Grundthema. Die Religion als Weltproblem. (45) II. Die Religionsentwicklung. (47) 1. Das Endziel. (47) 2. Philosophie und Religion. Schleiermachers Reden. (48) 3. Die Weltreligion. (49) 4. Charakter der christlichen Religion. (51) III. Religion und Philosophie. (52) 1. Die neue Aufgabe. (52) 2. Die Grundidee: der absolute Geist. (53) 3. Die Gliederung des Systems. (54) 4. Ein politischer Entwurf. (54) Sechstes Capitel. Hegel in Jena. Die ertsen Sechs Jahre seiner litterarischen und akademischen Wirksamkeit. (57) I. Litterarische Wirksamkeit. (57) 1. Philosophische Schriften. (57) 2. Eine politische Schrift. (58) II. Akademische Wirksamkeit. (62) 1. Vorlesungen. (62) 2. Beförderungen. (64) III. Jenaische Zustände und Personen. (65) 1. Der litterarische Rückgang. (65) 2. Immanuel Niethammer. (65) 3. Philosophische Docenten. (66) 4. Gesellige Kreise. (67) IV. Die Phänomenologie und die Schlacht. (68) 1. Das Werk und der Streit mit dem Verleger. (68) 2. Die Schlacht bei Jena. (69) 3. Die erste Differenz zwischen Schelling und Hegel. (70) V. Neue Lebenspläne. (71) 1. Der Brief an J. H. Voß. (71) 2. Die Berufung nach Bamberg. (72) Siebentes Capitel. Hegels publicistische und pädagogische Wirksamkeit im Königreich Bayern. Die Gründung seines Hausstandes. (74) I. Die Bamberger Zeitung. (74) 1. Das Redactionsgeschäft. (74) 2. Die Weltbegebenheiten. (75) 3. Ein drohender Conflict. (76) II. Der Uebergang zu einem neuen Lehramt. (77) 1. Die Zeitungsgaleere. (77) 2. Nürnberg, Altdorf, Erlangen. (78) 3. Der neue Schulplan. (78) III. Das Rectorat des Gymnasiums in Nürnberg. (79) 1. Berufung und Lebenswendepunkt. (79) 2. Amtliche Verhältnisse und Uebelstände. (80) 3. Logik, Propädeutik und Rectoratsreden. (81) IV. Die Gründung des Hausstandes. (85) 1. Die Frage des ehelichen Glücks. (85) 2. Maria von Tucher. (86) Achtes Capitel. Alt- und Neu-Bayern. Die bayrische Finsterniß und Reaction. Hegels Zeit- und Weltanschauung. (90) I. Bayrische Mängel und Uebelstände. (90) 1. Die bureaukratische Centralisation. (90) 2. Der Mangel an Autorität und Publicität. (91) 3. Die altbayrische Finsterniß. (93) 4. Der fanatische Hyozoismus. (94) II. Die bayrische Reaction. (94) 1. Die Conflicte in der Studiencommission. Niethammers Niederlage. (94) 2. Monteglas' Entlassung und das Concordat. (97) 3. Hegels Zeitanschauung und Hoffnung. (97) Neuntes Capitel. Hegels der Philosophie ind Heidelberg. (1816 - 1818.) (98) I. Drei Berufungen. (98) 1. Erlangen. (98) 2. Berlin. (99) 3. Heidelberg. (100) II. Zwei Jahre in Heidelberg. (101) 1. Die Encyklopädie. (101) 2. Vorlesungen und Amtsgenossen. (102) III. Die heidelbergischen Jahrbücher. (105) 1. Fr. H. Jakobis Werke. (105) 2. Die württembergischen Landstände. (107) IV. Philosophische Einwirkungen. Die Anfänge der Schule. (116) 1. Yxkfüll. (116) 2. Hinrichs. (117) 3. Carové. (118) 4. Cousin. (119) 5. Daub. (123) Zehntes Capitel. Hegels Berufung nach Berlin. (124) I. Das Ministerium Altenstein. (124) 1. Steins Reformen. (124) 2. Altensteins Denkschrift. Der erste preußische Cultusminister. (125) 3. Universitäten. Gründungen und Gefahren. (125) 4. Das zeitgemäße System. (127) II. Johannes Schulze. (130) 1. Bildungsgang und Jugendschicksale. (130) 2. Die Verdächtigungen. (136) III. Hegel und Johannes Schulze. (137) Elftes Capitel. Hegels Wirksamkeit in Berlin. (138) I. Akademische und litterarische Wirksamkeit. (138) 1. Die Anfänge. Solger. (138) 2. Die Antrittsrede. (140) 3. Die Vorrede zur Rechtsphilosophie. (142) 4. Der Gang der Vorlesungen und die Einführung neuer. (145) II. System und Schule. (146) 1. Repetitorien und Conversatorien. Henning. (146) 2. Der geschichtsphilosophische Character des Systems. (148) 3. Marheineke, Gans, Henning, Michelet, Hotho, Rötscher, Werder. (149) 4. Vatke, Strauß, Brunno Bauer, J. Ed. Erdmann, Rosenkranz, Hinrichs und Gabler. (151) III. Freunde und Feinde. (153) 1. Die heidelberger Freunde. (153) 2. Anonyme Feinde. (154) 3. Ein philosophischer Gegner: Ed. Beneke. (155) 4. Goethe und Hegel. (158) 5. Heiberg. (160) IV. Die Prüfungscommission und der philosophische Gymnasialunterricht. (161) Zwölftes Capitel. Hegels Ferienreisen nach Brüssel, Wien und Paris. (163) I. Ausflüge nach Rügen und Dresden. (163) II. Die Reise in die Niederlande. (163) 1. G. van Ghert. (163) 2. Die Fahrt nach Brüssel und die Rückkehr. (165) III. Die Reise nach Wien. (168) 1. Der Aufenthalt in Wien. Die italienische Oper. (168) 2. Die Rückreise. Dresden. (169) IV. Hegels Verhältniß zu Cousin und Reise nach Paris. (170) 1. Cousins Aufenthalt in Berlin. (170) 2. Hegels Reise nach Paris. (173) 3. Die Rückkehr. (174) V. Der letzte Aufenthalt in Weimar. (175) Dreizehntes Capitel. Auf der Höhe seiner Wirksamkeit. (176) I. Die letzten fünf Jahre. (176) 1. Die Geburtstagsfeier. (176) 2. Die Jahrbücher für wissenschaftliche Kritik. (177) 3. Hegels Wirksamkeit in den Jahrbüchern. Hamann. (181) 4. Göschels Aphorismen. (183) 5. Verdächtigungen und Anfeindungen. "Das Gesindel." (185) 6. Eine "schäbige Polemik". (187) 7. Ludwig Feuerbach. (188) II. Das Ende der Wirksamkeit und des Lebens. (191) 1. Das Rectorat. (191) 2. Die Julirevolution. (193) 3. Die englische Reformbill. (194) 4. Die Choleraepidemie. Der Brief an H. Beer. Das Schreiben an Gans. (197) 5. Tod und Begräbniß. (199) Vierzehntes Capitel. Hegels Werke und deren Gesammtausgabe. (201) I. Die von Hegel selbst herausgegebenen Werke. (201) 1. Jena. (201) 2. Nürnberg. (203) 3. Heidelberg. (203) 4. Berlin. (204) II. Die Gesammtausgabe. (205) 1. Die Aufgabe. (205) 2. Die Herausgeber und die Ausgabe. (205) III. DIe Quellen zur Ausgabe der Vorlesung. (207) 1. Die Philosophie der Geschichte. (207) 2. Die Aesthetik oder Kunstphilosophie. (208) 3. Die Philosophie der Religion. (211) 4. Die Geschichte der Philosophie. (212) IV. Hegel auf dem Katheder. (214) 1. Die Persönlichkeit. (214) 2. Der Kathedervortrag. (215) Zweites Buch. Hegels Lehre. ([217]) Erstes Capitel. Hegels Ausgangspunkte und Aufgaben. Die Idee der Weltentwicklung. (219) I. Monismus und Identitätslehre. (219) 1. Die englische Entwicklungslehre. Der Darwinismus. (219) 2. Der deutsche Darwinismus. (220) 3. Zoologische Philosophie und philosophische Zoologie. (220) 4. Die philosophische Entwicklungslehre vor Kant. Leibniz. (221) 5. Die kantische Entwicklungslehre. (222) 6. Die fichtesche Entwicklungslehre. (223) 7. Die schellingsche Entwicklungslehre. (224) II. Das absolute Identitätssystem. (225) 1. Der Durchbruch. (225) 2. Der Stufengang der Welt. (226) 3. Schelling und Spinoza. (227) 4. Die neuen Aufgaben. (228) 5. Der Weg zur Wahrheit. (230) Zweites Capitel. Hegel im Bunde mit Schelling. (231) I. Die ersten Schriften. (231) 1. Die Planetenbahnen. (231) 2. Die philosophische Differenz zwischen Fichte und Schelling. (235) 3. Die philosophische Differenz zwischen Schelling und Hegel. (242) Drittes Capitel. Hegels Aufsätze im kritischen Journal. (245) I. Philosophie und Unphilosophie. (245) 1. Die philosophische Kritik. (245) 2. Der gemeine Menschenverstand. (248) 3. Der neue Scepticismus. (250) II. Glauben und Wissen. Die Reflexionsphilosophien. (255) 1. Die kantische Philosophie. (256) 2. Die jacobinische Philosophie. Schleiermacher. (259) 3. Die fichtesche Philosophie. (265) Viertes Capitel. Fortsetzung. Die wissenschaftlichen Behandlungsarten des Naturrechts. (270) I. Die empirische Behandlungsart. (271) 1. Die Hypothesen vom Naturzustande. (271) 2. Die praktischen Zwecke. (272) 3. Die untheoretische Praxis und die unpraktische Theorie. (273) II. Die reflectirte Behandlungsart. (273) 1. Die große Seite der kantisch-fichteschen Philosophie. (273) 2. Die Unsittlichkeit der kantischen Sittenlehre. (274) 3. Der fichtesche Rechtszwang. Strafe und Ephorat. (276) III. Die absolute Sittlichkeit. (278) 1. Das Volk und die Völker. Der sittliche Organismus. (278) 2. Die sittliche Gesundheit und der Krieg. (280) 3. Die Organisirung der Stände und Individuen. (280) 4. Tragödie und Komödie. Die Zonen des Sittlichen. (284) 5. Naturrecht, Moral und positive Rechtswissenschaft. (286) Fünftes Capitel. Die Phänomologie des Geistes. Vorrede, Einleitung und Eintheilung. (289) I. Vorrede. Die Aufgabe der neuen Lehre. (289) 1. Die Form der Wissenschaft. (289) 2. Die Substanz als Subject. Das Princip als Resultat. (291) 3. Die Leiter. Die Entwicklung des Wissens. (294) 4. Vourtheile und Selbsttäuschung. (294) II. Einleitung. (296) 1. Das Erkenntnißvermögen als Werkzeug und Medium. (296) 2. Die falsche Grundlage des Zweifels. Das erscheinende Wissen. (297) 3. Die Methode der Ausführung. (300) III. Der Stufengang des Bewußtseins. (304) 1. Hauptstufen. (304) 2. Die triadische Ordnung. (305) 3. Die Grenzen. (305) Sechstes Capitel. Das gegenständliche Bewußtsein. (306) I. Die sinnliche Gewißheit. (306) 1. Die objectivste, reichste und concreteste Wahrheit. (306) 2. Die subjectivste, ärmste und abstracteste Wahrheit. (306) 3. Das Aussprechen und das Aufzeigen. (308) II. Das wahrnehmende Bewußtsein. (309) 1. Das Ding und die Eigenschaften. (309) 2. Das Aufheben und Aufgehobensein. (310) 3. Das Thema und Problem der Wahrnehmung: die Einheit des Dinges und Die Vielheit der Eigenschaften. Die Täuschung. (311) 4. Die Vielheit der Dinge und Eigenschaften. Die Logik und die Sophistereien der Wahrnehmung. (313) III. Das Reich des Verstandes. (314) 1. Kraft und Aeußerung. Das Spiel der Kräfte. (314) 2. Das Innere und die Erscheinung. (316) 3. Das Innere als Gesetz. Das Reich der Gesetze. (317) 4. Erscheinung, Gesetz und Kraft. (318) 5. Die Thätigkeit des Erklärens. (320) 6. Uebergang zum Selbstbewußtsein. (320) Siebentes Capitel. Das Selbstbewußtsein. (321) I. Das Selbstbewußtsein und sein Object. (321) 1. Vergleichung mit dem gegenständlichen Bewußtsein. (321) 2. Das Selbstbewußtsein als Begierde. (323) 3. Die Objecte als lebendige Dinge. (323) II. Herrschaft und Knechtschaft. (324) 1. Verdoppelung des Selbstbewußtseins. (324) 2. Der Kampf auf Leben und Tod. Die Todesfurcht. (325) 3. Herr und Knecht. Gehorsam und Dienst. Arbeit und Bildung. (327) 4. Die Abhängigkeit des Herrn und die Unabhängigkeit des Knechts. (328) 5. Die Befreiung des Denkens. (329) III. Die Freiheit des Selbstbewußtseins. (329) 1. Stoicismus. (329) 2. Skepticismus. (330) 3. Das unglückliche Bewußtsein. (332) Achtes Capitel. Das Vernunftbewußtsein. A. Die beobachtende Vernunft. (338) I. Thema und Aufgabe. (338) II. Die beobachtende Vernunft. (339) 1. Der Standpunkt des Idealismus. (339) 2. Das künstliche und natürliche System der Dinge. Gesetz und Experiment. (340) 3. Die organische Natur und der Zweckbegriff. (Kielmeyer und Schelling.) (342) 4. Logische und psychologische Gesetze. (346) 5. Physiognomik und Schädellehre. (348) Neuntes Capitel. Das Vernunftbewußtsein. B. Die thätige Vernunft und das Reich der in sich befriedigten Individuen. (353) I. Rückblick und Vorblick. (353) II. Die thätige Vernunft. (355) 1. Die Luft und die Nothwendigkeit. (Faust.) (355) 2. Das Gesetz des Herzens und der Wahnsinn des Eigendünkels. (357) 3. Die Tugend und der Weltlauf. (361) III. Das Reich der in sich befriedigten Individuen. (363) 1. Das geistige Thierreich. (363) 2. Die gesetzgebende Vernunft. (368) 3. Die gesetzprüfende Vernunft. (369) Zehntes Capitel. Der Geist. A. Das Reich der Sittlichkeit und der Rechtszustand. (371) I. Das Gemeinwesen. Das göttliche und menschliche Gesetz. (371) 1. Familie und Staat. (371) 2. Mann und Frau, Eltern und Kinder, Bruder und Schwester. (373) 3. Der tragische Conflict. Die Schuld und das Schicksal. (375) II. Der Rechtszustand. (378) 1. Der Uebergang. (378) 2. Die Personen. (379) 3. Der Herr der Welt. (379) 4. Die Frau im Rechtszustand. (380) Elftes Capitel. Der Geist. B. Der sich entfremdete und der seiner selbst gewisse Geist. (381) I. Die Welt des sich entfremdeten Geistes. (381) 1. Das Reich der Bildung. (381) 2. Staatsmacht und Reichthum. Das edelmüthige und das niederträchtige Bewußtsein. (382) 3. Das zerreißende und zerrissene Bewußtsein. (Rameau's Neffe.) (385) 4. Das glaubende Bewußtsein. (389) 5. Die Aufklärung. (391) II. Die absolute Freiheit und der Schrecken. (398) 1. Die Gleichheit und die Vernichtung. (398) 2. Die Faction und die Schuld. (399) 3. Schrecken und Tod. (400) III. Der seiner selbst gewisse oder moralische Geist. (402) 1. DIe moralische Weltanschauung. (402) 2. Die Verstellung. (405) 3. Das Gewissen, die schöne Seele. Das Böse und seine Verzeihung. (407) Zwölftes Capitel. Die Religion und das absolute Wissen. (413) I. Wesen und Stufen der Religion. Die natürliche Religion. (413) 1. Religionsstufen und Religionsgeschichte. (414) 2. Indische und ägyptische Religion. (414) II. Die Kunstreligion. (415) 1. Der Kultus. Das abstracte Kunstwerk. (417) 2. Das lebendige Kunstwerk. (418) 3. Das geistige Kunstwerk. (419) III. Die offenbare Religion. (423) 1. Der Untergang der Kunstreligion. (423) 2. Die Menschwerdung Gottes. (425) 3. DIe Gemeinde. (426) IV. Das absolute Wissen. (429) 1. Religion und Wissenschaft. (429) 2. Phänomenologie und Logik. Das System der Philosophie. (431) Dreizehntes Capitel. Der Gegenstand und die Methode der Logik. (433) I. Der Gegenstand der Logik. (433) 1. Die Werke. (433) 2. Aufgabe und Thema. (434) 3. Einleitung. (435) II. Die Methode. (439) 1. Die Kategorien. Die Denkbestimmungen und die Denkthätigkeit. (439) 2. Der dialektische Proceß und die Entwicklung. (440) 3. Die Eintheilung. (442) 4. Der Begriff Gottes in der Logik. Das Reich der Schatten. (444) 5. Die Logik und die Geschichte der Philosophie. (445) 6. Der Anfang. (446) Vierzehntes Capitel. Die Lehre vom Sein. A. Die Qualität. (448) I. Das reine Sein. (448) I. Sein und Nichts. (448) 2. Das Werden. Entstehen und Vergehen. (449) II. Das Dasein. (451) 1. Qualität. Etwas und Anderes. (451) 2. Endliches und Unendliches. Die Veränderung. (452) III. Das Fürsichsein. (456) Das unendliche Sein. (456) Fünfzehntes Capitel. Die Lehre vom Sein. B. Die Quantität. (460) I. Die reine Quantität. (460) 1. Continuität und Discretion. (460) 2. Zeno, Aristoteles, Kant. (461) II. Das Quantum. (463) 1. Anzahl und EInheit. Zahl und Zählen. (463) 2. Zählen und Rechnen. (464) 3. Das extensive und intensive Quantum (Grad). (465) III. Die quantitative Unendlichkeit. (467) 1. Die schlechte quantitative Unendlichkeit. (467) 2. Die erste kantische Antinomie. (468) 3. Die Unendlichkeit des Quantums. (468) IV. Das quantitative Verhältniß. (471) 1. Die Verhältnißarten. (471) 2. Der doppelte Uebergang. (473) 3. Die Zahlenphilosophie. (474) Sechszehntes Capitel. Die Lehre vom Sein. C. Das Maaß. (475) I. Die specifische (qualitative) Quantität. (475) 1. Das specifische Quantum. Der Maaßstab. (475) 2. Die Mathematik der Natur. (478) 3. Das specificirende Maaß. Die Regel. (479) II. Das reale Maaß. (480) 1. Die Reiche der Maaßverhältnisse. (480) 2. Die Knotenlinie von Maaßverhältnissen. (482) III. Das Maaßlose. (484) 1. Das auschließende Maaß und das abstract Maaßlose. (484) 2. Der Uebergang zum Wesen. (485) 3. Die Kategorien des Seins und die Entwicklung. (486) Siebzehntes Capitel. Die Lehre vom Wesen. A. Die Reflexion. (488) I. Die Reflexionsbestimmungen. Die Identität. (488) 1. Schein, Erscheinung, Wirklichkeit. (488) 2. Die Denkgesetze. (490) 3. Die Identität. (491) II. Der Unterschied. (492) 1. Die Verschiedenheit. (492) 2. Der Gegensatz. (494) 3. Der Widerspruch. (497) III. Grund und Folge. (499) 1. Der zureichende Grund. (499) 2. Materie und Form. (500) 3. Die Existenz. (502) Achtzehntes Capitel. Die Lehre vom Wesen. B. Die Erscheinung. (503) I. Das Ding und seine Eigenschaften. (503) II. Erscheinung und Gesetz. (507) III. Das wesentliche Verhältniß. (509) 1. Das Verhältniß des Ganzen und der Theile. (509) 2. Das Verhältniß der Kraft und ihre Aeußerung. (511) 3. Das Verhältniß des Aeußeren und Inneren. (512) Neunzehntes Capitel. Die Lehre vom Wesen. C. Die Wirklichkeit. (516) I. Das wahrhaft Wirkliche. Das Absolute. (516) II. DIe innere und äußere Wirklichkeit. (517) 1. Das Reich der Möglichkeit. (517) 2. Das Reich des Zufalls. (518) 3. Die Nothwendigkeit. (519) III. Das absolute Verhältniß. (521) 1. Die Substantialität. (521) 2. Die Causalität. (522) 3. Die Wechselwirkung. (524) Zwanzigstes Capitel. Die Lehre vom Begriff. A. Die Subjectivität (527) I. Der Begriff des Begriffs. (527) 1. Vom Begriff im Allgemeinen. (527) 2. Der allgemeine Begriff. (530) 3. Der besondere Begriff. (531) 4. Das Einzelne. (532) II. Das Urtheil. (534) 1. Das Urtheil des Daseins. (536) 2. Das Urtheil der Religion. (537) 3. Das Urtheil der Nothwendigkeit. (538) 4. Das Urtheil des Begriffs. (538) III. Der Schluß. (539) 1. Der Schluß des Daseins. Die Schlußfiguren. (539) 2. Der Schluß der Reflexion. (541) 3. Der Schluß der Nothwendigkeit. (543) Einundzwanzigstes Capitel. Die Lehre vom Begriff. B. Die Objectivität. (544) I. Ontologie und Kosmologie. (544) II. Der Mechanismus. (546) 1. Der Determinismus. (546) 2. Die Centralisation. (547) 3. Der absolute Mechanismus. (548) III. Der Chemismus. (548) IV. Die Teleologie. (550) 1. Mechanismus und Teleologie. Der subjective Zweck. (550) 2. Das Reich der Mittel. Die List der Vernunft. (551) 3. Der ausgeführte Zweck. (553) Zweiundzwanzigstes Capitel. Die Lehre vom Begriff. C. Die Idee. (554) I. Die Idee als Proceß. (554) II. Das Leben. (556) 1. Das lebendige Individuum. (556) 2. Der Lebensproceß. (559) 3. Die Gattung. (560) III. Die Idee des Erkennens und des Wollens. (561) 1. Die Idee des Wahren. (561) 2. Die Idee des Guten. (565) 3. Die absolute Idee. (568)
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Der SPD-Parteivorstand will die Bildungsausgaben massiv erhöhen, finanziert über zusätzliche Steuern. Die Parteivorsitzende Saskia Esken sagt, wie Bund, Länder und Kommunen auf ein gemeinsames Ziel eingeschworen werden sollen: den Kampf gegen die dramatische Bildungsungerechtigkeit.
