Trotz des unglaublich schnellen Medienwandels gibt es viele Medienwirkungstheorien schon seit Jahrzehnten. Dabei stellt sich die Frage, inwieweit diese Theorien in der heutigen Online-Zeit noch Bestand haben und wie groß ihre Erklärungskraft immer noch ist. Die Monografie Schweigespirale Online beschäftigt sich genau mit diesen Fragen und überprüft die Theorie der Schweigespirale innerhalb von zehn Kapiteln auf ihre heutige Anwendbarkeit. Zu Beginn werden die theoretischen Grundlagen ausführlich erläutert und in das Modell der soziologischen Erklärung eingeordnet, da dieses Modell den Leitfaden für die Analyse bildet. Anschließend geht es um die Makro-Situation, die aus den 1970er Jahren mit der heutigen Perspektive verglichen wird. Dem folgt der Übergang der Makro- zur Mikroebene, der auch als Logik der Selektion bezeichnet wird. Dabei werden die Wahrnehmung des Meinungsklimas, die Wahrnehmung von Sanktionsmöglichkeiten und der Einfluss von Referenzgruppen näher betrachtet. Nach dem Übergang der Ebenen wird der Fokus auf die Mirkoebene, die Akteurin oder den Akteur selbst, gelegt. Hier spielt die Bedeutung von individuellen Merkmalen eine entscheidende Rolle. Danach wird mit der Logik der Selektion, die hier Reden und Schweigen innerhalb von virtuellen Räumen umfasst, die Betrachtung der Mikroebene abgeschlossen. Anschließend werden die bisherigen Erkenntnisse in ein neues Modell überführt. Diese ermöglichen dann eine Rückführung auf die Makroebene durch die Logik der Aggregation. Abgerundet wird das Buch durch schlussfolgernde Betrachtungen. Empfehlenswert ist diese Monografie für Kommunikationswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, die sich mit der Medienwirkungsforschung auseinandersetzen.
A formal analysis of the theories of the spiral of silence & of pluralistic ignorance. Five hypotheses about the relationships among the variables in each theory of how individuals perceive PO are tested, & the points of success & failure for each noted. Finally, a general argument is made linking the spiral of silence & theories of the perception of PO to the analysis of the general class of social choice situations where people's expectations influence the outcome. The spiral of silence provides a number of different tools for analyzing the buildup of expectations in such settings. 6 Tables, 2 Figures. AA.
Macht und Öffentlichkeit – Spötter mögen raunen, die »Neue Rechte« spräche am häufigsten von dem, was ihr fehlt. Ja, wir sind heute (noch) politische Havenots, weil wir zwar den Vorhof zur Macht erreicht, aber den Zugang zur öffentlichen Meinung noch nicht erobert haben. Wie lange es bis zu diesem Schweigemauerfall noch dauert, wissen wir nicht, aber die Rückgewinnung der Öffentlichkeit wird unser Gesellenstück. (Verlagstext)
Der Autor setzt auf zwei der fünf grundlegenden Annahmen der von Noelle-Neumann entwickelten Theorie der Schweigespirale auf, nämlich der Annahme, daß jede Gesellschaft abweichende Individuen mit Isolation bedroht und der Annahme, daß Individuen ständig Isolationsfurcht empfinden. Er stellt die These auf, daß die Isolationsfurcht der Individuen die Schweigespirale bewirkt und der öffentlichen Meinung Kraft verleiht. Es werden psychologische und anthropologische Erklärungen für die tief verwurzelte Angst des Menschen vor Einsamkeit gegeben. Das Merkmal Persönlichkeitsstärke scheint geeignet, dysfunktionale Reaktionen auf Einsamkeit und Isolation zu vermeiden. Persönlichkeitsstarke Menschen befinden sich weitgehend im Einklang mit dem Meinungsklima. Sie sind in hohem Maße informiert und in der Lage das Meinungsklima zu erfassen. Gleichzeitig scheinen sie relativ unabhängig zu sein vom Meinungsdruck der anderen. (ICG)
Der Beitrag reflektiert Meinungsbildungsprozesse in digitalen Öffentlichkeiten auf der empirischen Grundlage von Online-Gruppendiskussionen und qualitativen Interviews. Er argumentiert entgegen gängiger kommunikationswissenschaftlicher Arbeiten diversitätstheoretisch und versteht Meinungsbildung in Abgrenzung zur Theorie der Schweigespirale auch in vor-digitalen Zeiten als fragmentiert und pluralistisch. Die Auswertung des empirischen Materials zeigt, dass keine Meinungsveränderungen stattgefunden haben. Vielmehr wurden Meinungen von den Teilnehmer:innen des Forschungsprojekts als Wahrheiten verstanden, die sie im digitalen Wettbewerb um Aufmerksamkeit zu verteidigen suchten.
