"Sowohl der seit 2001 andauernde 'Krieg gegen den Terrorismus' der USA (und ihrer Verbündeten) - mit Afghanistan und dem Irak als den ersten Schauplätzen und dem Iran in der Warteschleife - als auch die Einschränkungen von Bürger- und Freiheitsrechten, die viele Länder in zahlreichen 'Anti-Terror-Gesetzen' und administrativen Maßnahmen nach dem 11. September 2001 vorgenommen haben, künden von einer drohenden Obsoleszenz der Menschenrechte. Nicht wenige Beobachter halten den Abbau von Freiheitsrechten zugunsten staatlicher Sicherheits- und Militärbefugnisse für notwendig oder zumindest für temporär hinnehmbar. Menschenrechte werden dabei unter Opportunitätsvorbehalt gestellt. Damit haben sich die politischen Gelegenheitsstrukturen für Menschenrechtsorganisationen und -bewegungen radikal verändert. Dieser Beitrag unternimmt den Versuch, die Wirkungen von '9-11' auf Menschenrechts-NGOs zu beleuchten und deren Reaktionen auf die neue Situation sowie die Folgen für das transnationale Menschenrechtsregime insgesamt zu diskutieren." (Autorenreferat)
Sicherheit ist ein hohes Gut. Aber Sicherheit gibt es in Deutschland nicht für alle Menschen gleichermaßen. Gewalt und Bedrohung gehören leider für viele zum Alltag. Diese Menschen können sich an vielen Stellen nicht sicher fühlen, sei es im eigenen Zuhause, an öffentlichen Orten oder auch im digitalen Raum. In den letzten dreißig Jahren sind über 200 Menschen durch rechte Gewalt zu Tode gekommen. Nach Schätzungen des Bundeskriminalamts gab es im gleichen Zeitraum etwa 32.000 rechtsextreme Gewalttaten. Zehn Jahre nach der Selbstenttarnung des NSU stellt sich heute mehr denn je die Frage: Wie kann die offene Gesellschaft vor Angriffen von rechts geschützt werden? Welche Sicherheitskonzepte und -strukturen sind notwendig, um die demokratische Gesellschaft und ihre Vielfalt zu verteidigen? Wie kann sichergestellt werden, dass staatliche Institutionen rechtsextreme Ideologien und Netzwerke in den eigenen Reihen konsequent bekämpfen? Die zahlreichen Beiträge dieses Bandes geben Anstöße für eine neue Sicherheitsdebatte in Deutschland, in der alle Menschen gleichermaßen mitgedacht werden.
Die mediale Diskussion der erschütternden terroristischen Akte zeugt von einer drohenden Erosion des Systemvertrauens. Die Beiträge des vorliegenden Bandes wollen dem entgegentreten und analysieren das Phänomen des aus diesen Anschlägen resultierenden Terrors vom allgemeinen definitorischen Rahmen bis hin zu konkreten Abwägungen einer verhältnismäßigen Sicherheits-Freiheitsverteilung sowie Polizeipraxis. Stipendiaten des Cusanuswerks widmeten sich diesen Fragestellungen im Rahmen einer Tagung, die im Winter 2017 in Bonn stattfand. Im Dialog mit Stimmen aus Wissenschaft und Praxis entwickelten sich diverse Ansätze und anregende Diskussionen. Der Tagungsband reflektiert dies durch die überarbeiteten Beiträge der Referierenden sowie die Diskussionsbeiträge.InhaltsübersichtTobias Gumpp: Terror? – Andreas Bock: Die Negation staatlicher Herrschaft. Terrorismus und die Rechtfertigung der Folter – Helgo Martens: Polizeiliche Intervention und finaler Rettungsschuss in Zeiten des Terrors – im Grenzbereich von Taktik, Recht und Moral – Günther Jakobs: Feindstrafrecht – Frank Saliger: Feindstrafrecht und Terrorismusbekämpfung – Jana Bruns: Diskussionsbericht: Ethik und Terror in Zeiten medialer Präsenz – Anneke Petzsche: Freiheitsentzug und ‑beschränkungen als Antwort auf die terroristische Bedrohung in Europa. Unbefristeter Präventivgewahrsam in Bayern und die Nutzung von Exekutivrecht zur Terrorismusbekämpfung in England und Wales als rechtliche Handlungsalternativen? – Fabian Wittreck: Wer trägt die Kosten und Lasten der Terrorabwehr? – Daniel Witte: Terrorismus – Staatsräson – prudentia iuris: Zur Soziologie politischer Gewalt und den Grenzen der juristischen Vernunft