Saskia Esken ist Softwareentwicklerin und war stellvertretende Vorsitzende des Landeselternbeirats Baden-Württemberg. Nach ihrem Einzug in den Bundestag 2013 engagierte sie sich in der Bildungs- und Digitalpolitik. 2019 wurde sie eine von zwei SPD-Bundesvorsitzenden. Foto: Anne Hufnagl.
Frau Esken, heute wird der SPD-Parteivorstand voraussichtlich den Leitantrag "Zusammen für ein starkes Deutschland" für den Bundesparteitag im Dezember beschließen. Wesentlicher Bestandteil ist ein "Deutschlandpakt Bildung". Wer soll da mit dem paktieren?
Mit dem "Deutschlandpakt Bildung" wollen wir erreichen, dass Bund, Länder und Kommunen sich zusammentun, um ihren gesamtstaatlichen Bildungsauftrag zu erfüllen. Die Lage der Bildung in Deutschland ist so herausragend schwierig geworden in den vergangenen 20 Jahren, die sozialen Schieflagen bei der Bildungsgerechtigkeit so groß, dass nur noch alle staatlichen Ebenen gemeinsam Veränderungen bewirken können. Die Zeit drängt, wir stehen vor einem großen demografischen Umbruch: Wenn meine Generation in Rente geht, kommt eine nach, die nur noch halb so groß ist. Woraus folgt, dass noch dringlicher wird, was ohnehin unsere Pflicht sein sollte: Wir müssen die Potenziale aller jungen Menschen vollständig entwickeln. Insofern ist der "Deutschlandpakt Bildung" eingebettet in eine größere Strategie zur Gestaltung der gesellschaftlichen Transformation, die wir dem SPD-Bundesparteitag vorschlagen wollen.
"Kooperationsgebot statt Kooperationsverbot", "ein echter Bildungsaufbruch", "gleiche Chancen für eine gute und zeitgemäße Bildung für alle Menschen", Ganztagsausbau, Verstetigung des Digitalpakts. Mit Verlaub: Vieles von dem, was in dem Leitantrag zum "Deutschlandpakt Bildung" vorkommt, stand so oder ähnlich schon im Ampel-Koalitionsvertrag von Ende November 2021. Hat der so wenig gebracht?
Der Koalitionsvertrag trägt eine starke sozialdemokratische Handschrift. Insofern steht viel Schlaues drin und wir haben auch einiges schon umgesetzt. Erst vor wenigen Wochen ist, leider mit wenig öffentlicher Wahrnehmung, das "Startchancen"-Programm zwischen Bund und Ländern geeint worden, das genau in die Richtung zielt, in die wir jetzt als SPD entschieden weitergehen wollen: Ganz gezielt die Bildung sozial benachteiligter Schülerinnen und Schüler zu fördern, weil wir nur auf diese Weise etwas erreichen können im Kampf gegen die große Bildungsungerechtigkeit. In der Ampel-Koalition müssen wir uns durch die finanziellen Limitierungen auf zehn Prozent der Schulen beschränken. Aber die Herausforderungen kennen diese Limits nicht: Ein Viertel der Grundschülerinnen und Grundschüler kann am Ende von Klasse vier nicht genügend gut lesen, schreiben, rechnen, zuhören. Ein Drittel der Neuntklässler verfehlt die Mindeststandards in Deutsch. 50.000 junge Menschen verlassen jedes Jahr die Schulen ohne Schulabschluss. Hier wird klar: Wenigstens die Hälfte aller Schulen braucht die Unterstützung, die wir jetzt nur jeder zehnten geben können.
"Mein Vorschlag mit dem Sondervermögen war das erste Ausrufezeichen"
Der "Deutschlandpakt Bildung" soll also ein aufgepumptes "Startchancen"-Programm werden?
Er soll viel breiter werden als das, aber in der Tat, der Pakt soll derselben Logik folgen: Die Ebenen tun sich zusammen, um ganz gezielt Benachteiligungen der Bildungschancen auszugleichen. Wir gehen stärker in die Breite und schärfen gleichzeitig den Fokus, weil die Bildungsforschung noch einmal deutlicher gezeigt hat, wo die Probleme liegen. Erstens: Es kommt auf den Anfang an, auf frühe Hilfen, frühkindliche Bildung und – wenn nötig - frühe Intervention. In der Grundschule dann die gezielte Förderung der Basiskompetenzen, die Unterstützung genau dort, wo sie zu Hause fehlt, aus den verschiedensten Gründen. Vielleicht weil beide Eltern Vollzeit arbeiten und, um über die Runden zu kommen, zusätzlich einen Minijob haben. Die können nicht nachmittags mit den Hausaufgaben helfen und auch keine Nachhilfe bezahlen. Deshalb müssen wir hier den Ganztag nutzen. Denn als Gesellschaft sind wir aber verantwortlich, dass alle Kinder das notwendige Rüstzeug für eine erfolgreiche Bildungsbiografie bekommen. Und zweitens kommt es auf den Abschluss an, denn ohne den gibt es keinen Anschluss. Damit möglichst alle Schülerinnen und Schüler einen Schulabschluss erhalten, der sie formal und inhaltlich dazu befähigt, eine Berufsausbildung aufzunehmen und fertigzumachen.
Für die "Startchancen" wollen Bund und Länder jeweils eine Milliarde Euro pro Jahr investieren. Sie haben bereits vor Monaten 100 Milliarden zusätzlich für ein Sondervermögen Bildung gefordert – auch das mit wenig Widerhall in der Öffentlichkeit. Ist die Idee mit dem Deutschlandpakt jetzt der nächste Anlauf?
Mein Vorschlag mit dem Sondervermögen war das erste Ausrufezeichen, und es hat einigen Widerhall gefunden, zu Beispiel bei der "Bildungswende", aber leider noch keine Umsetzung. Um es klar zu sagen: Bildung ist eines der zentralen Zukunftsthemen unserer Zeit und sollte es darum auch für uns in der Politik sein. Woraus folgt, dass wir der Bildung dasselbe finanzpolitische Gewicht einräumen sollten wie anderen priorisierten Politikfeldern. Mit unserem Antrag legen wir nach und sagen jetzt konkret, was wir tun wollen, woher wir das nötige Geld nehmen wollen und wie wir durch einen Pakt zwischen Bund, Ländern und Kommunen sicherstellen, dass wir die verabredeten Ziele auch verbindlich erreichen.
Und da ist das Zauberwort wiederum "Sondervermögen"?
Ob nun ein Sondervermögen oder ein anderes Finanzinstrument gut für unsere Ziele passt, wird man sehen. Hauptsache, wir treiben jedes Jahr wesentlich mehr Geld für Bildung auf und sorgen dafür, dass es verbindlich und zielgerichtet eingesetzt wird. Wichtig ist auch, dass wir das Projekt wissenschaftlich begleiten. Wir brauchen endlich eine durchgehende Dateninfrastruktur zur Bildung in Deutschland - die Forschung klagt zu Recht, dass uns oft die Grundlage fehlt, um genauer hinschauen zu können.
"Zehn Milliarden Euro zusätzlich pro Jahr, zumindest auf zehn Jahre"
Bitte mal konkret: Was meinen Sie konkret, wenn Sie von "wesentlich mehr Geld für Bildung" reden? Sind das besagte 100 Milliarden Euro, und über welchen Zeitraum?
Im "Startchancen"-Programm investieren Bund und Länder zwei Milliarden Euro zusätzlich für zehn Prozent der Schulen. Ich sage, dass wir mit dem "Deutschlandpakt Bildung" wenigstens die Hälfte der Schulen erreichen sollten. Insofern habe ich das Ziel, um die zehn Milliarden Euro zusätzlich pro Jahr zu generieren. Und so wie die "Startchancen" über zehn Jahre laufen sollen, sollten wir auch den Deutschlandpakt zumindest auf zehn Jahre anlegen. Das ist für die Politik, die normalerweise in Legislaturperioden denkt, schon nahe an der Dauerhaftigkeit. Perspektivisch, auch das steht im Leitantrag, wollen wir uns dem Ziel annähern, unbefristet sieben Prozent der Wirtschaftsleistung für Bildung auszugeben.
Laut Leitantrag wollen Sie das nötige Geld nicht etwa durch eine Umpriorisierung der heutigen Staatsausgaben erreichen, sondern durch eine höhere Einkommensteuer für Spitzenverdiener – und durch eine höhere Erbschafts- und Schenkungssteuer für Superreiche. Glauben Sie, das ist angesichts der politischen Mehrheitsverhältnisse durchsetzbar?
Vor allem ist es notwendig. Mit dem Vorschlag verfolgen wir ja zwei Ziele. Wir wollen mehr Geld für Bildung, wir wollen aber auch mehr Steuergerechtigkeit erreichen. Im Moment steht das System auf dem Kopf: Kleine und mittlere Erbschaften werden im Schnitt mit neun Prozent besteuert, während auf Erbschaften über 20 Millionen im Schnitt nur drei Prozent anfallen. Das ist grob ungerecht. Das müssen umdrehen. Wir machen das aber nicht aufkommensneutral, sondern so, dass mehr Steuereinahmen erzielt werden. Und wenn wir gleichzeitig über eine Einkommensteuerreform nur die extrem hohen Einkommen belasten, die mittleren aber entlasten, stärken wir auch dadurch die Gerechtigkeit – und generieren nochmal mehr Geld für Bildung.
Wie aber wollen Sie sicherstellen, dass dieses Geld dort auch ankommt? Es ist rechtlich unmöglich, Steuern mit Zweckbindung zu erheben.
Die Erbschafts- und Schenkungssteuer ist eine reine Ländersteuer, sie kommt also zu 100 Prozent den Ländern zugute. Aber natürlich haben Sie Recht: Wir können die Länder nicht zwingen, dass sie die Mehreinnahmen in die Bildung investieren. Der "Deutschlandpakt Bildung" zielt auf eine Vereinbarung von Bund und Ländern: Wenn der Bund einen Teil seiner höheren Steuereinnahmen aus der Einkommensteuer in den Deutschlandpakt investiert, erwarten wir von den Ländern das Commitment, ebenfalls einen Teil ihrer Mehreinnahmen in den gemeinsamen Topf für Bildung einbringen.
Bund und Länder zahlen also in den gemeinsamen Fonds ein, und dann, so sieht es der Leitantrag vor, entscheiden sie in einer gemeinsamen Kommission zusammen mit dem Kommunen, wofür es ausgegeben wird. Ein schönes Gedankenexperiment. Aber realistisch?
Natürlich ist es wichtig, dass die Kommission sich ihre demokratische Legitimation holt, indem sie über die Mittelverwendung einmal im Jahr Rechenschaft ablegt gegenüber den Parlamenten, bei denen das Budgetrecht liegt. Das wollen und können wir ihnen nicht aus der Hand nehmen. Aber wir können, so wie es beim "Startchancen"-Programm geschieht, auf der Grundlage der Kommissionsarbeit Bund-Länder-Vereinbarungen abschließen, die dafür sorgen, dass die Mittel aus dem Deutschlandpakt entsprechend den tatsächlichen Bedürfnissen zielgerichtet dort ankommen, wo sie gebraucht werden. Jeweils mit Zustimmung der Parlamente, versteht sich. Wichtig ist, dass wir am Ende der Tatsache Rechnung tragen, dass der Anteil sozial benachteiligter Schülerinnen und Schüler gerade in solchen Bundesländern besonders hoch ist, deren Finanzkraft eher gering ist.
"Es geht nicht nur um mehr Gerechtigkeit für die Kinder und Jugendlichen. Es geht auch um die Zukunft unserer Volkswirtschaft und unseres Wohlstands."
Mehr Geld an Bremer Schulen und weniger nach Bayern und Baden-Württemberg? Sind die "Startchancen" dann wirklich ein gutes Vorbild? Die Länder haben mit Ach und Krach einen Kompromiss erreicht, der darin besteht, dass der Großteil der Gelder doch wieder per Gießkanne verteilt wird.
Ich baue weiter auf die Kraft des Arguments. Denn es geht nicht nur darum, mehr Gerechtigkeit für die Kinder und Jugendlichen zu erreichen. Es geht auch um die Zukunft unserer Volkswirtschaft und unseres Wohlstands. Unsere Gesellschaft wird immer diverser, und wir brauchen die Zuwanderung ja auch, um unsere Wirtschaft und unsere Gesellschaft in Zeiten der Demografie am Laufen zu halten. Umso mehr brauchen wir dann aber auch ein Bildungssystem, das jeden und jede Einzelne in die Lage versetzt, das nutzen zu können, was in ihnen steckt. Deutschland hat keine Bodenschätze – unsere Ressource sind unsere klugen Köpfe. Und in die müssen wir investieren. Ich bin zuversichtlich, dass am Ende genau diese Argumente wirken werden.
Vielleicht sind die Länder leichter zu überzeugen, wenn dank des 100-Milliarden-Fonds auch die Zukunft des Digitalpakts gesichert wird? In den vergangenen Monaten hatten viele Länder die Befürchtung, für den Bund könnte es zwischen "Startchancen" oder Digitalpakt-Fortsetzung auf ein Entweder – Oder hinauslaufen.
Ich bin zuversichtlich, dass uns beim Digitalpakt eine Weiterentwicklung gelingt. Ich habe den Digitalpakt angestoßen, er wurde auf meine Anregung während der Pandemie aufgestockt. Unsere Schulen müssen auf die immer weitergehende Digitalisierung unserer Welt und auf Entwicklungen wie in der Künstlichen Intelligenz eine Antwort haben, und dafür brauchen sie die nötige Ausstattung. Mit der von uns vorgeschlagenen Reform der Erbschafts- und Schenkungssteuer erhalten die Länder weitere finanzielle Handlungsspielräume, die sie für die zeitgemäße Ausstattung ihrer Schulen aufwenden können.
Reden wir mal von etwas Anderem als Geld. Es gibt ernstzunehmende Bildungsexperten, die sagen: Eigentlich ist genug Geld da, das wirkliche Problem unseres Bildungssystems besteht darin, dass der Föderalismus nicht richtig funktioniert.
Also der Sanierungsstau an den Schulen von fast 50 Milliarden Euro ist schon ein erhebliches Geldproblem. Aber richtig ist, dass mehr Geld allein nicht reicht. Kein Geld der Welt kann zum Beispiel kurzfristig den enormen Fachkräftemangel lösen, den wir insbesondere in Kitas und Schulen haben. Und so sehr wir Lehrkräfte entlasten wollen, um ihre Arbeitsbedingungen zu verbessern, so wenig wissen wir, wie wir die entstehenden Deputatslücken füllen sollten. Darum gehört zu unserem "Deutschlandpakt Bildung" der Vorschlag einer gemeinsamen Aus- und Weiterbildungsoffensive für Erzieher*innen, Lehrkräfte und weiteres pädagogisches Personal. Die Zusammenarbeit von Bund und Ländern ist auch im Bildungsföderalismus möglich und wird ja auch stetig weiterentwickelt. Auch in der Vergangenheit haben wir, wo es nötig war, das Grundgesetz geändert. Doch dafür brauchen wir eine Zweidrittel-Mehrheit, dafür müssten die Unionsparteien mit im Boot sein müssten. Ich setze auf neue Strukturen der gesamtstaatlichen Zusammenarbeit, wie ich sie für den "Deutschlandpakt Bildung" beschrieben habe. Strukturen, die nicht auf Zweidrittel-Mehrheiten und erst recht nicht auf Einstimmigkeit angewiesen sind, sondern die über ein gemeinsames Commitment funktionieren.
"Wenn die SPD den Leitantrag beschließt, wird sie alles dafür tun, dass der Deutschlandpakt auch Wirklichkeit wird"
Frau Esken, wann hat die SPD zuletzt erfolgreich ein so großes Bildungsrad gedreht, wie Sie das vorhaben?
An einen vergleichbaren Leitantrag kann ich mich nicht erinnern. Aber ich erinnere mich, wie das Versprechen von Aufstieg durch Bildung und Leistung eine ganze Generation inspiriert hat. Das war meine Generation. In den 60er und 70er Jahren haben viele Arbeiterkinder diesen Aufstieg geschafft, haben hohe Bildungsabschlüsse erzielt und Führungsaufgaben übernommen. Heute jedoch ist die soziale Mobilität praktisch zum Erliegen gekommen. Schlimmer noch: Viel zu viele Kinder und Jugendliche fallen in unserem Bildungssystem durchs Raster. Das ist eine riesige Ungerechtigkeit, doch wenn wir auch in Zukunft erfolgreich sein wollen als Volkswirtschaft und als Gesellschaft, dann können wir es uns gar nicht leisten, all diese Potenziale liegen zu lassen. Ich sage: Von der Bildung dieser jungen Menschen hängt unsere Zukunft ab. Und ich bin überzeugt: Dem stimmt die große Mehrheit der Menschen zu, die Wissenschaft wird es bestätigen und die Wirtschaft weiß es ohnehin. Diese Überzeugung kann und muss das gemeinsame Fundament für den "Deutschlandpakt Bildung" werden.
Mit dem es dann wann losgeht? Immerhin ist die SPD die stärkste Regierungsfraktion. Und die gemeinsame Kommission von Bund, Ländern und Kommunen, die Keimzelle des Deutschlandpakts werden soll, hatte die Ampel schon in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt.
Darum wäre es sehr wünschenswert, wenn es der Bundesbildungsministerin endlich gelänge, die Kommission einzurichten. Wir halten sie für dringend notwendig, sonst hätten wir sie nicht im Koalitionsvertrag vereinbart. Sie wäre der erste Schritt. Und Sie können sich darauf verlassen: Wenn die SPD den Leitantrag beschließt, wird sie alles dafür tun, dass der "Deutschlandpakt Bildung" auch Wirklichkeit wird. Und wir fangen noch in dieser Legislatur an, um Mehrheiten dafür zu werben.
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Fraunhofer-Präsident Holger Hanselka zieht Konsequenzen aus der Affäre um seinen Vorgänger Reimund Neugebauer und schlägt eine umfangreiche Governance-Reform für die Forschungsorganisation vor. Kommt sie durch, verliert vor allem einer an Macht: Hanselka selbst.
Holger Hanselka, 62, ist Maschinenbauingenieur und seit August 2023 Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft. Vorher war er Präsident des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und Vizepräsident der Helmholtz-Gemeinschaft. Bevor Hanselka 2013 nach Karlsruhe kam, leitete er das Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit in Darmstadt. Foto: Markus Jürgens/Fraunhofer.
Herr Hanselka, am 13. Juni steht die erste große Bewährungsprobe für Sie als Fraunhofer-Präsident an. Eine maßgeblich von Ihnen erarbeitete Governance-Reform, vorgeschlagen von Vorstand und Senat, wird der Fraunhofer-Mitgliederversammlung zur Abstimmung vorgelegt. Im organisationseigenen Intranet verkünden Sie: "Fraunhofer geht mit dieser Reform einmal mehr voran." Mit Verlaub: Angesichts des mutmaßlichen Kontrollversagens in der Affäre um Ihren Vorgänger Reimund Neugebauer das notwendige Aufräumen gleich zur Vorreiterschaft zu erklären, ist das nur forsch oder schon frech?
