Unterrichtsmaterial: Kinderrechte in der Grundschule
Blog: Menschenrechtsbildung
Unterrichtseinheit zum Thema
Kinderrechte und deren Untersuchung und Umsetzung in der Schule (Grundschule, Klassenstufen 3/4,
3-4 (Doppel-)Stunden)
Die Kinderrechte als über die
Menschenrechte hinausgehende Bestimmungen sind sowohl international anerkannt
als auch Teil des baden-württembergischen Bildungsplans für die Grundschule. Darüber hinaus stellt die Kenntnis über die
eigenen Rechte eine bedeutsame Ressource für Kinder dar.
Die Vorstellung einer
Unterrichtseinheit zur Heranführung an die Kinderrechte und deren Untersuchung und Umsetzung im schulischen Kontext für die Klassenstufen 3/4 der Grundschule ist Inhalt des folgenden
Blogbeitrags:Auf eine theoretische Einführung zum Hintergrund der Kinderrechte folgt
die Begründung der Relevanz der Thematik.
Daran schließen didaktische Überlegungen zu
Zeitpunkt, Thema und Inhalten sowie Intentionen an. Der Teil Aufbau der
Unterrichtseinheit beinhaltet eine Beschreibung der vier (Doppel-)Stunden, inklusive Vorschlägen zur Abwandlung
und Anpassung an andere Klassenstufen sowie Informationen zu Alternativen, die
erwogen wurden.Im Anhang findet man neben den Unterrichtsskizzen (Übersicht) Materialien und Formulierungsideen
für die vorgestellte Unterrichtseinheit auch eine ausführliche Liste zu empfehlenden Unterrichtsmaterials anderer Websites und Organisationen sowie ein umfangreiches
Literaturverzeichnis mit sowohl Online- als auch Printliteratur, um
Möglichkeiten zur weiteren Vertiefung, beispielsweise im Hinblick auf die
Partizipation von Kindern in der Schule oder bezüglich des Zusammenhangs
zwischen Kinderrechten und Demokratie, zu geben.Die im Blogbeitrag angegebenen
Literaturangaben finden sich entweder im Literaturverzeichnis oder in der Liste mit zu
empfehlendem Unterrichtsmaterial. Ein Abkürzungsverzeichnis am Ende des Blogbeitrags ist ebenfalls vorhanden.Theoretische Einführung
Überblick
Die Kinderrechte sind in der
Konvention über die Rechte des Kindes, auch 'Kinderrechtskonvention' (kurz:
KRK, englisch: Convention on the Rights of the Child, kurz: CRC),
festgeschrieben und damit völkerrechtlich verbindlich (vgl. BMZ 2023). Die KRK
wurde 1989 durch die Vereinten Nationen (kurz: VN, englisch: United Nations,
kurz: UN) angenommen und ist 1990 in Kraft getreten (vgl. Gareis/Varwick 2014,
S. 192, ausführlicher siehe Historischer Verlauf). Sie ist einer der
meistratifizierten Menschenrechtsverträge (vgl. DIMR 2023b), nachdem sie von
allen Ländern mit Ausnahme der USA ratifiziert wurde (vgl. United Nations Human
Rights Office of the High Commissioner 2023, ausführlicher siehe
Ratifizierung). In Deutschland gilt die KRK seit 1992 (vgl. Auswärtiges Amt
2023, ausführlicher siehe Deutschland).
Die KRK umfasst 54 Rechte, die
sich in mehrere Kategorien differenzieren lassen (ausführlicher siehe Inhalt und Aufbau). Außerdem existieren drei Zusatzprotokolle, die allerdings nicht in
gleicher Zahl ratifiziert sind wie die KRK selbst (vgl. United Nations Human
Rights Office of the High Commissioner 2023). Zentrales Prinzip ist es, im
"besten Interesse des Kindes" zu handeln (vgl. BMZ 2023). Als Kind gilt dabei
"jeder Mensch, der das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, soweit
die Volljährigkeit nach dem auf das Kind anzuwendenden Recht nicht früher
eintritt" (Artikel 1 der UN-KRK, UN-Generalversammlung 1989, S. 9).
Kinder benötigen "besonderen
Schutz, besondere Förderung und besondere, kindgerechte Beteiligungsformen"
(vgl. Maywald 2010), da sie "in vielerlei Hinsicht besonders verletzbar" (Auswärtiges
Amt 2023) und von Erwachsenen abhängig sind. Durch die KRK werden Kinder
erstmals als eigenständige (Recht-)Subjekte anerkannt (vgl. DIMR2023a,
ausführlicher siehe Historischer Verlauf).
Das sich im Anhang befindliche
Literaturverzeichnis beinhaltet unter 'Primärliteratur' Angaben zu fünf online
frei zugänglichen Versionen der KRK: deutsch, deutsch mit Zusatzprotokollen,
deutsch kinderfreundliche Version, verschiedene Sprachen kinderfreundliche Version, englisch.
Historischer Verlauf
Lange Zeit wurden Kinder als den
Erwachsenen unterlegen betrachtet und waren "rechtlich und faktisch nicht
gleichgestellt" (Maywald 2010). Erst 1924 wurde vom Völkerbund, dem Vorläufer
der VN, eine Kindercharta, die Genfer Erklärung über die Rechte des Kindes (englisch: 'Geneva Declaration'), verabschiedet. Sie war allerdings nicht
rechtsverbindlich (vgl. bpb 2019). Ihre Überarbeitung durch die VN mündete 1959
in die Erklärung der Rechte des Kindes, die das Kind erstmals auf
internationaler Ebene als Rechtsträger anerkannte und den Begriff des Kindeswohls
definierte (vgl. Maywald 2010). Anlässlich des 'Jahres des Kindes' 1978 schlug
die polnische Regierung vor, die Erklärung der Rechte des Kindes von 1959 in
einen völkerrechtlich verbindlichen Vertrag umzuwandeln. Nach mehrjähriger
Tätigkeit einer entsprechenden Arbeitsgruppe wurde am 20. November 1989 die
heute gültige Kinderrechtskonvention einstimmig von der Generalversammlung der
VN verabschiedet (vgl. bpb 2019). Dieses Datum gilt seither als der Tag der
Kinderrechte (vgl. bpb 2017).
Die Links zur Genfer Erklärung über die Rechte des Kindes von 1924 und zur Erklärung der Rechte des Kindes von 1959 finden sich auch im angehängten Literaturverzeichnis unter
'Primärliteratur, Weitere Konventionen'.