Die Problematik hochentwickelter Industriegesellschaften und ihrer Analyse liegt darin begründet, daß diese Gesellschaften ihrem Wesen nach "Informationsgesellschaften" sind. Als erklärendes und gestaltendes Instrument muß daher an die Stelle der Philosophie die Kybernetik treten, mit deren Hilfe die "Situation des beschränkten Menschen in seiner komplexen Welt" bewältigbar wird. Die "größere Reichweite und Präzision kybernetischer Denkmodelle" wird anhand der Kontrastierung von "Dialektik" und "Regelung" verdeutlicht. Regelvorgänge werden auch bei der Analyse demoskopischer und ökonomischer Phänomene ("Schweigespirale", Wirtschaftszyklus) deutlich. (IB)
Der Verfasser geht bei seiner Untersuchung von der Frage nach Wesen und Struktur der öffentlichen Meinung aus. Er stellt drei Konzeptionen der öffentlichen Meinung vor: (1) Habermas' Modell der "liberalen Öffentlichkeit", (2) Noelle-Neumanns Theorie der "Schweigespirale" und (3) Luhmanns "themenorientierte" Konzeption "knapper Aufmerksamkeit". Die empirische Zuverlässigkeit der Demoskopie läßt es wahrscheinlich erscheinen, daß öffentliche Meinung durch "einseitige Kommunikation" im Sinne eines "Argumentationsturniers" von "geistreichen Beobachtern" strukturiert wird. Anhand von Beispielen wird die Anwendbarkeit dieses Konzepts auf "rechtliche Entscheidungen" illustriert. (IB)
In: Politik und Kommunikation: neue Forschungsansätze, S. 69-79
Zunächst werden die Wirkungsannahmen herausgearbeit, die mit der Agenda-Setting-Hypothese verknüpft sind. Es handelt sich dabei um ein kausales, medienzentriertes Wirkungskonzept, das voll in der Tradition der klassischen Medienwirkungsforschung steht. Es unterstellt, daß die Selektionsprozesse in den Massenmedien die Umweltwahrnehmung der Mediennutzer steuern. Das Problem der empirischen Überprüfung dieser Annahmen wird kurz behandelt. Die Kritik des Agenda-Setting-Konzepts wird an der Stelle vertieft, an der es um die Frage geht, welche Bedeutung das Medienpublikum für das Eintreten oder Ausbleiben des Medieneffektes hat. Die Tragfähigkeit der Hypothese wird vor dem Hintergrund ihrer Rezeption im deutschsprachigen Raum, insbesondere im Kontext der Schweigespiralen-Hypothese, erörtert. (BO2)
Die Reaktionen von drei kleinen Schweizer Gemeinden auf die fiktive/ aktuelle Einrichtung oder Praxis einer therapeutischen Wohngemeinschaft für Drogenabhängige aufnehmend, wird in dem Papier die Bedeutung von theoretisch relevanten Parametern in der Planungsumgebung für solche Planungsprozesse geprüft. Basierend auf 576 Interviews mit verschiedenen Gemeindegruppen, entsprechend dem unterschiedlichen Grad der möglichen Betroffenheit ausgewählt, wird deutlich gemacht, daß - einhergehend mit einem allgemein hohen Akzeptanzniveau - die individuelle Tendenz, solche Projekte zurückzuweisen, vor allem durch die Perzeption des Meinungsklimas bestimmt wird. Eine Diskussion der daraus folgenden praktischen Konsequenzen richtet ihre besondere Aufmerksamkeit auf die Idee, eine Zwei-Stufen-Strategie zur Implementation zu nutzen, die nach einer Unterbrechung der Schweigespirale ein "dialectical scanning" als Partizipationsmodus vorsieht. (RWÜbers.)
