"Der Facharbeitermangel in der Industrie wird in den nächsten Jahren stark anwachsen, weil sich das Reservoir, aus den bisher die Facharbeiter gewonnen werden konnten, nicht mehr erneuert. Ein radikaler Kurswechsel, bei dem nicht nur die Facharbeit finanziell aufgewertet, sondern auch die historisch begründete Arbeitsteilung zwischen Ingenieuren und Facharbeitern verändert wird, ist deshalb unvermeidbar." (Autorenreferat)
"Technikforschung als Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Technik und Gesellschaft erlebte in den letzten zwei Jahrzehnten einen grundlegenden Wandel ihrer zentralen Annahmen, Orientierungen, Fragestellungen und Konzepte. Quintessenz dieses Wandels ist die Ablösung der bis dahin dominierenden Vorstellung einer Entwicklung von Technik, die ihrer immanenten Eigenlogik folgend die gesellschaftlichen und ökonomischen Strukturen unter mehr oder minder permanenten Anpassungszwang setzt, durch ein Verständnis von technischer Entwicklung als gesellschaftlichem Prozeß. Dieser Paradigmenwechsel ist auch für die Technologiepolitik von hoher Bedeutung. Auch sie muß einen Wechsel ihrer Strategie von der raschen Durchsetzung von Schlüsseltechnologien zur Lösung gesellschaftlicher Probleme vornehmen. Das stellt nicht zuletzt auch wesentlich neue, höhere und komplexere Anforderungen an Technikforschung." (Autorenreferat)
Der Eröffnungsvortrag zum Deutschen Soziologentag von 1986 beschäftigt sich aus professionspolitischer Sicht mit der soziologischen Technikforschung und skizziert als ein Problem die Erwartung der Öffentlichkeit, daß von den Soziologen Folgenabschätzungen erwartet werden, die "so etwas wie soziale Unbedenklichkeitsbescheinigungen für bestimmte technologiepolitische Entscheidungen" darstellen. Als Hauptaufgaben der Soziologie in diesem Forschungsbereich werden genannt: Auflockerung und Abbau der Abschottung spezieller Soziologien; Abbau von Theoriedefiziten; Bearbeitung neuer Felder, insbesondere der Märkte für technologische Mechanismen; bessere Informiertheit von Soziologen über technische Entwicklungen. Ferner wird für den Aufbau eines Netzwerkes von Forschungseinrichtungen plädiert, die besser als die Universitäten langfristige Arbeitsperspektiven bieten könnten. (psz)
Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der Stabilität bzw. Instabilität des Kapitalismus. Aufgezeigt wird, daß der Kapitalismus mit einem Problem geschlagen ist, für das er immer nur vorübergehende Lösungen finden kann. Dieses Problem ergibt sich aus dem Widerspruch zwischen den beiden Funktionen des Lohns als - einzelwirtschaftlichem - Kostenfaktor und - gesamtwirtschaftlichem - Nachfragefaktor. Der Kapitalismus kann nicht auf Dauer sicherstellen, daß die ausbezahlten Löhne auch eine ausreichende Nachfrage für den Absatz der produzierten Waren repräsentieren. Der Autor versucht zu zeigen, "wie sich in einem sekularen Prozeß der Kapitalismus gleichsam in eine Gesellschaft hineinfrißt, die in ihren elementaren Strukturen älter ist als der Kapitalismus, und wie sich hierbei zugleich die Gesellschaft und der Kapitalismus verändern". Es wird der exzeptionelle Charakter der Nachkriegsentwicklung hervorgehoben und es werden die besonderen Bedingungen der Prosperitätsphase herausgearbeitet. (GF)
In dem Beitrag werden zwei aufeinander aufbauende Thesen entwickelt. Die erste These, die methodischer bzw. theoriepraktischer Natur ist, besagt, daß der Vermutung eines gegenwärtig sich vollziehenden gesellschaftlichen Strukturbruchs auf wissenschaftlich zulängliche Weise nur dann nachgegangen werden kann, wenn man sich bewußt darauf einläßt, komplexe Figuren von miteinander verknüpften Struktur- und Verlaufshypothesen neu zu konstruieren, die man als historische Theoreme bezeichnen kann und die sich nicht zuletzt auch in der Analyse vergangener und gegenwärtiger Zustände und Entwicklungen bewähren müssen. Die andere These ist inhaltlicher Art und gründet ein derartiges historisches Theorem auf die Annahmen, (1) daß der Entwicklungsprozeß industrieller Gesellschaften und die von ihm hervorgebrachten Strukturen keineswegs, wie bisher meist selbstverständlich unterstellt, aus sich heraus erklärbar, sondern stark durch die Beziehungen des modernen, industriell-kapitalistischen Segments zu einem bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts noch sehr stabilen traditionellen, bäuerlich-handwerklichen Segment geprägt sind, (2) daß diese Beziehungen während langer Zeit ausgesprochen symbiotischen Charakter trugen und (3) daß sie erst in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg mit der nahezu vollständigen Absorption des traditionellen Segments ein Ende fanden, dessen Folgen erst jetzt Schritt für Schritt sichtbar werden. (RW)