Ratifizierung
Folgende Tabelle zeigt den Status
der KRK und ihrer Zusatzprotokolle (Stand 2023). Die Daten entstammen einer
interaktiven Karte des United Nations Human Rights Office of the High
Commissioner.
"State Party" (ratifiziert)
"Signatory"
(unterzeichnet)
"No Action" (nichts)
UN-Kinderrechtskonvention
196
1 (USA)
0
1. Zusatzprotokoll (Schutz vor Kinderhandel)
178
7
12
2. Zusatzprotokoll (Schutz in bewaffneten
Konflikten)
173
7
17
3. Zusatzprotokoll (Individualbeschwerden)
50
16
132
Durch die freiwillige Handlung
der Ratifizierung gehen die Staaten eine rechtlich bindende Verpflichtung ein
(vgl. Würth/Simon 2012).
Stellenwert
Laut Maywald (2010) ist die KRK "insofern
einmalig, als es die bisher größte Bandbreite fundamentaler Menschenrechte –
ökonomische, soziale, kulturelle, zivile und politische – in einem einzigen
Vertragswerk zusammenbindet." Die Relation zu den Menschenrechten ist
dabei unzureichend bestimmt (vgl. Busen/Weiß 2023). Durch weitere Konventionen
einen vergleichbaren Schutz erfahren Frauen, Wanderarbeiter*innen, Menschen mit
Behinderungen sowie Gefolterte und Verschwundene (vgl. ebd.).
Inhalt und Aufbau
Die 54 Artikel der KRK lassen
sich in drei Kategorien unterteilen: Schutzrechte, Förderrechte und
Beteiligungsrechte (vgl. BMFSFJ 2023, BMZ 2023, DIMR2023a, Maywald 2010,
Würth/Simon 2012).
Außerdem verfügt die KRK über
vier Grundprinzipien: Nichtdiskriminierung, Kindeswohlvorrang, Recht auf Leben
und Entwicklung sowie Beteiligung des Kindes und Berücksichtigung seiner
Meinung (vgl. Auswärtiges Amt 2023, BMFSFJ 2023, BMZ 2023, Würth/Simon 2012). Sie sind in den Artikeln 2, 3, 6 und 12 festgehalten (vgl. DIMR 2023b),
weswegen diese als die wichtigsten Artikel der KRK bezeichnet werden (vgl.
Maywald 2010).
Schlussendlich umfasst die KRK
vier Verfahrensregeln: die Verpflichtung der Staaten zur Bekanntmachung der
Kinderrechte (Art. 42), die Einsetzung eines Ausschusses der VN für die Rechte
des Kindes (Art. 43), die Berichtspflicht über die Maßnahmen zur Verwirklichung
der Kinderrechte (Art. 44) sowie die Mitwirkungsmöglichkeiten von
Nichtregierungsorganisationen (Art. 45) (vgl. Maywald 2010).
Die drei Zusatzprotokolle der KRK wurden im Anschluss an den 20. November 1989
verabschiedet.Fakultativprotokoll zur Beteiligung von Kindern
an bewaffneten Konflikten: 12. Februar 2002Fakultativprotokoll über den Verkauf von
Kindern, die Kinderprostitution und Kinderpornografie: 18. Januar 2002Fakultativprotokoll: Individualbeschwerde-,
Staatenbeschwerde- und Untersuchungsverfahren: 14. April 2014 (vgl. DIMR 2023b)
Umsetzung
Die KRK als völkerrechtliches
Übereinkommen stellt "nicht Gesetzgebung im geläufigen Sinne, sondern
Vertragsrecht" (Maywald 2010) dar, was lediglich Verpflichtungen der
Vertragsstaaten begründet. Diese sogenannten Staatenpflichten sind bei
menschenrechtlichen Verträgen die folgenden:Respektierungspflicht / duty to respect: "der
Staat ist verpflichtet, Verletzungen der Rechte zu unterlassen"Schutzpflicht / duty to protect: "der Staat hat die
Rechte vor Übergriffen von Seiten Dritter zu schützen"Gewährleistungspflicht / duty to fulfill: "der Staat
hat für die volle Verwirklichung der Menschenrechte Sorge zu tragen" (Maywald
2010)
Darüber hinaus verpflichten sich
die Vertragsstaaten zu internationaler Zusammenarbeit (vgl. Würth/Simon 2012).
Die konkrete Umsetzung der
Kinderrechte wird durch die nationalen Gesetzgebungen der einzelnen Länder
geregelt. Lediglich Artikel 2, 3, 6 und 12 (ausführlicher siehe Inhalt und Aufbau) als sogenannte unmittelbar anwendbare Rechte (englisch: self executing
rights) sind davon ausgenommen (vgl. ebd).
In der Bundesrepublik Deutschland
haben die Kinderrechte beispielsweise in Form des Gesetzes zur Ächtung der
Gewalt in der Erziehung und des Rechts aller Kinder ab dem vollendeten ersten
Lebensjahr auf einen öffentlichen Betreuungsplatz Eingang in das Grundgesetz
gefunden (vgl. bpb 2019).
Überprüfung
Die VN verfügen, wie in Artikel
43 der KRK gefordert (vgl. Maywald 2010), über einen 'Ausschuss für die Rechte
des Kindes' (kurz: Kinderrechtsausschuss), der die Einhaltung der KRK überwacht
und als Adressat für Individualbeschwerden dient (vgl. Auswärtiges Amt 2023).
In Deutschland erfolgt die Kontrolle
der Umsetzung der Kinderrechte durch eine unabhängige Monitoring-Stelle, die
beim Bundesfamilienministerium eingerichtet ist (vgl. bpb 2019).
Artikel 44 beschreibt weiterhin,
dass die Vertragsstaaten regelmäßig über ihre Maßnahmen zur Verwirklichung der
Kinderrechte zu berichten haben (vgl. Auswärtiges Amt 2023). Dies geschieht in
Form von Staatenberichten, wodurch die KRK als "eher schwaches
völkerrechtliches Instrument" (Gareis/Varwick 2010, S. 197) gilt. Der Fünfte und Sechste Staatenbericht der Bundesrepublik Deutschland wurde im April
2019 dem Kinderrechtsausschuss vorgelegt (vgl. Auswärtiges Amt 2023). Ein Link
zum Download ist auch im Literaturverzeichnis dieses Blogbeitrags unter
'Primärliteratur' zu finden.