Ich möchte nicht ins Detail gehen, was die Zeit vor meinem Amtsantritt angeht. Aber ja, es hat ein Versagen gegeben. Der Senat hatte bisher eine Beratungsfunktion und noch keine umfassende Aufsichtsfunktion, er muss als Aufsichtsgremium aber auch die operativen Geschäfte des Vorstands effektiv überwachen. In der noch gültigen Satzung ist diese Überwachungsfunktion mit entsprechendem Instrumentarium nicht hinterlegt. Diese Governance-Strukturen haben lange gewirkt, ohne dass es "gestört" hätte. Das geht bis zu dem Punkt gut, an dem es zu Konflikten oder Verstößen kommt. Erst dann beweist sich wirklich die Qualität einer Governance und ihrer Instrumente. Ich bin schon immer, auch unabhängig von der Situation bei Fraunhofer, der Überzeugung, dass eine Organisation am Ende nur so gut sein kann wie ihre Strukturen, ihre Abläufe und Regeln. Darum habe ich beim Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit viel Aufwand eine Reform der Governance vorangetrieben, darum habe ich es, in Zusammenarbeit mit der Senatsvorsitzenden Hildegard Müller, auch bei Fraunhofer als meine erste große Aufgabe gesehen, eine grundsätzliche Veränderung anzustoßen. Aber nicht von oben, sondern – und das ist mir besonders wichtig – partizipativ aus der Wissenschaft heraus. Dabei konnten wir auf eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen Senat, Vorstand, und dem BMBF zählen.
Was bedeutet das praktisch?
Vor allem habe ich die ersten Monate sehr viel zugehört, was unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in den Instituten umtreibt. Auch die Anmerkungen des Rechnungshofes…
…der mehrfach sehr kritisch über Fraunhofer berichtete, unter anderem zur mutmaßlichen Spesenverschwendung im von Reimund Neugebauer geleiteten Vorstand…
…haben natürlich eine bedeutende Rolle bei der Erarbeitung unseres Reformpakets gehabt. Zusammen mit der Senatsvorsitzenden Hildegard Müller habe ich eine Taskforce aufgestellt mit Vertreterinnen und Vertretern des Senats, der Politik – sprich der Zuwendungsgeber –, von Institutsleitungen und des Wissenschaftlich-Technischen Rats. Gemeinsam plädieren wir dafür, das Zusammenspiel der zentralen Gremien und Organe neu auszutarieren. Der Senat erhält nach dem vorgeschlagenen Modell ein Überwachungsrecht und die Überwachungsaufgabe sowie die dafür nötigen Kompetenzen – analog in etwa zum Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft. Dementsprechend muss der Vorstand Berichtspflichten haben, sauber differenziert in gegenüber dem Senat nur anzeigepflichtige Entscheidungen und andere, die einer Zustimmungspflicht unterliegen. Auch diese Berichtspflichten waren bislang nicht hinreichend in der Satzung definiert.
"Entscheidend ist, die für eine Überwachung durch den Senat notwendigen Instrumente zu schaffen."
Berichten kann man vieles.
Entscheidend ist darum als nächstes, die für eine Überwachung durch den Senat notwendigen Instrumente zu schaffen. Das soll zum einen der Rechnungsprüfungsausschuss sein, den wir gründen und mit hochkompetenten, unabhängigen Expertinnen und Experten besetzen wollen. Zum anderen soll es einen Ausschuss für Vorstandsangelegenheiten geben, der sich neben der Vorstandsbesetzung speziell mit Compliancefragen des Vorstands auseinandersetzt. Wichtig ist aber auch, dass das Kontrollorgan, der Senat, nach transparenten Regeln nachbesetzt wird – und dass der Vorstand inklusive des Präsidenten im Auswahlprozess klar außen vor ist. Diese Aufgabe soll in Zukunft der Nominierungsausschuss erfüllen. Aber natürlich umfasst unser Reformvorschlag viel mehr, unter anderem die genaue Gestaltung der Wechselwirkungen zwischen dem Vorstand und den Fraunhofer-Instituten über den Wissenschaftlich-Technischen Rat, die Verbünde und ihre Vertretung im Fraunhofer-Präsidium. Jetzt hoffen wir, dass unser Vorschlag die Zustimmung der Mitgliederversammlung findet, aber zusammen mit allen Stakeholdern, die daran mitgearbeitet haben, bin ich in der Hinsicht zuversichtlich.
Von wegen Vorreiterschaft: Einen Ausschuss für Vorstandsangelegenheiten und einen Rechnungsprüfungsausschuss hat etwa die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) schon seit 2019. Viele der von Ihnen erwähnten Punkte klingen eher nach einer Vergangenheitsbewältigung der Ära Neugebauer in mehreren Kapiteln.
Die Satzung der DFG empfinde ich als vorbildlich. Im Vergleich zur DFG hat Fraunhofer aber eine grundsätzlich andere Rolle im deutschen Wissenschaftssystem. Bei der Governance von Fraunhofer steht im Zentrum die Verbindung zwischen den Organen und dem operativen Forschungsgeschäft. Und hier ist ein bedeutsamer Punkt unseres Reformvorschlags die Rolle des Präsidenten. In der alten Fraunhofer-Welt hatte der Präsident per Satzung eine Richtlinienkompetenz, deren Abschaffung wir nun vorschlagen. Der Vorstand wird ein Kollegialorgan sein, und der Präsident bzw. die Präsidentin hat die Aufgabe, dieses zu moderieren. Darin kommt ein anderes Führungsverständnis zum Ausdruck. Der Vorstand haftet ja auch gemeinschaftlich für sein Handeln. Im Falle grober Fahrlässigkeit bis hin zu einer persönlichen Haftbarkeit. Wobei die Verfolgung und Ahndung mutmaßlicher rechtlicher oder sogar strafrechtlicher Verstöße nicht Aufgabe des Senats als Aufsichtsorgan ist, sondern des Rechtsstaats.
Weshalb derzeit die Ermittlungen im mutmaßlichen Spesenskandal auch von der Münchner Staatsanwaltschaft geführt werden.
Mit der Senat und Vorstand selbstverständlich vollumfänglich kooperieren.
Ist auch Teil der Reform, juristische Bedenken aufzugreifen, was die Besetzung des Senats mit Bundestagsabgeordneten angeht? Der angesehene Verfassungsrechtler Ulrich Battis sagte vergangenes Jahr: "Es ist ganz einfach: Vertreter der Gesellschaft im Aufsichtsgremium der Fraunhofer-Gesellschaft dürfen nicht zugleich für die Zuteilung staatlicher Gelder verantwortlich sein." Besonders kritisch sei das im Falle von Haushaltspolitikern, die im Bundestags-Haushaltsausschuss in dessen Schlussberatungen freihändig Geld verteilen könnten.
Die finanziellen Entscheidungen zum Einsatz der Grundfinanzierung finden nicht im Senat, sondern im Bund-Länder-Ausschuss statt. Die dortigen Vertreter sind andere als im Senat, darauf wird großer Wert gelegt. Dass die Legislative und damit der Staat im Senat ebenso vertreten ist, mit einer Minderheitenposition wohlgemerkt, halte ich für gerechtfertigt und ist unter anderem auch in anderen AUFs nicht ungewöhnlich. Fraunhofer ist in mehrfacher Hinsicht Teil der Gesellschaft. Wir handeln im Auftrag und Interesse des Bundes und der Länder, ein Drittel unseres Haushalts bestreiten wir immerhin über die staatliche Grundfinanzierung. Die Bundestagsabgeordneten vertreten das gesamtgesellschaftliche Interesse im Senat, dafür sind sie gewählt. Als Senatsmitglieder sind sie zugleich dem Wohl von Fraunhofer verpflichtet.
Genau das ist doch die problematische Doppelfunktion!
Bundestagsabgeordneten zu unterstellen, dass sie die Sinnhaftigkeit von Ausgaben nicht einschätzen können, halte ich für gewagt. Ordnungsgemäße Erledigung der Aufgaben des Senats erfordert geeignete Persönlichkeiten und diese müssen sicherstellen, dass Rollen nicht vermischt werden. Dafür sorgt der Nominierungsausschuss.
"Damit gibt der Präsident einen großen Machtfaktor in andere Hände. Im Geiste eines Vorstands als Kollegialorgan ist das genau das richtige Signal."
Wie sieht es eigentlich aktuell mit personellen Neubesetzungen im Vorstand aus? Derzeit ist der Posten des fristlos entlassenen Innovationsvorstands Alexander Kurz vakant und wird von Ihnen mitverantwortet. Gleichzeitig ist Elisabeth Ewen, Vorständin für Personal, Unternehmenskultur und Recht, noch im Amt, die zu schon zu Neugebauers Zeiten Personalchefin war.
Derzeit leite ich dieses Vorstandsressort kommissarisch. Das ist eine erhebliche Doppelbelastung und zugleich eine riesige Chance, über die Funktionen und Herausforderungen unmittelbar zu lernen. Und mit dem Gelernten dann den Neuzuschnitt zu gestalten. Der Senat hat in seiner letzten Sitzung auf meinen Vorschlag hin entschieden, die Verantwortung für Forschung, derzeit beim Präsidenten, und für Transfer in eine Hand zu legen, in einem neuen Vorstandsressort Forschung und Transfer. Damit gibt der Präsident übrigens einen großen Machtfaktor in andere Hände, denn am Forschungsressort hängt das größte intern zu verteilende Budget. Im Geiste eines Vorstands als Kollegialorgan ist das genau das richtige Signal. Der Findungsprozess läuft und ich gehe fest davon aus, dass der Senat, der für die Auswahl zuständig ist, in seiner Sitzung am 12. Juni eine hervorragend qualifizierte Persönlichkeit wählen wird.
Wer in der Neugebauer-Ära mit Whistleblowern sprach, hörte von fast genauso mächtigen Strippenziehern abseits des Vorstandes, und zwar an der Spitze verschiedener Institute und Verbünde, die ihren Einfluss gegenseitig absicherten. Der Begriff "Seilschaften" fiel des Öfteren. Gibt es jetzt zwar eine neue Figur an der Fraunhofer-Spitze, die Kosmetik betreibt, aber die darunter liegenden Machtstrukturen bestehen fort?
Natürlich gibt es immer Netzwerke von Menschen. Die kann, muss man aber nicht Seilschaften nennen. Als einer, der selbst 15 Jahre lang ein Fraunhofer-Institut geleitet hat, glaube ich allerdings, ziemlich genau zu wissen, wie Institutsleitungen ticken und was sie über Vorstand und Zentrale denken. Ich habe sechs Jahre lang einen Verbund geführt, ich kenne auch diese Metaebene zwischen Instituten und Vorstand. Natürlich existieren da informelle Kanäle. Diese Kanäle gilt es, im Interesse der Gemeinschaft zu bespielen. Aber an einer Stelle möchte ich keine Zweifel aufkommen lassen: Die Entscheidungskompetenz für alle unternehmensstrategischen und strukturellen Fragen liegt bei denen, die bei Fraunhofer die Haupt-Führungsverantwortung tragen. Und das ist der Vorstand und zum Teil der Senat. Natürlich kann ein Vorstand nicht überall und allwissend sein, er braucht Beratung aus der Gesellschaft und den Instituten heraus, und diese Beratung organisiert sich über die Verbünde und deren Vorsitzende, die alle Mitglieder des Fraunhofer-Präsidiums sind.
Nur Beratung?
Ein effektives Beratungsgremium, und da sind wir bei einer Kulturfrage, wird nicht immer nur Ja sagen, sondern idealerweise gelegentlich gegenhalten, hinterfragen, Gegenvorschläge präsentieren. Aber die Entscheidung auf der Gesamtebene trifft immer der Vorstand. Anders ist es, wenn wir über die Geschäftsverantwortung für die mehr als 10.000 Forschungsprojekte sprechen, die Fraunhofer pro Jahr durchführt. Von denen läuft kein einziges beim Vorstand, sondern alle laufen einzig und allein in der Verantwortung der Institutsleitenden. Die an der Stelle wie die Chefinnen und Chefs von Business Units innerhalb eines Unternehmens verfahren. Da aber die Institute bei uns rechtlich nicht eigenständig sind, unterliegen sie ebenfalls einer Berichtspflicht dem Vorstand gegenüber, der hier die Kontrollaufgabe hat.
"Ich muss das große Netzwerk Fraunhofer so offen und attraktiv machen, dass man dort mitspielen will."
Und was tun Sie dagegen, dass die informellen Seilschaften – Sie nennen sie "Netzwerke" – nicht zu mächtig sind?
Als Präsident bin ich gefordert, gemeinsam mit dem Vorstand eine Unternehmenskultur zu schaffen, die in die Breite kommuniziert und sich nicht auf zwei, drei Kanäle verlässt. Ich muss das große Netzwerk Fraunhofer so offen und attraktiv machen, dass man dort mitspielen will und sich proaktiv einbringt.
Die Versprechen von Kommunikation und Offenheit ziehen sich durch alle Ihre Äußerungen.
…..und genau so ist es auch gemeint……
Als Sie im vergangenen Sommer Ihr Amt antraten, haben Sie mit Blick auf Ihre Zeit am KIT gesagt: "Der Schlüssel zum Erfolg war und ist aus meiner Sicht der Dialog." Einige bei Fraunhofer nehmen Ihnen diesen Anspruch aber offenbar nicht ab. Er passe nicht zu Ihrem Handeln, schrieb der Co-Geschäftsleiter des Fraunhofer INT neulich. Dessen "kürzlich beschlossene und verkündete Übernahme in das Fraunhofer FKIE sei nicht vorab mit den beteiligten Instituten abgesprochen worden und auch nicht vom nach der Fraunhofer Satzung zuständigen Gremium, dem Senat, abgesegnet." Die gelieferte Begründung sei nach Analyse der Betroffenen nicht stichhaltig und "schon gar nicht hinreichend" gewesen. Ihre Antwort?
Das gehört zu einem Job wie dem meinen dazu: Lob kommt selten, Tadel hören Sie jeden Tag. Ich bin an meinem ersten Tag bei Fraunhofer in einen intensiven Dialog eingestiegen, mit den Institutsleitungen wie den Beschäftigten. Wir haben extra ein neues Gesprächsformat dafür entwickelt, "Vorstand vor Ort" heißt es. Die Vorstandsmitglieder und ich sind an sehr vielen Instituten gewesen. Wir lassen uns bei den Besuchen nicht nur schicke Hallen und moderne Versuchsstände zeigen, wir reden mit allen Leuten, ein, zwei Stunden, und dabei beantworten wir jede Frage. Alles darf gefragt werden. Wo wir keine Antwort geben können, sagen wir auch das offen. Das löst etwas aus bei den Menschen. Sie fangen an, auch untereinander zu reden. Das alles führt zu einer positiven, optimistischen Grundstimmung.
Sagen Sie.
Das wird mir von vielen Seiten so gespiegelt. Aber natürlich hat ein Vorstand nicht nur angenehme Entscheidungen zu treffen, im Gegenteil. Die meisten Themen, die zu uns hochkommen, sind solche, die andere nicht entscheiden können oder wollen. Damit sind wir bei den zwei strukturellen Veränderungen, die wir einleiten mussten. Eine betrifft das von Ihnen genannte Institut. Die wichtigste Botschaft in Sachen Fraunhofer INT lautet: Der Standort und das grundfinanzierte Budget bleiben erhalten, und die gesamte Mannschaft kann weitermachen. Was sich ändert, ist das Institutskürzel an der Tür, das mag schmerzvoll sein für Menschen, die da schon lange arbeiten, das kann ich nachvollziehen. Ich bin aber ebenfalls quasi seit meinem ersten Arbeitstag auch vom Institut selbst auf die dort vorhandenen Risiken angesprochen worden.
Die worin bestehen, wenn es sich laut Betroffenen beim INT um ein "finanziell gesundes und für die Zukunft fachlich sehr gut aufgestelltes" Institut handelt?
Das Institut ist eine Perle innerhalb eines sehr speziellen Marktes für das Verteidigungsministerium. Das Verteidigungsministerium kann, will und soll nicht auf das Fraunhofer INT und seine Kompetenzen verzichten. Gleichzeitig aber hatten alle unsere Institute, die Forschungsaufträge aus dem Verteidigungssektor bearbeiten, seit Jahren den Auftrag, zu diversifizieren und sich einen zivilen Geschäftsbereich aufzubauen, um resilienter zu werden. Beim Fraunhofer INT hat das bislang nicht in ausreichendem Maße geklappt, wir meinen aber, mit der Integration in das größere, komplementär aufgestellte Fraunhofer FKIE jetzt den nötigen Ausgleich herzustellen. Im Übrigen ist nichts ohne Beteiligung der beiden Institutsleitungen und nichts ohne Zustimmung des Senats gelaufen, denn die Zustimmung des Senats steht noch aus. Natürlich haben wir als Vorstand vorgefühlt, ob der Senat und die Zuwendungsgeber mitgehen würden, und die Signale waren so. Wir haben daraufhin beschlossen, schon zu diesem frühestmöglichen Zeitpunkt die gesamte Belegschaft des Fraunhofer INT persönlich zu informieren. Ich habe mich dort hingestellt und die Entscheidung des Vorstands persönlich verkündet. Aus der Motivation heraus, die Beschäftigten so früh wie möglich selbst zu informieren. Keinesfalls wollte ich dies einer zufälligen Kommunikation von Dritten überlassen. Mit dem Wissen, dass der Senat die Integration immer noch ablehnen kann. Das ist das Risiko, das ich trage. Weil ich dieses Vorgehen für fair und transparent halte. Mehr Offenheit und frühere Kommunikation gehen meines Erachtens nicht.
"Ich habe in der Zeitung gelesen, es existiere eine Liste von mehr als 20 Instituten, für die es Schließungspläne gebe. Eine solche Liste gibt es nicht, diese Berichterstattungen sind frei erfunden."
Sind die zwei Institute erst der Anfang? Der Rechnungshof fordert, die Zahl der Fraunhofer-Institute zu limitieren, der ehemalige BMBF-Staatssekretär Thomas Sattelberger fragte zuletzt im Research.Table, ob Fraunhofer-Institute oder Zweigstellen aus Gefälligkeit Politikern gegenüber gegründet worden seien – auf Kosten der wirtschaftlichen Tragfähigkeit.
Ich habe sogar irgendwo in der Zeitung gelesen, es existiere eine Liste von mehr als 20 Instituten, für die es Schließungspläne gebe. Eine solche Liste gibt es nicht, diese Berichterstattungen sind frei erfunden. Und um es noch deutlicher zu sagen: Die beiden Fälle, in denen wir jetzt handeln, sind lange bekannt, über viele Jahre herrschte allerdings statt Handlungsbereitschaft das Prinzip Hoffnung. Zu mir kamen in beiden Fällen im Vorfeld auch die Institutsleitungen mit Hinweisen zur kritischen Situation auf mich zu und baten um klare Zukunftsentscheidungen.
Während Sie Fraunhofer von innen sortieren, herrscht auch von außen immenser Erwartungsdruck. Auf die Berichte des Bundesrechnungshofs hin hat der Rechnungsprüfungsausschuss des Bundestages beschlossen, wegen der enorm hohen Rücklagen, die Fraunhofer angehäuft hat, einen Widerruf staatlicher Gelder aus der Corona-Zeit zu prüfen, weil Fraunhofer die nämlich gar nicht gebraucht habe. Drohen Ihnen demnächst Millionen-Rückforderungen?
Ich habe nach meinem Amtsantritt die Rechnungshofberichte alle gelesen und finde sie beeindruckend detailliert. Da stehen Details über Fraunhofer drin, exzellent zusammengefasst, die ich mir sonst sehr mühsam durch eigene Analysen hätte erarbeiten müssen. Fraunhofer hat in der Vergangenheit bestimmte Instrumente des Zuwendungsrechts nicht so bespielt, wie sich ein Zuwendungsgeber, also Bund und Länder, das möglicherweise wünschen würde. Auf der anderen Seite halte ich fest, dass Fraunhofer jedes Jahr geprüft wurde und dass die staatlichen Stellen jedes Jahr alles so abgenommen haben, wie es war. Insofern gilt es, das Zusammenspiel von Zuwendungsgeber und Zuwendungsempfänger zu renovieren. Ich bin Ingenieur und kein Experte für Haushaltsrecht, aber offenbar ist unter anderem die Abgrenzung zwischen den sogenannten Selbstbewirtschaftungsmitteln und den Kassenmitteln als unzureichend bemängelt worden. Ich bin seit acht Monaten bei Fraunhofer, und wir haben unseren Haushalt in der Hinsicht jetzt so aufgestellt, dass es daran nichts mehr zu meckern gibt. Hier gilt explizit das professionelle Handeln von Vorständin Sandra Krey zu betonen. Allerdings müssen wir parallel daran arbeiten, dem Außenraum, auch unseren Parlamentariern, das Modell Fraunhofer noch besser zu erklären.