Der Autor skizziert und analysiert die Rolle der wohlfahrtsstaatlichen Konzeption in den westlichen Industrienationen seit dem 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart in dem jeweiligen Spannungsverhältnis zwischen binnen- und außenwirtschaftlichen Gegebenheiten. In diesem Zusammenhang sind von Bedeutung gewesen der traditionelle (Prinzip der Bedarfsdeckung) und industrielle Sektor (Angebot und Nachfrage), die in Form "strukturierter" Austauschbeziehungen die wirtschaftliche Lage und Entwicklung beeinflußt haben. Drei Bestandteile haben mit jeweils unterschiedlichen nationalen Ausprägungen die wohlfahrtsstaatliche Konzeption geprägt: (1) Staatsintervention und Nachfragesteuerung, (2) Arbeitsrechtliche Regelungen, Sozialversicherungssystem und arbeitsmarktpolitische Maßnahmen und (3) "Dynamische" Lohnpolitik. Diese sorgten für die Stabilisierung der Masseneinkommen und langanhaltende mächtige Wachstumsimpulse (z.B. in den 50er Jahren der BRD). Als Schlußfolgerung werden u.a. erwähnt die Einmaligkeit wirtschaftlicher Prozesse, das Wechselverhältnis von Ökonomie und Politik und das Festhalten an wohlfahrtsstaatlichen Strukturen in der Zukunft. (SS)
"Verschiedene gesellschaftliche Teilpolitiken, wie Bildungs-, Arbeitsmarkt- und Technologiepolitik basierten lange Zeit auf der Vorstellung, daß technischer Wandel sich außerhalb der Gesellschaft vollzieht (Exogenitätsthese). Neuere Forschungsergebnisse haben die Haltbarkeit dieser Exogenitätsthese jedoch stark in Zweifel gezogen. Sie lassen vielmehr erkennen, daß die Art, wie neue Technologien und wissenschaftliche Erkenntnisse genutzt werden, hochgradig von gesellschaftlichen und ökonomischen Zusammenhängen und Mechanismen bestimmt wird (Endogenitätsthese). Für die Arbeitsmarktforschung ergeben sich aus der Übernahme der Endogenitätsthese erhebliche Konsequenzen. Das Bild, das die klassische ökonomische Theorie vom Arbeitsmarkt zeichnet, erweist sich als falsch, daraus abgeleitete Politiken werden problematisch. Statt dessen wird der Blick auf das Phänomen der Arbeitsmarktsegmentierung, besonders in ihrer betriebsspezifischen Ausprägung gelenkt. Die Erkenntnis, daß offene berufsfachliche Arbeitsmärkte möglicherweise durch institutionalisierte interne Arbeitsmärkte verdrängt werden, muß auch hinsichtlich der Wirksamkeit des bisher vom Staat eingesetzten arbeitsmarktpolitischen Instrumentariums zu neuen Denkanstößen führen." (Autorenreferat)
"In den Jahren 1975-1979 wurde im Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung e.V., München, im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung ein Forschungsprogramm mit dem Titel 'Betriebs- und sozialpolitische Aspekte und Probleme betrieblicher Personalplanung' bearbeitet. Im Rahmen dieses Programms wurden unter anderem eine schriftliche Befragung einer repräsentativen Stichprobe mittlerer und größerer Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft in der Bundesrepublik ('ISF-Betriebserhebung 1975') sowie - auf der Basis von Fallstudien, Expertengesprächen etc. - eine Reihe von Problemanalysen unterschiedlicher Thematik durchgeführt. 1978 fand in einem Kreis von Fachleuten aus Wirtschaft, Gewerkschaften und Wissenschaft ein Symposium statt, bei dem wichtige Erhebungsbefunde und Analyseergebnisse diskutiert und mit den Erfahrungen aus der Praxis konfrontiert wurden." Der Beitrag stellt einige Ergebnisse des Forschungsprogramms kurz dar und skizziert noch offene Fragen. (IAB2)
