Bildung und Demokratie: zwischen Utopie und Praxis
In: Vorgänge: Zeitschrift für Bürgerrechte und Gesellschaftspolitik, Band 48, Heft 4, S. 4-18
ISSN: 0507-4150
Der Autor setzt sich mit dem demokratischen Potenzial der Bildung kritisch auseinander. Die Erziehung zum mündigen Bürger, welche die unterschiedlichen sozialen Voraussetzungen von Bildung ausgleichen will, unterschlägt seines Erachtens, dass das System der Bildung selbst auf Differenz angelegt ist und dass die normative Gleichheit der Staatsbürger mit der elitären Struktur politischer Repräsentanz in Konflikt gerät. Er beleuchtet vor diesem Hintergrund die Utopie der Bildungsgesellschaft und der egalitären partizipativen Demokratie und stellt insgesamt fest, dass eine Bildungs- und Demokratieideologie, deren Postulate ständig an den Erfahrungen der Beteiligten in der Praxis scheitern und durch sie zwangsläufig widerlegt werden müssen, unvermeidlich in beiden Bereichen zu Apathie oder Zynismus führt. Eine politische Bildung, die so verfährt, trägt ungewollt zur Verstärkung der Misere bei. Dagegen hilft nach Meinung des Autors nur die paradoxe Strategie eines normativ geleiteten Realismus und Pragmatismus, der mit der uneingeschränkten kognitiven Vermittlung dessen, was tatsächlich der Fall ist - im Bildungssystem wie in der wirklichen Demokratie - beginnt und die darin existierenden Probleme zu identifizieren sucht. (ICI2)