Was müssen die Parlamentarier denn verstehen?
Die Besonderheit des Fraunhofer-Modells: Wir erhalten zwar eine staatliche Grundfinanzierung, diese deckt aber weniger als ein Drittel unserer Kosten ab. Unser Projektgeschäft, unsere Auftragsforschung, die wir für Unternehmen und öffentliche Auftraggeber durchführen, lag ursprünglich bei rund zwei Dritteln und macht inzwischen fast 80 Prozent aus. Das führt dazu, dass wir viel stärker Auftrags- und damit Finanzierungsrisiken ausgesetzt sind und mehr in die Vorfinanzierung gehen müssen. Wir liefern erst und bekommen unser Geld verzögert von unseren Auftraggebern, die je nach Projektgröße Zahlungsziele von mehreren Wochen bis zu einigen Monaten haben. Da entsteht eine Liquiditätslücke. Die Rücklage dient der Vorsorge für diese Ertrags- und Liquiditätsrisiken Sie bewegte sich in der Vergangenheit in einer Größenordnung von bis zu 400 Millionen Euro. Das findet der Rechnungshof zu hoch, woraus eine Diskussion entstand. Das Ergebnis ist, dass wir jetzt diesen Zweck und eine Obergrenze für die Rücklage mit dem Zuwendungsgeber festgelegt haben.
Und parallel werden Gelder zurückgefordert?
Eine Rückforderung soll geprüft werden, das ist ein Unterschied.
Sind Zahlungen falsch verbucht worden? Wenn ja, wird das korrigiert. Wir haben volle Transparenz über die abgerufenen und eingesetzten Mittel mit unseren Zuwendungsgebern.
"Es sind schwierige Zeiten, aber es ist auch ein Fraunhofer-Markt da draußen."
Wie aber wollen Sie das Grundproblem lösen? Der Anteil der Grundfinanzierung am Fraunhofer-Budget ist, Sie haben es selbst gesagt, rapide gesunken, das Projektwachstum wurde überdehnt. Gleichzeitig steigen die Gehälter rapide, die allgemeinen Preissteigerungen und gerade die bei Energie und Bau waren immens, und die Bundesregierung muss sparen.
Die Zeiten sind herausfordernd, die Zeiten sind mit Blick auf die internationale politische Lage teilweise sogar beängstigend. Gleichzeitig steckt in den aktuellen Veränderungen gerade für Fraunhofer ein riesiges Potenzial. Das Fraunhofer-Modell bedeutet ja nicht nur, dass die Grundfinanzierung ein Drittel beträgt, sondern der Rest zu je einem Drittel aus Aufträgen aus der Wirtschaft und zu einem Drittel aus öffentlichen Aufträgen besteht. In den vergangenen Jahren hat Fraunhofer für den Staat sehr viele Transformationsaufgaben übernommen, die allesamt öffentlich gefördert wurden. Die Industrieaufträge haben zwar auch zugenommen und absolut betrachtet ein Rekordhoch erreicht. Relativ aber sind sie langsamer gewachsen, so dass der Industrieanteil bezogen auf den Gesamthaushalt gesunken ist. Auch an der Stelle ist also etwas aus der Balance geraten. Jetzt deutet die Situation der öffentlichen Haushalte darauf hin, dass wir viele staatliche Aufträge nicht verlängert bekommen und weniger neue nachfolgen. Wir sind also stärker auf die Industrie angewiesen, und das ist gut so. Ob verteidigungsrelevante Technologien, Cyber Security, künstliche Intelligenz oder neue Produktionsverfahren in der Batterie- oder Chipherstellung: Wir haben die Kompetenzen und die Menschen, um uns auf die veränderte Nachfrage einzustellen. Es sind schwierige Zeiten, aber es ist auch ein Fraunhofer-Markt da draußen.
Womit wir endlich einmal bei Ihren eigentlichen Themen als Ingenieur sind?
Womit wir bei den Themen sind, die mich wirklich begeistern. Nehmen wir eines von vielen Beispielen: Die generative KI ist in aller Munde, ich sitze im Zukunftsrat des Bundeskanzlers und durfte das Dossier über die Entwicklungsperspektiven der generativen KI zusammen mit der Acatech und dem SAP-CEO Christian Klein schreiben. Dabei ging es insbesondere darum, wie wir in Deutschland schnell und sicher Generative KI in die industrielle Anwendung überführen können und dabei unsere Wettbewerbsfähigkeit und technologische Souveränität stärken. Fraunhofer entwickelt unabhängig und von Grund auf im Rahmen des Open-GPTX Projekts, bei dem auch das Forschungszentrum Jülich und die TU Dresden mitarbeiten, eigene große KI-Modelle. Da stecken schon jetzt Millionen Trainingsstunden insbesondere auf dem Juwels- Booster in Jülich drin. Dazu kommen weitere Millionen Trainingsstunden, die unsere Forschenden jüngst im Rahmen des EuroLingua-GPT Projekts am Mare Nostrum Cluster in Barcelona gewinnen konnten. Wir haben die Chance, basierend auf diesen Erfolgen, gemeinsam mit unseren Partnern eigene wettbewerbsfähige, große open-source Sprachmodelle in allen europäischen Sprachen "Made in Europe" zu entwickeln und damit bestimmte Industriemärkte zu bedienen. Ob KFZ, Automatisierungstechnik, chemische oder Bauindustrie, wir können unsere generative KI spezifisch darauf zuschneiden. Diese B2B-Ausrichtung ist eine große Stärke, die uns in Deutschland mit unserem starken Mittelstand unterscheidet von den USA. Wir haben da etwas Einzigartiges zu bieten, und das macht mich total optimistisch.
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Katharina Günther-Wünsch ist seit wenigen Wochen Berliner Bildungssenatorin und KMK-Präsidentin. Ein Interview über unpopuläre Maßnahmen gegen den Lehrermangel, ein verpflichtendes Kitajahr, Forderungen an die Bundesbildungsministerin – und wie ihr jetzt ihre Erfahrungen in der Schulleitung helfen.
Katharina Günther-Wünsch, 40, ist Lehrerin für Chemie, Mathematik und Geschichte und arbeitete seit 2013 an der Walter-Gropius-Gesamtschule in Berlin-Neukölln. 2021 wurde sie Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses für die CDU, nach der Wiederholungswahl übernahm sie das Amt der Berliner Senatorin für Bildung, Jugend und Familie. Foto: Sandro Halank, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0.
Frau Günther-Wünsch, die SPD wollte das Bildungsressort in Berlin unbedingt abgeben, Sie wollten es unbedingt haben. Bereuen Sie schon Ihre Chuzpe?
Auf keinen Fall! Richtig ist aber: Dieser Job erinnert mich an einen Eisberg. Die Spitze habe ich gesehen, und jeden Tag erahne ich etwas mehr von dem, was sich unter der Wasseroberfläche befindet.
Fangen wir mit der Spitze des Eisbergs an.
Ich mache seit 20 Jahren Politik, und aus der Opposition heraus sehen Sie den Personalmangel, Sie sehen den Platzmangel in den Schulen und den fehlenden roten Faden zwischen den einzelnen Stationen der Berliner Bildungspolitik von der frühkindlichen bis zur beruflichen Bildung.
Und was zeigt Ihnen jetzt der Blick unter die Wasserlinie?
Was das eine mit dem anderen zu tun hat. Vorher in den Haushaltsdebatten konnte ich es mir nur denken, jetzt aber wird es für mich in vollem Ausmaß sichtbar: Das Geld, was zur Verfügung steht, ist nicht nur endlich. Es ist in vielen Fällen gar nichts da zum Gestalten. Außerdem erlebe ich die langen Entscheidungswege, all die Instanzen, deren Zustimmung Sie brauchen. Und gleichzeitig wird mir noch klarer, wie groß die Herausforderungen und Nöte von Lehrern, Schülern und Eltern tatsächlich sind.
Warum wollten Sie überhaupt unbedingt Bildungssenatorin werden?
Mein Eindruck war auch mit Blick auf die Bildungspolitik in anderen Bundesländern: Der Praxisbezug, die Kenntnis über viele Zusammenhänge, die ich als Lehrerin und in der Schulleitung sammeln konnte, könnten sich in diesem Amt als hilfreich erweisen.
"Ich werde ohnehin nie alle Gruppen und Klientel glücklich machen."
Sie haben viele Jahre an Deutschlands erster Gesamtschule, der Walter-Gropius-Schule in Berlin-Neukölln, gearbeitet.
Und das hilft mir jetzt. Einerseits, weil ich dort eine gewisse Resilienz erworben habe. Die Resilienz, auch durch Täler und Krisen zu kommen. Andererseits, weil ich die Strukturen kenne, das Zusammenspiel der Verantwortlichen auf den unterschiedlichen Ebenen. Ich weiß, wen ich wie ins Boot holen kann. Dazu gehört, dass ich in der Lage bin, jenseits von Parteipräferenz und Ideologie pragmatisch Entscheidungen zu treffen. Wenn es darauf ankommt, schnell – und vielleicht auch mal unliebsam. Ich werde ohnehin nie alle Gruppen und Klientel glücklich machen.
Ihre Vorgängerin, Astrid-Sabine Busse, war auch Lehrerin und Schulleiterin. Manche sagen, genau deshalb habe sie sich schwergetan, unbequeme Entscheidungen zu Lasten von Lehrkräften zu treffen.
Es geht mir ums Gesamtsystem. Mich trägt das Ziel, mehr Bildungs- und Chancengerechtigkeit zu erreichen. Jeder Schüler und jede Schülerin soll ihr bestmögliches Lernergebnis erreichen können, und weil das für mich ganz oben steht, kann ich nicht einzelne Gruppen präferieren.
Der Philologenverband war jedenfalls schon mal sehr glücklich über Ihre Aussagen zur Bedeutung der Gymnasien.
Falls Sie damit implizieren wollen, dass wir in der neuen Berliner Koalition eine spezielle Behandlung für die Gymnasien durchgesetzt hätten, dann haben Sie zu früh mit der Lektüre des Koalitionsvertrages aufgehört. Wir wollen alle Schulformen bedarfsgerecht ausstatten, Gymnasien genauso wie Gemeinschaftsschulen. Vergangenes Jahr wurden an knapp 200 Sechstklässler Schulbescheide verschickt, ohne dass sie einer Schule zugewiesen werden konnten. Die allermeisten davon hatten eine Gymnasialempfehlung. Wenn de facto also der Bedarf an zusätzlichen Plätzen an Gymnasien am größten ist, dann müssen wir reagieren.
Reagieren müssen Sie vor allem beim Lehrkräftemangel. Fast 1500 volle Lehrerstellen können Sie in Berlin aktuell nicht besetzen, haben Sie neulich vorgerechnet. Während sich Ihre Kollegin, die neue Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra, im RBB optimistisch gab: Sie erwarte bald 2000 Lehramts-Absolventen pro Jahr.
Ich habe nicht nur gesagt, dass uns dieses Jahr knapp 1500 Lehrer fehlen. Sondern auch, dass es nächstes Jahr noch mehr werden. Ich freue mich, dass meine Kollegin Ina Czyborra, die für das Hochschulstudium angehender Lehrer zuständig ist, mit den Hochschulen Gespräche führt und Verbesserungen ankündigt. Wir sollten aber nicht vergessen, dass wir uns parallel in einer demografischen Krise befinden. Alexander Lorz, Kultusminister von Hessen, hat das auf den Punkt gebracht: Um in Zukunft genügend Lehrkräfte zu haben, müsste jeder vierte oder fünfte Abiturient von heute Lehrer werden. Doch gleichzeitig zerren die anderen Branchen und Berufsfelder genauso an den jungen Leuten. Wir brauchen Spezialisten für die Energiewende, für Verkehr, für Gesundheit, für IT und so weiter. Wir haben einfach ein demografisches Missverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage, und auf dieses Missverhältnis wollte auch Frau Czyborra hinweisen.
"Ich kann nach drei Jahren mit einem Bachelor in die Raumfahrtforschung gehen, brauche aber fünf Jahre, um nach dem Lehramts-Master überhaupt ins Referendariat zu kommen."
Und was folgt daraus?
Wir müssen die Attraktivität des Lehramtsstudium steigern. Das geht los mit der Frage nach seiner Praxisnähe. Mit welcher Qualifikation und was für Kompetenzen gehe ich da raus? Bin ich dann wirklich tauglich für die Schule? Und wie lange dauert meine Ausbildung? Ich kann nach drei Jahren mit einem Bachelor in die Raumfahrtforschung gehen, brauche aber fünf Jahre, um nach dem Lehramts-Master überhaupt ins Referendariat zu kommen. Und erst dann darf ich eigenständig Schüler unterrichten. Das passt doch nicht.
Was haben Sie vor?
Einen schnelleren Zugang zu den Schulen und mehr Praxisnähe bekomme ich durch neue Formen des Studierens, zum Beispiel in dualen Modellen. Schleswig-Holstein macht das jetzt vor: Da können Sie den Master und das Referendariat kombinieren und sind auf diese Weise auch schneller fertig. Über so ein Modell möchte ich mit Universitäten und der Wissenschaftsverwaltung sprechen.
Brandenburg etwa geht einen anderen Weg. Dort sollen bald Bachelorabsolventen, auch wenn sie kein Schulfach studiert haben, bis zu ihrer Pensionierung als verbeamtete "Bildungsamtsfrauen- und männer" unterrichten.
Ein Modell, das aus der Not geboren wurde. Wir beobachten, wie das läuft – haben aber noch große Bedenken hinsichtlich der Qualität.
Ganz ausschließen wollen Sie deine Nachahmung in Berlin also nicht?
Wie gesagt: Wir schauen uns das in Ruhe an, gehen aber erstmal unsere eigenen Wege.
Ist genau das nicht eines der Hauptprobleme der föderalen Bildungspolitik – dass jedes Land seinen eigenen Weg geht? Genau deshalb hatte Schleswig-Holsteins Bildungsministerin, Ihre Parteikollegin Karin Prien, vergangenes Jahr als KMK-Präsidentin eine bundesweite Reform der Lehrkräftebildung angestoßen.
Zu Recht! Momentan befinden sich alle 16 Bundesländer in einem Wettbewerb. Sie alle kämpfen, wenn auch unterschiedlich stark, mit dem Lehrermangel und versuchen, sich mit den unterschiedlichsten Programmen gegenseitig das Personal abzuwerben. Insofern sind wir gespannt auf das Gutachten der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission (SWK) der KMK, das Ende des Jahres kommen soll. Wir hoffen auf wissenschaftliche Empfehlungen, wie wir das Lehramtsstudium so reformieren können, dass alle Länder mitgehen. Wir leiden doch alle unter der aktuellen Situation: Und wir alle würden profitieren, wenn wir eine einheitliche Definition von Qualität, Schnelligkeit und Praxisorientierung hinbekämen.
"Ich bin seit 17 Jahren Pädagogin und ich 'habe noch nie erlebt, dass Bildung so sehr im Fokus der Öffentlichkeit stand wie jetzt."
Das haben, mit Verlaub, schon Generationen von Kultusministern vor Ihnen getan: die föderale Einheit beschwören und parallel anderswo Plakatkampagnen starten, um die Absolventen ins eigene Bundesland zu holen.
Aber jetzt haben zum ersten Mal alle 16 Bundesländer gleichzeitig diesen Mangel. Und nahezu überall gibt es mittlerweile diese große Heterogenität in den Klassenzimmern, wo Lehrer jeden Tag ihr Äußerstes tun, um all die emotionalen, sprachlichen und kognitiven Defizite und die sozialen Benachteiligungen aufzufangen. Ich bin seit 17 Jahren Pädagogin und ich habe noch nie erlebt, dass Bildung so sehr im Fokus der Öffentlichkeit stand wie jetzt. Das bietet die große Chance und die Verpflichtung, sich auf eine gemeinsame Reform der Lehrerbildung zu einigen. Was allemal einfacher ist, als jetzt wieder eine Debatte über einen Länder-Bildungsstaatsvertrag zu starten.
Den Sie hiermit für nicht erstrebenswert erklären?
Von dem ich weiß, dass bei der Erwähnung dieses Wortes die Kultusverwaltungen in einigen Ländern Schnappatmung bekommen.
Soll die Verwaltung wirklich diktieren, wo es langgeht in Sachen Bildungsföderalismus?
Die Verwaltung in meinem Haus ist längst nicht so starr, wie ihr das nachgesagt wird. Aus der Opposition heraus hatte ich selbst solche Vorbehalte, aber ich habe hier einen offenen und kooperativen Empfang erlebt, von Anfang an eine gute Zuarbeit und angenehme Zusammenarbeit. Neulich hatten wir eine freiwillige Mitarbeiterversammlung der Belegschaft, über ein Drittel war da, es kamen kritische Fragen und spannende Ideen. Mein Eindruck war, man freut sich, dass die Tür der Senatorin offensteht.
Sie werden auch Verbündete brauchen, wenn Sie die Empfehlungen der SWK umsetzen wollen zum Umgang mit dem kurzfristigen Lehrermangel. Die waren so unpopulär, dass einige in der KMK erstmal in Schockstarre verfallen sind.
Ich finde, das waren sehr wertvolle Empfehlungen, von denen ich bereits mehrere aufgegriffen habe. Erstens: Wir müssen gerade in den Mangelfächern zusehen, dass wir den Zugang für Seiteneinsteiger leichter machen. Wenn Sie erfolgreich waren in Ihrem Beruf, werden Sie sich nicht einfach in ein zweites Studium und das Referendariat hineinzwängen lassen, auch wenn Sie sich grundsätzlich für den Lehrerberuf begeistern können. Ich lasse gerade prüfen, welche rechtlichen Vereinfachungen wir an der Stelle vornehmen können. Zweitens sind die Hürden für die Anerkennung ausländischer Abschlüsse immer noch zu hoch und die Verfahren zu lang: Es muss möglich werden, all diese Pädagogen mit ihrer Expertise in die Schulen zu holen, auch wenn sie bislang vielleicht nur Grundkenntnisse im Deutschen haben. Am Beispiel ukrainischer Schüler sehen wir, wie sehr es auf deren emotionale und soziale Stabilisierung ankommt, das können die Kollegen leisten und sich parallel sprachlich qualifizieren. Denn das bleibt wichtig, keine Frage. Und wenn das nötige Sprachniveau erreicht ist, können die Lehrkräfte voll angestellt werden und eine volle Lehrbefähigung erhalten. Also: Es gibt zu viele Barrieren, um Lehrer zu werden, manche mögen sinnhaft sein, doch alle müssen wir in der aktuellen Situation kritisch hinterfragen.
Was genau daran ist jetzt unpopulär?
Wenig Begeisterung bei den betroffenen Lehrern hat zum Beispiel meine Ansage ausgelöst, dass wir alle vorgenommenen Abordnungen hinterfragen.
"So werden wir es mit jeder einzelnen Abordnung halten: Wir schauen genau hin, was noch gerechtfertigt ist – und was nicht."
Abordnungen bedeuten, dass Lehrkräfte nicht an Schulen, sondern anderswo eingesetzt werden.
Was in normalen Zeiten ein Gewinn sein kann. Aber wenn zum Beispiel bei den drei Kollegen, die in der Berliner Jugendkunstschule eingesetzt werden, die Schulaufsicht sagt: Wir brauchen sie zurück, weil wir sonst die Stundentafeln an den Schulen nicht sichern können – dann sage ich: Der Unterricht geht vor! Wir suchen bei der Jugendkunstschule jetzt nach einer Alternativlösung mit freien Trägern. Und so werden wir es künftig mit jeder einzelnen Abordnung halten: Wir schauen genau hin, was noch gerechtfertigt ist – und was nicht. Insgesamt betrifft das bis zu 800 Stellen in Vollzeit. Das ist die Zahl, die von der Senatsverwaltung auf meine parlamentarische Anfrage ermittelt hatte, noch zu Oppositionszeiten. Aber darunter sind natürlich viele, die als Seminarleitungen Referendare ausbilden oder für die Schulpsychologie Förderbedarfe von Kindern abklären. Solch erfahrene Lehrkräfte brauchen wir dort natürlich.
Die SWK empfahl außerdem, die geltenden Teilzeitregelungen für Lehrkräfte kritisch zu überprüfen.
