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Im November will das BMBF endlich sein Konzept zur Deutschen Agentur für Transfer und Innovation vorlegen. Eine interne Arbeitsversion verrät jetzt, wie die Neugründung aussehen könnte.
DIE RESONANZ war atemberaubend. 2.965 Skizzen gingen bis zum Antragsschluss Ende August beim Bundesministerium für Bildung Forschung (BMBF) ein. So viele Projekte hoffen auf Zuschlag bei der "Innovationssprints" genannten ersten Förderlinie von "DATIpilot", mit der das Ministerium die Gründung der geplanten Deutschen Agentur für Transfer und Innovation vorbereiten will. Über ein Drittel davon stammten von Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW), wie BMBF-Chefin Bettina Stark-Watzinger und ihr zuständiger Staatssekretär Mario Brandenburg (beide FDP) Ende September in einem Brief an alle Ampel-Bundestagsabgeordneten berichteten.
Auch sonst sind es gerade entscheidende Wochen für die DATI. So eilig es Ex-Staatssekretär Thomas Sattelberger mit der Präsentation eines ersten, "Grobkonzept" genannten Entwurfs zur Gestaltung der Agentur im März 2022 hatte, so viel Zeit hat sich sein Nachfolger Brandenburg mit der Ausarbeitung des endgültigen Konzepts gelassen.
Nun aber mehren sich die Anzeichen, dass es in Kürze so weit sein wird: In einer mir vorliegenden "internen Arbeitsversion" des Konzepts heißt es, die Ressortabstimmung und die anschließend geplante Kabinettsbefassung seien "für November 2023" geplant, ebenso die Entsperrung von 35,4 DATI-Millionen durch den Haushaltsausschuss des Bundestages. Da dieser dafür zwingend die Vorlage eines "schlüssigen Konzepts" verlangt hatte (das man in Sattelbergers Vorarbeiten nicht sah), arbeiten sie im BMBF in diesen Tagen mit Hochdruck an dessen finaler Fassung.
"Agile Strukturen" und weitgehende "Unabhängigkeit"
Die aktuell kursierende Arbeitsversion, datiert auf den 27. September, gibt bereits wichtige Anhaltspunkte zum vorgesehenen Budget der Agentur, ihrem Aufbau und den angedachten Freiheitsgraden. Auffällig zurückhaltend sind die 20 Seiten dagegen bei der Beschreibung der geplanten Prozesse für die Fördermittelvergabe.
Innovationsagenturen nach internationalem Vorbild benötigten "agile Strukturen und weitgehende organisatorische und programmatische Unabhängigkeit", beschwört der Konzeptentwurf gleich zu Beginn mit Verweis auf die Bundesagentur für Sprunginnovation (SPRIND) und die Cyberagentur (wobei das ganz und gar nicht agile politische Gezerre um deren Gestaltung hoffentlich nicht vorbildlich sein wird für die Aufstellung der DATI).
2023 waren laut Haushaltsansatz insgesamt 50 Millionen Euro für die DATI vorgesehen, von denen, siehe oben, der größte Teil aber bislang gesperrt ist. Und auch wenn der Haushaltsausschuss im November das Geld freigeben sollte, wird voraussichtlich dieses Jahr nur noch ein Bruchteil davon gebraucht. Denn die Gründung soll laut Konzeptentwurf erst im ersten Quartal 2024 mit einem "Antragsverfahren zur Beteiligung des Bundes an privatrechtlichen Unternehmen" starten, und auch die Bearbeitung der fast 3.000 "DATIpilot"-Antragskizzen wird dauern.
Der größte Budgetsprung kommt erst nach der nächsten Bundestagswahl
Im nächsten Jahr sollen laut Ampel-Haushaltsentwurf insgesamt 78,8 Millionen Euro für die DATI fließen, 2025 dann 124,5 Millionen Euro. Der größte Sprung, so steht es im internen BMBF-Papier, soll 2026 folgen – rauf auf rund 250 Millionen Euro pro Jahr.
Was auch bedeutet: Das meiste Geld für die Agentur würde (wie praktisch für Ampel-Finanzpolitiker!) erst in den Haushalten der nächsten Bundesregierung fällig. Einerseits nachvollziehbar, denn der Aufbau einer neuen Institution kostet Zeit. Entsprechend lange dauert es, bis die DATI in der Lage sein wird, große Mengen an Fördergeld sinnvoll auszugeben.
Andererseits hätte man von Anfang an schneller sein können: Mehr als anderthalb Jahre von Sattelbergers "Grobkonzept" bis zur geplanten Einreichung des endgültigen Konzepts beim Haushaltsausschuss ist ein sehr langer Zeitraum, der sich nicht allein mit Verweis auf die umfangreiche – und sehr sinnvolle – Community-Beteiligung etwa in Form sogenannter Stakeholder-Dialoge rechtfertigen lässt.
Gleichzeitig warben Stark-Watzinger und Brandenburg in ihrem Brief an die Bundestagsabgeordneten aber bereits jetzt – wenig klausuliert – um eine Erhöhung des Haushaltsansatzes für 2024. Mit Verweis auf das "großartige Feedback", die knapp 3.000 Antragsskizzen, schrieben die beiden FDP-Politiker: "Diese überwältigende Resonanz erfordert eine angemessene Antwort. Wir werden nun die ursprünglich geplante Förderung substanziell ausweiten, eine gebührende Förderquote anstreben und so ein wichtiges Signal für den Innovationsstandort Deutschland senden." Und weiter: "Mit Ihnen gemeinsam möchten wir darauf hinwirken, dass aus den vielen Ideen möglichst zahlreiche innovative Lösungen entwickelt werden, die die Menschen schließlich erreichen."
