"Frauen spenden mehr als Männer, Alte mehr als Junge. Auch das Einkommen hat einen wichtigen Einfluss auf das Spendenverhalten. All das gilt allerdings nur für Geldspenden. Bei der Blutspende sind die sozialen und finanziellen Unterschiede viel weniger von Belang. Hier spenden nahezu alle Schichten und Klassen gleich - allerdings auch viel seltener. Während 2010 fast 40 Prozent aller Deutschen Geld spendeten, gaben nur sieben Prozent von ihrem eigenen Blut." (Autorenreferat)
"In der Diskussion um die Integration von Zuwanderern in Deutschland wird vielfach übersehen, dass Deutschland nicht nur ein Einwanderungsland, sondern in stärkerem Maße auch ein Auswanderungsland ist. Das gilt vor allem für die Deutschen selbst. So hat der Anteil der Deutschen an allen Auswanderern in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Von den fast 750 000 Menschen, die Deutschland im Jahr 2009 verlassen haben, besitzen 155 000 die deutsche Staatsangehörigkeit. Nach den Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) hat sich 2009 jeder achte Deutsche ernsthaft Gedanken um einen Umzug ins Ausland gemacht. Davon überlegt jeder Dritte, sein Heimatland für immer zu verlassen, und jeder Elfte denkt darüber nach, Deutschland innerhalb der nächsten zwölf Monate den Rücken zu kehren. Vor allem bereits gesammelte Auslandserfahrungen sowie Freundschaften im Ausland spielen für die Wanderungsabsichten eine wichtige Rolle. Hochschulabsolventen ziehen häufiger einen zeitlich befristeten Fortzug vor. Die Sorge, dass Deutschland immer mehr Hochqualifizierte an das Ausland verliert, ist daher zurzeit nicht begründet." (Autorenreferat, IAB-Doku)
Vertrauen ist in den letzten Jahren zu einem ambivalenten Schlüsselbegriff geworden, der in Debatten um den vermeintlichen Vertrauensverlust im öffentlichen Leben wie gegenüber Politikern und Institutionen aufgegriffen wird. Der Begriff wird auch als Ursache für die Krise auf den globalen Finanzmärkten herangezogen, etwa aufgrund des zu hohen Grades an "blindem Vertrauen" bei Kreditnehmern und Kreditgebern. Nach den 2003 und 2008 erhobenen Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) zum persönlichen Vertrauen von in Deutschland lebenden Erwachsenen beträgt der Anteil der Personen, die ein hohes Maß an Vertrauen in Mitmenschen äußern, stabil 14 Prozent. Der Anteil derjenigen, die zu beiden Zeitpunkten einen geringen Grad an Vertrauen angaben, liegt bei etwa 40 Prozent. Bei Erwachsenen, die in den alten Bundesländern leben, ist das Vertrauensniveau höher als in Ostdeutschland. Während arbeitslos Gemeldete eher geringes Vertrauen haben, verfügen Akademiker und Selbständige über das höchste Vertrauensniveau. Für das Maß an Vertrauen spielen unveränderbare oder nur wenig entwickelbare Persönlichkeitsmerkmale wie Offenheit und Gewissenhaftigkeit eine Rolle, aber auch sozio-demografische Merkmale sowie die kurzfristige gesellschaftliche Integration. Die gesellschaftliche Ressource "Vertrauen" ist also auch gesellschaftlich beeinfluss- und herstellbar.