Ich kann klar sagen, dass es in Berlin keine verpflichtende Rückkehr zur Vollzeit geben wird. Es werden weiter Teilzeitanträge bearbeitet und genehmigt. Wenn es in einem Fach eine Mangelsituation gab, bei der Sprachförderung oder bei der Inklusion, dann bin ich als Schulleiterin immer auf die betreffenden Kollegen in Teilzeit zugegangen und habe sie gefragt, unter welchen Umständen sie sich einen höheren Stundensatz vorstellen könnten. Wenn ich ihnen parallel versichert habe, dass die zusätzlichen Stunden nicht mit zusätzlichen Korrektur- oder Klassenleitungsaufgaben einhergingen, haben die Kollegen in der Regel zugestimmt. Ich will sagen: Hinter jeder Entscheidung zur Teilzeit steckt eine individuelle Geschichte, oft geht es um Kinder oder um Pflege. Auf Schulebene geht da viel, aber eine pauschale Regelung von oben ergibt keinen Sinn.
Der Lehrermangel trifft auf einen wachsenden Anteil von Grundschülern, die nicht richtig lesen, schreiben und rechnen können. Die jüngsten Ergebnisse des IQB-Bildungstrends waren eine weitere Bestätigung der bedrückenden Realität in vielen Schulen. Schon vorher hatte sich das CDU-Bundespräsidium für Sprachtests und, falls nötig, ein verpflichtendes letztes Kitajahr ausgesprochen. Die Frage ist: Wie bekommt man das abseits politischer Schlagzeilen umgesetzt?
Daran arbeiten wir. In unserem Koalitionsvertrag haben wir das "Kita-Chancenjahr" genannt. Auf der Senatsklausur Anfang Juni haben wir unser Sofortprogramm beschlossen, dazu gehören erste Runde-Tisch-Gespräche mit den Kitaträgern und Verbänden noch im Herbst. Bis Ende des Jahres soll das Konzept zum Kita-Chancenjahr stehen, dann ändern wir das Schulgesetz, im Herbst 2024 starten wir mit den Sprachstanderhebungen, und im Sommer 2025 beginnt für die Kinder, die es brauchen, das verpflichtende Chancenjahr in den Kitas. Wir alle wissen: Sprache generiert sich auch durch den Alltag, durch das Einüben der Gruppendynamik, durch strukturierte Abläufe, durch Alltagssituationen.
Sprachstandserhebungen gab es doch bislang schon in Berlin.
Die gab es, und daraufhin erhalten die Kinder, bei denen ein Förderbedarf festgestellt wird, als Angebot drei, vier Stunden in der Woche Sprachförderung. Aber die allermeisten Kinder und ihre Familien nahmen das Angebot nicht an.
Für das verpflichtende "Kita-Chancenjahr" brauchen Sie zusätzliche Plätze in den Kitas, Sie brauchen noch mehr Erzieherinnen und Erzieher, und Sie müssen die nötigen Fortbildungen ermöglichen.
Ich kann Ihnen noch keine Zahl nennen, was das alles kosten wird, aber 96 Prozent unserer Drei- bis Sechsjährigen gehen schon in die Kita. Wir reden also von einer überschaubaren Zahl zusätzlicher Kinder – für die der Besuch aber immens wichtig ist, weil es genau diejenigen sind, denen der Start in den Grundschulen sonst am schwersten fällt. Es handelt sich um eine Frage der Bildungsgerechtigkeit.
"Ich erwarte am 23. Juni klare Aussagen von der Bundesbildungsministerin".
Eine Frage der Bildungsgerechtigkeit ist auch der Ausbau des Ganztages. In den Grundschulen gilt der – bereits nach hinten geschobene – Anspruch auf Ganztagsbetreuung von 2026 an. Astrid-Sabine Busse hatte das Thema deshalb zum Leitmotto ihrer KMK-Präsidentschaft gemacht.
Das war das richtige Leitmotto. Wir haben noch gut zwei Jahre Zeit, um endlich über qualitative Standards zu sprechen und wie wir sie mit dem Lehrer- und Fachkräftemangel zusammenbringen. Was ist notwendig, was ist sinnvoll? Da müssen wir eine Bestandsaufnahme machen und handeln.
Müssen Befürworter eines verpflichtenden letzten Kitajahres nicht auch für einen gebundenen Ganztag sein – also ein tägliches, verbindliches Bildungsangebot für alle Kinder, das Unterricht, Übungen und Freizeitangebote bis in den Nachmittag hinein sinnvoll miteinander verknüpft und abwechselt?
Das halte ich nicht für realistisch derzeit, weil das den Personalmangel noch verstärken würde. Uns fehlen schon jetzt, verstärkt durch den Zuzug geflohener Kinder und Jugendliche, deutschlandweit Schulplätze.
Um der Bildungsgerechtigkeit willen will die Bundesregierung auch das Startchancen-Programm an bis zu 4000 Schulen bundesweit etablieren. Zuletzt machten die Verhandlungen von Bund und Ländern aber vor allem wegen atmosphärischer Verstimmungen Schlagzeilen. Haben Sie sich wieder vertragen?
Beim Startchancen-Programm nehmen wir Bewegung wahr. Bei der Klausurtagung sind Länder und Bund hier gemeinsam weitergekommen, das ist eine gute Entwicklung. Gleichzeitig müssen wir aber auch feststellen, dass wir bei zentralen Fragen – etwa zur Aufteilung der Säulen, zur rechtlichen Umsetzung und zur Co-Finanzierung – weiterhin einen Dissens zwischen Bund und Ländern haben. Hier muss sich der Bund bewegen, und ich erwarte hier klare Aussagen der Bundesbildungsministerin bei unserem Treffen am 23. Juni.
Dazu musste das BMBF erst einmal die Berechnung nachliefern, wie sich das von ihm vorlegte Modell finanziell auswirkt.
Das hat das BMBF getan, und so enorm groß sind die Unterschiede gar nicht. Im Kern sind wir uns einig, dass mehr Geld dorthin fließen soll, wo es mehr benachteiligte Schülerinnen und Schulen gibt. Viel kritischer ist für uns, dass Länder wie Hamburg, Schleswig-Holstein oder Berlin, die schon eigene Landesprogramme zur Brennpunkt-Förderung haben, nicht doppelt zahlen. Sie leisten ihren Länderanteil teilweise schon, mitunter seit vielen Jahren. Anstatt da jetzt ein neues Programm darüberzustülpen mit all der zusätzlichen Bürokratie, muss es erlaubt sein, die bestehenden Initiativen mithilfe der Startchancen zu finanzieren und auszubauen.
Ich verstehe Sie richtig, dass Sie mit der Forderung des Bundes, dass die Länder zu der Bundesmilliarde eine eigene Milliarde zusteuern sollen, gar kein grundsätzliches Problem mehr haben – sondern dass es nur noch um die Frage geht, was angerechnet werden kann und was nicht?
Es geht um die Frage, wie die Kofinanzierung ausgestaltet wird und wie sie angerechnet wird.
Der Bund forderte in seinen Eckpunkten, dass die Länder ihre Kofinanzierung in denselben Topf mit der Bundesmilliarde werfen – und dann dieser Gesamttopf anhand sozialer Kriterien auf alle Bundesländer aufgeteilt wird. Was ein Novum wäre, weil dann nicht nur die Bundes-, sondern auch Landesgelder transferiert würden – auf Kosten von Ländern wie Bayern oder Baden-Württemberg, die faktisch Landesgelder nach Bremen oder Berlin überweisen würden.
Das habe ich so nicht gehört. Aber derzeit laufen die Verhandlungen und wir sprechen über Co-Finanzierung, Anrechenbarkeit und vieles mehr, da spüre ich in den Ländern eine große Bereitschaft, auch Kompromissbereitschaft.
Die eine Extra-Bildungsmilliarde pro Jahr, die Bundesfinanzminister Christian Lindner BMBF-Chefin Bettina Stark-Watzinger versprochen hat, wäre mit dem Startchancen-Programm bereits verfrühstückt. In den Ländern wächst die Sorge, dass für die Fortsetzung des Digitalpakts kein Geld mehr da sein wird.
Wir sehen die Haushaltssituation im Bund genauso wie in den Ländern, aber es gibt große nationale Aufgaben, da kann auch der Bund nicht aus der Verantwortung. Der erste Digitalpakt war notwendig und hat die Länder unterstützt, die Digitalisierung in die Fläche der Schulen zu bringen. Die Ausstattung mit Technik ist jetzt überall deutlich besser geworden. Aber es muss weitergehen. Wir müssen das Personal qualifizieren, wir müssen die Schulen mit der nötigen Lernsoftware ausstatten, wir müssen den Unterricht technologisch so weiterentwickeln, wie er in anderen Ländern dieser Welt längst Usus ist. Genau dafür und einen weiteren Ausbau hat uns die Ampel-Regierung den Digitalpakt 2.0 in Aussicht gestellt. Jetzt muss sich der Bund aber auch ehrlich machen.
Ehrlich machen?
Das BMBF hält sich seit Monaten bedeckt, sagt immer, es müsse erst noch den rechtlichen Rahmen prüfen. Das hatten wir aber doch alles schon mal, bevor der erste Digitalpakt kam. Nein, das Zeitspiel muss jetzt vorbei sein. Der Bund muss klar sagen: Will er den Digitalpakt 2.0 noch oder nicht? Hat er das Geld dafür oder nicht? Die Fakten müssen jetzt auf den Tisch.
"Wir brauchen eine geschlossene KMK, die klare Botschaften sendet und die in der Lage ist, starke gemeinsame Positionen zu entwickeln."
Eine Gelegenheit zum Klartextreden wäre die am Mittwoch zu Ende gegangene Bund-Länder-Klausur gewesen.
Die Arbeitsebene hat beim Startchancen-Programm unter Beteiligung der Amtschefs einige kritische Punkte abräumen können. Wir haben alle gezeigt, dass wir zu Kompromissen bereit sind. Das war ein erster Schritt, um einiges von dem wieder heilzumachen, was in den vergangenen Monaten an Porzellan zerschlagen worden ist.
Die Atmosphäre zwischen KMK und BMBF war in den vergangenen Monaten zeitweise eisig – und führte zu manchem öffentlichen Empörungsausbruch vor allem auf Seiten der Länder.
Wir müssen alle unsere Befindlichkeiten zurückstellen, wenn wir die Krise in unserem Bildungssystem in den Griff bekommen wollen. Das sind wir den Schülern und den Pädagogen schuldig. Ich freue mich, dass die Bundesbildungsministerin meine Einladung angenommen hat und nächste Woche Freitag in Berlin ein Spitzengespräch mit allen Kultusministern führen wird.
Wenn sich die Kultusminister untereinander wenigstens grüner wären. Noch so ein Thema, das Karin Prien vergangenes Jahr als KMK-Präsidentin gepusht hat: die Reform der KMK, ihres Sekretariats und ihrer Abstimmungsmodalitäten.
In diese Richtung werde ich bis Jahresende weiter arbeiten. Wir brauchen eine geschlossene KMK, die klare Botschaften sendet und die in der Lage ist, starke gemeinsame Positionen zu entwickeln, auch in den Verhandlungen mit dem Bund um Startchancen oder Digitalpakt. Und ich bin gespannt auf den Bericht der Strukturkommission.
Bedeutet das abseits nett klingender Appelle, dass Sie sich für die Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips bei allen Grundsatz- und finanzwirksamen KMK-Entscheidungen einsetzen werden?
Ich gebe zu, das war in den ersten fünf Wochen meiner KMK-Präsidentschaft noch kein Thema, aber ich bin sicher, dass es das bei den nächsten Sitzungen sein wird. Natürlich gibt es Themen, wo eine Einstimmigkeit notwendig ist, aber gleichzeitig würde der KMK etwas mehr Flexibilität auch guttun.
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Am Mittwochnachmittag überreichen die EFI-Wissenschaftsweisen ihr Jahresgutachten an Bundeskanzler Scholz. Der EFI-Vorsitzende Uwe Cantner spricht im Interview über den transformationspolitischen "Schlingerkurs" der Ampel, Deutschlands Bildungskrise und den Rückstand bei der KI-Entwicklung, die Öffnung zur Militärforschung – und was die Regierung trotz allem richtig macht.
Uwe Cantner, 63, ist seit Mai 2019 Vorsitzender der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI). An der Universität Jena hat er eine Professur für VWL/Mikroökonomie, seit 2014 ist er Vizepräsident seiner Universität. Foto: David Ausserhofer.
Herr Cantner, wenn Sie nach der Überreichung des neuen EFI-Jahresgutachtens eine Minute allein hätten mit Olaf Scholz, was würden Sie ihm raten?
Meine wichtigste Botschaft an den Bundeskanzler wäre: Trotz aller Riesenaufgaben von der Verteidigungs- über die Sicherheits- bis hin zur Klimapolitik dürfen Forschung und Innovation auf keinen Fall unter die Räder der immer schärferen Budgetkonkurrenz geraten. Und dann würde ich ihm ein paar Vorschläge machen, wie sich die Bearbeitung der unterschiedlichen Herausforderungen geschickt mit einer gut ausfinanzierten F&E-Politik kombinieren ließe.
Alle wissen doch, dass sich die großen Probleme von heute und morgen nur mithilfe der Wissenschaft lösen lassen. Warum glauben Sie trotzdem, dass so eine Warnung nötig ist?
Weil wir die Transformation unserer Gesellschaft und unserer Wirtschaft hin zur Klimaneutralität und damit auch die nötige Forschung und Entwicklung jetzt durchführen und finanzieren müssen, die Erträge aber erst weit nach den nächsten Wahlen sichtbar werden. Da ist es politisch opportuner, große Investitionsprogramme für die Bundeswehr zu beschließen oder Konjunkturstimuli, die schnell wirken. Wir dürfen über dem kurzfristig Drängendem nicht das langfristig Erforderliche aus den Augen verlieren.
Sie sagen es selbst: Politiker wollen Wahlen gewinnen, anstatt sie jetzt zu verlieren und in 15 Jahren Recht gehabt zu haben.
Dieser Gegensatz ist nicht zwangsläufig. Es ist durchaus möglich, Verantwortung für heute und für die Zukunft zu übernehmen. Also Strategien und Maßnahmen zu entwickeln, die schnell helfen, mit ihren Auswirkungen aber der nächste Generation zu Gute kommen. Natürlich muss ich so einen langfristigen Plan den Wählerinnen und Wählern unbedingt erklären, sie dafür gewinnen. Die Grünen versuchen das meiner Meinung nach zurzeit am ehesten.
Und bekommen entsprechend Gegenwind. Sagen Sie mir bitte, wann eine Regierung das zuletzt so gehandhabt hat und dann erfolgreich bei Wahlen war.
(lange Pause) Bei der Wiedervereinigung, beim Aufbau Ost, da hat es funktioniert.
Den Eindruck hatte der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl vermutlich nicht, als er von Demonstranten mit Eiern beworfen wurde.
Proteste wird es immer geben, wenn sich Dinge ändern. Aber Kohl ist 1994 wiedergewählt worden. Und er hat das sehr geschickt angestellt mit seinem Versprechen, in zehn Jahren werde es im Osten "blühende Landschaften" geben. Bis die da waren, hat es zwar – im Nachhinein betrachtet – deutlich länger gedauert, aber er hat es mit diesem Narrativ geschafft, die Leute hinter sich zu bringen. Mehr noch: Er hat einen parteiübergreifenden Konsens in der Politik hergestellt, der ziemlich lange gehalten hat. Man hat das zusammen durchgezogen. So lange, bis wichtige Weichen gestellt waren. Ein bisschen von diesem Geist würde ich mir heute wünschen. Zuerst hatte ich den Eindruck, der Ampel-Koalitionsvertrag, der sehr ambitioniert war, wäre ein Signal für einen solchen gemeinsamen Aufbruch. Aber in der Praxis der drei Parteien prallen die Ideologien aufeinander. Und in der Wahrnehmung der Wähler verlieren alle Koalitionspartner – und extreme Kräfte bekommen Aufwind.
"Jeden Tag wird eine andere Technologie durchs Dorf getrieben, die abgelöst oder besonders gefördert werden soll. Die Politik generiert keine Ziele, sondern Unsicherheit."
Ist es nicht erwartbar, dass bei einer Transformationsaufgabe dieser Größe die Fetzen fliegen?
Ich habe nichts dagegen, wenn über die Maßnahmen gestritten wird: Steuererhöhung, Steuersenkung, Subventionsabbau, Gebote und Verbote, solche Dinge. Das Problem ist, wenn darüber die gemeinsamen Ziele verloren gehen. Die Regierung braucht einen Zielkorridor, wo sie hinwill, und dieser Zielkorridor muss über eine Legislaturperiode und die jetzige Parteienkonstellation hinaus Bestand haben. Die Unternehmen haben hunderte Milliarden auf der hohen Kante, aber sie geben sie nicht aus, weil sie nicht wissen, in was sie investieren sollen. Jeden Tag wird eine andere Technologie durchs Dorf getrieben, die abgelöst oder besonders gefördert werden soll. Die Politik generiert keine Ziele, sondern Unsicherheit.
Bekommen andere Länder das besser hin mit dem Zielesetzen?
Bei allen politischen Schwierigkeiten würde ich sagen, dass die USA besser sind im Ansagenmachen in Richtung ihrer Wirtschaft, im Setzen von Rahmenbedingungen. Oder nehmen Sie Österreich: Da hat die Bundesregierung einen nationalen Energie- und Klimaplan aufgestellt, auf den sich alle politischen Akteure verständigt haben, und unterlegt ihn strategisch-langfristig mit Maßnahmen wie der "Klimaneutralen Stadt". Natürlich ist es von Vorteil, wenn wie dort alle Zuständigkeiten in einem Ministerium konzentriert sind, das auch die operative Umsetzung übernimmt, das schafft Konstanz –während bei uns immer wieder irgendein Ressort oder eine Partei die Grundsatzfrage neu stellen will.
Vielleicht wird das Thema bei uns zu sehr überhöht? Anstatt die Transformation als Teil des politischen Tagesgeschäfts zu begreifen und unaufgeregt voranzutreiben, wird in Deutschland immer die große Umwälzung beschworen. In einer Vorversion des EFI-Gutachtens stand, es handle sich um eine "Herkulesaufgabe" ohne Vorbild, die von den finanziellen Dimensionen vergleichbar sei mit dem Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg.
Den Satz haben wir gestrichen, obwohl ich persönlich ihn angemessen fand. Entscheidend ist: Für diese Transformation gibt es keine Blaupause, keine Erfahrungswerte. Unserer deutschen Mentalität entspricht es, dass wir erstmal stehen bleiben und alles haarklein vorab besprechen und regeln wollen. Am besten juristisch wasserdicht. Anstatt wie andere Länder erstmal loszulaufen, auszuprobieren, und wenn etwas nicht funktioniert, unaufgeregt nachzusteuern.
Die deutsche Politik fördert diese Mentalität, wenn sie so tut, als ließen sich im Voraus alle Härten ausschließen. Schon in der Corona-Pandemie hat sie Milliarden und Abermilliarden ausgegeben, um auch denen die Verluste auszugleichen, denen sie gar nicht wehgetan haben.
Die Politik weiß genau, dass sie solche Versprechen nicht halten kann. Die Transformation kostet fürchterlich viel Geld, es wird Gewinner und Verlierer geben, das kann man nicht alles abfangen. Doch aus Angst vor den Protesten entstehen solche politischen Lebenslügen. Und in der Not nimmt man dann Gelder, die für die Bekämpfung der Coronakrise vorgesehen waren, und will sie für die Transformation einsetzen – bis das Bundesverfassungsgericht einem einen Strich durch die Rechnung macht.
Im EFI-Gutachten sprechen Sie von einem "Schlingerkurs".
Nehmen Sie das Gebäude-Energie-Gesetz. Wie konnte man auf die Idee kommen, den Einbau von Gasheizungen kurzfristig verbieten zu wollen, obwohl man weiß, dass der Einbau von Wärmepumpen pro Haushalt 30.000 Euro kosten wird, wahrscheinlich sogar mehr? Und warum hat man die soziale Abfederung erst später nachgeliefert?
"Die Streichung der Subvention von Agrardiesel ist transformationspolitisch richtig. Ich darf aber bei der Umsetzung nicht gleich zwei Fehler machen."
Jetzt hat man die Pflicht aufgeweicht, und die staatliche Förderung bekommen alle, nicht nur die sozial Bedürftigen. Da ist sie wieder, die Beschwichtigungsstrategie auch denen gegenüber, die es sich leisten könnten.
Das ist wie bei der Subvention von Agrardiesel. Deren Streichung ist transformationspolitisch richtig. Ich darf aber bei der Umsetzung nicht gleich zwei Fehler machen. Erstens: Ich nehme die Streichung der Subvention für Flugbenzin raus, obwohl es die Reichen sind, die fliegen und Kerosin verbrennen. Und zweitens verzichte ich beim Agrardiesel auf eine soziale Kompensation, eine Staffelung abhängig von der Betriebsgröße etwa. Da sind Proteste vorprogrammiert. Um diese Unausgewogenheit auszugleichen wäre es wohl besser gewesen, alle Subventionen um einen einheitlichen Prozentsatz zu kürzen.