Nicht nur regional verankert: Wie das BMBF sich die DATI-"Innovationscommunities" vorstellt
Die DATI-Pilotlinien gelten wie schon vor der SPRIND-Gründung einerseits als Strategie des BMBF, um die lange Wartezeit bis zum Arbeitsstart der Agentur zu überbrücken. Andererseits will man so bereits Erfahrungen sammeln, wie das spätere Fördergeschäft der Agentur laufen könnte: etwa wie man mit einer solchen Antragsflut umgeht, die aktuell ganze Referate im BMBF lahmzulegen droht – und welche Fehler man dort vermeiden sollte.
Die Erfüllung des BMBF-Wunschs nach mehr DATI-Geld wird wiederum vor allem von der Bewertung dessen abhängen, was in dem DATI-Konzept steht, das der Haushaltsausschuss bekommen soll. Vier künftige Aufgabenfelder beschreibt die "interne Arbeitsversion" für die künftige DATI: Erstens soll sie die Transfercommunity aktivieren und vernetzen, zweitens zu Förderangeboten beraten, dabei soll sie mit Coaching und Weiterbildungsangebote in die Szene hineinwirken.
Besonders profitieren von den ersten beiden Aufgabenfeldern könnten laut Entwurf weniger forschungs- und drittmittelaffine HAW.
Die dritte Kernaufgabe der neuen Agentur soll logischerweise das Fördergeschäft sein in Auf- und Ausbau, Begleitung und Entwicklung von "Innovationscommunities". Diese werden, anders als Sattelbergers "Regionen" im Vorkonzept, jetzt als "Zusammenschlüsse von Partnern aus Wissenschaft, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und dem öffentlichen Sektor mit gemeinsamer Zielsetzung" definiert. Wobei sie sich zwar durch einen "regionalen Nukleus von Akteuren" auszeichnen, aber auch "überregionale und internationale Vernetzungen" Teil der Community sein können, "wenn dies zur Lösung der jeweilig thematisch adressierten Herausforderung beiträgt". Konsortialführer sollen wissenschaftliche Einrichtungen, "inbesondere" HAW sein.
Viertens und übergreifend soll sich die DATI um die "Weiterentwicklung der Förderung von Transfer und Innovation" kümmern, vor allem im Rahmen der Dokumentation und Weiterverbreitung von "Best Practices".
Die besondere Rolle der HAW wird gleich mehrfach betont
Als Organisationsgrundsätze für die DATI werden in der internen Arbeitsversion des Konzepts genannt: eine Themenoffenheit mit einem "breiten Innovationsbegriff, der soziale und technologische Innovationen gleichermaßen umfasst"; eine Akteursoffenheit, die auf eine "Vielfalt der Transferpartner abhebt", dabei aber das besondere Profil und "die Belange der HAW" addressiert, "um gute Zugangsmöglichkeiten zu gewährleisten".
Die besondere Rolle der HAW "aufgrund ihrer Anwendungsorientierung" wird in dem Papier gleich mehrfach betont – wohl vor allem um deren Sorgen zu zerstreuen, die Technischen Universitäten könnten ihnen, Stichwort Akteursoffenheit, die Fördermittel wegschnappen.
Weitere Organisationsgrundsätze, die der Konzeptentwurf aufzählt: eine "konsequente Bedarfs- und Serviceorientierung", "Synergien mit bestehenden Maßnahmen" schaffen, eine lernende, anpassungsfähige Organisation sein und außerdem "digital von Grund auf", "von der ersten Kontaktaufnahme, Beratung, Antragstellung, Projektbetreuung bis Projektabschluss und Monitoring".
Auch die "organisatorische Exzellenz" kommt als Grundsatz vor, die hohe Qualifikation des Personals wird ebenso beschworen wie "eine Führungskultur und Entscheidungsstruktur, die bestmöglich Mission, Vision, Impact, Wertversprechen und Organisationsgrundsätze der Agentur befördern".
Was aber, und das ist die wirklich spannende Frage, bedeuten all diese hehren Vorsätze praktisch für die Struktur der Agentur? Verkörpert sie das, was das Papier eingangs bei den internationalen Vorbildern als "weitgehende organisatorische und programmatische Unabhängigkeit" erkannt hatte?
Zurückhaltender als bei der SPRIND
Laut Konzeptentwurf soll die DATI als GmbH gegründet werden mit der Bundesrepublik als alleiniger Gesellschafterin. Sie soll einige Freiheitsgrade erhalten, etwa in Form von Gehältern fürs Führungspersonal, die außerhalb des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst liegen können. Das BMBF werde sich "nach Würdigung des jeweiligen Einzelfalls um die ggf. erforderlichen Ausnahmen vom Besserstellungsverbot bemühen", heißt es. Der SPRIND sollen übrigen laut ihrem mühsam erkämpften Freiheitsgesetz-Entwurf bald deutlich umfassendere Ausnahmen möglich werden – wobei beide Agenturen durch ihre unterschiedliche Funktionen im Innovationssystem nur bedingt vergleichbar sind.
Ihr Geld soll die DATI über einen jeweils über mehrere Jahre abgeschlossenen "Geschäftsbesorgungsvertrag" bekommen, in jährlichen Tranchen, allerdings flexibel angepasst nach den Bedürfnissen. Gleichzeitig soll die DATI "perspektivisch" bis zu zehn Prozent ihrer jährlichen Mittel zur Selbstbewirtschaftung erhalten und damit ins jeweils nächste Haushaltsjahr mitnehmen können (bei der SPRIND sind es jetzt 20 Prozent und demnächst voraussichtlich 30 Prozent). Außerdem soll, heißt es weiter vorsichtig, geprüft werden, ob das BMBF die Agentur für ihre Aufgabenwahrnehmung "beleihen" kann (die SPRIND soll auch das künftig dürfen). Das ist Voraussetzung um selbst Zuwendungsbescheide erlassen zu können.