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"Für viele Wirtschaftswissenschaftler ist ethnische Heterogenität ein ernsthaftes Entwicklungshindernis. So wird in jüngeren Studien die These vertreten, dass der afrikanische Kontinent nicht zuletzt deshalb zur Armut verdammt ist, weil ethnische Heterogenität unweigerlich zu sozialen Konflikten und Koordinationsversagen führt. Diese Studie überprüft den postulierten Zusammenhang zwischen Heterogenität und schweren sozialen Spannungen. Zur Identifizierung von ethnischer Heterogenität werden unterschiedliche Maße aus der einschlägigen Literatur verwendet. Schwere soziale Spannungen werden durch Daten zu politischer Repression für alle Länder zwischen 1980 und 2004 erfasst. Politische Repression ist als indirektes Maß besser geeignet, soziale Spannung abzubilden, als Daten zu offenen Revolten oder Bürgerkriegen, da diese Phänomene relativ selten sind und noch durch eine ganze Reihe weiterer Variablen beeinflusst werden. Die Ergebnisse der quantitativen Untersuchung zeigen, dass starke ethnische Heterogenität mit weniger Menschenrechtsverletzungen und weniger politischem Terror einhergeht. Nur ethnische Polarisierung ist signifikant und positiv mit Repression korreliert, wobei der substanzielle Effekt vergleichsweise gering ist. Außerdem legen die Befunde nahe, dass Polarisierung vor allem in Demokratien das Repressionsrisiko erhöht. Dies ist insofern bemerkenswert, als eine starke Minderheit in Demokratien vergleichsweise gute Aussichten hat, mit ihren Forderungen politisches Gehör zu finden. Deshalb scheint für soziale Spannungen weniger die Unzufriedenheit unter Bedingungen ethnischer Polarisierung ausschlaggebend zu sein, als vielmehr die Gelegenheit, Protest zu organisieren. Zusammengenommen unterstützen die Ergebnisse die These, dass ethnische Heterogenität die Möglichkeiten zur politischen Mobilisierung aufgrund überschneidender Konfliktlinien reduziert. Weil darüber hinaus der positive Effekt ethnischer Polarisierung von einem höheren Demokratieniveau abhängt, scheinen Konflikttheorien, die auf der Unzufriedenheit von Gruppen aufbauen, problematisch zu sein. Politische Entscheidungsträger schließlich tun daher gut daran, demokratische Institutionen zu fördern, welche die Opportunitätskosten ethnischer Proteste erhöhen und gleichzeitig die interethnische Kooperation in multikulturellen Gesellschaften fördern." (Autorenreferat)
Klappentext: Am 11. September 1973 putscht das chilenische Militär unter General Pinochet gegen die sozialistische Regierung Allende. Dorfman begleitet die Prozesse gegen Pinochet in London und Santiago nach dessen Verhaftung 1998, greift zurück auf die Ereignisse in Chile in der Folge des Putsches und schildert eindringlich die Bedeutung der Verhaftung Pinochets in London für die überlebenden Opfer und die Angehörigen der Toten und Vermissten. Einfühlsam erzählt und spannend wie ein Krimi.
In diesem Open-Access-Buch geht Max Breger Fragen zu Folter aus Perspektive der interaktionistischen Soziologie nach. Folter ist eine extreme Form zwischenmenschlichen Handelns, die als Menschenrechtsverletzung zwar delegitimiert, aber übliche Praxis moderner Staaten ist. Dabei nutzen Folternde die vielfältigen leiblich-psychischen Verletzlichkeiten des Menschen, um als 'feindlich' verstandene Andere in Leiden zu versetzen und Übermacht auszuüben. Doch wie lassen sich Foltersituationen als soziale Situationen darüber hinaus fassen? Welche Verflechtungen von Wissen über 'effektive' Foltertechniken, Feindkonstruktionen und Rechtsnormen wie dem globalen Folterverbot sind dabei relevant? Als empirischer Fall dient der US-Folterkomplex während des sogenannten War on Terror, der infolge der Terroranschläge des 11. September 2001 als gezielte Politik der US-Regierung von dem Geheimdienst CIA und Teilen des US-Militärs außerhalb rechtsstaatlicher Normen etabliert wurde. Anhand von organisationalen Dokumenten wie Memoranden und Verhörplänen sowie Zeugnissen von Folterüberlebenden und ehemaligem Personal an Folterorten wie Guantánamo untersucht Max Breger Foltersituationen in ihren historischen und organisationalen Kontexten. Mit seiner wissens-, körper- und gewaltsoziologischen Analyse trägt er zum Verständnis von Legitimierung und Ausübung staatlicher Gewalt bei.