Sie widmen sich als EFI-Kommission diesmal ausführlich dem Bildungssystem. Die internationale Schulvergleichsstudie PISA hat gezeigt, dass deutsche Neuntklässler so schlecht lesen, schreiben und rechnen wie seit mindestens 20 Jahren nicht. Woraus Sie die Prognose ableiten, dass die Bundesrepublik über die nächsten Jahrzehnte eine unterdurchschnittliche wirtschaftliche Entwicklung nehmen wird. Steckt da nicht ein Denkfehler drin? Wenn sich die Schülerleistungen ein, zwei Jahrzehnte später in der Innovationsdynamik widerspiegeln, müssten wir gerade einen Boom erleben, denn vor 15, 20 Jahren befand sich unser Bildungssystem nach dem ersten PISA-Schock kräftig im Aufwind.
Natürlich kann man die Ergebnisse von Bildungsstudien nicht eins zu eins auf das künftige Wirtschaftswachstum übertragen, da gibt es noch weitere Faktoren. Aber wir sollten die Entwicklung sehr ernstnehmen. Unsere künftige Innovationsfähigkeit als Gesellschaft entscheidet sich heute daran, wie gut wir den jungen Menschen die Grundkompetenzen vermitteln.
Dann machen Sie ein paar Vorschläge, was helfen würde.
Als EFI wollen wir vor allem eine nachdrückliche Warnung in Richtung Politik senden. Wir sind aber keine Bildungsforscher. Deren Botschaft ist allerdings überwiegend recht deutlich: weg vom Frontalunterricht, stattdessen eine interaktivere Unterrichtsgestaltung, ein Einsatz digitaler Medien und die Nutzung der neuen Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz, wo sie Sinn ergibt. Aber ohne zu überziehen – wir sehen, dass beispielsweise Schweden und Finnland den Grad der Digitalisierung in der Bildungsvermittlung zurückfahren. Wir müssen auch über die Prüfungsformate sprechen. Und ich kann nicht nachvollziehen, dass Deutschland zwar mit die höchsten Lehrergehälter weltweit hat, aber die Lehrerfortbildung wenig systematisch betreibt und zu wenig in sie investiert. Übrigens brauchen wir an den Hochschulen ebenfalls dringend wieder einen Diskurs über die Modernisierung der Studiengänge. Der ist leider zum Erliegen gekommen. Und die Lehrerbildung muss ins Zentrum der universitären Strategie rücken.
Unterdessen fallen Deutschland und Europa bei der nächsten Schlüsseltechnologie zurück, der Künstlichen Intelligenz, die viele Experten für die entscheidende für die kommenden Jahrzehnte halten. Bis vor einer Weile tröstete die Wissenschaft sich damit, wenn schon nicht in der Umsetzung in Anwendungen und Produkte, dann wenigsten in der KI-Entwicklung an der Weltspitze zu sein. Das, sagt Ihre Kommission, ist jetzt auch vorbei.
Nicht vorbei, aber wir drohen nach den Patenten auch bei den wissenschaftlichen Publikationen den Anschluss zu verlieren. Allerdings handelt es sich um eine sehr junge Technologie, die Entwicklungspfade sind nicht festgelegt, noch ist das Spiel nicht vorbei. Nehmen wir die großen KI-Sprachmodelle, da hat Open AI mit ChatGPT einen deutlichen Vorsprung, aber Aleph Alpha aus Deutschland und Mistral aus Frankreich sind in einer guten Position für eine Aufholjagd, um bei den Modellen der dritten Generation – vor allem in der Anwendung – die Augenhöhe zu erreichen.
Allein mir fehlt der Glaube. Es sind die US-Konzerne von Google über Facebook bis hin zu Microsoft und Apple, die seit Jahren die weltweiten Standards vorgeben und einen Innovationssprung nach dem anderen abliefern. Und wir Deutschen und Europäer setzen diese Technologien ein, diskutieren über Datenschutz, europäische Lösungen und das Erringen technologischer Souveränität, und während wir noch diskutieren und politische Pläne schmieden, stellen die Amerikaner oder Chinesen uns mit dem nächsten Game Changer vor vollendete Tatsachen.
Das muss nicht jedes Mal so laufen. Wir können uns immer noch auf eine starke Grundlagenforschung stützen, wir bilden hervorragende Leute aus. Die großflächige Einrichtung von KI-Professuren und Nachwuchsgruppen, die wir als EFI zunächst kritisiert haben, hat sich doch bewährt. Wenn Sie im Silicon Valley durch die Entwicklungsabteilungen der großen Tech-Konzerne laufen, stammt da gefühlt jeder dritte aus Deutschland.
"Wenn wir das attraktiv genug machen, gehen die Leute nach Dresden oder Tübingen anstatt nach Stanford oder Palo Alto."
Was nicht wirklich eine Beruhigung ist, wenn unsere KI-Talente keine Perspektiven für sich in Deutschland sehen.
Wenn sie keine Chance haben, mit ihrem Know How bei uns wirtschaftlich erfolgreich zu sein, gehen sie weg, das ist richtig. Der Vorteil der amerikanischen Konzerne ist deren Größe und ein schier unerschöpfliches Finanzvolumen. Deutschland und Europa kann da nur mit KI-Ökosystemen gegenhalten. Diese können sich um Forschungszentren herum entwickeln, mit kleinen und größeren Laboren, Unternehmen und Start-ups. In Deutschland versuchen wir, mit den KI-Zentren Ähnliches zu entwickeln: Kerne der Grundlagenforschung, Hochschulen und Forschungsinstitute, und um sie herum eine geschickt aufgesetzte Startup-Förderung. Wenn wir das attraktiv genug machen, gehen die Leute nach Dresden oder Tübingen anstatt nach Stanford oder Palo Alto.
Sie können nicht mit ein bisschen staatlicher Gründerförderung den weltweiten Kapitalzustrom in die US-Tech-Community kompensieren. Die jungen Leute gehen nach Kalifornien, weil sie dort das Risikokapital erhalten, das ihnen in Europa keiner gibt.
Das kommt darauf an. Von einem bestimmten Punkt an entwickeln die Ökosysteme eine Eigendynamik, dann kommt das Geld, und die Investitionen folgen. Schauen Sie auf Intel oder Microsoft und ihre Pläne in Deutschland. Richtig ist, dass wir mehr mutige Unternehmer und Mäzene brauchen wie Dieter Schwarz, der massiv in Wissenschaft und Künstliche Intelligenz investiert und speziell in Aleph Alpha. Fest steht: Wenn wir es jetzt nicht mit aller Kraft versuchen, ist das Spiel wirklich entschieden zugunsten der USA oder von China. Innovationsfinanzierung, insbesondere im Start-up Bereich, ist ja ein deutsches Dauerproblem. Das lässt sich nicht nur mit deutscher Risikoaversion erklären, sondern auch mit dem Fehlen großer Pensionsfonds, die beispielsweise in den USA eine wichtige Rolle bei der Start-up-Finanzierung spielen. Aber das ist, wie gesagt, kein KI-spezifisches Problem.
Jetzt loben Sie die Politik bitte einmal.
Nur einmal? In unserem Gutachten sehen wir für Lob gleich mehrfachen Grund. Der wichtigste: Die Bundesregierung ist bei ihrer Forschungs- und Innovationspolitik an sich auf dem richtigen Weg. Sie ist sich der Aufgabe bewusst. Und sie beginnt bei allen erwähnten Inkonsistenzen mit der Umsetzung, sei es bei der Ausgestaltung der "Zukunftsstrategie Forschung und Innovation", bei der Weiterentwicklung der Bundesagentur für Sprunginnovationen (SPRIND) oder dem Aufbau der Deutschen Agentur für Transfer und Innovation (DATI). Natürlich würden wir uns bei der SPRIND wünschen, dass man ihr noch mehr rechtliche und finanzielle Freiräume gibt, dass die Bundesregierung zum Beispiel ganz auf ein Aufsichtsgremium verzichtet. Wir sehen aber ein, dass die Politik vermutlich so weit gegangen ist, wie sie kann. Bei der Zukunftsstrategie wiederum sind die Strukturen jetzt da, die Missionsteams zwischen den Ministerien wurden aufgestellt, die Beiräte installiert. Natürlich wäre es besser, wenn die Steuerung der Strategie nicht auf Ebene der Staatssekretäre angesiedelt wäre, sondern weiter oben. Und wenn sie einen eigenen Etat hätte, anstatt dass die Mitglieder der Missionsteams für jede Maßnahme Geld aus ihren Häusern mitbringen müssen. Aber jetzt sollten wir sie mal laufen lassen. Zu hoffen ist, dass der lange Atem da ist, in die eingeschlagene Richtung weiterzulaufen, falls es nächstes Jahr zu einem Regierungswechsel kommt. Bis eine Mission umgesetzt ist, wird es viele Jahre dauern. Womit ich wieder beim langfristigen Zielkorridor bin: Wir brauchen eine grundsätzliche Übereinkunft, die über die Ampel hinausreicht.
Eine Übereinkunft von wem? Sehen Sie nicht die Gefahr, dass die Ministerien am Ende doch zu stark die Richtung vorgeben und die Wissenschaftsfreiheit unter die Räder kommt?
Die Politik muss ihre Rolle genau definieren. Eine Mission vorgeben heißt: Wir wollen das Alte durch etwas Neues, Anderes ablösen. Aber was dieses Neue ist, geben wir nicht vor. Alles, was anders ist, kann erforscht und ausprobiert werden. Ein Beispiel: Wir wollen beim Automobilantrieb raus aus den fossilen Energien, aber in Hinblick auf die Alternativen fördern wir technologieoffen. Wir lassen die Akteure loslaufen und nutzen die Kreativität der Wissenschaft und des Marktes.
Dann hat die FDP also Recht mit ihren Mahnungen, bloß nicht einseitig auf Batterieantriebe zu setzen?
Richtig ist, dass der Markt entscheiden muss, welche Technologien überleben und sich durchsetzen und welche nicht. Das heißt nicht, dass ich als Politik nicht verschiedene Innovationsansätze zeitweise mit Subventionen unterstützen darf, aber es muss von Anfang an klar kommuniziert werden, dass diese Subventionen befristet sind. Wenn eine Innovation nicht von der Mehrheit der Bevölkerung angenommen wird, dann muss die Politik irgendwann aufhören, sie zu fördern. Wobei der Zeitpunkt, wann Subventionen beendet werden, mitunter sehr schwer zu bestimmen ist. Bei neuen, genmodifizierten Ansätzen in der Landwirtschaft ist das genauso. Wir sollten die Erforschung in jedem Fall ermöglichen und vom Ergebnis abhängig machen, was langfristig erlaubt ist und was nicht. Aber wir dürfen nicht schon die Entwicklung verhindern!
"Der geopolitischen Lage können auch wir Wissenschaftler uns nicht verschließen. Studien aus den USA zeigen, dass jeder Dollar, der in Militärforschung gesteckt wird, weitere 50 Cent an ziviler Forschung stimuliert."
Am Anfang haben Sie gesagt, in Zeiten der Budgetkonkurrenz komme es darauf an, die Finanzierung der aktuell drängenden Herausforderungen geschickt mit den nötigen Ausgaben für Forschung und Entwicklung zu kombinieren. Aber was genau meinen Sie damit? Die Budgetkonkurrenz auflösen, indem die Wissenschaft in den Dienst der Aufrüstung gestellt wird?
So drastisch würde ich das nicht formulieren. Richtig ist aber: Das 100-Milliarden-Sondervermögen fließt nicht allein in militärisches Gerät. Ein Teil davon kann neue Forschungsansätze finanzieren, die einen Dual-Use-Charakter haben, also Richtung ziviler und militärischer Nutzung gehen. Was bei der Forschung zu Künstlicher Intelligenz eigentlich immer und grundsätzlich der Fall ist. Und noch ein Beispiel, das gar nichts mit Verteidigung zu tun hat: Wenn die Bundesregierung demnächst, über das Wachstumschancengesetz etwa, Maßnahmen zur Konjunkturstimulation ergreifen sollte, gehört da eine sogenannte Strukturkomponente rein. Also Investitionen, um den langfristig notwendigen Umbau der Industrie jetzt voranzutreiben. Das geht wiederum nur mit zusätzlichen F&E-Ausgaben.
Was Sie da beschreiben, würde bedeuten, dass sich Forscher auch an Ihrer Hochschule, der Universität Jena, darauf einstellen müssten, sich demnächst häufiger um Drittmittelaufträge der Bundeswehr zu bewerben.
Das erfordert ein Umdenken, ja. Aber der geopolitischen Lage, in der wir uns befinden, können auch wir Wissenschaftler uns nicht verschließen. Studien aus den USA zeigen, dass jeder Dollar, der in Militärforschung gesteckt wird, weitere 50 Cent an ziviler Forschung stimuliert. Ich sehe die Schwierigkeit für die Universitäten eher anderswo. Wenn Sie einen Auftrag der Bundeswehr annehmen, kann es sein, dass die Wissenschaftler anschließend ihre Erkenntnisse nicht publizieren dürfen. Aktuell höre ich, dass es bereits bei einzelnen Drittmittelprojekten, die von der Cyberagentur finanziert werden, solche Probleme gibt. Publizieren ist aber die Voraussetzung, um in der Wissenschaft Karriere zu machen. Insofern glaube ich nicht, dass wir viele rein militärische Forschungsaufträge an Universitäten sehen werden.
Sie loben die Bundesregierung auch dafür, dass Sie bei der DATI in die Umsetzung gekommen ist. Ist sie das? Das Gründungskonzept steht weiter aus, und die ersten Pilot-Förderlinien waren Kritikern zufolge so vage ausgeschrieben, dass es eine kaum zu handelbare Bewerbungsflut gab.
Das mit den vielen Bewerbungen finde ich überhaupt nicht schlimm. Das Ausschreibungsverfahren war bewusst experimentell aufgelegt, es musste breit sein, um den Transferbegriff möglichst offenzuhalten. Zum Glück ist man von der ursprünglichen Kanalisierung auf Hochschulen für Angewandte Wissenschaften weg. Was das Konzept angeht: Es gibt jetzt die Gründungskommission, und zu deren Aufgaben gehört neben der Auswahl von Ort und Leitung die Formulierung des finalen Konzepts.
Was ursprünglich anders gedacht war. Sonst hätte das BMBF die Kommission viel früher berufen.
Jetzt ist sie am Arbeiten, das zählt.
Wird die DATI wenigstens gleich die Freiheitsgrade bekommen, um die die SPRIND über Jahre kämpfen musste?
Vielleicht ja, vielleicht wird sich der Kampf auch wiederholen. Wichtig ist, dass die Agentur bald loslegt und ins Ausprobieren kommt. Dann werden wir sehen.
"Wenn von oben, von der Ministeriumsspitze, kein Druck gemacht wird, es anders zu machen, dann sind all die Beschwörungen und Ambitionen nichts wert. Es ist ein Drama."
Apropos: Evaluationen neuer Einrichtungen, Projekte und Förderlinien gehören inzwischen nicht nur in der Innovationspolitik zum Alltag. Nur dass sie laut Ihrem Gutachten oft nicht richtig aufgesetzt sind.
Wir haben uns die Evaluationspraxis in zwei Ministerien angeschaut, dem BMWK und dem BMBF. In beiden Häusern existieren eigene Referate für Evaluation mit hochkompetenten Mitarbeitern, die wissen, wie es geht. Das BMWK hat im Jahr 2013 bereits eine Richtlinie zur Durchführung von Evaluationen erstellen lassen, die stimmt Punkt für Punkt. Trotzdem sehen wir viele Evaluationen, die nach dem Prinzip laufen: Ich gebe Geld, um zum Beispiel ein bestimmtes Technologiefeld zu fördern. Und wenn dieses Technologiefeld sich in ein paar Jahren positiv entwickelt hat, sage ich: Bingo, hat funktioniert. Obwohl das 1000 Gründe haben kann und überhaupt nicht an der Förderung liegen muss. Aber man weiß es nicht besser, weil man die Erfolgskriterien vorher nicht richtig bestimmt, keine Kontrollgruppe eingerichtet hat und nicht methodisch sauber misst.
Wie kann das sein?
Die Expertise im eigenen Haus wird nicht ausreichend genutzt, man hört nicht auf das, was die Fachleute im Evalutionsreferat sagen. Und den Einrichtungen und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die extern mit der Evaluation beauftragt werden, verweigert man in der Regel die Herausgabe der notwendigen Daten, selbst wenn man sie hat. Das ist paradox. Offenbar herrscht in vielen Referaten immer noch Angst vor zu viel Transparenz – vielleicht aus Furcht, bei einer negativen Evaluation Budget einzubüßen. Weswegen das, was ein Ministerium anstößt, per definitionem positiv wirken muss. Wenn von oben, von der Ministeriumsspitze, kein Druck gemacht wird, es anders zu machen, dann sind all die Beschwörungen und Ambitionen nichts wert. Es ist ein Drama.
Am Ende bekommen Sie noch eine zweite Minute mit Olaf Scholz. Ihr Rat an den Bundeskanzler?
Bei der Forschungs- und Innovationspolitik unbedingt Kurs beibehalten. Die Innovationspolitik der Bundesregierung ist nicht konturenscharf, aber die prinzipielle Richtung stimmt. Sich über die Ziele einigen, und wenn dann über den Weg und die Instrumente gestritten wird, ist das nicht schlimm. Entscheidend ist, nicht bei jeder Protestaktion zurückzuschrecken, sondern beharrlich zu erklären und auch mal klare Ansagen zu machen. Zu Beginn des Ukrainekriegs, als Deutschland eine Energiekrise abwenden musste, hat Robert Habeck das gemacht. Er hat jeden Abend erklärt, worum es geht und worauf es jetzt ankommt. Mittlerweile hat er das eingestellt. Wirklich schade.