Leiten soll die Agentur eine zweiköpfige Geschäftsführung für den wissenschaftlichen Aufgabenbereich einerseits und den administrativen andererseits. Eine Geschäftsstelle soll das Fördergeschäft übernehmen. Das geplante Beratungsgeschäft soll entweder eine eigene operative Einheit der DATI bilden oder in Form einer 100-prozentigen Tochtergesellschaft als "Service Center" ausgelagert werden, wobei über die endgültige Struktur der Agentur die künftige Geschäftsführung ein entscheidendes Wort mitreden soll.
Ein Aufsichtsrat soll die Geschäftsführung "hinsichtlich Rechtmäßigkeit, Ordnungsmäßigkeit sowie Wirtschaftlichkeit ihrer Entscheidungen" überwachen, in die Finanz- und Unternehmensplanung einbezogen werden und sie zusätzlich beraten. Mitglieder sollen "Vertreterinnen und Vertreter des Bundes, des Deutschen Bundestags sowie weitere Mitglieder aus den Feldern Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft" sein. Außerdem soll es einen "Förderrat" geben mit externen Experten "verschiedener Fachrichtungen", wobei die HAW mit mindestens 25 Prozent der Mitglieder "angemessen repräsentiert" sein sollen.
Der Förderrat berät die Geschäftsführung laut Konzeptentwurf zur Förderstrategie und soll ihr Vorschläge zu den Förderentscheidungen machen, wofür er nach Bedarf auf externe Gutachter zurückgreifen kann oder, wo nötig, auf Mitglieder der Beratungsgremien der Bundesregierung – "beispielsweise auf die Missionspatinnen und -paten aus dem Forum #Zukunftsstrategie im Rahmen der Zukunftsstrategie Forschung und Innovation".
Viel Gestaltungsspielraum bei der Förderpraxis
Zu viele Gremien? Zu viel Einfluss seitens der Politik? Fest steht: Zwei, fünf und zehn Jahre nach ihrer Gründung soll die Agentur jeweils extern evaluiert werden, wobei es zunächst vor allem um den Prozess des Aufbaus der Organisation und die Entwicklung ihrer Handlungsfähigkeit in den jeweiligen Aufgabenbereichen gehen soll.
Wer sich nach der Lektüre der 20 Seiten "interner Arbeitsversion" des Konzepts indes fragt, wie genau die Fördermittelvergabe laufen soll von der Ausschreibung über die Antragsverfahren bis hin zur Auswahl, der findet darüber hinaus wenig Hinweise. Ist das ein Problem? Eher nicht – zeigt es doch den Willen im BMBF, hier wirklich der Community viel Raum zu geben – und der künftigen Geschäftsführung.
Explizit heißt es im Papier: "Die DATI-Förderung gewährt den Communities große Gestaltungsspielräume und unterstützt durch intensive Projektbegleitung und Coaching, Nutzung von Experimentierräumen, Flexibilität in der Förderung und Projektförderung, sowie verbindliche Meilensteine mit Abbruchmöglichkeiten, die von den Communities nach fairen und transparenten Kriterien selbst definiert werden." Und: "Die DATI entwickelt darüber hinaus im Rahmen ihrer Mission proaktiv eigene, bedarfsgerechte Förderformate".
Umgekehrt interessiert natürlich den Haushaltsausschuss besonders, wie die zielgenaue Vergabe der Mittel sichergestellt wird – noch dazu im Sinne der im Konzeptentwurf beschworenen "Exzellenz". Das Papier beschränkt sich hier auf ein Bekenntnis zu einem "qualitätsgesicherten und den wissenschaftlichen Ansprüchen entsprechenden wettbewerblichen Verfahren eine Bestenauslese". Die Auswahlkriterien für die Förderung sollen "insbesondere dem Ziel des Transfers wissenschaftlicher Erkenntnisse in marktfähige Innovationen, auch in sozialer und ökologischer Dimension, Rechnung tragen." Erfahrung und Expertise auf diesem Gebieten seien als zentrale, nicht auf andere Weise kompensierbare Aspekte bei der Mittelvergabe zu etablieren.
Hoffen auf die Gründungskommission
Und was genau wird aus Sattelbergers "Regionalcoaches", deren Rolle zwischen der Beratung der Communities und einer Beteiligung an den Förderentscheidungen laut Kritik aus dem Haushaltsausschuss auf Interessenkonflikte zusteuerte? Sie waren seitdem in veränderter Zuständigkeit und mit anderen Namen weiter im Gespräch. Im Entwurf des endgültigen BMBF-Konzepts kommen sie jetzt zwar explizit nicht vor, aber wohl weniger im Sinne einer Absage, sondern wiederum aus dem Versuch heraus, der Agentur in der Gründungsphase möglichst viel Bewegungsfreiheit zu erhalten.
Dabei, so die Hoffnung, soll ihr auch die kürzlich eingesetzte Gründungskommission helfen. Zwar wird deren Rolle im Papier vor allem mit der Betreuung der Prozesse zur Standortwahl und zur Findung der Geschäftsführung definiert. Doch ist über einen Standort-Kriterienkatalog und die geplante Einschaltung einer Personalberatungsagentur bereits derart viel vorstrukturiert, dass sich ein so hochkarätig besetztes Gremium wohl darauf kaum beschränken wird. Und sie soll es auch gar nicht, ist zu hören: Viel spannender werden deshalb die inhaltlichen und strategischen Impulse sein, die dort ansetzen, wo das BMBF-Konzeptpapier offenbleibt.
Noch ein Wort zum möglichen Standort. Dazu heißt es im Entwurf wörtlich: "Bevorzugt berücksichtigt werden dabei Gebiete in ostdeutschen Flächenländern" und "strukturschwachen Regionen", weitere Kriterien seien die ICE-, mindestens aber IC-Bahnanbindung, eine möglichst zentrale Lage in Deutschland und die "räumliche Nähe einer Hochschule, insbesondere einer HAW". Die SPRIND war 2020 in Leipzig gelandet.