'Die Anschläge des 11. September 2001 bedeuten eine Zäsur in der Geschichte des Terrorismus'. Sie sind der dramatische Ausdruck eines 'neuen' Terrorismus', der sich sukzessive im Laufe der 1990er Jahre entwickelt hat. Die Studie befasst sich mit den folgenden Fragen: Wie lässt sich dieser 'neue' Terrorismus beschreiben und verstehen? Wie unterscheidet er sich von anderen, bekannten Typen des Terrorismus' sowie von verwandten Formen politischer Gewalt? Worin bestehen seine besonderen Charakteristika und Strukturen? Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die nationale und internationale Terrorbekämpfung? Der 'neue' Terrorismus, der eine Weiterentwicklung des herkömmlichen nationalen/ internen Terrorismus sowie des international operierenden Terrorismus der 1970er und 1980er Jahre darstellt, wird in dieser Studie transnationaler Terrorismus genannt. Erst der transnationale Terrorismus, paradigmatisch verkörpert durch das islamistische Netzwerk Al-Qaida, erreicht ein globales Gefährdungspotential, während der nach wie vor virulente Terrorismus 'alten' Typs im wesentlichen lokale oder regionale Probleme aufwirft. Der transnationale Terrorismus unterscheidet sich von seinen Vorläufern in folgenden Aspekten: Er verfolgt die Zielsetzung, primär die bestehende internationale Ordnung - und eben nicht eine spezifische nationale Ordnung - zu attackieren, weshalb sich dieser Terrorismus in erster Linie gegen jene richtet, die eine Vormachtstellung in der Welt ausüben. Er setzt als einigendes Band auf eine transnationale Ideologie, die es ermöglicht, Kämpfer und Attentäter mit unterschiedlichem nationalem, ethnischem, kulturellem oder sprachlichem Hintergrund zu einer handlungsfähigen (Glaubens-)Gemeinschaft zusammenzuschweißen. Seine spezifische Organisationsform sind dezentrale, netzwerkartige Strukturen, die sich über den gesamten Globus erstrecken, wenn auch mit regionalen Schwerpunkten. Dabei sind Leitungsebene, 'Operateure', Terrorzellen sowie assoziierte und 'befreundete' Terrorgruppen in unterschiedlicher Intensität miteinander verbunden. Auszugehen ist von einem Modell, bei dem mehrere Knotenpunkte hochgradig miteinander vernetzt sind, während andere Teile des gesamten Netzwerkes halb-autonom agieren, ohne dass jedoch die Führungsebene gänzlich an Kontrolle oder Einfluss verliert. Beim transnationalen Terrorismus handelt es sich zudem um ein multi-nationales Unternehmen, wie sich an der weltweiten Rekrutierung von Personal zeigt. Er verfügt über mehrere legale oder illegale Finanzquellen und nutzt zahlreiche Finanzierungswege und wird zudem vorrangig von nicht-staatlichen Akteuren unterstützt. Seine taktische Vorgehensweise versetzt ihn in die Lage, mehrere Anschläge parallel zu planen und zeitgleich an unterschiedlichen Orten durchzuführen. Das Zerstörungspotential ist deutlich höher als bei herkömmlichen Terrorgruppen. Dies betrifft sowohl die Bereitschaft als auch die operativen Fähigkeiten zur Zerstörung. Einkalkuliert werden dabei nicht nur eine hohe Zahl an Todesopfern, sondern auch ökonomische, soziale und psychologische Folgen. Dieses Profil des transnationalen Terrorismus erschwert in mehrfacher Hinsicht die nationale und internationale Terrorbekämpfung und stellt Erfahrungen der Vergangenheit auf den Prüfstand. Die wichtigsten Herausforderungen bestehen darin, auf ein verändertes Tatprofil (Art und Weise der Anschläge), auf ein verändertes Täterprofil, auf dezentrale Netzwerkstrukturen, auf eine Diversität an Finanzquellen, auf schwer greifbare, nicht-staatliche Unterstützer und Förderer sowie auf die besonderen taktischen Fähigkeiten reagieren zu müssen. Erforderlich sind Maßnahmen der operativen wie auch der strukturellen Terrorbekämpfung. Erstere setzen auf die repressive Bekämpfung bestehender, manifester Terrorgruppen und die Verhinderung von Anschlägen, letztere auf die Bekämpfung von Ursachen und begünstigenden Rahmenbedingungen.' (Autorenreferat)