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Anders Hellberg, Greta Thunberg 4, CC BY-SA 4.0 Ironischerweise ist es der 3. März 2023, ein Freitag, an dem ich beginne, diese Arbeit zu schreiben. Fridays for Future hat zum globalen Klimastreik aufgerufen. Wieder einmal gehen in ganz Deutschland und auf der ganzen Welt Menschen für gerechte Klimapolitik auf die Straße. Bundesweit kamen an mehr als 250 Orten über 220.000 Menschen zusammen (vgl. Tagesschau 2023). Mit dem Beginn der Fridays for Future-Bewegung brach sowohl in Deutschland als auch auf der ganzen Welt eine neue Ära der Klimabewegung an. Die von Schüler:innen ausgehende Bewegung traf und trifft auf breite gesellschaftliche Akzeptanz. In kürzester Zeit entstanden nicht nur in Ballungszentren Ortsgruppen von Fridays for Future.Allgemein ist es üblich, groß angelegte Demonstrationen und Proteste auf Landeshauptstädte und andere große Städte zu bündeln. Dies hat mehrere Vorteile. Es kommen mehr Menschen zusammen aufgrund der Tatsache, dass große Städte viele Einwohner*innen haben. Diese Städte sind aus den umliegenden Regionen gut erreichbar, sie bieten den nötigen Platz, die Infrastruktur und der Protest wird stärker wahrgenommen. Doch schon lange wird nicht mehr nur in den großen Städten demonstriert, mittlerweile gibt es deutschlandweit über 500 Ortsgruppen von Fridays for Future (Fridays for Future o.J. a), viele davon auch in kleineren Gemeinden. Klimaprotest hat also seinen Weg in ländliche Regionen gefunden. Hiermit stellt sich nun die Frage, welche Chancen diese neue Form des Protests bietet und vor welchen Herausforderung die Fridays for Future-Ortsgruppen in ländlichen Regionen stehen?Die folgende Arbeit ist in drei Abschnitte unterteilt, im ersten Abschnitt wird die Fridays for Future-Bewegung beleuchtet, auf die daraus entstandene Bewegung in Deutschland und auf die Fridays for Future-Ortsgruppe Weil der Stadt eingegangen. Im zweiten Abschnitt wird die Methodik, ein Interview, welches der Arbeit zu Grunde liegt, präsentiert, eingeordnet und die Vermutungen, auf denen das Interview basiert, aufgezeigt. Im dritten Abschnitt werden die Erkenntnisse hinsichtlich der Frage nach den Herausforderungen und Chancen präsentiert.Fridays for FutureAm Montag, den 20. August 2018, setzt sich die Schülerin Greta Thunberg vor das schwedische Parlamentsgebäude und streikt für gerechte Klimapolitik und weltweiten Klimaschutz (vgl. Fopp 2021, S. 7). In den darauffolgenden drei Wochen bis zu den schwedischen Wahlen sitzt sie jeden Tag vor dem Parlamentsgebäude und streikt. Ausgestattet mit ihrem heute weltbekannten Schild mit der Aufschrift 'SKOLSTREJK FÖR KLIMATET' (Schulstreik für das Klima) und einem A4-Blatt, voll mit wissenschaftlichen Fakten über die Auswirkungen menschlichen Handelns in den letzten fünfzig Jahren auf unsere Umwelt und das Klima (vgl. Fopp 2021, S. 27-28).Nach und nach beteiligten sich auch andere Jugendliche an dem Protest. Es entstand eine Bewegung und am 7. September, dem Tag vor der schwedischen Wahl, gaben Greta Thunberg und die mitstreikenden Jugendlichen Morrigan, Edit und Mina gemeinsam in einem Park bekannt, ab sofort jeden Freitag zu streiken, bis die Regierung auf Linie mit dem Pariser Klimaabkommen sei. Sie riefen andere dazu auf, dasselbe zu tun. Kurz darauf postete Greta Thunberg ihren Aufruf unter dem Hashtag #FridaysForFuture im Internet (vgl. Fopp 2021, S. 31-32). Am 13. September 2018 kam es so zum weltweit ersten offiziellen Freitagsstreik unter dem Motto Fridays for Future (vgl. Fopp 2021, S. 7).Fridays for Future (FFF) ist keine Organisation und auch kein Verein, sondern eine weltweite Basisbewegung, die sich aus dem Aufruf von Greta Thunberg und dem Hashtag #FridaysForFuture entwickelte. Die Forderungen von FFF sind im Kern sehr bescheiden, jedoch gleichzeitig auch sehr ehrgeizig (vgl. Sommer et al. 2019, S. 2). Denn grundsätzlich fordern sie nichts weiter als"die auf dem Pariser Klimagipfel Ende 2015 [selbst] gesetzten Ziele zur weltweiten Reduktion von CO2-Emmissionen einzuhalten, um die damit verbundene Erderwärmung auf einen Anstieg von maximal 1,5 Grad zu begrenzen" (Sommer et al. 2019, S. 2).Bescheiden ist dieses Ziel deshalb, weil sich die Regierungen der Welt sowieso schon dazu bekannt haben (vgl. Sommer et al. 2019, S. 2). Eigentlich sollte also schon alles für die Erreichung dieses Ziels getan werden und es sollten keine Proteste erforderlich sein. Ehrgeizig ist es, weil die Umsetzung mit tiefen Einschnitten in Industrie, Energiewirtschaft, Gebäudesektor und Landwirtschaft verbunden ist. Zusätzlich verlangt die Erreichung von der Gesamtbevölkerung einen mit erheblichen Einschränkungen verbundenen ökologisch verträglichen Lebens- und Konsumstil (vgl. ebd. S. 2).Aufmerksam auf die Forderungen machte und macht FFF durch eine simple, aber raffinierte Idee - den Klimastreik. Diese Klimastreiks sind nämlich nicht nur eine normale Form von Demonstrationen, sondern, wie der Name schon sagt, ein Streik fürs Klima. Bestreikt wird dabei die Schule - und zwar jeden Freitag. Dies zog rasch die gewünschte mediale und gesellschaftliche Aufmerksamkeit auf sich, führte jedoch auch dazu, dass in der öffentlichen Debatte schnell über Schulschwänzen fürs Klima gesprochen wurde (vgl. Deutschlandfunk 2019). Heutzutage finden die Streiks zwar noch immer freitags, jedoch nicht mehr nur während der Schulzeit statt. Beispielsweise begann der Globale Klimastreik vom 3. März 2023 in vielen Orten Deutschlands weit nach 13:00 Uhr (vgl. Fridays for Future o.J. b).Am 15. März 2019 kam es zum ersten globalen Klimastreik von FFF, koordiniert durch ein internationales Team, an dem sich laut Angaben der Organisator*innen weltweit 1.789.235 Menschen beteiligten (vgl. Sommer et al. 2019, S. 3), wobei die Berichte über die genauen Zahlen stark variieren. Fridays for Future Deutschland veröffentlichte am Tag danach einen Kurzbericht, in dem von über einer Million junger Menschen weltweit und mehr als 2000 Orten und Städten in 125 Ländern gesprochen wird (vgl. Fridays for Future 2019 a), während die Kennzahlen in einer späteren Veröffentlichung des Statista Research Departments bei weltweit knapp 2,3 Millionen Menschen in rund 2.400 Städten und über 130 Staaten liegen (vgl. Statista 2022).Fridays for Future Deutschland Leonhard Lenz, Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr unsere Zukunft klaut, Berlin, 25.01.2019 (cropped), CC0 1.0 Der Startschuss der FFF Bewegung in Deutschland wurde im Dezember 2018 durch einzelne kleine Demonstrationen in Berlin, Freiburg, Göttingen, Flensburg und Kiel gesetzt. Frühe, aber zu Beginn voneinander unabhängige Initiator*innen waren der damals 19-jährige Kieler Gymnasiast Jakob Blasel und die damals 22-jährige Studentin Luisa Neubauer (vgl. Sommer et al. 2019, S. 2). Beide sind heute noch bekannte Klimaaktivisti, wobei Luisa Neubauer wohl die bekanntere von beiden ist. Sie ist noch heute eine der Hauptorganisator*innen und das wohl bekannteste Gesicht von FFF Deutschland. Gerne wird sie als das deutsche Pendant zu Greta Thunberg betitelt (vgl. Merkur.de 2019).Rückblickend kann der 18. Januar 2019 als eigentlicher Auftakt der FFF Bewegung in Deutschland gesehen werden. Laut FFF beteiligten sich an diesem Tag 25.000 Menschen an 50 Orten in Deutschland an den Klimastreiks, darunter allein 4.000 in Freiburg. Die Zahl der Ortsgruppen wuchs schnell, so konnten 2019 schon Mitte Februar 155 Ortsgruppen von Fridays for Future in Deutschland gelistet werden (vgl. Sommer et al. 2019, S. 2).Am ersten globalen Klimastreik am 15. März 2019 nahmen in Deutschland laut FFF an 230 Orten und Städten mehr als 300.000 Menschen teil (vgl. Fridays for Future 2019 a). Dieser große Erfolg konnte nicht durchgängig gehalten werden und die Zahlen der Teilnehmenden schwankten stark. Vor allem während der Schul- und Semesterferien schrumpften diese, was in Anbetracht dessen, dass es sich bei den Protestierenden größtenteils um Schüler*innen und Studierende handelte, nicht verwunderlich ist (vgl. Sommer et al. 2019, S. 3).Das gesellschaftliche Interesse an den Protesten von FFF flachte jedoch nicht ab und auch verhältnismäßig kleinere Aktionen schafften es in den Fokus der medialen Berichterstattung (vgl. ebd. S. 3). Ihren Höhepunkt erreichte die deutsche FFF-Bewegung zum dritten globalen Klimastreik am 20. September 2019. Deutschlandweit gingen an diesem Tag in 575 Orten und Städten unter dem Motto #AlleFürsKlima 1,4 Millionen Menschen auf die Straße (vgl. Fridays for Future 2019 b).Eine Vielzahl dieser Proteste ist nur dank der vielen Ortsgruppen, welche man auch als Basis von FFF bezeichnen kann, möglich (vgl. Sommer et al. 2019, S. 5). Sie tragen dazu bei, auch in kleinen Städten und Dörfern ein Zeichen für Klimaschutz zu setzen. So auch die Fridays for Future Ortsgruppe Weil der Stadt, zentraler Gegenstand dieser Arbeit.Fridays for Future Weil der StadtWeil der Stadt liegt im Würmtal am Übergang zwischen Heckengäu und Schwarzwald. Mit ca. 19.200 Einwohner*innen, die sich auf die fünf Stadtteile Weil der Stadt, Merklingen, Schafhausen, Münklingen und Hausen verteilen, gehört Weil der Stadt zu den größeren Gemeinden im Landkreis Böblingen. Bekannt ist die ehemalige freie Reichsstadt vor allem als Geburtsort des berühmten Astronomen und Mathematikers Johannes Kepler. Trotz der Nähe zur baden-württembergischen Landeshauptstadt Stuttgart und der guten Anbindung ist Weil der Stadt eher ländlich geprägt (vgl. Stadt Weil der Stadt o.J.).Seit November 2019 bringt die FFF Ortsgruppe Weil der Stadt Klimaprotest auf die Straßen der Keplerstadt. Die Ortsgruppe ging aus einer Diskussionsgruppe an einer örtlichen Schule hervor. Dort fragte man sich, warum es so etwas wie Fridays for Future nicht auch in Weil der Stadt gebe. Dadurch angestoßen entwickelte sich ein Organisationsteam von elf Schüler*innen im Alter von zwölf bis 18 Jahren. Diese elf Schüler*innen organisieren seitdem regelmäßig Klimaproteste in Weil der Stadt (vgl. Leonberger Kreiszeitung 2020).Die FFF Ortsgruppe Weil der Stadt betreibt mehrere Social Media Kanäle, über die sie erreichbar ist, Informationen teilt und Beiträge zu Veranstaltungen und Aktionen postet. Sie sind auf WhatsApp, Instagram, Facebook, Twitter und YouTube vertreten (vgl. Fridays for Future WdS o.J.). Neben der altbekannten Form von Klimaprotesten, bei denen mit Megafon und Transparenten auf die Straße gegangen wird, hat sich die Ortsgruppe diverse andere Ideen einfallen lassen, um auf die Themen Klimaschutz und Klimagerechtigkeit in Weil der Stadt aufmerksam zu machen.Zur baden-württembergischen Landtagswahl 2021 organisierte FFF Weil der Stadt gemeinsam mit FFF Herrenberg eine digitale Podiumsdiskussion und stellte die Landtagskandidat*innen im Wahlkreis 6 von SPD, FDP, CDU, Grüne und Linke auf die Probe (vgl. Leonberger Kreiszeitung 2021). Im Juli 2021 übergaben die Weil der Städter Klimaaktivisti der Stadtverwaltung einen Forderungskatalog, welcher Weil der Stadt zu mehr Klimagerechtigkeit verhelfen solle.Auf 15 Seiten formulierten sie unter dem Motto 'Klimagerechtigkeit muss oberste Priorität werden!' 21 Forderungen zu den Themen Verkehr und Mobilität, Öffentliches Leben, Energie, Naturschutz, Bürger*innennähe und Kapital (vgl. Fridays for Future WdS 2021). Außerdem traten sie mit der örtlichen Kirchengemeinde in Kontakt und führten am 22. Oktober 2021 einen Live-Talk mit dem Klimaschutzmanager der Diözese Rottenburg-Stuttgart und Vertreter*innen der katholischen Kirchengemeinde St. Peter & Paul Weil der Stadt unter dem Motto 'Die Erde ist schön, es liebt sie der Herr – Glaube und der Klimawandel' durch (vgl. Kath. Kirchengemeinde St. Peter & Paul Weil der Stadt 2021).Interview mit Fridays for Future Weil der StadtDa sich die Literatur zum Thema auf die großen Veranstaltungen und Aktionen durch FFF beschränkt und Informationen zu kleineren FFF Ortsgruppen eher spärlich ausfallen, beruht das folgende Kapitel auf einem Fragebogen, beantwortet durch zwei Klimaaktivisti der FFF Ortsgruppe Weil der Stadt. Der Fragebogen wurde der FFF Ortsgruppe übergeben und von zwei der Aktivisti im Namen von FFF Weil der Stadt schriftlich beantwortet.Dabei geht es natürlich nicht um Repräsentativität. Es liegt auf der Hand, dass die Befragung einer einzelnen FFF Ortsgruppe keine Übersicht und auch kein Handbuch für Klimaprotest auf dem Land hervorbringt. Das ist aber auch nicht das Ziel dieser Arbeit. Denn im Folgenden geht es darum, die Leistung und das Wirken kleinerer Aktivist*innengruppen in ländlichen Regionen zu beleuchten und nicht immer nur von München und Berlin zu sprechen. Klimagerechtigkeit muss in allen Teilen der Welt geschehen und ländliche Gemeinden dürfen dabei nicht vergessen werden.Schaut man auf die Wahlergebnisse der Bundestagswahlen, so zeigt sich, dass die Unionsparteien auf dem Land besser abschneiden, in den Städten liegen SPD und Grüne vorn. In Westdeutschland zeigen sich für Bündnis 90/Die Grünen keine Stadt-Land-Unterschiede mehr (vgl. Pokorny 2020, S. 3). Auch wenn sie eher gering ausfallen, zeigen sich doch Einstellungsunterschiede zwischen Stadt und Land (vgl. ebd. S. 3). Tendenziell gibt es auf dem Land einen höheren Anteil an Pessimist*innen und mehr rechtspopulistische Einstellungen als in Städten. Großstädter*innen sind zufriedener mit der Demokratie als die Landbevölkerung, außerdem ist diese weniger politisch interessiert (vgl. ebd. S. 3).Diese Tendenzen lassen vermuten, dass es FFF Ortsgruppen in ländlichen Regionen schwerer haben, Mitstreiter*innen zu finden und auf positiven Anklang in der Bevölkerung zu stoßen. Der höhere Anteil an Pessimist*innen lässt vermuten, dass das Thema Klimawandel auf eine 'Was sollen wir daran schon ändern können'-Mentalität stößt. Die vermehrten rechtspopulistischen Einstellungen führen vermutlich dazu, dass der Klimawandel an sich bezweifelt wird. Die Unzufriedenheit mit der Demokratie und das geringere politische Interesse der Landbevölkerung unterstreicht diese Vermutungen.Da es sich um eine Umfrage unter Wähler*innen handelt, kann man natürlich nicht auf die Schüler*innen, welche einen Großteil der Demonstrant*innen ausmachen, schließen, aber auf deren Eltern. Die Vermutung liegt nahe, dass aus diesen Gründen Eltern auf dem Land eher ein Problem in Schuleschwänzen für Klimastreiks sehen, als es in Großstädten der Fall ist.Eine weitere Herausforderung lässt sich in den Strukturen und Möglichkeiten, die zur Organisation auf dem Land vorliegen, vermuten. Diese beschränken sich vor allem auf die Schulen der Gemeinde und eventuell auf ein paar wenige Vereine, während sich in Großstädten durch Hochschulen und Universitäten ganz andere Möglichkeiten eröffnen.Das Thema Klimaschutz ist somit wohl eher nicht im Fokus von Gemeinden in ländlichen Regionen. Vermutlich liegt aber genau hier eine der größten Chancen für FFF Ortsgruppen, nämlich das Thema Klimaschutz und Klimagerechtigkeit in ländlichen Regionen in die Köpfe und Gespräche der Bevölkerung zu bringen. Im Folgenden wird auf die neun Fragen des Interviews einzeln eingegangen, die Antworten von FFF Weil der Stadt vorgestellt und eingeordnet.Frage 1: Warum habt ihr in Weil der Stadt einen FFF-Ortsverband gegründet?"Weil wir auch in einer so kleinen Stadt wie Weil der Stadt eine FFF-Gruppe haben wollten, damit Klimagerechtigkeit an vielen Stellen Gehör bekommt. Zudem gab es viele motivierte Menschen und wir wollten auch Schüler*innen aus Weil der Stadt ermöglichen, an Demos teilzunehmen, ohne dafür die Schule schwänzen zu müssen" (FFF Weil der Stadt, Interview, 10.03.2023, siehe Anhang).Klimaprotest war zu der Zeit der Gründung der Ortsgruppe noch etwas, das man in Weil der Stadt nur aus den Nachrichten und den umliegenden Universitäts- und Großstädten kannte. Mit Sicherheit schlossen sich auch damals ein paar wenige Schüler*innen aus Weil der Stadt den Protesten in Stuttgart an, jedoch war dies für viele wohl ein zu großes Hindernis oder auf lange Sicht auch nicht zweckmäßig, wenn man dieses Thema auch auf die Straßen vor der eigenen Haustüre bringen konnte. Zu Anfang fanden die Klimastreiks in Stuttgart am früheren Vormittag statt, sodass die Teilnahme Schulschwänzen voraussetzte. Sobald sich also die Frage nach Klimaprotest in Weil der Stadt ergab und bei einigen Schüler*innen auf Anklang stieß, gab es wohl keine Gründe mehr, nicht wenigstens den Versuch zu wagen.Frage 2: Hättet ihr euch nicht auch einem bereits existierenden Ortsverband in einer größeren Stadtanschließen können?"Es gab zwar bereits eine Gruppe in Stuttgart, allerdings war der Besuch deren Demos für viele aus Weil der Stadt nur schwer machbar, da der Weg und die damit verbundenen Fehlzeiten im Unterricht von den Lehrkräften oft nicht gebilligt wurden. Auch wollten wir vor Ort für Klimagerechtigkeit auf die Straße gehen, um auch hier Druck auf die Politik auszuüben" (ebd. siehe Anhang).Obwohl es ein paar größere Städte im Umkreis von Weil der Stadt gibt (Leonberg, Böblingen), gab es noch keine Klimastreiks durch FFF Gruppen in der Nähe. Als nächstbeste Möglichkeit gab es also nur die FFF Gruppe in Stuttgart. Zwar ist Weil der Stadt dank der S-Bahn gut an die Landeshauptstadt angebunden, jedoch dauert eine einfache Fahrt bis zum Hauptbahnhof gut 40 Minuten. Gerade für Schüler*innen ist dies eine größere Hürde, vor allem in den jüngeren Klassenstufen. Selbst wenn die Klimastreiks in Stuttgart damals erst nach Schulschluss (meist ca. 13 Uhr) begonnen hätten, so wäre die Teilnahme für Schüler*innen aus Weil der Stadt trotzdem nur mit Fehlzeiten im Unterricht möglich gewesen. Da diese jedoch nicht von allen Lehrkräften – langfristig - gebilligt wurden, war das für viele wohl keine Option. Hinzu kommt, dass Klimagerechtigkeit dann noch immer nicht in Weil der Stadt zum Thema geworden wäre.Frage 3: Wie habt ihr zu Beginn Mitglieder generiert?"Wir bestanden maßgeblich aus Interessierten, die sich bei einer Schulveranstaltung gesammelt haben und den dazugehörigen Freundesgruppen. Teilweise kamen noch weitere Interessierte hinzu, die über Aufrufe auf Instagram oder bei Demos zu uns kamen" (ebd. siehe Anhang).Wie vermutet, beschränkt sich (zumindest zu Anfang) die Organisation auf die wenigen vorhandenen Strukturen, die auf dem Land gegeben sind. Nur die Institution Schule und die privaten Freundeskreise konnten hier anfangs genutzt werden. Alles weitere musste sich die Weil der Städter Ortsgruppe selbst aufbauen. Dazu war es nötig, im Kleinen anzufangen und sich über Social Media und regelmäßige Aktionen eine Bekanntheit in der Gemeinde aufzubauen.Frage 4: Wie tut ihr es jetzt? (Mitglieder generieren)"Gar nicht, da wir im Moment eher inaktiv sind" (ebd. siehe Anhang).Hier stellt sich die Frage warum eine eigentlich erfolgreiche FFF Ortsgruppe inaktiv wird.Frage 5: Wie beständig ist die Arbeit im Ortsverband in Weil der Stadt?"Im Moment leider eher weniger beständig, da ein Großteil der ursprünglichen Mitglieder nun studieren und aus diesem Grund weniger Zeit haben. Dennoch versuchen wir, immer wieder Demonstrationen zu veranstalten" (ebd. siehe Anhang).Hiermit wird auch die aufgeworfene Frage zur Inaktivität der Ortsgruppe beantwortet. Gleichzeitig