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Wie weiter? Bund und Länder wollen diese Woche über Zukunft des HAW-Forschungsprogramms entscheiden
Selten war die Redewendung von der "Qual der Wahl" wohl so passend wie derzeit für die zuständigen BMBF-Beamten beim Durchforsten der fast 3.000 Antragsskizzen für "DATIpilot". Laut Zeitstrahl auf der Ministeriumswebsite sollten die aussichtsreichsten Bewerber spätestens im Laufe des Novembers auf regionalen "Pop-up"-Veranstaltungen ihr Projekt vorstellen (pitchen), anschließend soll dann abgestimmt werden. Doch wie reduziert man die Riesenzahl von Skizzen fair (anhand der bei der Ausschreibung genannten Kriterien) und zugleich zeitsparend auf ein für die Pitches erträgliches Maß? Umso verständlicher, dass das BMBF, siehe oben, bereits um mehr Geld für mehr Pilot-Bewilligungen wirbt.
Wissenschaftspolitisch interessant wird auch, in welcher Form die für Anfang 2024 anstehende Verlängerung Förderprogramms "Forschung an Fachhochschulen/HAW" bereits auf die DATI abgestimmt sein wird. Im Bundeshaushalt gehört das Programm seit diesem Jahr offiziell
zur DATI-Titelgruppe. Im Agenturkonzept-Entwurf steht, seine Weiterentwicklung solle "komplementär zur Ausrichtung der DATI erfolgen, um die Rolle der HAW bei Forschung, Transfer und Innovation auszubauen". Anders formuliert: Das Programm soll die HAW nach BMBF-Vorstellung strukturell konkurrenzfähiger im Wettstreit um die DATI-Förderung machen.
Ende dieser Woche trifft sich die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) von Bund und Ländern, dann will man die Einigung besiegeln. Knackpunkt ist nicht nur, dass die (seit 2019 60 Millionen Euro pro Jahr) weiter allein den HAW zugute kommen sollen. Sondern genau wie bei der letzten Verlängerung Ende 2018 streiten Bund und Länder erneut um die Kostenverteilung. Damals erklärte sich der Bund noch einmal bereit, 100 Prozent zu übernehmen, dies gilt jetzt als ausgeschlossen. Es könnte auf einen 75-25-Schlüssel herauslaufen.
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"Das Recht auf Entwicklung muss so verwirklicht werden, dass den Entwicklungs- und Umweltbedürfnissen der heutigen und der kommenden Generationen in gerechter Weise entsprochen wird" (Rio-Erklärung Grundsatz 3).Dieser Grundsatz wurde 1992 bei der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung 1992 in Rio de Janeiro von den Vereinten Nationen (VN) festgelegt. Damals kamen Vertreter*innen aus 178 Ländern zusammen, um über Fragen zu Umwelt und Entwicklung im 21. Jahrhundert zu beraten. Die Rio-Konferenz führte zu wichtigen klimapolitischen Ergebnissen wie der Agenda 21 und der Rio-Erklärung und endete mit der Unterzeichnung der Klimakonvention durch 154 Staaten. Die Klimakonvention, die zwei Jahre später in Kraft trat, beinhaltete in Artikel 2"... das Ziel der Stabilisierung der Treibhausgasemissionen in der Atmosphäre auf einem Niveau, das eine gefährliche anthropogene Störung des Klimas verhindert sowie dessen Folgen abmildert" (Simonis et al. 2017, S. 267).Angekommen im 21. Jahrhundert, ist dieses Ziel als nicht verwirklicht anzusehen. Waren es im Jahr der Rio-Konferenz 1992 noch 23.230 Millionen Tonnen CO₂-Emissionen, so sind es 2022 37.150. (https://de.statista.com/statistik/daten/studie/37187/umfrage/der-weltweite-co2-ausstoss-seit-1751/). Die Treibhausgasemissionen sind seit 1992 – mit Ausnahme der Zeit der Covid-19-Pandemie – konstant angestiegen. Und das, obwohl die VN 1995 bei der ersten COP (Conference of the Parties) in Berlin das Berliner Mandat veröffentlichten, das als Basis für das 1997 verabschiedete Kyoto-Protokoll diente und in dem sich die Vertragsstaaten einigten, den Ausstoß von Treibhausemissionen zu senken (Vgl. Simonis et al. 2017, S.267). Die damalige deutsche Umweltministerin Angela Merkel sprach auf der COP zu den VN:"Wie wir hier in Berlin miteinander reden, wie wir fähig sind, Probleme zu lösen, wird ein Symbol dafür sein, ob es gelingen kann, globale Probleme gemeinsam in Angriff zu nehmen oder nicht."Gut gesprochen, doch sinnbildlich für das "gemeinsam in Angriff nehmen der globalen Probleme" und das Einhalten des Kyoto-Protokolls steht die USA, die mit dem Argument, dass Industrienationen bei der Reduktion des Treibhausgasausstoßes eine größere Last tragen als Entwicklungsländer, 2001 aus dem Protokoll wieder austraten (Vgl. Simonis et al. 2017, S.267). Die Treibhausgasemissionen sind trotz des verabschiedeten Kyoto-Protokolls stetig gestiegen und so hat es von Rio an 23 Jahre gebraucht, bis 2015 auf der COP 21 in Paris das Pariser Klimaabkommen verabschiedetet wurde, mit dem Ziel, den Anstieg der weltweiten Durchschnittstemperatur auf 1,5 °C – mit einer Obergrenze von 2 °C – zu beschränken. 