Deutschland
In Deutschland erlangte die KRK
1992 Gültigkeit (vgl. Auswärtiges Amt 2023) – zu Beginn allerdings mit
Einschränkungen, nachdem nicht klar war, ob sie mit dem deutschen
Ausländerrecht, konkret mit der Möglichkeit, minderjährige nicht-deutsche
Staatsangehörige in ihre Herkunftsländer auszuweisen oder abzuschieben,
kollidieren würde (vgl. bpb 2017). Die erklärten Vorbehalte wurden 2010
zurückgenommen (vgl. BMFSFJ 2023), wodurch die KRK verbindlich geltendes Recht
wurde (vgl. DIMR 2023c).
Die KRK hat Auswirkungen auf die
nationale Gesetzgebung der Bundesrepublik (ausführlicher siehe Umsetzung).
Dennoch sind die Kinderrechte in Deutschland bisher kein eigener Teil des
Grundgesetzes. Dies ist Gegenstand einer Debatte. Als Argumente für die Aufnahme
werden genannt:die Stärkung des Bewusstseins für die Rechte von Kindern;die
Verbesserung der Position von Kindern gegenüber dem Staat und im Konfliktfall
gegenüber ihren Eltern;die Stärkung der elterlichen Verantwortung, die Rechte
des Kindes zur Geltung bringen;die Förderung der Berücksichtigung von
Kindesinteressen im politischen Raum sowie der damit einhergehende Ausdruck des
hohen Rangs von Wohl und Rechten von Kindern (vgl. Maywald 2010).Außerdem können Kinder zum aktuellen Zeitpunkt, im Gegensatz zu anderen
Grundrechtsträgern, ihre Rechte an vielen Stellen nicht selbst einfordern, da
sie weiterhin als Objekte betrachtet werden (vgl. bpb 2017). Das Deutsche
Institut für Menschenrechte spricht darüber hinaus davon, dass die Kinderrechte
in Deutschland grundlegend "noch nicht ernst genommen und oftmals leichtfertig
übergangen" werden (DIMR 2023a).Gegenstimmen einer Aufnahme der Kinderrechte
in das Grundgesetz berufen sich darauf, dass dies nicht dazu führen würde,
dass Kinder mehr Rechte erhielten (vgl. bpb 2023a). Eine Rechtsangleichung wird
vom UN-Kinderrechtsausschuss empfohlen und entspricht einer Vorgabe der
Grundrechte-Charta der EU (vgl. Maywald 2010).
In Bezug auf die
Umsetzung der Kinderrechte in Deutschland werden von unterschiedlichen Seiten Forderungen gestellt. Sie beziehen sich unter anderem auf die
Schaffung von Bildungsgerechtigkeit (vgl. Maywald 2010). Weiterhin verlangt
wird die Erhebung von mehr kinderrechtsbasierten Daten zur Untersuchung der
Wirkung politischer Maßnahmen, die gezielte Stärkung der Selbstorganisation von
Kindern und Jugendlichen, insbesondere in öffentlichen Bildungseinrichtungen
und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, sowie, nach Vorbild anderer
Vertragsstaaten, die Errichtung leicht zugänglicher Kinderrechtsinstitutionen
und -stellen im direkten Lebensumfeld von Kindern (vgl. DIMR 2023a).Kinder selbst fordern laut der
Bundeszentrale für politische Bildung ein Recht auf Taschengeld, das Recht zu
wählen sowie ein Recht auf Arbeit, das sich auf die Aufwertung der sozialen
Stellung von arbeitenden Kindern und so die Stärkung ihrer Verhandlungsmacht
bezieht (vgl. bpb 2023a).Relevanz der Thematik
"Die Kinderrechte und die Geltung und grundlegende Einhaltung dieser Rechte in Deutschland sind eine bemerkenswerte Errungenschaft, die vielen Kindern wahrscheinlich gar nicht bewusst ist" (Bohlen 2021). Dieses von der Bundeszentrale für
politische Bildung veröffentlichte Zitat fasst hervorragend zusammen, weswegen
die Behandlung der Kinderechte im Unterricht von Relevanz ist:Die Kinderrechte
bieten, wie bereits in der theoretischen Einführung beschrieben, bis dato nie
dagewesene rechtliche Möglichkeiten für Kinder. Deren Einforderung durch Kinder
kann allerdings nur geschehen, wenn sie über ihre Rechte im Bilde sind. Schule
im allgemeinen und der Politik- beziehungsweise in der Primarstufe der
Sachunterricht im besonderen hat den Auftrag, die Mündigkeit der Schüler*innen
zu fördern (vgl. Detjen 2007, S. 211). Demnach obliegt Schule auch die Aufgabe,
über die Kinderrechte zu informieren. Dies entspricht darüber hinaus dem "pädagogischen
Blickwinkel" nach Kahlert (2010, S. 267), der Sachunterrichtsplanung als "begründungspflichtige
Anforderung an professionelles Lehrerhandeln" (ebd., S. 264) mit mehreren, zu
begründenden Dimensionen beschreibt (vgl. ebd., S. 267), indem folgende Leitfrage beantwortet wird: "Warum
ist dies [der Inhalt, Anm. LS] sinnvoll für die Persönlichkeitsentwicklung des
einzelnen Kindes?" (ebd.).
Im Kontext von Sachunterricht
wird durch die Thematisierung von Kinderrechten weiterhin die Umsetzung sowohl
der ersten als auch der zweiten Dimension der Allgemeinbildung nach Klafki
(2005) erreicht, da nicht nur Selbstbestimmungs-, Mitbestimmungs- und Solidaritätsfähigkeit
gefördert werden, sondern die Kinderrechte auch Gegenwarts- und
Zukunftsbedeutung haben (vgl. ebd.). Ferner wird der Behandlung der epochaltypischen Schlüsselprobleme der Ungleichheit innerhalb von Gesellschaften und der internationalen
Ungleichheit nachgekommen (vgl. ebd.). Der "kulturelle
Stellenwert" als zweite Komponente der begründungspflichtigen "bildungstheoretischen
Dimension" nach Kahlert (2010, S. 267) und der Frage danach, "welche Bedeutung
es für das Zusammenleben heute und in Zukunft hat, wenn Kinder in der Schule
diesem Inhalt begegnen" (ebd.), wird somit ebenfalls Rechnung getragen.
