In seinem Handbuch und in seinen zahlreichen Beiträgen zur Geschichte des öffentlichen Rechts hat Michael Stolleis einen besonderen methodischen Ansatz entwickelt, den er ausdrücklich als einen "wissenschaftsgeschichtlichen" vorgestellt hat. Damit ist ein Ansatz gemeint, der die gelehrte Diskussion berücksichtigt, um die Wege zu rekonstruieren, auf denen Recht und Politik seit der Frühen Neuzeit in ihrem wechselseitigen Verhältnis bestimmt wurden, an dem Ausbau des modernen Staats teilnahmen und dem historischen Prozess die Mittel zur Selbstverständigung anboten. Wie würde es nun aussehen, wenn wir diesen methodischen Ansatz systematisch in der Geschichte der moralphilosophischen Lehren und besonders in der Geschichte des politischen Denkens anwendeten? Was könnte man sehen, wenn man die Frühe Neuzeit in der Perspektive einer radikalisierten wissenschaftsgeschichtlichen Methode betrachtet? .
Features European Arrest Warrant – Article 16(2) German Basic Law, which allows exceptionally for the extradition of German nationals, not read in the light of the European Union integration clause in Article 23(1) Basic Law – Complaint of violation of the democratic principle put in perspective – Preservation of the statehood of Germany – Lack of proportionality in and procedural defects of the implementing Act
Die Kommission plant seit langem eine Harmonisierung des Rechts der Unternehmensübernahmen in der Gemeinschaft. Betroffen von diesen Plänen sind freilich vorerst nur Aktiengesellschaften, deren Papiere an einem regulierten Markt gehandelt werden. Und noch in einer anderen Richtung sind die Regulierungspläne beschränkt: Der von der Kommission vorgelegte Vorschlag für eine dreizehnte Richtlinie des Rates auf dem Gebiete des Gesellschaftsrechts betrifft vornehmlich die Übernahme von Aktien einer Gesellschaft auf dem Wege eines öffentlichen Übernahmeangebots, ein Weg, der in Deutschland nur in seltenen Ausnahmefällen beschritten wird. Die scharfe Ablehnung, der sich der Entwurf dennoch vor allem in Deutschland ausgesetzt sieht, richtet sich gegen Art. 4 des Entwurfs. Diese Vorschrift erfaßt auch den Aktienerwerb auf anderem Wege als dem des öffentlichen Übernahmeangebots, sofern nur die Transaktion, z. B. ein Paketkauf, dem Erwerber die Kontrolle über die betreffende Gesellschaft verschafft. Dann soll nach Art. 4 des Entwurfs der Erwerber einer solchen kontrollierenden Beteiligung verpflichtet sein, den übrigen Aktionären die Übernahme auch ihrer Aktien anzubieten. Dabei setzt der Richtlinienentwurf die Schwelle, ab welcher der Erwerb einer "kontrollierenden" Beteiligung angenommen und damit die Pflicht zu Erwerb aller übrigen Aktien ausgelöst wird, bei einem Drittel der stimmberechtigten Aktien an. Diese Betrachtung ist zumindest für Publikumsgesellschaften, die sich mehrheitlich in Streubesitz befinden, offenkundig realistisch. So waren im Jahre 1992 auf den Hauptversammlungen der 24 größten deutschen Publikumsgesellschaften durchschnittlich nur 58 Prozent der stimmberechtigten Aktionäre vertreten. In diesen Fällen kann also, wenn man so will, die "Kontrolle" bereits mit knapp dreißig Prozent aller stimmberechtigten Aktien erworben und ausgeübt werden. Eine Diskussion der Regulierung von Unternehmensübernahmen und der Vorschläge der Kommission hierzu kann an verschiedenen Punkten ansetzen: So kann man ganz grundsätzlich die Bedeutung von Unternehmensübernahmen und ihrer Regulierung für den Kapitalmarkt und den "Markt für Unternehmenskontrolle" erörtern oder nach den ökonomischen Auswirkungen