8 Jahre später gilt das 1,5-°C-Ziel als nicht mehr realistisch und auch die Obergrenze von 2 °C ist stark gefährdet (Vgl. von Brackel et al.).So kamen Ende des Jahres 2023 die Vertreter der Nationen in Dubai zusammen, um auf der COP 28 wieder einmal darüber zu verhandeln, wie die Welt den voranschreitenden Klimawandel aufhalten kann. Doch wenn das 2 °C Ziel stark gefährdet ist und die Treibhausgaswerte weiter ansteigen, kommen Fragen auf:Wie gedenken die VN, die Treibhausgasemissionen zu verringern?Wieso hat es von der Rio-Konferenz an 23 Jahre gedauert, bis das Pariser Abkommen verabschiedet wurde?Auf welche Maßnahmen konnten die VN sich im Kampf gegen den Klimawandel einigen?Welche Rolle und Verantwortung nehmen die Industrienationen ein?Diese Seminararbeit wird sich mit einer Einordnung der COP28 in die Entwicklung der vorangegangenen Klimakonferenzen befassen und einen Überblick über die komplexe Klimapolitik der Vereinten Nationen geben.Von Rio zur COP1 und dem Kyoto-AbkommenDen Beginn der zwischenstaatlichen Klimaverhandlungen markiert die Konferenz der VN über Umwelt und Entwicklung 1992 in Rio de Janeiro, die in zwei wichtigen umweltpolitischen Ereignissen mündete: der Rio-Erklärung über Umwelt und Entwicklung und der Agenda 21 (vgl. Simonis et al. 2017, S. 267).Rio-Erklärung: In der Rio-Erklärung legten die VN das Ziel fest"… durch die Schaffung von neuen Ebenen der Zusammenarbeit zwischen den Staaten, wichtigen Teilen der Gesellschaft und den Menschen eine neue und gerechte weltweite Partnerschaft aufzubauen, bemüht um internationale Übereinkünfte, die die Interessen aller achten und die Unversehrtheit des globalen Umwelt- und Entwicklungssystems schützen, anerkennend, dass die Erde, unsere Heimat, ein Ganzes darstellt, dessen Teile miteinander in Wechselbeziehung stehen." (Rio-Erklärung über Umwelt und Entwicklung, S. 1).In der Erklärung wurde erstmals global das Recht auf nachhaltige Entwicklung, Forderungen sowie Voraussetzungen zur Umsetzung verankert. Daneben stehen Menschenrechte und der Schutz der Rechte zukünftiger Generationen im Mittelpunkt. Im ersten Grundsatz heißt es:"Die Menschen stehen im Mittelpunkt der Bemühungen um eine nachhaltige Entwicklung. Sie haben das Recht auf ein gesundes und produktives Leben im Einklang mit der Natur" (Rio-Erklärung über Umwelt und Entwicklung, Grundsatz 1).Insgesamt umfasst das Dokument 27 Grundsätze und Prinzipien, die die Rahmenbedingungen und Grundsätze für die Umsetzung der Ziele festlegen.Agenda 21: In der Agenda 21 wurden detaillierte Handlungsaufträge zur Erhaltung der Umwelt und Menschheit festgeschrieben, mit dem Ziel, der Verschlechterung der Situation des Menschen und der Umwelt entgegenzuwirken und eine nachhaltige Nutzung von natürlichen Ressourcen zu gewährleisten. Die Handlungsaufträge der Agenda 21 bestehen aus 40 Kapiteln und sind thematisch in vier Dimensionen unterteilt (Vgl. Lexikon der Nachhaltigkeit, 2015): Soziale und wirtschaftliche Dimension (Kapitel 2-8) – Armutsbekämpfung, Bevölkerungsdynamik, Gesundheitsschutz und nachhaltige Siedlungsentwicklung. Erhaltung und Bewirtschaftung der Ressourcen für die Entwicklung (Kapitel 9-22) – Schutz der Erdatmosphäre, Bekämpfung der Entwaldung, dem Erhalt der biologischen Vielfalt und die umweltverträgliche Entsorgung von Abfällen. Stärkung der Rolle wichtiger Gruppen (Kapitel 23–32) – diversen gesellschaftlichen Gruppen, die für die Umsetzung der Agenda von besonderer Bedeutung sind. Möglichkeiten der Umsetzung (Kapitel 33-40) – Rahmenbedingungen zur Umsetzung der finanziellen und organisatorischen Instrumente (Technologietransfer, Bildung, internationale Zusammenarbeit). (Agenda 21, https://www.un.org/depts/german/conf/agenda21/agenda_21.pdf) Die Umsetzung der Handlungsdimensionen erfolgt mehrdimensional. Auf nationaler Ebene bspw. durch Planung von Strategien und Maßnahmen zur Umwelterhaltung. Auf institutioneller Ebene durch Akteure wie NGO. Eine exekutive Rolle fällt den Bürger*Innen zu, die durch ihre Bereitschaft zur Beteiligung an den Maßnahmen einer nachhaltigen Entwicklung mitentscheidend sind. Diese ist u.a. abhängig von der Kommunalverwaltung, die die Aufgabe der Vermittlung zwischen den Nationen und den Bürger*Innen hat (vgl. Lexikon der Nachhaltigkeit, 2015).Klimarahmenkonvention: Die Unterzeichnung der Klimarahmenkonvention durch 154 Staaten markiert das Ende der Rio-Konferenz und bildet die völkerrechtliche Basis für den weltweiten Klimaschutz. Das vorrangige Ziel war – wie in der Einleitung u.a. genannt – die Stabilisierung der Treibhausgaskonzentration auf ein Niveau, das verhindert, dass es zu gefährlichen Störungen des Klimasystems kommt. Die Umsetzung der Klimarahmenkonvention wird durch Berichterstattung über die Treibhausgasemissionen und Minderungsmaßnahmen geprüft. Diese Kontrolle sowie die Weiterentwicklung der Klimarahmenkonvention geschieht jährlich auf den seit 1995 stattfindenden Weltklimakonferenzen (COP) (vgl. Umweltbundesamt, 2024).COP1 und COP2Wie eben genannt, findet die Umsetzung, Beratung und Kontrolle der Maßnahmen auf der jährlichen Conference of Parties (COP) statt. Die COP stellt das wichtigste Organ der Klimarahmenkonvention dar und besteht aus 197 Mitgliedsstaaten (Stand COP28), die nach Einstimmigkeitsprinzip über die Maßnahmen und Umsetzung entscheiden (Simonis et al. 2017, S. 268). 