Heute ist das SOEP eine national und international anerkannte Längsschnittstudie, die von zahlreichen Wissenschaftlern im In- und Ausland intensiv genutzt wird und die in Kürze ihr 25-jähriges Jubiläum feiern kann. Sehr viele wissenschaftliche Publikationen in Fachzeitschriften, Monografien, Gutachten für die Politikberatung und Beiträge in Medien beruhen auf den Daten des SOEP. Ursprünglich trug das SOEP im wissenschaftlichen Bereich den Namen "Das Sozio-ökonomische Panel". In der Kurzform sprachen fast alle aber nur vom "Panelprojekt" bzw. vom "Panel", Begriffe, die in den 80er Jahren zumindest in Deutschland noch eindeutig waren, weil es damals nur vergleichbare Längsschnittstudien in den USA und erste Ansätze im europäischen Ausland gab. Die Autoren verwenden noch heute gerne diese Kurzform, so auch in diesem Beitrag. Der Gründungsvater des Panelprojekts, Hans-Jürgen Krupp, hat bereits beschrieben, wie es zu der Idee kam, eine solche Längsschnittstudie für die Bundesrepublik Deutschland aufzubauen, wie und in welchem Kreis von Wissenschaftlern und Institutionen das Projekt vorbereitet wurde und welche Schwierigkeiten dabei zu bewältigen waren (vgl. Krupp 2007 und in diesem Heft). Mit diesem Beitrag soll daran anschließend der Projektverlauf in den Jahren 1983 bis 1989 beschrieben werden (für die Jahre danach vgl. Wagner in diesem Heft), ein Zeitraum, in dem die praktischen Erfahrungen mit den ersten sechs Panelwellen gesammelt wurden und wo es ständig um das Überleben und die Weiterfinanzierung dieses Großprojekts ging. In der Rückschau betrachtet wurden in dieser Zeit eine Reihe von Grundlagen erarbeitet und/oder praktiziert, die heute noch Vorbildcharakter haben können, wenn es z. B. um so moderne Schlagworte wie "Governance", Teamfähigkeit, Serviceeinrichtung, Datenqualität und Datenweitergabe geht. Dieser Beitrag endet mit dem Jahr 1989, dem Jahr, in dem keiner der Beteiligten anfangs erwartet oder gar vermutet hatte, dass es zu einer Wiedervereinigung von West- und Ost deutschland kommen würde und sich damit die Grundgesamtheit für Stichproben, so auch die des Sozio-ökonomischen Panels, von heute auf morgen total verändern würde. Gleichzeitig war das Jahr 1989 das Jahr, in dem Gert G. Wagner nach einer Interimsphase die Projektleitung von Hans-Jürgen Krupp übernahm, der 1988 von der Wissenschaft in die Hamburger Politik gewechselt war. Der Beitrag versucht weiterhin aufzuzeigen, dass während der Anfangsjahre des gemeinsamen Aufbaus zusammen mit dem Sonderforschungsbereich 3 "Mikroanalytische Grundlagen der Gesellschaftspolitik" (im Folgenden Sfb 3) der Universitäten Frankfurt und Mannheim das Panel am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin sowohl zunehmend enger mit den außeruniversitären sozialwissenschaftlichen Forschungsinstitutionen wie auch mit den beiden Westberliner Universitäten kooperierte. Dieses feste institutionelle Fundament in Berlin zusammen mit dem wachsenden guten Ruf als Serviceeinrichtung für die gesamten mikroanalytisch ausgerichteten Sozial- wie Wirtschaftswissenschaften sind vermutlich die wesentlichen Gründe für die vertrauensvolle Weiterförderung des Panelprojekts auch nach Ausscheiden des Gründers Hans-Jürgen Krupp aus dem DIW sowie nach Auslaufen des Gründungspaten Sfb 3. Heute zählt das SOEP zu den Leuchttürmen erfolgreicher außeruniversitärer sozial- und wirtschaftswissenschaftlicher Forschungsstätten in Deutschland.
