Neue soziale Bewegungen - ein neoromantischer Protest?: Thesen zur historischen Kontinuität und Diskontinuität der "neuen sozialen Bewegungen"
In: Alternativen zur alten Politik?: neue soziale Bewegung in der Diskussion, S. 125-139
Dem Autor geht es um die Frage, ob neue soziale Bewegungen (nsB) tatsächlich eine neue historische Qualität beinhalten oder ob diese eine Replikation - abgesehen von Inhalten und Zielsetzungen - von sozialen Bewegungen sind, die bereits in anderen historischen Zusammenhängen auftraten. Inwiefern sind nsB als neo-romantischer Protest einzustufen? Inwiefern treten sie in Form von Protestzyklen periodisch auf? D. h. inwiefern sind zyklische Veränderungen gesellschaftlicher Stimmungslagen als Nährboden für die Entstehung Verbreitung spezifischer sozialer Bewegungen anzusehen? Die Ausführungen kommen zu dem Ergebnis: Die nsB erlangen im Kontext des gegenwärtigen strukturellen Umbruchs westlicher Industriegesellschaften eine zentrale Funktion. Sie werden zu einem der Hauptakteure des gesellschaftlichen Transformationsprozesses, und sie rücken die Eigentümlichkeit der vor sich gehenden tiefenstrukturellen Veränderungen überhaupt erst ins öffentliche Bewußtsein. Sie erfüllen insofern eine in mehrfacher Hinsicht modernisierende Funktion. Die entscheidende Leistung der nsB liegt somit darin, die aus der sprunghaft gestiegenen Selbstreflexivität moderner Gesellschaften sich ergebenden Handlungskonsequenzen aufgezeigt und in einem neuen Konfliktterrain entfaltet zu haben. Die nsB wirken, trotz ihrer schillernden Ambivalenz, als Geburtshelfer einer neuen Stufe reflexiver Modernisierung der Industriegesellschaft. (RW)