1995 fand die erste COP in Berlin statt. Diese wurde geprägt durch zähe Verhandlungen zwischen der "Alliance of Small Island States" (AOSIS), auf deren Seite auch die BRD stand, und den "JUSCANZ-Staaten" (Japan, USA, Kanada, Australien, Neuseeland).Deutschland und die AOSIS forderten eine Reduktionsverpflichtung der Treibhausgasemissionen von 20 % bis zum Jahr 2005 im Vergleich zu den Emissionen aus dem Jahr 1990. Die USA, die im Jahr 1990 für 23 % der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich waren, und die anderen JUSCANZ-Staaten lehnten diese Verpflichtung ab. Die Verhandlungen endeten letztendlich in dem von US-Seite vorgeschlagenen "Berliner Mandat". In diesem verpflichteten sich die Vertragsstaaten, bis 1997 ein Protokoll zur Begrenzung und Reduzierung des Ausstoßes von Treibhausgasen auszuarbeiten (vgl. Simonis et al. 2017, S. 268f). Auf der in Genf stattfindenden COP2 wurden die Klimaverhandlungen weiter vorangetrieben. Einen großen Faktor hierfür stellte der Wandel der Klimaaußenpolitik der USA dar. Der damalige Präsident Bill Clinton stand in der Klimapolitik unter großem Einfluss des Vize-Präsidenten Al Gore und konnte durch diesen zu Zugeständnissen in den Verhandlungen bewegt werden. Die COP2 mündete in der Genfer Deklaration, in der die Aufforderung festgehalten wurde, die Klimaverhandlungen bis zur COP3 zu beschleunigen (vgl. Simonis et al. 2017, S. 269).COP3 und das Kyoto-Protokoll Die COP3 fand 1997 im japanischen Kyoto statt. Im Vordergrund stand die Verhandlung des im Berliner Mandat festgelegten völkerrechtlich verbindlichen Protokolls zur Reduktionsverpflichtung von Treibhausgasemissionen. Sie waren geprägt von unterschiedlichen Positionen und Interessenlagen der Mitgliedsnationen. Die USA, als einer der größten Verursacher von Treibhausgasen, sprachen sich gegen eine einheitliche Zielvorgabe zur Reduzierung der CO₂-Emissionen für alle Länder aus. Auch andere Industrieländer wie Japan und die EU vertraten diesen Standpunkt.Aufgrund der anfangs unflexiblen Verhandlungshaltung der USA kam es auf Seiten der Entwicklungs- und Schwellenländer wie z.B. der Allianz der AOSIS, die sich für eine einheitliche Zielvorgabe aussprachen, zu Zweifeln, dass es zu einer Einigung kommen könnte. Letztendlich konnten sich die Nationen der Weltklimakonferenz auf eine Zielsetzung zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen im Zeitraum von 2008 bis 2012 (u.a. USA 7 %, Japan 6 % und die EU 8 %) einigen.Festgeschrieben wurden die Verpflichtungen im Kyoto-Protokoll, das (nach Artikel 25) in Kraft treten sollte, sobald "mindestens 55 Staaten, die zusammengerechnet mehr als 55 % der CO₂-Emissionen des Jahres 1990 verursachten, das Abkommen ratifiziert haben" (Lexikon der Nachhaltigkeit, 2015).Das Kyoto-Protokoll unterscheidet zwischen Schwellen-/Entwicklungsländern und Industriestaaten. Industrieländer wie Russland, Japan, USA oder die EU (1997 bestehend aus 15 Ländern) verpflichteten sich, aufgrund ihrer historischen Verantwortung für den Anstieg der Treibhausgasemissionen, diese zu reduzieren. Schwellenländer wie China oder Indien mussten genauso wie die Entwicklungsländer keine verbindlichen Maßnahmen eingehen, erkannten jedoch durch die Unterzeichnung die Notwendigkeit an, gegen den Klimawandel vorgehen zu müssen.Neben den Reduktionszielen führte das Kyoto-Protokoll zur Gründung neuer Institutionen und Instrumente, die durch technische und wissenschaftliche Beratung das Erreichen der Emissionsreduzierung zusätzlich unterstützen sollten (vgl. Simonis et al. 2017, S. 270f.).Ratifizierung des Kyoto-Protokolls Bis zur Ratifizierung des Kyoto-Protokolls sollte es bis 2005 dauern. Grund dafür war u.a. die in Artikel 25 festgehaltene Hürde zur Ratifizierung. Die von den Unterzeichnern des Kyoto-Protokolls angestrebte schnelle Ratifizierung verzögerte sich durch offene Fragen im Protokoll. Ein zentraler Streitpunkt war der Umgang mit flexiblen Maßnahmen, um die Reduktionsziele einhalten zu können.Ein Beispiel für diese Maßnahmen betrifft Senken, also die Speicherung von Kohlenstoff durch Wälder, Böden und Meere sowie Maßnahmen zur Aufforstung und Wiederaufforstung. Die USA plädierten für eine großzügige Anrechnung flexibler Maßnahmen, um die vorgegebenen Ziele überhaupt erreichen zu können, während die EU nach außen hin für eine strengere Obergrenze eintrat, intern aber hinsichtlich dieser Thematik gespalten war.Bei den auf die COP 3 folgenden COP4 bis COP6 kam es zu keinen signifikanten Einigungen. Neben der Konfliktlinie zwischen den USA und der EU kam es zur Auseinandersetzung zwischen der Umbrella-Gruppe (ehemalige Mitglieder der JUSCANZ, die sich nach der Verabschiedung des Kyoto-Protokolls aufgelöst und sich mit Island, Russland und der Ukraine neu formiert haben) und den G77-Staaten (Zusammenschluss der Entwicklungsländer der Vereinen Nationen) mit China, bei der die EU erfolglos versuchte zu vermitteln. Die andauernde Uneinigkeit zwischen den