Der Beitrag analysiert den Zielkonflikt zwischen Leistungs- und Bedarfsgerechtigkeit in modernen Wohlfahrtsstaaten und das fundamentale Problem, weshalb die Abgabenund Steuerlast von den Bürgern akzeptiert wird. Es wird die Frage beantwortet, inwieweit ein auf der Makroebene der Gesellschaft bestehendes Steuerungsproblem moderner Wohlfahrtsstaaten auch in der individuellen Wahrnehmung Gerechtigkeitsprobleme erzeugt. Anhand von repräsentativen Befragungsergebnissen eines theoriegeleiteten Erhebungsmoduls der Längsschnittstudie Sozio- oekonomisches Panel (SOEP) aus den Jahren 2005 und 2007 wird untersucht, wie Erwerbstätige ihr Einkommen unter dem Aspekt der Lohngerechtigkeit bewerten und welche Bedeutung dabei wohlfahrtsstaatliche Eingriffe haben. Ein zentrales Ergebnis der Analysen stellt der vergleichsweise hohe Anteil derjenigen dar, die ihr Erwerbseinkommen als gerecht wahrnehmen. Der in der Literatur für die Makroebene der Gesellschaft konstatierte normative Zielkonflikt zwischen Leistungs- und Bedarfsgerechtigkeit scheint auf der individuellen Ebene nicht wirklich zu bestehen, wie der Beitrag sowohl theoretisch als auch empirisch zu zeigen versucht. Ein bedeutsames empirisches Ergebnis ist, dass das subjektive Empfinden gerechter Entlohnung nicht geschmälert wird durch die Abgabenbelastung des eigenen Einkommens. Auch Bezieher hoher Einkommen beurteilen ihre Einkommen keineswegs als ungerecht. Ein weiteres Ergebnis der Analysen besteht darin, dass Transferzahlungen des Staates die individuellen Ungerechtigkeitsempfindungen im Hinblick auf das eigene Einkommen nicht kompensieren können; offen erkennbare Transferzahlungen werden von den erwerbstätigen Empfängern möglicherweise als diskriminierend empfunden. ; The article analyzes the conflict of social justice norms within modem welfare states - the guarantee of just compensation for individual efforts and the provision of support based on individual need - in order to answer the fundamental question of why citizens accept the financial burden of welfare states. We ask if modem welfare states' governance problems at the macrosocial level lead to perceptions of injustice at the individual level. Based on representative data from a theory-driven supplemental survey to the longitudinal German Socio-Economic Panel (SOEP) study, we investigate how employed persons evaluate the fairness of their own earnings and the effects of welfare state interventions. An important finding is the high percentage of employed persons in Germany who considered their income to be fair. The article shows - both empirically and theoretically - that the normative conflict between effort and need based concepts of justice posited in the literature at the macrosocial level does not exist at the individual level. An important empirical result is that the subjective perception of being paid fairly is not decreased by a higher tax burden on individual income. Furthermore, high-income earners by no means perceive their income as unjust. A further important result of the analysis is the finding that government transfers do not have a moderating effect on perceived injustice of personal income; openly recognizable transfer payments may even be perceived as discriminatory.
"Seit einiger Zeit mehren sich die Stimmen, die für Deutschland eine 'soziale Schieflage' konstatieren und im Namen sozialer Gerechtigkeit Korrekturen fordern. So haben die Reallöhne in den vergangenen Jahren stagniert, teilweise sind sie sogar zurückgegangen. Zugleich kann eine Zunahme von Einkommensungleichheit beobachtet werden. Diese Entwicklung spiegelt sich auch in der subjektiven Bewertung der eigenen Einkommensposition wider. Der Anteil derjenigen Erwerbstätigen, die sich ungerecht entlohnt fühlen, hat von rund 26 Prozent im Jahr 2005 auf rund 35 Prozent im Jahr 2007 zugenommen. In Westdeutschland war der Anstieg deutlich stärker als in Ostdeutschland. Vor allem bei den Beziehern mittlerer Einkommen verstärkt sich offenbar das Gefühl, ein ungerechtfertigt niedriges Einkommen zu erhalten. Die Analyse zeigt auch, dass individuell empfundene Ungerechtigkeit durchaus gesellschaftlich bedeutsame Konsequenzen haben kann. So weisen diejenigen, die sich ungerecht entlohnt fühlen, mehr krankheitsbedingte Fehltage auf als andere Beschäftigte." (Autorenreferat)