Auch der baden-württembergische Bildungsplan von 2016 für das Fach Sachunterricht fordert die
Auseinandersetzung mit dem Thema Kinderrechte explizit. Im Bereich der
inhaltsbezogenen Kompetenzen für die Klassenstufen 3/4 wird unter '3.2.1 Demokratie
und Gesellschaft 3.2.1.4 Politik und Zeitgeschehen' Folgendes genannt:"DenkanstößeWie wird die aktive Umsetzung von Grund- und Kinderrechten in der Klasse und Schule gestaltet?Wie reagiert die Schule auf Missachtung der Kinderrechte im Schulalltag? [...]TeilkompetenzenDie Schülerinnen und Schüler können(1) zentrale ausgewählte Grund- und Kinderrechte beschreiben und auf konkrete Situationen in Deutschland und andere Länder übertragen(Ministerium für Jugend, Kultus und Sport Baden-Württemberg 2016, S. 36)
Außerdem wird mit der
Thematisierung der Kinderrechte der prozessbezogenen Kompetenz '2.5
Reflektieren und sich positionieren' nachgekommen:"Die Schülerinnen und Schüler können[…] 2. Empathiefähigkeit entwickeln und Perspektivwechsel vornehmen (zum Beispiel […] in der Auseinandersetzung […] mit Grund- und Kinderrechten […])" (ebd., S. 12)
Im Bereich der Denkanstöße
besonders betont wird die Umsetzung der Kinderrechte in der Schule. Vor diesem
Hintergrund scheint die Forderung des Deutschen Instituts für Menschenrechte,
insbesondere in Bildungseinrichtungen mehr Beteiligungsmöglichkeiten für Kinder
zu schaffen (vgl. DIMR 2023a, ausführlicher siehe Theoretische Einführung,
Deutschland), noch bedeutsamer.Didaktische Überlegungen
Zeitpunkt
Da die Grundrechte ebenfalls Teil
des Bildungsplans sind (ausführlicher siehe Relevanz der Thematik), bietet es
sich an, die Unterrichtseinheit zu Kinderrechten in zeitlicher Nähe zu einer
Behandlung der Grundrechte durchzuführen.
Themen und Inhalte
Die Unterrichtseinheit
beschäftigt sich mit der Umsetzung von Kinderrechten, zuvorderst im Kontext
Schule. Dies begründet sich zum einen in der durch die Denkanstöße des
baden-württembergischen Bildungsplans gelegten Basis (ausführlicher siehe Relevanz
der Thematik). Zum anderen wird angestrebt, Schüler*innen die Kinderrechte als
solche Rechte zu vermitteln, über die sie selbst verfügen und die sie in ihrem
direkten Umfeld jederzeit einfordern können. Hintergrund bildet auch die
Einschätzung des Deutschen Instituts für Menschenrechte, dass diese Möglichkeiten,
insbesondere im Bildungskontext, bisher nicht in ausreichender Anzahl und
Erreichbarkeit vorhanden sind (vgl. DIMR 2023a, ausführlicher siehe Theoretische Einführung, Deutschland). Partizipation ermöglicht darüber hinaus, die
eigene Selbstwirksamkeit zu erfahren, was ein positives Selbstkonzept fördert. Eine
Auseinandersetzung mit weiteren erwogenen Schwerpunkten der Unterrichtseinheit
erfolgt im Teil Aufbau der Unterrichtseinheit, Erwogene Alternativen.Die Themen der ersten beiden Unterrichtsstunden sind als Fragen formuliert: 'Kinderrechte – Welche Rechte habe ich?', 'Kinderrechte – Wie können wir sie umsetzen?'. Daraus ergeben sich drei Vorteile: Erstens wird dem Unterrichtsprozess Geschlossenheit verliehen, da sich die Frage als roter Faden durch die Stunde zieht und die einzelnen Unterrichtssituationen miteinander verbindet (vgl. Tänzer 2010, 132). Zweitens ermöglicht eine Frage, den Unterricht weniger lehrkraftzentriert zu gestalten, da die Schüler*innen selbst Lösungen finden sollen (ebd.). Und drittens verlangt eine Frage nach einer Antwort, was motivationale Aspekte fördert und eine Ergebnissicherung einschließt. Die dritte und gegebenenfalls vierte Unterrichtsstunde sind mit 'Kinderrechte – Wir setzen sie um!' betitelt, was den produzierenden Charakter der Stunde verdeutlicht sowie durch das Personalpronomen 'Wir' den Klassenzusammenhalt fokussiert und einen Hinweis auf die Sozialform liefert.
Die KRK umfasst 54 Rechte, die
nicht alle Inhalt des Unterrichts sein können und müssen. Im Bildungsplan wird
die Formulierung "ausgewählte Grund- und Kinderrechte" (Ministerium für Jugend,
Kultus und Sport Baden-Württemberg 2016, S. 36) genutzt. Die folgende Tabelle bietet eine Übersicht über diejenigen Kinderrechte, die vor dem Hintergrund einer ausführlichen Recherche und unter Beachtung der
Adressat*innengerechtigkeit für die Unterrichtseinheit vorgeschlagen werden. Die Auswahl obliegt der
Lehrkraft.Es wird empfohlen, die vier Grundprinzipien der KRK (Art. 2, 3, 6,
12) in jedem Fall zu thematisieren. Weiterhin ist es sinnvoll, darüber zu
sprechen, dass die KRK Artikel beinhaltet, die die Umsetzung der Kinderrechte
regeln (Art. 43-54). Schlussendlich wird im Verlauf der Unterrichtseinheit der
Film "Kinderrechte raten" der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb 2022d)
eingesetzt, weswegen es sich anbietet, auch die dort vorkommenden Kinderrechte vorab
anzusprechen.Die Anzahl der weiteren Kinderrechte kann je nach Klassenstufe, -größe und -zusammensetzung variiert
werden (ausführlicher siehe Ablauf der Unterrichtseinheit, Abwandlungen / Anpassung an andere Klassenstufen). Insbesondere im
Zusammenhang mit Krieg und Flucht sollten die Vorerfahrungen und mögliche
Traumata der Schüler*innen berücksichtigt werden. Sensibilität ist geboten.
