Wirtschaftspolitische Reformen in Japan und Deutschland: das Verhältnis von Zentralstaat und Regionen
In: Politik in Japan: System, Reformprozesse und Außenpolitik im internationalen Vergleich, S. 269-287
Der Beitrag befasst sich mit institutionellen Reformen in Deutschland und Japan, die an der Schnittstelle zwischen Politik und Wirtschaft liegen. Die Ausführungen konzentrieren sich auf einen Teilaspekt, und zwar Reformen im Verhältnis von Zentralstaat und Regionen. In Deutschland wird diese Frage unter dem Stichwort Föderalismusreform diskutiert, in Japan ist das Schlagwort der regionalen Dezentralisierung relevant, im weiteren Sinne aber auch die Frage nach einer föderalen Struktur für das Inselreich. Im Mittelpunkt stehen zwei Thesen, insbesondere angewendet auf die japanische Problematik: (1) Die an Kindleberger angelehnte Dynamik-These gilt in einem positiv-analytischen Sinn für Deutschland wie für Japan, wenn es im historischen Ablauf deutliche Verschiebungen zu mehr Zentralismus und zu mehr Dezentralisierung gegeben hat. (2) Auch in einem normativen Sinn können Kontingenzen im Spektrum von Zentralität und Pluralismus genutzt werden, wenn der Nachweis gelingt, dass beide Länder davon profitieren können, dass Fehlentwicklungen im jeweils vorherrschenden System - dysfunktionaler Föderalismus in Deutschland, zentralstaatliche Dominanz in Japan - durch entsprechende Gegenbewegungen überwunden werden können. So werden im ersten Schritt zunächst Deutschlands und Japans historischer Entwicklungsweg zwischen mächtigem Zentralstaat und starken Regionen (das Vermächtnis von Münster für den deutschen Bundesstaat, Japans vernachlässigtes Erbe des Regionalismus) beschrieben. Im zweiten Schritt werden schließlich die Vorteile eines funktionstüchtigen Föderalismus für Deutschland und Japan betrachtet. Die Untersuchung macht deutlich, dass im Falle Japans eine Föderalisierung, die mehr ist als eine simple, alte Machstrukturen intakt lassende Übertragung von Verwaltungsaufgaben an Regionen, ernsthaft in Rechnung zu stellende Vorteile bieten könnte. (ICG2)