"In den Jahren 1975-1979 wurde im Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung e.V., München, im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung ein Forschungsprogramm mit dem Titel 'Betriebs- und sozialpolitische Aspekte und Probleme betrieblicher Personalplanung' bearbeitet. Im Rahmen dieses Programms wurden unter anderem eine schriftliche Befragung einer repräsentativen Stichprobe mittlerer und größerer Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft in der Bundesrepublik ('ISF-Betriebserhebung 1975') sowie - auf der Basis von Fallstudien, Expertengesprächen etc. - eine Reihe von Problemanalysen unterschiedlicher Thematik durchgeführt. 1978 fand in einem Kreis von Fachleuten aus Wirtschaft, Gewerkschaften und Wissenschaft ein Symposium statt, bei dem wichtige Erhebungsbefunde und Analyseergebnisse diskutiert und mit den Erfahrungen aus der Praxis konfrontiert wurden." Der Beitrag stellt einige Ergebnisse des Forschungsprogramms kurz dar und skizziert noch offene Fragen. (IAB2)
Gegenstand des Beitrags ist die tiefgreifende, große gesellschaftliche Ressourcen mobilisierende Entwicklung des Bildungssystems, die sich in praktisch allen mittel- und westeuropäischen Ländern in der Zeit seit dem Zweiten Weltkrieg vollzogen hat. Einleitend werden die konstitutiven Merkmale dieser Entwicklung beschrieben, um anschließend in mehreren Schritten der Frage nach der stichhaltigen Erklärung nachzugehen. Bei der Beschreibung der Bildungsexpansion werden vier Merkmale zur Kennzeichnung herausgearbeitet: (1) ein weitaus höheres Wachstumstempo; (2) weitreichende innere Strukturveränderungen des gesamten Bildungs- und Ausbildungssystems; (3) eine ganz besondere Verlaufsform, in der weitgespannte Entwicklungs- und vor allem Zielplanungen mit kurzfristig getroffenen Steuerungsentscheidungen großer Tragweite konkurrieren; (4) das Auftreten von schwerwiegenden Beschäftigungsproblemen im Sinne von Friktionen und Ungleichgewichten beim Übertritt vom Bildungssystem in Arbeitsmarkt und Beschäftigung. In bezug auf die Erklärung dieser Entwicklung wird zunächst die Unzulänglichkeit der bisherigen Erklärungsansätze thematisiert, danach verliert die Erklärung der Bildungsexpansion durch einen unabweisbar zu deckenden, volkswirtschaftlichen Bedarf angesichts ihres realen Verlaufs stark an Plausibilität. Anschließend werden die Mechanismen der Wechselwirkung zwischen Beschäftigungsstrukturen und Bildungssystem untersucht. Folgende Zusammenhänge werden herausgearbeitet: (1) die Wahrnehmung der Beziehung zwischen Bildungsniveau und ungleichen Berufschancen; (2) die damit verbundenen Veränderungen der Qualifikationsstruktur der Nachwuchsströme; (3) die Reaktion der Beschäftiger auf die veränderte Versorgungslage mit Arbeitskräften; (4) der in der Folgeperiode verstärkt auftretende Bildungsdruck. (RW)
Plus qu'un rappel historique du développement de la sociologie industrielle en République fédérale , des années 50 à nos jours , l'auteur propose ici un essai d'interprétation des tendances les plus significatives de cette période. La «renaissance » concerne aussi bien les méthodes que la thématique ou la réflexion théorique. Si le marxisme (redécouvert par les étudiants autour des années 60) contribue largement au débat actuel entre sociologues industriels, comblant ainsi un certain «déficit théorique », il n'apparaît cependant pas avoir résolu jusqu'ici la question essentielle de la «médiation » entre théorie et recherche empirique.
Der Autor beschreibt die Entwicklung der Wirtschaftssituation der Bundesrepublik Deutschland nach der Wiederaufbauphase. Sie zeigte sich langfristig stabil bezüglich der Beschäftigungslage, wurde jedoch durch Konjunktureinbrüche, demographische Veränderungen und weltwirtschaftlichen Strukturwandel beeinträchtigt und weist anhaltende Probleme in der Beschäftigungspolitik auf. Er sieht dadurch auch die Stellung der Gewerkschaften bedroht, die unter zunehmenden Handlungszwang mit abnehmender Handlungsfähigkeit stehen. Er schlägt eine aktive Vollbeschäftigungspolitik vor unter den Perspektiven, den Spielraum für nachfragesteigernde Maßnahmen dadurch zu erhöhen, daß inflationäre Effekte möglichst neutralisiert werden; neue Wachstumsziele mit entsprechenden beschäftigungswirksamen Bedürfnissen herauszuarbeiten sowie der Verminderung der Arbeitsmarktsegmentation, um neuen Handlungsspielraum in der Konjunktur-, Arbeitsmarkt- und Strukturpolitik zu erzeugen. (HD)