verschiedenen Parteien mündete letzten Endes darin, dass die USA unter Präsident George W. Bush 2001 aus dem Kyoto-Protokoll austrat (vgl. Simonis et al. 2017, S. 273 ff.). Nach dem Ausscheiden der USA übernahm die EU die Führung, um die Ratifizierung voranzutreiben. Industrieländer wie Japan, Russland oder Australien nutzten das drohende Scheitern des Kyoto-Protokolls als Druckmittel gegenüber der EU, um Regelungen bspw. für flexible Maßnahmen zu ihren Gunsten auszulegen. Die EU, die sich stark für das Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls einsetzte, ging bei den Verhandlungen auf den auf die COP6 (Den Haag) folgenden Konferenzen Kompromisse ein. Daraus resultierte, dass die strikten Begrenzungen für flexible Maßnahmen, bspw. hinsichtlich von Senken, bei den Folgeverhandlungen auf der COP6II (Bonn) aufgehoben wurden, wovon vor allem Russland und Kanada stark profitierten.Bereits verhandelte Punkte wurden bei der COP7 (Marrakesch) auf erneuten Druck von Kanada, Russland und dazu auch Japan neu verhandelt. Das Resultat war das Übereinkommen von Marrakesch, was neben 15 Maßnahmen zur Umsetzung des Kyoto-Protokolls die Regelungen für die Anrechnung flexibler Maßnahmen noch weiter aufweichte. Die folgenden Klimakonferenzen COP8 (Neu-Delhi) und COP 9 (Mailand) waren weiter von Verhandlungen und technischen Fragen geprägt, führten letztendlich im November 2004 zu der Ratifikation durch Russland und dadurch zum Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls im Jahr 2005.Bei der COP10 (Buenos Aires) war nach langen vorangegangenen Verhandlungen zur Ratifizierung erstmals wieder Platz für andere Themen, wie die Anforderungen an die Industrieländer, Maßnahmen und Ressourcen für die Anpassung von Entwicklungsländern an die Folgen des Klimawandels bereitzustellen. Am 16. Februar 2005 trat das Kyoto-Protokoll und seine Umsetzungsregeln in Kraft, kurz nachdem das Emissionshandelssystem der EU (erhebliche Senkung der Treibhausgasemissionen bis 2030 und Netto-Null-Emissionen bis 2050) im Januar eingeführt wurde (vgl. Simonis et al. 2017, S. 274 f).Post-Kyoto-ÄraDas Inkrafttreten 2005 leitete eine neue Ära der Klimaverhandlungen ein, mit dem Ziel, ein neues Abkommen für die Zeit nach der Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls (2008-12) auszuarbeiten. Auf der COP11 (Montreal) traten die Mitglieder der MOP (Meeting of Parties of the Kyoto Protocol) unter der Führung der EU und gestützt von der AOSIS zusammen und einigten sich auf Folgeverhandlungen über die Verpflichtungen der Industrieländer für die "Post-Kyoto-Zeit." Ausgenommen waren Australien und die USA, die seit dem Austritt mehrmals versucht hatte, die Kyoto-Verhandlungen zu behindern und den Klimawandel infragezustellen.Neben den Folgeverhandlungen wurde die Miteinbeziehung der Schwellenländer und der USA in zukünftige Verhandlungen festgeschrieben. 2005 kam es durch den Hurrikan "Katrina" in den USA zu verheerenden Schäden, die offenlegten, dass die Kosten, die ein ungebremster Klimawandel durch z.B. Katastrophen verursacht, deutlich höher ausfallen als die Kosten für Treibhausgasreduktionsmaßnahmen (vgl. Simonis et al. 2017, S. 275 f). Auf der COP12 (Nairobi) konnten die Staaten sich einigen,"... die bisherigen Ergebnisse des Kyoto-Protokolls nach Artikel 9 bis 2008 einer Effektivitätsprüfung zu unterziehen und die Entwicklungsländer bei CDM und Anpassungsmaßnahmen verstärkt einzubeziehen (Sterk et al. 2007: 141 f., zitiert nach Simonis et al. S.276)."COP13Ein erheblicher Fortschritt in der internationalen Klimapolitik gelang den VN 2007 auf der COP13 (Bali) hinsichtlich des Ziels, sich auf das Post-2012-Abkommen zu einigen. Die zwei zentralen Vorhaben hierfür waren zum einen die Verpflichtung der Industrieländer für eine zweite Kyoto-Phase zwischen 2013 und 2020 und die Aufnahme von Mitigationsmaßnahmen durch die Entwicklungsländer.Bei den letzteren standen vor allem China, das 2007 an der Spitze der Treibhausgasemissionen stand und sich in der Vergangenheit gegen freiwillige Maßnahmen zur Treibhausgasreduzierung durch Schwellen- und Entwicklungsländer ausgesprochen hatte, aber auch Indien in der Kritik. Die USA blockierten früh den Verlauf der Verhandlungen, was dazu führte, dass die Entwicklungsländer ankündigten, einem neuen Abkommen nur zuzustimmen, wenn die USA auch beteiligt sind.Die Position der USA führte zu massiver Kritik vonseiten der oppositionellen Demokraten in den USA und der amerikanischen Öffentlichkeit. Durch den steigenden Druck gab die US-Regierung ihre Blockade-Haltung auf, und die Verhandlungen über ein Nachfolgeabkommen und Verlängerung des Kyoto-Protokolls mit Einbezug der Entwicklungsländer konnten weitergeführt werden.Für die Post-Kyoto-Zeit wurde festgelegt, dass für die Anpassungsmaßnahmen der Entwicklungsländer ein Anpassungsfonds bis 2012 gegründet werden muss. Das Geld hierfür wird von den Vertragsstaaten bereitgestellt und von der Weltbank sowie dem globalen Umweltfonds verwaltet. Des Weiteren wurden finanzielle