des in Art. 4 des Richtlinienentwurfs vorgesehenen Zwangsübernahmeangebotes fragen. Man kann der Frage nachgehen, ob eine gesetzliche Regelung überhaupt erforderlich ist, oder ob eine Selbstregulierung genügt, wie sie bisher in Deutschland in Form einer Empfehlung der Börsensachverständigenkommission besteht, oder wie sie - freilich mit viel weitergehendem Inhalt und wirkungsvoller - der englische Kapitalmarkt in Form des "City Code on Takeovers and Mergers" kennt. Meine folgenden Bemerkungen beschränken sich auf die Harmonisierung des Takeoverrechts auf Gemeinschaftsebene. Dabei geht es nicht um eine rechtspolitische Kritik des vorliegenden Richtlinienentwurfs im Detail. Sondern es soll vorrangig die - z. B. vom Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages vehement verneinte - Notwendigkeit einer europaweiten Regulierung von Unternehmensübernahmen erörtert werden. Bedarf es tatsächlich einer - zumindest in ihren Grundzügen - einheitlichen oder annähernd einheitlichen Regulierung dieses Bereichs seitens der Union? Die Erörterung dieser Frage setzt zunächst einen knappen Abriß der Entwicklung der bisherigen Harmonisierungsbestrebungen und eine genauere Orientierung über den Inhalt des gegenwärtigen Richtlinienentwurfs voraus (unten II.). Sodann bedarf es, insbesondere im Hinblick auf das durch den Maastricht-Vertrag 1992 eingeführte Subsidiaritätsprinzip, einer erneuten Vergewisserung der Grundlagen einer EG-weiten Rechtsangleichung in diesem Bereich (unten III.). Dem folgen dann Überlegungen zur Erforderlichkeit einer europaweiten Regulierung von Unternehmensübernahmen (IV.) und abschließend ein Ausblick auf die voraussichtlich zu erwartende Entwicklung (V.).
Discrimination is often multidimensional. It is therefore surprising that Swiss legislation, court rulings and literature barely deal with the matter. The author explains this partly in terms of the hierarchising in existing law, strategic and political considerations, and blindspots of those actors who bear responsibility for the mobilisation of law. Moreover, multidimensional discrimination is not explicitly referenced in the legal norms in force. Nevertheless, multidimensional discrimination may partially be subsumed among existing anti-discrimination provisions. It is argued that this discussion is not just theoretical but leads to substantial improvements in antidiscrimination protection.
Der Bundestag diskutiert heute in erster Lesung den Gesetzentwurf "zur Änderung der in das Geburtenregister einzutragenden Angaben" (19/4669). Demnach soll für die Eintragung des Geschlechts neben den bestehenden drei Varianten "weiblich", "männlich" und "ohne Angabe" nunmehr eine vierte Beurkundungsmöglichkeit geschaffen werden: "divers". Der Kabinettsentwurf ist schon als "Trauerspiel für die geschlechtliche Selbstbestimmung" (Grüne) und als "verfassungswidrig" (Aktion Standesamt 2018) kritisiert worden. Die Kritik der trans*- und inter*-Community hat Grietje Baars hier zusammengefasst. Tatsächlich wird mit der Einführung der sogenannten dritten Option der deutlich weniger radikale Weg der beiden vom Bundesverfassungsgericht aufgezeigten Alternativen beschritten. Die Entscheidung ist ausführlich hier besprochen worden. Ob Änderungen des bisherigen Personenstandsrechts gerechtfertigt werden können, soll aber nicht Gegenstand dieses Beitrags sein. Im Folgenden soll vielmehr – umgekehrt – gefragt werden, warum Geschlecht überhaupt als rechtliche Kategorie erfasst wird – und ob die Gründe hierfür eigentlich (noch) tragen.
