Der Beitrag beschreibt folgende Tendenzen staatlichen Handelns im (Hoch-)Schulbereich der Bundesrepublik: (1) Auf der Suche nach Konsequenzen aus den unbefriedigenden Ergebnissen der internationalen Leistungsvergleichsstudien versuchen die Kultusministerien, von der bisherigen Eingabe- zu einer Ergebnissteuerung überzugehen; die entwickelten und z.T. schon eingesetzten Mittel reichen von den Instrumenten der Vergleichsarbeiten und Zentralprüfungen über bundeseinheitliche (Regel-) Standards für die Unterrichtsfächer bis zu unterschiedlichen Formen der institutionellen und System-Evaluation mit Hilfe von Landesinstituten zur Qualitätsentwicklung (Standardisierung). (2) Unbeschadet der dabei weiterhin hohen rechtlich-administrativen Regelungsdichte findet ein Prozess der Erweiterung der pädagogischen, administrativen und budgetären Handlungsspielräume der Einzelschulen zu Lasten der Schulaufsicht statt (Autonomisierung). (3) Bildungskontrakte spielen dabei eine wichtige Rolle; sie sind ein verbreitetes Instrument schulpolitischen Handelns im innerschulischen Bereich und zwischen staatlichen und gesellschaftlichen Akteuren, aber auch im zivilgesellschaftlichen Bereich geworden (Kontraktieren). (4) Erkennbar sind Versuche der Entlastung des Staates durch die Förderung "zivilgesellschaftlichen Bewusstseins", "freiwilligen Engagements" und der Deregulierung hoheitlicher Aufgaben (Privatisierung). (ICA2)
Der Verfasser gibt zunächst einen Überblick über die Entwicklung der Zuwanderung nach Deutschland seit 1945 im Querschnitt und Längsschnitt. Er referiert im Folgenden die aktuelle Rechtslage von Ausländern in Deutschland, die sich für die unterschiedlichen Gruppen von Nicht-Deutschen sehr differenziert darstellt. Mit Blick auf den Bildungssektor wird trotz steigender Bildungsbeteiligung und steigenden Bildungsniveaus von Ausländerkindern eine fortbestehende Benachteiligung von Zuwandererkindern im deutschen Schul- und Ausbildungssystem konstatiert. Vor diesem Hintergrund werden Reformdesiderata auf ausländerrechtlichem und ausländerpolitischem Gebiet formuliert. Der Verfasser fragt abschließend nach Hintergründen für Segregationsprozesse und Integrationsbarrieren. (ICE)
Rezension von: Hans Döbert / Wolfgang Hörner / Botho von Kopp / Wolfgang Mitter (Hrsg.): Die Schulsysteme Europas. Hohengehren: Schneider Verlag 2002 (647 S.; ISBN 3-89676-639-2; 40,00 EUR).
In: Zeitschrift für Ausländerrecht und Ausländerpolitik: ZAR ; Staatsangehörigkeit, Zuwanderung, Asyl und Flüchtlinge, Kultur, Einreise und Aufenthalt, Integration, Arbeit und Soziales, Europa, Volume 21, Issue 3, p. 111-119
It is generally accepted by the community that nations have obligations to protect refugees. This tradition has long roots in Western thought spanning across centuries of political and religious oppression despite its various shortcomings. The origins of the legal and moral obligations towards refugees is beyond the scope of this paper. It suffices to point out that helping refugees is a valance issue. Like promoting peace and cleaning up the environment, helping refugees has primarily advocates. However, there is frequent and at times bitter disagreement as to how one should approach this issue in practice. Among the most disputed issues are (1) hammering out a definition of a 'refugee', (2) determining who defines and implements this definition, (3) halting the flow of refugees, and (4) creating an international regime to effectively deal with refugees. The purpose of this paper is to present and discuss various definitions of what is a refugee as a precondition of both, political analysis and political action. The controversy of defining a refugee is deeply entangled with the sovereignty of individual nations. The paper concludes by offering an alternative perspective for analyzing the current international refugee crisis.