zeigt sich ein weiteres Problem, mit dem ländliche FFF Ortsgruppen gezwungenermaßen konfrontiert werden. Wenn in einer Großstadt mit vorhandener Hochschule oder Universität die aktiven FFF Mitglieder ihren Abschluss machen und studieren gehen, so geschieht dies oftmals in derselben Stadt und der Klimaprotest kann vor Ort weitergeführt und zusätzlich die neuen Strukturen genutzt werden. Für viele auf dem Land ist ein Studium entweder mit einem hohen zeitlichen Aufwand durch Pendeln verbunden oder nur durch einen Umzug in die jeweilige Stadt realisierbar. Also ist es ganz logisch, dass es auf dem Land mit der Zeit schwieriger wird, Klimaprotest zu organisieren, zumindest wenn die Hauptorganisator*innen als treibende Kräfte für das Studium wegziehen und nur wenige neue Leute nachrücken.Frage 6: Wie sind die Reaktionen der Weil der Städter:innen? Viele kennen euch ja bestimmt auch privat und sehen euch nun als Aktivisti."Ich würde sagen, dass von den meisten Respekt kommt, dass man den Mut hat und das Ziel, etwas zu verändern. Es gibt natürlich auch Leute, die es eher als negativ empfinden, aber das ist in meinem Umfeld eher die Minderheit" (ebd. siehe Anhang).Wie erwartet stößt eine solche Bewegung bei einigen auf Unverständnis, im näheren privaten Umfeld der Aktivisti scheint dies jedoch kein größeres Problem zu sein. Das lässt sich aber vermutlich auf die Bubble, die man sich sucht und aufbaut, zurückführen, warum sollte man auch engere Beziehungen zu Menschen pflegen, die die eigenen Werte nicht vertreten. Ganz besonders wenn man, wie der Großteil der FFF Aktivisti, noch sehr jung ist, grenzt man sich doch eher von Andersdenkenden ab. Erfreulicherweise kommt aus dem näheren Umfeld und aus dem Teil der Bevölkerung, der sich die Proteste anschaut oder sich ihnen sogar anschließt, Unterstützung und Respekt für das, was die Ortsgruppe leistet.Frage 7: Wie schätzt ihr eure eigene Wirksamkeit ein? (Was habt ihr bereits erreicht? Was könnt ihrlangfristig erreichen?)"Sowohl auf persönlicher Ebene haben uns viele angesprochen, dass sie durch uns weiter auf das Thema gekommen sind und ein Umdenken in ihrem (Konsum)verhalten begonnen hat. Auf der städtischen Ebene hatten wir schon mehrere Gespräche mit der Stadt und den Fraktionen und haben mit diesen über unsere erarbeiteten Forderungen gesprochen, die wir in Kooperation mit Wissenschaftler*innen erstellt haben. Leider hat die Stadt Weil der Stadt sehr hohe Schulden, weswegen wir oft mit der Aussage, dass dafür kein Geld da sei, vertröstet wurden. Auch haben wir generell Aufmerksamkeit für das Thema Klimagerechtigkeit generiert. Dementsprechend haben wir jetzt nicht alleine durch Weil der Stadt die Welt gerettet, aber wir haben etwas bewirkt" (ebd. siehe Anhang).Die Aktionen führten also nicht nur dazu, dass die Themen Klimaschutz und Klimagerechtigkeit in den gesellschaftlichen Diskurs der Bürger*innen geraten, sondern bewirkten sogar ein aktives Umdenken hin zu einem klimagerechteren Verhalten in den Köpfen einiger Weil der Städter Bürger*innen. Auch direkt die Verwaltungsebene der Stadt, in der man wohnt, mit Klimagerechtigkeit zu konfrontieren, ist der FFF Ortsgruppe durch ihren Forderungskatalog, welchen sie der Stadt Weil der Stadt übergeben hat, gelungen. Beeindruckend ist auch, welche Mühe in den ausgearbeiteten Forderungen stecken muss. Allein dass sich Schüler*innen die Mühe machen, ein 15-seitiges Dokument zu erstellen und das in Kooperation mit Wissenschaftler*innen, ist bemerkenswert. Das zeigt, auch wenn es von Beginn an klar war, dass die meisten der Forderungen für die Stadt Weil der Stadt in der aktuellen Situation nahezu unmöglich zu erreichen sind, welche Leistung teilweise von FFF Ortsgruppen ausgeht und ausgehen kann. Es geht bei all dem wohl nicht darum, eine Lösung parat zu legen, die so auch direkt umgesetzt werden kann, sondern viel mehr darum, etwas zu bewirken, auch wenn es noch so klein ist.Frage 8: Was sind speziell in Weil der Stadt eure Ziele?"Die erarbeiteten Forderungen zielen auf verschiedene Bereiche ab. Sei dies unter anderem Tempobegrenzung, Begrünung, Ausweitung und Sicherung der Naturschutzgebiete, die Erstellung eines CO2-Budgets für Weil der Stadt oder die Einführung eines Klimarats. Generell möchten wir aber vor allem Gehör für das Thema schaffen und zeigen, dass der Druck auf die Politik nicht nur von den großen Städten kommt, sondern überall in Deutschland (und auch weltweit) für Klimagerechtigkeit kämpfen" (ebd. siehe Anhang).Auch den Aktivisti ist klar, dass ihre Forderungen keine Lösung für das große Ganze sind und sie ihre Gemeinde dadurch auch nicht zu einer klimagerechten Oase machen. Jedoch sind die Forderungen gut ausgearbeitet und zumindest in Teilen realisierbar und dazu auch vollkommen zeitgemäß. Zumindest scheint es, als hätte FFF Weil der Stadt dadurch schon die ersten anfänglichen Hürden überwunden und einen klimapolitischen Anstoß in der Gemeinde gesetzt. Auch wenn nicht alle oder auch keine der Forderungen umgesetzt werden, so haben sie ihr Hauptziel, Aufmerksamkeit zu generieren und den Druck auf die Politik zu erhöhen, auf kommunaler Ebene umsetzen können. Was insofern wichtig ist, weil Politik schließlich nicht nur auf Landes- oder Bundesebene stattfindet, sondern tagtäglich auf kommunaler Ebene.Frage 9: Wie kann man euch als Nicht-Mitglied unterstützen?"Mit anderen Menschen über Klimagerechtigkeit sprechen, auf Demonstrationen gehen, laut sein und so aktiv Demokratie mitgestalten, Wählen gehen, damit auch in den Parlamenten endlich Klimagerechtigkeit umgesetzt wird, sich informieren und für Aktionen werben, damit möglichst viele Menschen etwas davon mitbekommen" (ebd. siehe Anhang).Zum Schluss war es noch interessant zu erfahren, was sich die Aktivisti an Unterstützung aus der Bevölkerung wünschen. Auch diese Frage wurde sehr sachlich und geerdet beantwortet. Eigentlich wird nur erwartet, dass die Anstöße, welche sie durch ihre Aktionen geben, weiter durchdacht und im besten Fall verbreitet werden, ob im Privaten oder auch über den politisch-demokratischen Weg. Der größte Gewinn für die FFF Ortsgruppe scheint es zu sein, wenn angestoßen durch eine ihrer Aktionen das Thema Klimagerechtigkeit innerhalb der Bevölkerung weitergetragen wird, bis auch in den Parlamenten Klimagerechtigkeit umgesetzt wird.ErgebnisseDie zuvor angestellten Vermutungen haben sich nicht alle bewahrheitet oder zumindest nicht gänzlich. Mitstreiter*innen zu finden, fiel der FFF Ortsgruppe Weil der Stadt zu Anfang ziemlich leicht, beschränkte sich aber auf das schulische und private Umfeld der Aktivisti. Schwieriger war es, für Kontinuität zu sorgen und ein nachrückendes Organisationsteam zu bilden, welches den Klimaprotest im Ort heutzutage und in Zukunft sichert.Demokratieverdrossenheit oder pessimistische und etwas vermehrte rechtspopulistische Einstellungen auf dem Land haben zumindest auf die Arbeit der Weil der Städter Ortsgruppe keine Auswirkung gezeigt. Das Thema Schuleschwänzen stellte zwar nicht von Seiten der Eltern, jedoch von Seiten der Schulen ein Problem für die Klimaaktivisti dar. Dort wurde es nicht gern gesehen, dass für Klimaprotest Unterricht geschwänzt wird. Vor allem war dies dadurch ein Problem, weil es im näheren Umkreis keine Möglichkeit für die Schüler*innen gab, sich Klimaprotesten anzuschließen. Hierin sahen die Weil der Städter Klimaaktivisti ihre Chance und gründeten eine eigene Ortsgruppe und ermöglichten so den Weil der Städter Schüler*innen Klimaprotest ohne Schulschwänzen.Die vermutete Herausforderung durch geringe organisatorische Möglichkeiten hat sich zumindest insoweit bewahrheitet, als es in Weil der Stadt nicht zu Massenprotesten kam, wie es in Großstädten der Fall war. Dies ist nicht weiter verwunderlich. Für groß angelegte Proteste fehlen einfach die Strukturen wie Hochschulen und Universitäten. Gerade diese fehlenden Einrichtungen stellen ländlich gelegene FFF Ortsgruppen vor eine große Herausforderung. Schaffen diese es nicht, in den jüngeren Klassenstufen genügend Mitstreiter*innen zu akquirieren, die später einmal die Organisation übernehmen, so wird es spätestens nach dem Abschlussjahr und mit Beginn von Ausbildung oder Studium der Hauptorganisator*innen zu einer Lücke kommen. Gerade in ländlichen Regionen ist es nicht unüblich, für eine Ausbildung oder ein Studium wegzuziehen oder weite Strecken zu pendeln. Dadurch fehlt es an Leuten und an Zeit, um weitere Aktionen planen und umsetzen zu können.Auch bewahrheitet hat sich, dass die größte Chance für FFF Ortsverbände in ländlichen Regionen in der Aufmerksamkeitsgenerierung für das Thema Klimaschutz und Klimagerechtigkeit liegt. Am Beispiel FFF Weil der Stadt hat sich gezeigt, dass dies sogar noch weiter geht. Sie haben Rückmeldungen von Bürger*innen bekommen, dass diese aufgrund der Aktionen der Ortsgruppe angefangen haben, ihr Verhalten und ihren Konsum in Richtung Klimaschutz und Klimagerechtigkeit zu ändern. FFF Weil der Stadt hat also bewirken können, dass sich Menschen vor Ort mit dem Thema auseinandersetzen.Auch hat FFF Weil der Stadt durch einen Forderungskatalog erreichen können, dass das Thema in der Stadtverwaltung und dem Gemeinderat eine höhere Präsenz aufweist. Weil der Stadt hat hohe Schulden, was die Umsetzung der Forderungen verkompliziert. Selbst ohne dieses Problem wäre noch lange nicht sicher, dass die Forderungen von Seiten der Stadt umgesetzt werden, aber zumindest kann in Weil der Stadt niemand mehr sagen, dass die Schüler*innen nur auf die Straße gehen, Schule schwänzen, jedoch keine Lösungen für ihre Forderung, das 1,5 Grad Zeil einzuhalten, bereitstellen, denn genau das hat die Ortsgruppe gemacht.Die Ortsgruppe hat außerdem die damals anstehenden demokratischen Wahlen genutzt, um ihr Anliegen in den Vordergrund zu rücken, indem sie beispielsweise eine Podiumsdiskussion mit den Landtagskandidat*innen aus dem Wahlkreis durchgeführt haben. Dies eröffnete ihnen die Chance, weit über die Grenzen von Weil der Stadt hinaus Menschen zu erreichen und Klimaschutz im Wahlkreis 6 eine bedeutendere Rolle zuzuweisen. Eine weitere Chance, die FFF Weil der Stadt ergriffen hat, war es, in einer traditionell katholisch geprägten Stadt wie Weil der Stadt die Kirchengemeinde mit einzubeziehen und dadurch eine ganz neue Gruppe Bürger*innen auf das Thema Klimagerechtigkeit aufmerksam zu machen.Natürlich ist klar, dass nicht jede FFF Ortsgruppe die Herausforderungen, vor die sie gestellt wird, überwinden kann. Man kann auch nicht erwarten, dass jede Ortsgruppe so viel Energie und Arbeit aufwendet, um Klimagerechtigkeit Gehör zu verschaffen. Am Beispiel der FFF Ortsgruppe Weil der Stadt kann man jedoch sehen, welche Chancen man auch in ländlichen Regionen und kleineren Gemeinden ergreifen kann. Es bieten sich jede Menge Möglichkeiten für Aktionen gemeinsam mit Vereinen, Kirchen und Glaubensgemeinschaften, im Zuge einer anstehenden Wahl oder indem man direkt auf die Stadtverwaltung und ihre Gremien zugeht.Die Ortsgruppe hat außerdem gezeigt, dass sich auch aus Herausforderungen Chancen ergeben können, beispielsweise indem man es anderen Schüler*innen ermöglicht, an Klimaprotesten teilzunehmen, ohne dass sie dafür Schule schwänzen müssen und Sanktionen zu erwarten haben. Auf alle Fälle haben sie bewiesen, dass man auch im Kleinen viel erreichen und große Aufmerksamkeit für Klimaschutz und Klimagerechtigkeit generieren kann.Diese Arbeit zeigt beispielhaft und schlaglichtartig, dass zusätzlich zu den großen Klimastreiks die ganzen kleineren Ortsgruppen eine wichtige Rolle im Kampf für eine klimagerechte Welt einnehmen. Sie bringen dieses brisante Thema auch in abgelegenere Gegenden, in die Nähe der Bürger*innen und auf die kommunale Ebene.Man kann nur hoffen, dass sich die Ortsgruppe auch ihrer aktuell größten Herausforderung stellen und diese überwinden kann und dass sie die Arbeit, so wie sie die letzten Jahre geleistet wurde, wieder aufnehmen kann. Dabei wünsche ich Fridays for Future Weil der Stadt und allen anderen Fridays for Future Ortsgruppen, die vor einer Herausforderung stehen, viel Erfolg! Ihr seid es, die etwas bewirken können. Lasst euch nicht unterkriegen und gebt nicht auf, denn ihr habt schon viel erreicht und könnt das noch immer. LiteraturDeutschlandfunk (2019): Fridays for Future. Schule schwänzen fürs Klima – wie lange noch? [online] https://www.deutschlandfunk.de/fridays-for-future-schule-schwaenzen-fuers-klima-wie-lange-100.html [07.03.2023].Fopp, Daniel (2021): Gemeinsam für die Zukunft – Fridays For Future und Scientists For Future. Vom Stockholmer Schulstreik zur weltweiten Klimabewegung, Bielefeld: transcript Verlag.Fridays for Future (o.J.) a: Mitmachen [Online] https://fridaysforfuture.de/mitmachen/ [04.03.2023].Fridays for Future (o.J.) b: Globaler Klimastreik – 3. März 2023 [online] https://fridaysforfuture.de/globaler-klimastreik/ [07.03.2023].Fridays for Future (2019) a: Internationaler Streik am 15.3. [online] https://fridaysforfuture.de/internationaler-streik-am-15-3/ [08.03.2023].Fridays for Future (2019) b: Der grösste Klimastreik der Geschichte – und das war erst der Anfang! [online] https://fridaysforfuture.de/ruckblick-allefuersklima1/ [09.03.2023].Fridays for Future WdS (o.J.): Weil der Stadt [online] https://fridaysforfuture.de/ortsgruppen/weil-der-stadt/ [14.03.2023].Fridays for Future WdS (2021): Forderungen. Fridays for Future Weil der Stadt [online] https://cloud.fridaysforfuture.is/s/Hcpks7NAL7ixfiB [14.03.2023].Kath. Kirchengemeinde St. Peter & Paul Weil der Stadt (2021): WDSTV.de Die Erde ist schön es liebt sie der Herr – Glaube und der Klimawandel. [online] https://www.youtube.com/watch?v=2IkPkzuL2OU [14.03.2023].Leonberger Kreiszeitung (2020): Fridays for Future-Demo in Weil der Stadt. Auch kleinere Städte können Druck machen [online] https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.fri-days-for-future-demo-in-weil-der-stadt-auch-kleinere-staedte-koennen-druck-machen.484cfe11-2a15-4b15-bd6a-4fc2d0d284f9.html [14.03.2023].Leonberger Kreiszeitung (2021): Kreis Böblingen. Fridays for future fühlt Landtagskandidaten auf den Zahn [online] https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.kreis-boeblingen-fridays-for-future-fuehlt-landtagskandidaten-auf-den-zahn.6c515e59-bb4f-406e-8ee6-c8f29dd15b2e.html [14.03.2023].Merkur.de (2019): "Fridays for Future": Luisa Neubauer (22) ist die deutsche Greta Thunberg [online] https://www.merkur.de/politik/fridays-for-future-luisa-neubauer-22-ist-deutsche-greta-thunberg-zr-11839805.html [08.03.2023].Pokorny, Sabine (2020): Ticken Städter anders?. Politische Einstellungen in urbanen und ländlichen Regionen, Berlin: Konrad-Adenauer-Stiftung e.V.Sommer, Moritz/ Rucht, Dieter/ Haunss, Sebastian/ Zajak, Sabrina (2019): Fridays for Future. Profil, Entstehung und Perspektiven der Protestbewegung in Deutschland. Ipb working paper 2/2019. Berlin: Institut für Protest- und Bewegungsforschung.Stadt Weil der Stadt (o.J.): Keplerstadt. Stadtportrait [online] https://www.weil-der-stadt.de/de/Keplerstadt/Stadtportrait [12.03.2023].Statista (2022): Kennzahlen zum 1. Globalen Klima-Streik am 15. März 2019 [online] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1064670/umfrage/kennzahlen-zum-1-globalen-klima-streik/ [08.03.2023].Tagesschau (2023): Zehntausende demonstrieren für Verkehrswende [Online] https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/fridays-for-future-klimastreik-107.html [04.03.2023].----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------AnhangFragen an die Fridays for Future Ortsgruppe Weil der Stadt1. Warum habt ihr in Weil der Stadt einen FFF-Ortsverband gegründet?Weil wir auch in einer so kleinen Stadt wie Weil der Stadt eine FFF-Gruppe haben wollten, damit Klimagerechtigkeit an vielen Stellen Gehör bekommt. Zudem gab es viele motivierte Menschen und wir wollten auch Schüler*innen aus Weil der Stadt ermöglichen an Demos teilzunehmen ohne dafür die Schule schwänzen zu müssen.2. Hättet ihr euch nicht auch einem bereits existierenden Ortsverband in einer größeren Stadt anschließen können?Es gab zwar bereits eine Gruppe in Stuttgart, allerdings war der Besuch deren Demos für viele aus Weil der Stadt nur schwer machbar, da der Weg und die damit verbundenen Fehlzeiten im Unterricht von den Lehrkräften oft nicht gebilligt wurden. Auch wollten wir Vorort für Klimagerechtigkeit auf die Straße gehen, um auch hier Druck auf die Politik auszuüben.3. Wie habt ihr zu Beginn Mitglieder generiert?Wir bestanden maßgeblich aus Interessierten, die sich bei einer Schulveranstaltung gesammelt haben und den dazugehörigen Freundesgruppen. Teilweise kamen noch weitere interessierte hinzu, die über Aufrufe auf Instagram oder bei Demos zu uns kamen.4. Wie tut ihr es jetzt?Gar nicht, da wir im Moment eher inaktiv sind.5. Wie beständig ist die Arbeit im Ortsverband in Weil der Stadt?Im Moment leider eher weniger beständig, da ein Großteil der ursprünglichen Mitglieder nun studieren und aus diesem Grund weniger Zeit haben. Dennoch versuchen wir, immer wiederDemonstrationen zu veranstalten.6. Wie sind die Reaktionen der Weil der Städter? Viele kennen euch ja bestimmt auch privat und sehen euch nun als Aktivisti.Ich würde sagen, dass von den meisten Respekt kommt, dass man den Mut hat und das Ziel etwas zu verändern. Es gibt natürlich auch Leute, die es eher als negativ empfinden, aber das ist in meinen Umfeld eher die Minderheit.7. Wie schätzt ihr eure eigene Wirksamkeit ein? (Was habt ihr bereits erreicht? Was könnt ihr langfristig erreichen?)Sowohl auf persönlicher Ebene haben uns viele angesprochen, dass sie durch uns weiter auf das Thema gekommen sind und ein Umdenken in Ihrem (Konsum)verhalten begonnen hat. Auf der städtischen Ebene hatten wir schon mehrere Gespräche mit der Stadt und den Fraktionen und haben diesen unsere erarbeiteten Forderungen gesprochen, die wir in Kooperation mit Wissenschaftler*innen erstellt haben. Leider hat die Stadt Weil der Stadt sehr hohe Schulden, weswegen wir oft mit der Aussage, dass dafür kein Geld da sei, vertröstet wurden. Auch haben wir generell Aufmerksamkeit für das Thema Klimagerechtigkeit generiert. Dementsprechend haben wir jetzt nicht alleine durch Weil der Stadt die Welt gerettet, aber wir haben etwas bewirkt.8. Was sind speziell in Weil der Stadt eure Ziele?Die erarbeiteten Forderungen zielen auf verschiedene Bereiche ab. Sei dies unter anderem Tempobegrenzung, Begrünung, Ausweitung und Sicherung der Naturschutzgebiete, die Erstellung eines CO2-Budgets für Weil der Stadt oder die Einführung eines Klimarats. Generell möchten wir aber vor allem Gehör für das Thema schaffen und zeigen, dass der Druck auf die Politik nicht nur von den großen Städten kommt, sondern überall in Deutschland (und auch weltweit) für Klimagerechtigkeit kämpfen.9. Wie kann man euch als Nicht-Mitglied unterstützen?Mit anderen Menschen über Klimagerechtigkeit sprechen, auf Demonstrationen gehen, laut sein und so aktiv Demokratie mitgestalten, Wählen gehen, damit auch in den Parlamenten endlich Klimagerechtigkeit umgesetzt wird, sich informieren und für Aktionen werben, damit möglichst viele Menschen etwas davon mitbekommen.