Intellectual Property (IP) is one of the most contentious areas in international economic law, and an area naturally conducive to the methodologies of Law and Economics. This thesis analyses the niche IP area of 'Broadcasters' Rights' - a form of 'Related Rights'. The relevance of this analysis to wider field of Law and Economics is its treatment of property rights in media distribution, particularly where the result is an overlapping system of different rights. Part I of the thesis outlines the motivation for this research project, and the fact that the topic has attracted little attention from academia compared to the attention given at the international policy level (particularly at the World Intellectual Property Organisation). It argues that the very notion of 'related rights' is often erroneously subsumed into wider discussions on copyright, making meaningful debate difficult. Part II goes on to find that the concept of broadcasters' rights – a mechanism to incentivise content distribution rather than content production – has a generally uneasy fit within the wider framework of the theoretical foundations of the intellectual property system. This part argues that the public good problems of broadcast content distribution are likely overstated. Furthermore, given the unique socio-cultural characteristics of broadcasting markets, such rights must be understood as one element of a dynamic set of policy tools for regulating the sector. Much of the thesis analyses the relationship between 'primary' copyright and broadcasters' rights. In this regard, Part III attempts at modelling the 'optimal scope' of protection, and finds that broadcasting organisations should be offered a scope of protection below that which is offered for authors of copyright- protected works. However, due to the specific nature of the protected subject matter, there is a more restricted range of policy levers to affect the scope of protection for broadcast transmissions, as compared to other areas of intellectual property. In this regard, the thesis argues that liberal limitations and exceptions are critical in constructing an appropriate scope of protection for signal transmissions. This Part also models the relationship between the enforcement actions of copyright holders and broadcasters. It argues that the existence of broadcasters' rights can create social costs such as anti-commons effects and public domain enclosure. Hence, a possible alternative policy strategy might be to grant broadcasters the standing to enforce against infringement on behalf of their copyright licensees. Part IV, dedicates a large portion of the thesis to analysing the notion of 'retransmission rights'. These are the intellectual property rights invoked when a broadcast signal is re-broadcast by a second broadcaster. During this activity, the rights of both copyright holders and initial broadcasters are invoked. This Part analyses the framework of the European Union for regulating retransmission activities, and finds that it is characterised by a patchwork of various legal instruments. As a response to the deficiencies of existing policies, a new EU Regulation has been proposed for online transmissions. However, the thesis argues that this Proposal still fails to bring overall coherence to the broader framework. In this regard, the thesis argues that the regulation of broadcast transmission should be based on a technologically-neutral policy approach. The final substantive chapter then attempts to draw lessons from the European case study and formulate a basic understanding of the theoretical relationship between the related rights of broadcasters, and that of copyright holders. The main finding is that limitations to retransmission rights are justified due to the transaction cost-intensive nature of such activities. The thesis concludes with Part V, which attempts to generalise the discussions and findings of the entire research project, and considers how they can inform the current international policy debate on the topic.
In dieser Doktorarbeit wird vor allem das chinesische Arzthaftungsrecht dargestellt. Neben einem zusammenfassenden Überblick über das deutsche Arzthaftungsrecht wird es besonders ausführlich über die Entwicklung, die neue Gesetzgebung, und die Probleme im chinesischen Arzthaftungsrecht berichtet. In Bezug auf die Beweislastverteilung und die Beweiserleichterungen zu Gunsten des Patienten werden das deutsche Recht und die deutsche Literatur besonders betrachtet. Auf Basis dieser Betrachtung diskutiert der Autor die einschlägigen Vorschriften im chinesischen Recht und erhebt seine eigene Lösungsalternative zu den Problemen in China. ; This doctoral thesis mainly described the Chinese law about medical malpractice. Besides a summarizing overview of German medical malpractice law, the author reported on the development, the latest legislation and the problems of the Chinese medical malpractice law in details. The German law and literature, which are related with the distribution and relief of the burden of proof for the benefits of patients, are in particular investigated. Based on this, the author researched the relevant regulations in Chinese law and raised his own solution to the problems in China.
In der Krise von 1989/90 boten die Verhandlungen über den Vertrag von Maastricht beste Voraussetzungen für einen europäischen Verfassungsmoment. Doch die öffentliche Debatte blieb fragmentiert und an nationalen Interessen ausgerichtet – nicht zuletzt wegen des zwischenstaatlichen Verfahrens, das dem diplomatischen Kontext größeren Nachrichtenwert verlieh als dem konstitutionellen Inhalt der Reform. Mit einer detaillierten Untersuchung der deutschen, französischen und britischen Pressedebatte gibt dieses Buch empirische Einblicke in eine Schlüsselphase der EU-Integration. Zudem bietet es eine analytische Neuvermessung der Voraussetzungen europäischer Öffentlichkeit sowie des Verhältnisses zwischen politischen Verfahren und Diskursstrukturen. ; In the crisis of 1989/90, the negotiations on the Maastricht Treaty offered ideal conditions for a European constitutional moment. But the public debate remained fragmented and focused on national interests — not least because of intergovernmental procedures, which gave more news value to the diplomatic context than to the constitutional content of the reform. With a detailed examination of the German, French and British press debates on this issue, this book provides empirical insights into a key phase of EU integration. Moreover, it offers analytical re-conceptualisation of the conditions of a European public sphere and of the relationship between political procedures and discourse structures.