Vorbemerkungen: Der Zusammenbruch der realsozialistischen Herrschaftssysteme und die Auflösung der Sowjetunion, die deutsche Einheit und die weitere europäische Integration stehen in einem Ursachen- und Wirkungszusammenhang. Waren lange Zeit die europäische Integration und in ihrer Folge der Abbau der Spannungen zwischen Westeuropa und den kommunistischen Staaten Osteuropas und der UdSSR als conditio sine qua non einer Lösung der deutschen Frage angesehen worden, so hatten die friedlichen mittel- und (süd)osteuropäischen Revolutionen des Jahres 1989 die These "Deutsche Einheit durch europäische Integration" widerlegt. Die Umkehrung dieser bis dahin kaum bestrittenen Annahme hatte für die Europäische Gemeinschaft erhebliche Konsequenzen und verstärkte in zumindest zweierlei Hinsicht ihre bereits mit der Einheitlichen Europäischen Akte, den Beschlüssen über den EG-Binnenmarkt und den Europäischen Wirtschaftsraum sowie dem Schengener Abkommen beschleunigte Entwicklungsdynamik. Einerseits waren es die Besorgnis der Gemeinschaft und ihrer Mitgliedstaaten, das größere, wirtschaftlich und militärisch starke sowie politisch wieder selbständige Deutschland könnte sich vom Integrationsprozeß distanzieren, aber auch das deutsche Beispiel, ohne umfassende Detailplanung und Folgenschätzung in kurzer Zeit eine Währungs-, Wirtschafts-, Sozial-, Rechts- und Staatsunion von zwei Staaten unterschiedlicher Wirtschafts- und Gesellschaftssysteme zu realisieren, welche die EG-internen Integrationsprojektionen beschleunigten. Beide Faktoren haben in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht die EG-Verfassungsarbeiten und die Maastrichter Beschlüsse beeinflußt, wobei erwähnt werden muß, daß der Maastrichter Gipfel deutscherseits dem Zweck diente, die Zweifel an der deutschen Europaorientierung zu zerstreuen. Andererseits wirkte die Demokratisierung der ehemals kommunistischen Staaten Mittel-Osteuropas als Beschleunigungsfaktor für die europäische Integration. Waren das Verfahren zur Aufnahme Österreichs als 13. Mitglieds der Gemeinschaft abgeschlossen, Mitgliedsanträge durch Schweden, Finnland, Malta sowie Zypern und die Türkei gestellt sowie von Norwegen und der Schweiz avisiert, standen plötzlich zahlreiche potentielle Mitglieder vor den Toren Brüssels, die bis dahin nur in europäischen unverbindlichen Sonntagsreden als Mitglieder in einer gesamteuropäischen Union Platz gefunden hatten und deren Mitgliedschaft mannigfache Probleme aufwerfen würden. Die Vision, für manche durchaus auch der Alptraum der EG-Mitgliedschaft Ungarns, der CSFR und Polens, Bulgariens, Rumäniens und Albaniens (insoweit hat sich die deutsche Außenpolitik in Grundlagenverträgen bereits zur Unterstützung von Aufnahmeanträgen verpflichtet), aber auch der Baltischen Staaten sowie der Nachfolgestaaten Jugoslawiens nötigen die Zwölfergemeinschaft, über ihre Ziele, Institutionen, internen Prozesse und äußere Entwicklung zu entscheiden. Wenn die Maastrichter Beschlüsse zur Änderung des EWG-Vertrags durch die nationalen Parlamente ratifiziert werden sollten, was mit Ausnahme Großbritanniens jeweils Verfassungsänderungen impliziert, so dürften sie unbeschadet ihrer nicht nur von deutscher Seite bemängelten Defizite ("Demokratiedefizit", "Föderalismusdefizit", Kompetenzverteilungsunklarheit u.a.) künftighin für den qualitativen Wandel von der EG als eines Zweckbündnisses von Staaten hin zu einem Staat eigener Art stehen.Die deutsche und europäische Öffentlichkeit steht dieser Entwicklung skeptisch-abwartend, insgesamt aber positiv gegenüber (Eurobarometer No. 36 [Dez. 1991]: 7-15), unbeschadet gewisser antieuropäischer Töne in der deutschen und europäischen extremen Rechten. Die nationalen Ratifizierungs- und Verfassungsreformprozesse