Reduzierter Intergruppenbias nach individuellem Kontrollverlust: Folge einer Individualisierung?
In der vorliegenden Arbeit soll gezeigt werden, dass prozessbezogene Kontrolldeprivation eine Reduzierung des Intergruppenbias (IGB) bewirken kann. Als prozessbezogene Kontrolldeprivation wird die Wahrnehmung beeinträchtigter Kontrolle bei gleichzeitig unbeeinträchtigter Kontrollerwartung verstanden. Prozessbezogene Kontrolldeprivation wird dabei mit einer Individualisierung der Selbstkategorisierung in Verbindung gebracht, aus der heraus eine IGB-Reduktion erklärt werden kann. Prozessbezogene Kontrolldeprivation sollte zu Individualisierung führen, wenn die Reflexion persönlicher Bewältigungsmöglichkeiten die Wiederherstellung der Kontrolle unterstützt (Lazarus & Folkman, 1984). Ausgangspunkt der vorgelegten Arbeit sind zwei Befunde der Forschung zur erlernten Hilflosigkeit (Kuhl, 1981; Mikulincer, Kedem & Zilkha-Segal, 1989). Danach bewirkt Kontrollverlust erhöhten Selbstbezug. So wurde bspw. gezeigt, dass sich Personen nach Kontrollverlust stärker mit ihren Emotionen beschäftigen. Im Unterschied zu erlernter Hilflosigkeit wird prozessbezogene Kontrolldeprivation durch die Aufrechterhaltung der Kontrollerwartung charakterisiert. Erhöhter Selbstbezug lässt sich in diesem Fall aus der Erhöhung der Kontrollmotivation ableiten (oder Reaktanz; Brehm & Brehm, 1981), die im Interesse der Kontrollrestauration einen kontrollierten Einsatz personaler Bewältigungsmöglichkeiten nahelegen dürfte. Die Reflexion persönlicher Bewältigungsmöglichkeiten sollte die Salienz individueller Selbstkonzeptinhalte erhöhen. Laut Theorie der Selbstkategorisierung (Turner, Hogg, Oakes, Reicher & Wetherell, 1987) führt die Salienzerhöhung individueller Selbstkategorisierung zu IGB- Reduktion aufgrund der Distanzierung von der Eigengruppe...