Artikel
Offizielle Bezeichnung
Kinderfreundliche Bezeichnung (in Anlehnung an Deutsches Komitee für
UINCEF 2023a, 2023h, BMFSJ 2018)
Inhaltliche Begründung
(ausführlicher siehe Theoretische Einführung, Inhalt und Aufbau)
Didaktische Begründung
2
Achtung der Kinderrechte; Diskriminierungsverbot
Recht auf Gleichheit
4 Grundprinzipien / unmittelbar anwendbares Recht
3
Wohl des Kindes
Recht auf das Beste für jedes Kind
6
Recht auf Leben
Recht auf Leben
12
Berücksichtigung des Kindeswillens
Recht auf eine eigene Meinung und darauf, ernst genommen zu werden
13
Meinungs- und
Informationsfreiheit
Beteiligungsrecht
Einteilung logo!: Öffentliche
Rechte (vgl. BMFSJ 2018, S. 40)
16
Schutz der Privatsphäre und
Ehre
Recht auf Privatsphäre
Schutzrecht
Einteilung logo!: Private
Rechte (vgl. BMFSJ 2018, S. 33)
17
Zugang zu den Medien; Kinder-
und Jugendschutz
Recht auf Medien
Beteiligungsrecht
Film bpb "Kinderrechte raten"
(vgl. bpb 2022d)
22
Flüchtlingskinder
Recht auf besonderen Schutz
und Hilfe für Flüchtlingskinder
Schutzrecht
Einteilung logo!: Schutz vor
Ausbeutung und Gewalt (vgl. BMFSJ 2018, S. 52ff.)
23
Förderung behinderter Kinder
Recht auf besondere Förderung
und Unterstützung für behinderte Kinder
Förderrecht
Poster UNICEF (vgl. Deutsches
Komitee für UINCEF 2023g)
24
Gesundheitsvorsorge
Recht auf Gesundheit
Förderrecht
Einteilung logo!: Recht auf
Fürsorge (vgl. BMFSJ 2018, S. 32)
27
Angemessene
Lebensbedingungen; Unterhalt
Recht auf gute
Lebensverhältnisse
Schutzrecht
Einteilung logo!: Recht auf
Fürsorge (vgl. BMFSJ 2018, S. 30)
28
Recht auf Bildung; Schule;
Berufsausbildung
Recht auf Bildung
Förderrecht
Film bpb "Kinderrechte raten"
(vgl. bpb 2022d)
31
Beteiligung an Freizeit,
kulturellem und künstlerischem Leben; staatliche Förderung
Recht auf Spiel und Freizeit
Förderrecht
Film bpb "Kinderrechte raten"
(vgl. bpb 2022d)
32
Schutz vor wirtschaftlicher
Ausbeutung
Recht auf Schutz vor
ausbeuterischer Kinderarbeit
Schutzrecht
Einteilung logo!: Schutz vor
Ausbeutung und Gewalt (vgl. BMFSJ 2018, S. 45)
38
Schutz bei bewaffneten
Konflikten; Einziehung zu den Streitkräften
Recht auf Schutz im Krieg
Schutzrecht
Einteilung logo!: Schutz vor
Ausbeutung und Gewalt (vgl. BMFSJ 2018, S. 50f.)
43-54
"Diese Artikel erklären, wie
die Vereinten Nationen in
Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen wie UNICEF dafür sorgen wollen, dass die Kinderrechte eingehalten werden." (UNICEF 2023a)
u.a. Verfahrensregeln (Art.
42-45)
Hinweise zu den didaktischen Begründungen:Das Buch "Die Rechte der Kinder. von logo!einfach erklärt" (BMFSJ 2018) beinhaltet eine sinnvolle Einteilung, die über
die Einteilung in Schutz-, Förder- und Beteiligungsrechte hinausgeht. Das Poster "Kinderrechte" von UNICEF (Deutsches
Komitee für UINCEF 2023g) umfasst mit dem 'Recht auf besondere Förderung und
Unterstützung bei Behinderung' ein Kinderrecht, das grundlegend von Bedeutung und im schulischen Kontext vor
dem Hintergrund des Inklusionsbestrebens im Bildungssystem besonders relevant erscheint.Der Film "Kinderrechte raten" der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb 2022d) kommt im Verlauf der Unterrichtseinheit zum Einsatz.
Intentionen
In dem 2013 veröffentlichten
Perspektivrahmen Sachunterricht spricht die Gesellschaft für Didaktik des
Sachunterrichts davon, dass Ausrichtung und Anliegen des Sachunterrichts […]
als zu fördernde Kompetenzen und Kompetenzerwartungen" (GDSU 2013, S. 12) beschrieben
werden können. Nach Weinert (2001, S. 27f.) sind Kompetenzen "die bei
Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und
Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen
motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um
die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll
nutzen zu können".
Die folgenden Ziele stellen
Lernziele dar, die sich sowohl auf Inhalt als auch auf Methoden beziehen (vgl.
Tänzer 2010, S. 104). Sie werden auch als Verhaltensdispositionen bezeichnet,
was verdeutlichen soll, dass sie "nicht zwangsläufig beobachtbar" (ebd., S.
102) sind. Die Ziele sind nach Stunden
sortiert und orientieren sich in ihrer Reihenfolge an deren Aufbau.
Erste (Doppel-)Stunde
Die Schüler*innen könnenBedürfnisse / Wünsche von Kindern erkennen und nennenBedürfnisse / Wünsche von Kindern priorisieren / gewichtenKinderrechte nennenBedürfnissen / Wünschen von Kindern entsprechende
Kinderrechte zuordnenzwischen Bedürfnissen / Wünschen und Rechten von Kindern unterscheideneine Verbindung zwischen den Kinderrechten und dem
eigenen Leben herstellen
Zweite (Doppel-)Stunde
Die Schüler*innen könnenbegründen, warum bestimmte Kinderrechte
bedeutsam sinddie Umsetzung von Kinderrechten in der Schule
beurteilenVorschläge zur Verbesserung der Umsetzung von
Kinderrechten in der Schule machen
Dritte (Doppel-)Stunde
Die Schüler*innen könnenin einer Gruppe auswählen, welche Inhalte zu
einem bestimmten Kinderrecht auf einem Plakat Platz finden sollenin einer Gruppe ein Plakat zu einem Kinderrecht gestaltenin einer Gruppe ein Plakat zu einem Kinderrecht
präsentieren
Aufbau der Unterrichtseinheit
Die folgenden Ausführungen sind auch als Übersicht in tabellarischer Form verfügbar. Die Übersicht orientiert
sich an klassischen Unterrichtsskizzen, um im Unterricht als Leitfaden genutzt
werden zu können. (Sie befindet sich auch noch einmal im Anhang.)
Die Unterrichtseinheit besteht
aus drei obligatorischen Stunden und einer fakultativen Stunde. Sie können je
nach Vorwissen, Arbeitstempo etc. der Schüler*innen als Einzel- oder als
Doppelstunden durchgeführt werden.
Erste (Doppel-)Stunde:
Kinderrechte – Welche Rechte habe ich?