Der Autor beschreibt die Rolle des Anarchismus im deutschen Kaiserreich und seine Instrumentalisierung durch Bismarck. Bevor sich in den 1870er Jahren in Deutschland eine anarchistische Bewegung bildete, waren deutsche Anarchisten schon länger in der Internationale tätig gewesen. Im Deutschen Reich suchten sie vor allem Anhänger innerhalb der Sozialdemokratie zu finden. Deshalb traten sie oft aud deren Versammlungen auf. Im Mai/Juni 1878 wurden von Anarchisten zwei Attentate auf Kaiser Wilhelm I. verübt, als deren Folge im Reich sog. Sozialistengesetz erlassen wurde. Die Ermittlungen der Polizei hatten insbesondere ein Ziel. Sie sollten Verbindungen der beiden Täter zur sozialdemokratischen Partei aufdecken. In der Öffentlichkeit hatte dies zur Folge, daß Sozialisten und Anarchisten in einen Topf geworfen wurden. Besonders Bismarck arbeitete durch die Formulierung entsprechender Kommuniques an dieser Diffamierung mit. Die anarchistische Bewegung wurde in den kommenden Jahren durch staatliche Spitzel durchsetzt, und so war die Polizei in der Lage, die Bewegung auf einem bestimmten Niveau zu halten, denn politisch brauchte man sie zur Verlängerung des Sozialistengesetzes. Die anarchistische Bewegung brachte die Sozialdemokratie also in Mißkredit, sie zwang sie zu einer Politik des Parlamentarismus und sie gab Bismarck den nötigen Vorwand zur Unterdrückung der Sozialdemokratischen Partei. (HOE)
"Um die Konstruktion von Gefährdung und Risiko geht es im Beitrag von Regina Brunnett und Stefanie Gräfe. Am Beispiel der Anti-Terror-Politiken kritisieren Brunnett und Gräfe die im Anschluss an Foucault formulierte Annahme der Gouvernementalisierung des Staates, denn diese lasse eine kritische Betrachtung der Komplexität vermissen, in denen sich Machtmechanismen wie Disziplin, Regierung und Souveränität bewegen. Anders als die governmentality studies prognostizieren sie keinen Rückzug des Staates, sondern machen vielmehr anhand der Anti-Terror-Gesetze deutlich, wie der Staat weiter- hin ein soziales Kräfteverhältnis organisiert und eine eigene Wirkungsmächtigkeit entwickelt. Diese seien, so Brunnett und Gräfe, nicht allein durch eine Analyse von politischen Rationalitäten zu erklären, da Letztere in einer systematischen inneren Beziehung zu irrationalen Momenten des Regierens wie dem des Zwangs und der Gewalt stünden. Der Staat sei demnach als institutionellrechtliche Struktur und als zugleich zentralisierendes und dezentralisierendes Kräfteverhältnis zu denken. Vor diesem Hintergrund diskutieren sie die Anti-Terror-Politiken als eine Strategie staatlicher Sicherheitspolitiken. Brunnett und Gräfe zeigen auf, wie sich die Entwicklung der Anti-Terror-Gesetze in Zusammenhang mit der Umcodierung von Asyl- und Menschenrechten systematisch in die Rationalität des nationalen Projektes einschreibt. Exemplarisch zeigen sie, wie der Staat auf dieser Grundlage einerseits die Figur des unnützen Fremden einführt, während er auf der anderen Seite die ökonomische Verwertbarkeit von MigrantInnen entdeckt." (Autorenreferat)
"Die Frage, wie und wodurch die Geheime Staatspolizei ihre jeweils definierten Feindgruppen insgesamt erfolgreich - wenn auch keineswegs flächendeckend - aufspüren und ausschalten konnte, läßt sich angesichts ihrer erstaunlich geringen Personalausstattung nicht aus ihrer inneren Beschaffenheit heraus beantworten. Ihre relative Effizienz beruhte nicht auf eigener Kraft, sondern wuchs ihr im wesentlichen aus anderen Ressourcen zu. Sieht man von der Zuarbeit durch andere staatliche Institutionen und Parteidienststellen ab, so waren es in erster Linie bereits vorhandene, aber auch eigens mobilisierte Kollaborationsstrukturen, die die personalen Defizite der Gestapo kompensierten und ihr Einblicke selbst in sich abschirmende Populationen ermöglichten. Gemeint sind dabei insbesondere zwei Komplexe von Komplizenschaft, die identisch wirkten, aber unterschiedlich funktionierten: zum einen die individuelle Denunziation aus der Bevölkerung, zum anderen die Berichterstattung durch institutionell erfaßte V-Leute." (Autorenreferat)