"Seit einiger Zeit mehren sich die Stimmen, die für Deutschland eine 'soziale Schieflage' konstatieren und im Namen sozialer Gerechtigkeit Korrekturen fordern. So haben die Reallöhne in den vergangenen Jahren stagniert, teilweise sind sie sogar zurückgegangen. Zugleich kann eine Zunahme von Einkommensungleichheit beobachtet werden. Diese Entwicklung spiegelt sich auch in der subjektiven Bewertung der eigenen Einkommensposition wider. Der Anteil derjenigen Erwerbstätigen, die sich ungerecht entlohnt fühlen, hat von rund 26 Prozent im Jahr 2005 auf rund 35 Prozent im Jahr 2007 zugenommen. In Westdeutschland war der Anstieg deutlich stärker als in Ostdeutschland. Vor allem bei den Beziehern mittlerer Einkommen verstärkt sich offenbar das Gefühl, ein ungerechtfertigt niedriges Einkommen zu erhalten. Die Analyse zeigt auch, dass individuell empfundene Ungerechtigkeit durchaus gesellschaftlich bedeutsame Konsequenzen haben kann. So weisen diejenigen, die sich ungerecht entlohnt fühlen, mehr krankheitsbedingte Fehltage auf als andere Beschäftigte." (Autorenreferat, IAB-Doku)
The article discusses the conflict of goals between fair compensation for performance and equitable support based on need in modern welfare states, which is a subject of controversy in various disciplines. It answers the question of the extent to which this policy problem of modern welfare states, which is an issue at the macrosocial level, also creates individual perceptions of problems of equity. Based on survey results of a theory-driven supplemental survey of the longitudinal study of the German Socio-economic Panel (SOEP), it was investigated how employed persons evaluated their income with respect to the fairness of earnings and what effect welfare state interventions have. An important result of the analyses is the high proportion of persons who considered their earned income to be fair. Only a quarter of those employed in Germany consider their remuneration to be unfair. Thus it appears that the normative conflict of goals between fair compensation for performance and equitable support based on need described in the literature for the macrosocial level does not really exist at the individual level, as the article discusses theoretically with reference to new multidisciplinary work and also demonstrates empirically. An unexpected result of the analyses is that transfer payments by the government cannot compensate for perceptions of unfairness with regard to individual income; openly recognizable transfer payments may be seen as discriminatory.
The article discusses the conflict of goals between fair compensation for performance and equitable support based on need in modern welfare states, which is a subject of controversy in various disciplines. It answers the question of the extent to which this policy problem of modern welfare states, which is an issue at the macrosocial level, also creates individual perceptions of problems of equity. Based on survey results of a theory-driven supplemental survey of the longitudinal study of the German Socio-economic Panel (SOEP), it was investigated how employed persons evaluated their income with respect to the fairness of earnings and what effect welfare state interventions have. An important result of the analyses is the high proportion of persons who considered their earned income to be fair. Only a quarter of those employed in Germany consider their remuneration to be unfair. Thus it appears that the normative conflict of goals between fair compensation for performance and equitable support based on need described in the literature for the macrosocial level does not really exist at the individual level, as the article discusses theoretically with reference to new multidisciplinary work and also demonstrates empirically. An unexpected result of the analyses is that transfer payments by the government cannot compensate for perceptions of unfairness with regard to individual income; openly recognizable transfer payments may be seen as discriminatory.
"Fragen zur 'gerechten' Besteuerung sind wissenschaftlich nicht zu beantworten. Freilich kann die empirische Wirtschafts- und Sozialforschung Informationen bereitstellen, die der Entscheidungsfindung des Gesetzgebers bezüglich eines konkreten Steuersystems dienen können. Dazu gehören auch Einschätzungen der Bürger zur Gerechtigkeit des Steuersystems. Im Rahmen seiner Langzeitstudie 'Soziooekonomisches Panel' hat das DIW Berlin zum Jahresanfang Fragen zur Gerechtigkeit der Einkommensteuer gestellt. Vorläufige Ergebnisse liegen jetzt vor. Die steuerliche Belastung ungelernter Arbeiter wird von fast zwei Dritteln aller Befragten als zu hoch eingeschätzt. Dagegen wird die Belastung von Vorstandsmitgliedern großer Unternehmen von drei Vierteln als zu niedrig angesehen; selbst zwei Drittel der befragten leitenden Angestellten glauben dies. Man kann aus diesen Ergebnissen keine unmittelbaren wirtschafts- und steuerpolitischen Schlussfolgerungen ziehen. Die Bewertung solcher Informationen ist ein genuin politischer Akt, der nur dem Gesetzgeber zusteht. Zumindest wird aber deutlich, dass in Fragen der Einkommen- und Steuergerechtigkeit in allen Schichten der Bevölkerung egalitärer gedacht wird, als es in breiten Teilen der öffentlichen Meinung und der Politik angenommen wird." (Autorenreferat, IAB-Doku)