First preliminary reference of the German Federal Constitutional Court – ECB Outright Monetary Transaction Programme (OMT) – Financial crisis – Ultra vires review – Principle of democracy – Judicial dialogue – Separation of powers – National constitutional identity – Mandate of the ECB – Article 123 TFEU – Article 18.1 ESCB-Statute – Economic and monetary policy – Honeywell test partially abandoned – Pringle judgment inverted – No margin of discretion for the ECB – Necessity, and prohibition of functional misuse, under Article 267 TFEU – Comparative reasoning
Die geläufige Unterscheidung in privates und öffentliches Recht gehört zu den ältesten kategorialen Einteilungen des Rechts und der Rechtswissenschaft schlechthin. Das geht auf die bekannte UlpianFormel über die "duae positiones" des Rechts und Rechtsstudiums zurück, dass nämlich das "ius publicum … ad statum rei Romanae spectat, privatum … ad singulorum utilitatem" (D 1.1.2.2). Diese Bezeichnung der beiden für den Unterricht bestimmten Rechtsmaterien suggerierte eine eigenständige "positio" des Privatrechts gegenüber dem öffentlichen Recht, die die gesamte bisherige Literatur mit unterschiedlichen Akzenten durchzieht. Radbruch begreift z. B. die Begriffe "privates" und "öffentliches Recht" als "apriorisch", die so bereits im Rechtsbegriff selbst verankert und in der Rechtsidee angelegt seien.1 Allerdings macht Radbruch die wichtige Einschränkung, dass das Wert- und das Rangverhältnis der beiden Rechtskategorien nicht absolut zu setzen sind.2 Das Verhältnis zwischen Privatrecht und öffentlichem Recht unterliegt historischen Entwicklungen, rechtskulturellen Situationen, sozialen Anforderungen und damit politisch-weltanschaulichen Bewertungen. Das relativiert die Möglichkeit eindeutiger und dauerhafter dogmatischer Festlegung, deren bisherige Versuche Sten Gagnér teils als "uferlos", teils als "Groteske" ironisiert hat. .
Im Zuge der kantonalen Kodifikationsbestrebungen im 19. Jhd. ging auch die rechtshistorische Forschung in der Schweiz daran, die althergebrachten lokalen Rechtsquellen zu erfassen. Noch heute fokussiert die Forschung stark auf das materielle Recht, was mit der besonderen Bedeutung des Legalitätsprinzips in einer stark direktdemokratisch geprägten Rechtsordnung zusammenhängt. Schwerpunkte der Forschung bilden die Geschichte der Kodifikationen sowie die Strafrechtsgeschichte, zuletzt auch die Geschichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit und die Institutionengeschichte. Übersichtswerke fehlen fast vollständig; im Bereich der Justizgeschichte sowie der Geschichte der aussergerichtlichen Konfliktlösung befasst sich die Forschung vor allem mit Einzelfragen sowie der Untersuchung von einzelnen kantonalen Rechtsordnungen, was der äußerst späten und - im Bereich der Gerichtsorganisation und des Verwaltungsrechts - auch bis heute nur unvollständigen Rechtsvereinheitlichung in der Schweiz geschuldet ist.
An der Sprache des Rechts wird Kritik geübt, seit die Aufklärung die Verständlichkeit der Gesetze zu ihrem Anliegen gemacht hat. Mit den großen Kodifikationen des Rechts im ausgehenden 19. Jahrhundert hat die Kritik am angeblich schlechten, unverständlichen Juristendeutsch eine besondere demokratietheoretische Legitimation bekommen. Diese Sprachkritik sucht seit den siebziger Jahren vermehrt bei der Linguistik Rat, wie denn eine bessere Allgemeinverständlichkeit von Rechtstexten verwirklicht werden könnte. Der Band versammelt systematisch aufeinander bezogene Beiträge ausgewiesener Linguisten, Juristen und Schriftsteller zur Problematik des Verständnisses juristischer Sprache, zur Methodik empirischer Verständlichkeitsmessung und zu den Möglichkeiten transdisziplinärer Kooperation zwischen Rechts- und Sprachwissenschaftlern.
Um die verworrene Lage im Regelungsdickicht aus Urheberrecht, Nutzungsbedingungen und Kopierschutz bei digitalen Downloads ging es bei iRights.info gerade ausführlich am Beispiel von Musik sowie Filmen und E-Books. In einer neuen Urheberrechts-Debattenreihe bei Süddeutsche.de hat sich heute CDU-Netzpolitiker Peter Tauber für ein Recht auf Privatkopie bei gekauften Downloads ausgesprochen .