Die Überlegungen des Beitrag beziehen sich auf die Neuerörterung eines policy-analytischen Konzepts, den Aufmerksamkeitszyklus. Es wird gezeigt, daß dieses Konzept Aspekte der Analyse von Themen-Karrieren, der ökonomischen Theorie des Aufmerksamkeitszyklus sowie der These von der Schweigespirale integriert. Rückblickend werden Verbesserungen des Konzepts vorgeschlagen: So wird unterschieden zwischen den kurzzeitigen Aufmerksamkeitszyklen der Medien, die der Nachrichtenmarkt erzeugt, einerseits und den Langen Wellen, die ein Themen-Großklima anzeigen, andererseits. Diese beiden Sichtweisen werden heuristisch sinnvoll mit der Analyse der verschiedenen Policy-Phasen verbunden. Es wird allerdings festgestellt, daß zu diesem Zweck eine sehr viel stärkere interdisziplinäre Orientierung der Policy-Analyse unter Integration der Publizistik und Kommunikationswissenschaft erforderlich ist, um den bisher stark vernachlässigten Einfluß der Medien und der Strukturveränderungen im Mediensektor einzubeziehen. (ICA)
Obwohl es in Fachkreisen bekannt ist, dass reproduktionsmedizinische Behandlungen Frauen schaden können, bleibt nach Ansicht der Autorin eine systematische Erfassung der Schäden bislang aus. Das deutsche IVF-Register kann nur bedingt als eine empirische Schadensstatistik gelten; unerfasst bleiben die seelischen und sozialen Schäden, die Langzeitfolgen auch bei ausgetragenen Schwangerschaften sowie Schäden, die durch eine Sterilitätsbehandlung noch vor Anwendung der IVF hervorgerufen wurden. Hinzu kommen mögliche Auswirkungen auf die Partnerschaftsbeziehung (Intimitätsverlust), soziale Isolierung und Einbußen in der beruflichen Entwicklung von Frauen. Die Autorin diskutiert einige Denkfiguren im reproduktionsmedizinischen Diskurs - z.B. "Kinderlosigkeit ist Krankheit", "Reproduktion ist Pflicht", "Um des Kindes willen", "Um der Gene willen", "Für den Fortschritt" -, sie problematisiert die Ausblendung der Gefahren für Frauen im öffentlichen Diskurs und weist auf die Mechanismen einer "Schweigespirale" hin. (ICI2)
Auf der Basis einer repräsentativen Umfrage analysiert der Beitrag die Auswirkungen der öffentlichen Diskreditierung des Antisemitismus auf die Einstellung der Bevölkerung. Mehr als andere fühlen sich Antisemiten unter Druck und neigen dazu 'das ganze Thema Juden' zu vermeiden. Abweichend von Noelle- Neumanns Theorie der Schweigespirale fühlen sich Antisemiten jedoch nicht als Minderheit, sondern als wachsende schweigende Mehrheit. Dies wird erklärt mit Theorien wie der "looking glass perception", dem "false consensus effect" und dem "hostile media phenomenon". Andere Techniken zur Vermeidung der Einsicht in die eigene Minderheitenposition sind: Das Thema in der Kommunikation nicht anzuschneiden, auf weniger diskreditierte Bereiche, etwa die Kritik Israels, auszuweichen oder zu behaupten, die öffentliche Meinung würde von den jüdisch beherrschten Medien manipuliert. Die Mehrheit der Befragten, die keine antisemitischen Einstellungen zeigten, vertraten die Ansicht, daß der latente Antisemitismus in Deutschland vom Ausland überschätzt werde. (pka)