Die erste (Doppel-)Stunde mit dem
Thema 'Kinderrechte – Welche Rechte habe ich?' dient dazu, die KRK
kennenzulernen und ihren Nutzen und ihre Schwerpunkte zu verstehen. Außerdem
werden "ausgewählte [...] Kinderrechte" (siehe didaktische Überlegungen, Thema und
Inhalte) besprochen und eigene Ausgaben der KRK angefertigt.Dafür werden in
einem ersten Schritt (Einstieg) Bedürfnisse / Wünsche von Kindern durch die Schüler*innen
genannt. Als Sozial- und Sitzform wird ein Stuhlkreis empfohlen. Die Lehrkraft (LK)
notiert die Bedürfnisse / Wünsche auf bunten Karten, die in die Mitte
des Stuhlkreises gelegt werden. Dies bietet den Vorteil, dass die daraufhin
folgende Diskussion zum Stellenwert der einzelnen Bedürfnisse / Wünsche durch
Verschieben der Karten visualisiert werden kann. Sie soll zeigen, dass einige
Bedürfnisse zentraler, umfassender oder weitreichender sind als andere. Von großer Bedeutung ist hierbei, dass kein Konsens innerhalb der Klasse erzielt werden muss. Kindern können unterschiedliche Dinge wichtig sein. Ein offener Austausch, während welchem jede Meinung gehört wird, dient der Horizonterweiterung oder der Festigung des eigenen Standpunkts. Es
sollte darauf geachtet werden, zwischen den Bedürfnis-Karten ausreichend Platz
zu lassen, um zur Verdeutlichung des Nutzens der Kinderrechte in der Phase der Erarbeitung Kinderrechte-Karten hinzulegen zu können (ausführlicher
siehe unten). Die
Bedürfnis-Karten sollten nicht vorher vorbereitet sein. Dies würde unter
Umständen die Assoziationsfreiheit der Schüler*innen einschränken, da der
Eindruck entstehen könnte, bestimmte, 'richtige' Bedürfnisse nennen zu müssen. Je
nach Gesprächsverlauf kann die LK eine Frage dazu stellen, wie die genannten
Bedürfnisse / Wünsche garantiert werden könnten, um damit zur nächsten Phase,
der Hinführung, überzuleiten. (Eine Formulierungsidee hierzu findet sich im Anhang.)In
der Phase der Hinführung informiert die LK die Schüler*innen über die KRK, genauer über
ihre Entstehung, ihren Ratifizierungsstatus, ihren Umfang und die Umsetzung durch
Staaten und Organisationen sowie ihre Überprüfung mittels Staatenberichten und
dem Kinderrechtsausschuss der VN. (Auch hier kann eine Formulierungsidee im
Anhang eingesehen werden.) Es bietet sich an, in diesem Zusammenhang die Artikel
1 und 2 der kinderfreundlichen Version der KRK (Deutsches Komitee für UNICEF
2023a) vorzulesen, um konkrete Einblicke zu gewähren, über die Existenz eines
Gesetzestextes explizit für Kinder zu informieren sowie zu der Phase der
Erarbeitung überzuleiten. Die kinderfreundliche Version der KRK kann hier sowohl
online heruntergeladen als auch kostenfrei als Printausgabe bestellt werden. Im
Anschluss an die Hinführung kann die KRK im Klassenzimmer platziert werden, um
den Schüler*innen die Möglichkeit zu geben, ihre Rechte zu jeder Zeit nachlesen zu können.In der Phase der Erarbeitung werden die Schüler*innen dazu
aufgefordert, mögliche Kinderrechte zu nennen. Diese werden in Form
vorbereiteter Kinderrechte-Karten (Kopiervorlagen unter Material Unterrichtseinheit Kinderrechte im Anhang) den bereits im
Stuhlkreis liegenden Bedürfnis-Karten zugeordnet. Gegebenenfalls können weitere
Bedürfnis-Karten beschriftet werden. Als Differenzierung können an dieser Stelle Murmelphasen zu zweit eingebaut werden. Auf den Kinderrechte-Karten befindet
sich eine kinderfreundliche Beschreibung des entsprechenden Kinderrechts (siehe
didaktische Überlegungen, Thema und Inhalte) sowie eine Visualisierung, die eine Situation darstellt, in der das Kinderrecht zur Anwendung kommt / kommen sollte. Es
wird empfohlen, die Kinderrechte-Karten auf weißes Papier zu drucken, um sie visuell gut von den bunten Bedürfnis-Karten unterscheiden zu können. Bei Nennung eines nicht vorbereiteten
Kinderrechts kann dieses problemlos auf einem weiteren, weißen Blatt Papier notiert
werden. Eine Diskussion über mögliche Visualisierungen regt die Auseinandersetzung mit
dem Kinderrecht weiter an. Es sollte in jedem Fall auf die Exemplarität der
ausgewählten Kinderechte eingegangen werden und ein Austausch über den
Zusammenhang zwischen Bedürfnissen und Kinderrechten und somit den Nutzen der
KRK stattfinden. (Eine Formulierungsidee findet sich im Anhang.) Weiterhin wichtig
ist es, die Ausgestaltung der Kinderrechte gut zu erklären und alle
aufkommenden Fragen zu beantworten, um die Etablierung von Fehlkonzepten, zum
Beispiel in Bezug auf Kinderarbeit, zu vermeiden. Es kann dazu kommen, dass
einigen Wünschen kein Kinderrecht zugeordnet werden kann. An dieser Stelle kann
die LK, sofern dies nicht bereits ohne ihr Zutun geschieht, einen Austausch
über die Gründe dafür – beispielsweise die Nichtauswahl des entsprechenden
Kinderrechts oder die eingeschränkte Reichweite des Wunsches – anstoßen. Es
bietet sich an, den Unterschied zwischen einem Recht und einem Wunsch explizit
zu verdeutlichen (ausführlicher siehe Formulierungsideen).Zur
Ergebnissicherung gestalten die Schüler*innen in Einzelarbeit ihre eigene
Ausgabe der KRK. (Eine Kopiervorlage für die einzelnen Seiten findet sich unter Material Unterrichtseinheit Kinderrechte im Anhang.) Pro Kinderrecht soll eine Seite
gestaltet werden. Die Anzahl der Kopien hängt demnach von Klassenstärke und
Anzahl der ausgewählten Kinderrechte ab. Die gestalteten Seiten können
anschließend mit einem Heftstreifen oder einem Faden gebunden werden. Die Anordnung
der Kinderrechte innerhalb ihrer Konvention soll von den Schüler*innen selbst
bestimmt werden, um zu bewirken, dass sie noch einmal individuell über die
Bedeutsamkeit der entsprechenden Kinderrechte nachdenken. Logistisch empfiehlt sich die reguläre Sitzform. Währenddessen kann die LK
die sortierten Bedürfnis- und Kinderrechte-Karten gut sichtbar im Klassenzimmer anbringen,
um den Schüler*innen zu ermöglichen, sich die gemeinsame Erarbeitung jederzeit
wieder ins Gedächtnis zu rufen.Sollte es Schüler*innen geben, die früher
fertig werden als andere, kann auf geeignetes, kostenfreies Zusatzmaterial der Bundeszentrale für politische Bildung und / oder der Kinder-Nachrichtensendung logo! zum Thema Kinderrechte zurückgegriffen werden. (Hinweise dazu finden sich auch in der letzten Zeile der Übersicht über die Unterrichtseinheit. Außerdem sei auf die Liste mit zu empfehlendem Unterrichtsmaterial im Anhang verwiesen).