Beschrieben werden politischer Protest und radikale politische Aktion am Beispiel der Fememorde in der Weimarer Republik. Als Voraussetzung für diese Form der direkten Aktion wurde die Entlegitimierung der Staatsgewalt bezeichnet, die schließlich sogar den Zusammenbruch der Weimarer Republik verursachte. Als kennzeichnendes Merkmal des Protestes der politischen Rechten wurde seine qualitative und quantitative Einzigartigkeit gesehen, die u.a. auch durch Duldung und Unterstützung von abgesehenen Schichten innerhalb der deutschen Gesellschaft möglich wurde. An Hand von Prozessen, die den von Angehörigen der geheimen Schwarzen Reichswehr zum Schutze ihrer Formation verübten Fememorden folgten, wurde das Dilemma veranschaulicht, in dem sich die staatliche Autorität befand. Die Fememordprozesse zeigten schließlich, daß die Gerichte keineswegs übermäßige Zurückhaltung oder Nachsicht bei der Verurteilung rechtsstehender Verbrecher übten. (HRS)
Jean Fochivé war der allmächtige Chef der politischen Polizei in Kamerun. Sein Name wurde zum Synonym für staatlichen Terror und politische Verfolgung. Er trieb sein Unwesen bis 1984, 1997 starb er. Der Autor des Buches gibt vor, sein Neffe zu sein, dem Fochivé sechs Tage vor seinem Tod sein Berufsleben erzählt habe (was dessen Söhne bestreiten). Die angeblichen Erinnerungen des Geheimdienstmannes erklären einige der Skandale der Ahidjo- und Biya-Ära (Feuer auf dem Congo-Markt in Douala, den "Todeszug", die Affären Dongmo und Ouandié). (DÜI-Sbd)
Mit der Enttarnung des NSU-Komplexes sah sich die bundesrepulikanische Öffentlichkeit einem Ausmaß von rassistischer und neonazistischer Gewalt konfrontiert, die sie bis dahin nicht für möglich gehalten hat. Auch das Versagen staatlicher Sicherheitsorgane bzw. der ungeheuerliche Verdacht, der bis heute im Raum steht, dass staatliche Akteure gemeinsam mit den Täter_innen vom NSU gehandelt oder zumindest die Mordserie geduldet haben, schockierte die Öffentlichkeit. Diese Gewaltserie rief aber auch eine Kontinuität von rassistischer Gewalt in Deutschland in Erinnerung, die oft genug verharmlost dargestellt oder ganz verschwiegen wird. Es kann somit nicht von einem gänzlich neuen Phänomen bzgl. rassistischer Gewalt in Deutschland gesprochen werden. Die rassistischen Ermittlungen, die Vorverurteilung der Opfer, ihrer Angehörigen und ihres Umfelds in den Medien sowie in der Gesellschaft und die schleppende wie auch unbefriedigende Aufklärung machen zudem deutlich, wie tief verwurzelt rassistische Denkweisen und Strukturen in der Gesellschaft wie auch in staatlichen Institutionen sind und dass diese Verzahnung auch in der Vergangenheit bei ähnlichen Fällen wirksam wurde. Wenn sich Bildungsarbeit mit dem NSU-Komplex auseinandersetzt, kann sie das somit nicht alleine auf den rechten Rand beschränken, sondern muss rassismuskritisch die Mitte der Gesellschaft, staatliche Institutionen und geschichtliche Kontinuitäten mitdenken. Ziel muss es sein, gesellschaftliche und individuelle Veränderungen anzustoßen oder/und zu unterstützen. Diese Broschüre hilft dabei, indem in kurzen inhaltlichen Beiträgen unterschiedliche Aspekte der Thematik tiefergehend untersucht und anschließend Methoden für die Bildungsarbeit vorstellt werden.