werden Auskunft geben, ob die erwähnten Impulse (von innen: die deutsche Einheit; von außen: die mittel-osteuropäischen Bewerber) für den Um- und Ausbau der EG zur politischen Union ausreichen. Kollektive Identität entsteht aus gesellschaftlichen, insbesondere kulturellen Traditionen, sie schlägt sich in Übereinstimmung in den Sichtweisen zum Alltag und in seinen Vollzügen nieder, und sie kristallisiert sich um mehr oder weniger deutliche Zukunftsvorstellungen. Daraus folgt, daß Identität unbeschadet gewisser längerfristig stabiler Elemente unabgeschlossen ist; sie entwickelt sich ständig neu. Kollektive Identität hat unterschiedliche Anknüpfungspunkte, die sie hervorbringen bzw. weiterentwickeln können, wie z.B. Geographie, Sprache, Religion, Kultur und Geschichte, Gruppe, Volk, grundlegende Werte, aber auch soziale Erfahrungen wie etwa die Ausgrenzungs- und Diskriminierungserfahrungen von Minderheiten. Aus der Vielzahl und strukturellen Unterschiedlichkeit gruppenidentitäts- und gemeinschaftserzeugender Variablen resultiert die Möglichkeit der Gleichzeitigkeit verschiedener, sich überschneidender Identitäten, die dieselben Individuen u.U. für sich in Anspruch nehmen. Auf dem Hintergrund der Debatte um den Verfassungspatriotismus als eine mögliche Bezugsgröße deutscher kollektiver Identifikation bezieht sich das Interesse dieses Beitrags auf die Funktion von Verfassungsdebatten und Verfassungsdokumenten als Anknüpfungspunkte, Orientierungsmittel und Haltelinien für die kollektive Identitätsbildung im staatlich geeinten Deutschland. Gegenstand der Analyse sind dabei die unterschiedlichen eher traditionellen (Volk, Nation) sowie "modernere" postnationale Bezugspunkte, beschreibbar mit Stichworten wie universellen Menschenrechten, demokratischen Institutionen, europäischer Einigung oder internationaler Friedensordnung. Der folgende Beitrag zeichnet die Entwicklung der deutschen Verfassungen seit Ende der nationalsozialistischen Diktatur nach. Dabei spielen einerseits der Entstehungs- und Wirkungszu-sammenhang des Grundgesetzes und andererseits die in Verbindung mit dem Sturz der SED-Herrschaft und dem Prozeß der deutschen Einheit einsetzenden Veränderungsprozesse eine zentrale Rolle. Ein besonderes Augenmerk gilt in diesem Zusammenhang der Frage, ob und inwieweit die europäische Integration und die Entwicklung zur Europäischen Union in den deutschen Verfassungsdokumenten und -diskussionen eine Rolle spielen.
The paper compares the present social, economic, and political rights labor immigrants enjoy within the European Community. Its focus is the current debate about the municipal suffrage of permanent residents. The dual relevance of the topic is obvious: EC-bodies like commission, Council of Ministers, Political Council, and European Parliament withdraw competences of their national counterparts; EC-inhabitants, citizens of one of twelve democraticly ruled member states, acqire the right to move, to resettle, and to work everywhere within the Community. But when doing so the citizens of the Community loose their basic democratic rights to vote or to become elected at least on the subnational levels like those longterm residents who had immigrated from third countries without acquiring the citizenship. Currently, 12-15 million or 4-5% of the inhabitants of the community are without democratic rights. Thus, ironically the overcoming of the nation state and the transnational extension of socio-economic freedoms is accompanied by a regress of democratic rights and liberties. Therefore, the general (at least municipal) suffrage of all permanent residents and a common, citizenship and "ius soli" baded naturalization legislation are on the political agenda of the community.