Zweite (Doppel-)Stunde:
Kinderrechte – Wie können wir sie umsetzen?
Die zweite (Doppel-)Stunde beschäftigt
sich mit dem Thema 'Kinderrechte – Wie können wir sie umsetzen?', wobei es sich
um die Umsetzung in der Schule handelt (ausführlicher siehe didaktische
Überlegungen, Thema und Inhalte).Zuvor werden die Inhalte der letzten
(Doppel-)Stunde wiederholt. Ein Film der Bundeszentrale für politische Bildung
(bpb 2022b, 0:27-2:52) bereitet drei Kinderrechte so auf, dass sie durch die
Betrachter*innen erraten werden können. Der Film muss dazu nicht in kompletter
Länge gesehen werden, zumal insbesondere sein Schlussteil keinen sinnvollen
Zusammenhang zur Unterrichtseinheit aufweist. In Anlehnung an
Diskussionsvorschläge der Bundeszentrale für politische Bildung wird vorgeschlagen, im Anschluss an die Nennung
des Kinderrechts noch einmal seine Bedeutsamkeit zu thematisieren. Außerdem bietet es
sich unter Umständen an, ebenfalls wiederholend auf den Inhalt des Kinderrechts
einzugehen. (Formulierungsideen finden sich im Anhang.) Um auch die weiteren, in
der vorausgegangenen Stunde eingeführten Kinderrechte zu wiederholen, folgt
eine Übertragung des Formats des Films auf die Klassenebene: Freiwillige
Schüler*innen beschreiben ein Kinderrecht, ohne dessen Bezeichnung zu nennen,
während die anderen raten. Die Diskussion über Inhalt und Bedeutsamkeit als
etablierte Struktur und relevanter Teil, um das Verständnis zu sichern,
mögliche Lücken zu ergänzen und Fehlvorstellungen zu korrigieren, schließt an. Als
Sitzform wird der Kinositz vorgeschlagen. In dem zweiten Teil der Wiederholung kann
das entsprechende Kind zur Beschreibung seines Kinderrechts vor die Klasse
treten und mit Überblick über seine Mitschüler*innen Antworten entgegennehmen.
Dieser Teil der Stunde bringt eine natürliche Differenzierung mit sich, solange
alle Schüler*innen auf freiwilliger Basis die Rolle eines vortragenden oder
eines zuhörenden und gegebenenfalls ratenden Kinds einnehmen.Die Phase der
Erarbeitung beinhaltet eine Untersuchung und Diskussion der Umsetzung der Kinderrechte in der
Schule. Dies kann, je nach Vorerfahrungen und regulärer Sitzform der Klasse, in Partner-
oder Gruppenarbeit geschehen. Ein Arbeitsblatt, das vier Spalten umfasst und so
neben der Möglichkeit der Verschriftlichung der Zustände auch Platz für das
Notieren von Lösungsvorschlägen bietet, dient der Ergebnissicherung des
Austausches. (Die Kopiervorlage des Arbeitsblatts befindet sich auch im Anhang unter Material Unterrichtseinheit Kinderrechte.) Entsprechend der Möglichkeiten
der Einhaltung der Aufsichtspflicht kann erwogen werden, die
Schüler*innengruppen im Schulgebäude oder auf dem Schulgelände Hinweise auf
Kinderrechte finden zu lassen. Vermutlich wird beispielsweise das Recht auf
Gesundheit eher bedacht, wenn die Kinder vor oder in der Mensa stehen. Auch hier empfiehlt es sich, Zusatzmaterial für schneller arbeitende Schüler*innen zur Verfügung zu stellen.Um die Ergebnisse
vergleichen und einordnen und die Lösungsvorschläge diskutieren zu können, wird
in der Phase der Ergebnissicherung im Stuhlkreis ein Austausch durch die LK
moderiert. Sie hat an dieser Stelle außerdem die Möglichkeit, auf Kinderrechte hinzuweisen, die nicht genannt werden. Sollte die Idee nicht von der Klasse selbst kommen, kann
die LK als eigenen Vorschlag die Plakatgestaltung einbringen, die in der
kommenden, dritten (Doppel-)Stunde durchgeführt werden soll. Die weiteren Lösungsvorschläge
können auf einem Plakat gesammelt und im Klassenzimmer angebracht werden, um in
der vierten (Doppel-)Stunde darauf zurückgreifen zu können.
Dritte (Doppel-)Stunde:
Kinderrechte – Wir setzen sie um!
(Doppel-)Stunde 3 'Kinderrechte –
Wir setzen sie um!' beinhaltet die Gestaltung von Plakaten zu den
Kinderrechten, um die Bekanntheit dieser in der Schule zu erhöhen.Für die Durchführung
in Gruppen wird empfohlen, die Schüler*innen nach klasseneigenen Methoden
einzuteilen und vorab über das Verhalten in Gruppen, wie beispielsweise die
Rollenverteilung oder den Umgang miteinander, zu sprechen. Je nach Anzahl der
"ausgewählten [...] Kinderrechte" (siehe didaktische Überlegungen, Thema und Inhalte),
können die Gruppen unterschiedlich groß sein. Es kann sich auch auf einige
zentrale Kinderrechte beschränkt werden. Die Zuordnung von Kinderrechten zu
entsprechenden Gruppen kann per Zufallsprinzip oder beispielsweise anhand der von
den Schüler*innen in der vorherigen, zweiten (Doppel-)Stunde in PA / GA
gefundenen und geschilderten Kinderrechte erfolgen. Das bereits angesprochene
Zusatzmaterial kann erneut für schneller arbeitende Schüler*innen zum Einsatz kommen.
