Die Traditionslinien in der Sozialpolitikkonzeption der SPD (E. Heimann, Mackenroth, Auerbach) haben eine sozialdemokratische Neuinterpretation des an seine Grenzen geratenen Sozialstaats erschwert. Die von Konservativ-Liberalen (Ordo-/Neoliberalismus, katholische Soziallehre) variantenreich betriebene Reökonomisierung der Sozialpolitik und die von Links-Alternativen (Huber, Opielka) postulierte Soziologisierung der Sozialpolitik sind ernstzunehmende Herausforderungen sozialdemokratischer Konzeptionen. Zentrale Leitlinie einer neudefinierten sozialdemokratischen Sozialpolitik dürfte der Umbau des Sozialstaats durch eine stärker präventiv, integrativ, aktiv und qualitativ ausgerichtete Sozialpolitik sein. (MU)
Der Verfasser stellt das deutsche Modell des Tarifvertragssystems, dem im Vergleich zu anderen Ländern eine besondere Stabilität nachgesagt wird, vor dem Hintergrund neuerer Entwicklungen in Frage. Ökonomische, gesellschaftliche, politische und technologische Veränderungen haben zu einem besonderen Problemdruck geführt, der einerseits die integrative und produktionspolitische Funktion des Tarifvertragssystem stärkte. Andererseits demonstriert die Krise auch die begrenzte Wirksamkeit dieses Systems. Es wird von der Durchsetzung eines neuen tarifpolitischen Innovationsschubs in Richtung einer qualitativen Tarifpolitik in den Gewerkschaften abhängen, ob die Effektivität des Tarifvertragssystems erhalten werden kann. (RG)
Der Autor diskutiert kritisch Heidrun Abromeits Beitrag "Öffentlicher Zweck und öffentliche Kontrolle, Ansätze zu einer politischen Theorie der öffentlichen Unternehmung". Abromeits Ansätze, die die Möglichkeiten und Grenzen der politischen Steuerung durch Kontrolle öffentlicher Unternehmen aufzeigen, erscheinen dem Autor als zu eng und problemreduzierend. Die Darstellungen von Abromeit werden durch Beispiele aus der aktuellen Lage der öffentlichen Wirtschaft in der BRD widerlegt. Der Autor entwickelt dann eine eigene "politisch-ökonomische, historisch fundierte, strukturell differenzierte und steuerungstheoretisch abgesicherte Theorie der öffentlichen Wirtschaft". Mit der Skizzierung der historischen Entwicklung der Entwicklungsansätze der von der jeweiligen politischen Lage abhängigen öffentlichen Wirtschaft zeigt der Autor, daß es kaum möglich ist, eine generalisierende Theorie der öffentlichen Wirtschaft vorzulegen. Darüber hinaus macht er am Beispiel der unterschiedlichen Struktur der öffentlichen Wirtschaft in der BRD die Schwierigkeiten deutlich, "zu einer empirisch gehaltvollen politisch-ökonomischen Theorie der öffentlichen Wirtschaft zu gelangen, die auch dem Problem der politischen Steuerung und Kontrolle im Einzelfall noch gerecht werden kann". Abschließend geht der Autor auf die Notwendigkeit ein, sich ausführlich mit der "allgemeinen Theorie der Steuerung politisch-ökonomischer Systeme und Prozesse" zu beschäftigen, wobei insbesondere die Frage mit einbezogen werden muß, warum überhaupt öffentliche Unternehmen als Mittel staatlicher Politik eingesetzt werden. (RE)
Die Auswirkungen der ökonomischen, gesellschaftlichen, politischen und technischen Entwicklung auf den Spielraum der Gewerkschaften werden geschildert. Zu diesem Zweck wird ein Überblick über die Strategien der Tarifpolitik und über neuere programmatische Initiativen (Mitbestimmung, Arbeit und Technik, Umweltschutz) gegeben. Hieraus werden Schlußfolgerungen für das Selbstverständnis der Gewerkschaften und die Tarifpolitik gezogen. Demnach sind die Gewerkschaften weiterhin konflikt- und durchsetzungsfähiger Teil des Systems "antagonistischer Kooperation", und zusammen mit Arbeitgeberverbänden und Richterrecht Stabilisatoren dieses Systems. Aus programmatischer und organisationspolitischer Erneuerung der Gewerkschaften wird ein neuer Schub "qualitativer Tarifpolitik" erwartet. (IAB)
"Öffentlicher Zweck und öffentliche Kontrolle. Ansätze einer politischen Theorie der öffentlichen Unternehmung", S. 287-305. - Abromeits Beitrag leidet an einer "einschneidenden Problemreduktion" und einer "kaum gegenstandsangemessenen Verengung der Betrachtungsweise". Die kritische Stellungnahme zielt auf eine "politikökonomische, historisch fundierte, strukturell differenzierte und steuerungstheoretisch abgesicherte Theorie der öffentlichen Wirtschaft". (AuD-Br) + Anmerkungen zu dem vorstehenden Beitrag von Heidrun Abromeit
Gegen Ende der siebziger Jahre ist die Sozialpolitik wieder zunehmend in den Blickpunkt der politischen und wissenschaftlichen Diskussion geraten. Zur Beurteilung von Sozialpolitik ist es nützlich, diese als 'politisch kontroversen Prozeß' zu verstehen, in dem die Elemente Entstehung, Durchsetzung, Wirkung und Perspektivensetzung eine Rolle spielen. Für die 'Entstehungsseite' der Sozialpolitik sind 'normative Ziele', Partei- und Klientelorientierung sowie politische, administrative und wirtschaftliche Rahmenbedingungen maßgebend. Hier kann eine systemtheoretisch orientierte Begründung von Sozialpolitik ein sinnvoller Erklärungsansatz sein. 'Umsetzung' von Sozialpolitik ist unter den Gesichtspunkten 'Verrechtlichung', 'Ökonomisierung', 'Institutionalisierung' und 'Bürokratisierung' analysierbar. Besonders kontrovers werden in der öffentlichen wie wissenschaftlichen Diskussion die Wirkungen von Sozialpolitik beurteilt. Ebenso vielfältig sind alternative Vorstellungen (Re-Ökonomisierung, Politisierung, alternative Maßnahmen oder Organisationsformen). (WZ)
Die Sozialpolitik durch Tarifvertrag betrifft die Gesamtheit der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen, ihren Zusammenhang mit der Betriebsverfassung und mit der sozialen Lage der Arbeitnehmer. Ihre Inhalte zeigen besonders in der letzten Zeit eine deutliche Tendenz zur Ausdehnung. Diese Ausweitung betrifft sowohl den sachlichen Regelungsumfang als auch den personellen Geltungsbereich. Die wichtigsten neuen Gebiete sind die Humanisierung der Arbeit und die Arbeits- und Verdienstsicherung.