Eine weitere Möglichkeit ist, diese Schüler*innen andere Gruppen unterstützen zu lassen.
Die kinderfreundliche Version der KRK und die sortierten Bedürfnis- und
Kinderrechte-Karten im Klassenzimmer sowie die eigenen Ausgaben der KRK können
als inhaltliche Stütze dienen. Es bietet sich darüber hinaus an, vorab zu
klären, welche Inhalte die Plakate umfassen sollen, um eine möglichst hohe
Informationsdichte und Einheitlichkeit aller Plakate zu gewährleisten.In der
Phase der Ergebnissicherung werden die Plakate im Kinositz präsentiert, bevor sie gemeinsam im Schulhaus angebracht werden. Die LK stellt ebenfalls ein
Plakat vor, was Informationen zu Hilfemöglichkeiten / Anlaufstellen beinhaltet, die bei Verletzung
oder Missachtung der eigenen Kinderrechte oder der anderer aufgesucht
beziehungsweise kontaktiert werden können. (Eine Plakatvorlage und Ideen zur Präsentation
finden sich im Anhang unter Material Unterrichtseinheit Kinderrechte und Formulierungsideen.)
Vierte (Doppel-)Stunde:
Kinderrechte – Wir setzen sie um!
Die vierte (Doppel-)Stunde ist
fakultativ. Sie befasst sich ebenfalls mit dem Thema 'Kinderrechte – Wir setzen
sie um!' und bietet Raum, die weiteren Lösungsvorschläge der Schüler*innen aus
der Erarbeitungsphase der zweiten (Doppel-)Stunde anzugehen.Darüber hinaus
könnten auch das Aufzeigen der Möglichkeit der Partizipation in einem
Kinderparlament in der eigenen oder einer nahe gelegenen Stadt oder die Vorbereitung einer Teilnahme an der UNICEF-Aktion 'Wir reden mit!', die jedes Jahr am Tag der
Kinderrechte (20.11) stattfindet (vgl. Deutsches Komitee für UNICEF 2023i), Inhalt sein. Zu der Planung und Durchführung eines eigenen Projekts können Informationsmaterialien bei der Bundeszentrale für politische Bildung eingesehen werden (vgl.
Sander 2013).
Abwandlungen / Anpassung an
andere Klassenstufen
InsgesamtAnpassung der Anzahl der "ausgewählte[n] [...] Kinderrechte"
Erste (Doppel-)StundeEinstieg: Bedürfnisse mündlich, keine PriorisierungHinführung: Anpassung der InformationsmengeErarbeitungKinderrechte-Karten: keine Schrift, nur VisualisierungZusammenhang von Kinderrechten und Bedürfnissen
mündlichErgebnissicherung: in zu gestaltenden Ausgaben
der KRK ist kinderfreundlicher Titel des Kinderrechts / Schlagwort zur
Verdeutlichung des Kinderrechts (z.B. Bildung, Gesundheit…) bereits vorhanden
(von LK vor dem Kopieren auf Kopiervorlage notiert), Kinder malen ausschließlich dazu
Zweite (Doppel-)StundeErarbeitung: gemeinsamer Gang durch das
Schulhaus / über das Schulgelände und Thematisierung der Kinderrechte vor Ort,
kein ABErgebnissicherung: Sammeln von
Lösungsvorschlägen im Plenum, LK notiert Vorschläge auf Plakat mit
Dritte (Doppel-)StundeGestaltung von Bildern zu Kinderrechten (anstatt
von Plakaten): auch in EA möglich, freie Wahl des Kinderrechts möglichErgebnissicherung: keine Präsentation, Anbringen
der Bilder unterhalb vorbereiteter Schriftzüge mit kinderfreundlichen Titeln der
Kinderrechte (durch LK vorbereitet)
Vierte (Doppel-)StundeBereits angepasst an die Interessen der
Schüler*innenAnpassung an Kapazitäten der Schüler*innen
Erwogene Alternativen
Alternative
Begründung
für deren Ausschluss
Kinderrechte in aller Welt
- 'Kinder in aller Welt' eigenes Thema des baden-württembergischen Bildungsplans für Klassen 1/2 und 3/4: Standards für inhaltsbezogene Kompetenzen > Kultur und Gesellschaft (vgl. Ministerium für Kultus, Jugend und Sport 2016, S. 17, 35)- großer
Vorbereitungs- und Zeitaufwand, um zu vermeiden, dass sich Stereotype /
Generalisierungen / Machtgefälle (gebildet – ungebildet, reich – arm, modern
– vormodern) etablieren und auf die Klassenebene übertragen werden
Fokus auf ein Recht im Besonderen
- wurde
bereits in Blogbeitrag Kinderrechte unterrichten mit Astrid Lindgren (Reusch
2018) umgesetzt
- Wahl
eines Kinderrechts und somit Hervorhebung dieses Kinderrechts schwierig (wenn dann Recht
auf Bildung (s. unten))
Umsetzung in Deutschland:
Bildungs-ungerechtigkeit
- eher
anspruchsvoll und umfangreich
- von
Bundeszentrale für politische Bildung für Klassen 5-8 empfohlen (vgl. Sander
et al. 2013)
Debatte: Kinderrechte ins
Grundgesetz
- aktuelle
Thematik, Unterrichtseinheit könnte schnell inhaltlich überarbeitet werden
müssen
- Berücksichtigung
des Kontroversitätsgebots (Beutelsbacher Konsens) schwierig
Abkürzungsverzeichnis
CRC = Convention on the Rights of the Child
BMFSFJ = Bundesministerium für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend
BMZ = Bundesministerium für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
bpb = Bundeszentrale für
politische Bildung
DIMR = Deutsches Institut für
Menschenrechte
EA = Einzelarbeit
GA = GruppenarbeitGDSU = Gesellschaft für Didaktik des Sachunterrichts
KRK = Konvention über die Rechte
des Kindes, kurz: Kinderrechtskonvention
LK = Lehrkraft
PA = Partnerarbeit
UN = United Nations (engl. für:
Vereinte Nationen)
UNICEF = United Nations International
Children's Emergency Fund
VN = Vereinte NationenAnhang
Übersicht Unterrichtseinheit Kinderrechte
Material Unterrichtseinheit Kinderrechte
Formulierungsideen Unterrichtseinheit KinderrechteListe zu empfehlendes Unterrichtsmaterial KinderrechteLiteraturverzeichnis Kinderrechte