Zusagen für den REDD+-Mechanismus, der für die Förderung der Erhaltung und Erhöhung der Kohlenstoffbestände in den Wäldern und für eine nachhaltige Waldbewirtschaftung sowie vermiedene Entwaldung steht, vereinbart, was vor allem für die Entwicklungsländer einen bedeutenden Schritt darstellte (vgl. Simonis et al. 2017, S. 276 ff.). Die Verhandlungen über das Nachfolgeabkommen des Kyoto-Protokolls sollten über die COP14 (Posen) hinaus auf der COP15 in Kopenhagen abgeschlossen werden.COP15 - COP17Die COP15 in Kopenhagen, die den Erwartungen nicht gerecht werden konnte und als gescheitert (vgl. SPD, 2010) betitelt wurde, kann rückblickend gesehen als ein Zwischenschritt zu dem anstrebten Folgeabkommen verstanden werden. Früh wurde klar, dass das Ziel des Nachfolgeabkommens für die Post-Kyoto-Zeit in Kopenhagen nicht zu erreichen sein wird. Obgleich die Staaten es nicht schafften, ihr Ziel zu erreichen, erzielten sie in einigen Punkten einen Konsens. Das wichtigste Ergebnis der COP15 stellt die Anerkennung des 2°C-Ziels und die daraus resultierende Notwendigkeit tiefer Einschnitte bei den globalen Emissionen dar.Neben diesem Beschluss wurde festgelegt, dass in einem pledge and review-Verfahren (versprechen und überprüfen) die Staaten ihre Emissionsziele angeben müssen und diese im Hinblick auf die Erreichbarkeit des 2°C-Ziels überprüft werden. Im Vergleich zu früheren Beschlüssen wurden neben den Industrieländern in diesem Verfahren auch die Entwicklungsländer mit einbezogen (vgl. Simonis et al. 2017, S. 278 f). Der damalige deutsche Bundesumweltminister Norbert Röttgen sagte nach der COP15:"Wir haben nicht das erreicht, was wir uns gewünscht haben, aber das, was erreicht werden konnte – die Alternative von wenig wäre nichts gewesen… Trotz der Enttäuschungen von Kopenhagen dürfen wir das Ziel eines umfassenden, weltweiten Klimaschutzabkommens nicht aufgeben." (BMUV, 2009).Nachdem die Übereinkunft von Kopenhagen (https://www.bmuv.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Gesetze/copenhagen_accord_bf.pdf) aufgrund des Einspruchs von Ländern wie u.a. Bolivien nicht formal rechtlich verabschiedet und nur zur Kenntnis genommen werden konnte, wurde auf der COP16 im Cancun-Abkommen das 2°C-Ziel als offizielles international gemeinsames langfristiges Ziel festgelegt. Bis 2015 sollte zudem überprüft werden, ob es erforderlich ist, das 2°C-Ziel auf 1,5 °C herabzusetzen. Daneben wurde für die Entwicklungsländer, die besonders von den Folgen des Klimawandels betroffen sind, ein Programm zur Unterstützung sowie ein grüner Klimafonds eingerichtet, der ab 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar bereitstellen soll (vgl. Simonis et al. 2017, S. 279). Die COP17 in Durban läutete eine neue Phase der Klimaverhandlungen ein. Nachdem im Vorfeld der Verhandlungen die BASIC-Staaten (ein Verbund aus Brasilien, Südafrika, Indien und China) sich auf die gemeinsame Forderung geeinigt hatten, dass auch nach dem Ablauf des Kyoto-Protokolls die Verantwortung für die Treibhausgasemissionen weiterhin ausschließlich bei den Industrieländern liegt, und China, Indien und die USA sich gegen verpflichtende Ziele ausgesprochen hatten, gestalteten sich die Verhandlungen anfangs schwierig.Im weiteren Verlauf gelang es der EU, die Blockadehaltung zu lösen und China und Indien dazu zu bewegen, das Durban-Abkommen zu unterzeichnen, das die Industrieländer sowie China und Indien dazu verpflichtet, sich bis 2015 rechtlich verbindliche Emissionsziele zu setzen. Trotz diesem Erfolg gab es von Seiten der NGO Kritik, dass es erneut nicht gelungen sei, verbindliche Emissionsziele festzusetzen, was auf die Blockadehaltung der USA zurückgeführt wird. Die Weiterführung der Post-Kyoto-Verhandlungen wurde auf die COP18 in Doha vertagt (vgl. Simonis et al. 2017, S. 282 f).COP18 - COP20 Bei der COP18 in Katar gelang es, das Kyoto-Protokoll von 2013 bis 2020 zu verlängern, mit dem Ziel eines Folgeabkommens, das 2020 in Kraft treten sollte. Die Verlängerung des Kyoto-Abkommens wurde von einem faden Beigeschmack geprägt, da mit Japan, Kanada, Russland und Neuseeland vier Industrieländer aus dem Protokoll austraten. Das hatte zur Folge, dass die teilnehmenden 37 Kyoto-Staaten für nur noch 15 % der weltweiten Emissionen verantwortlich waren und das Kyoto-Protokoll realpolitisch an Relevanz und Glaubwürdigkeit einbüßte. Im selben Zeitraum veröffentlichte die UNEP (UN Environment Programme) einen Bericht mit dem Ergebnis, dass die weltweiten Emissionen seit 2000 um 20 % angestiegen sind (vgl. Simonis et al. 2017, S. 283). 2013 fand die COP19 in Warschau statt, mit der Aufgabe, offen gebliebene Fragen der COP18 abzuschließen. Ein Erfolg konnte bei der Finalisierung des Waldschutzmechanismus REDD (siehe Abschnitt COP13) verbucht werden, bei der sich die Entwicklungsländer mit der Idee eines fondsbasierten Mechanismus zur Finanzierung von Waldschutzprojekten gegenüber den Industrieländern, die eine marktbasierte Lösung durch einen Zertifikatshandel präferierten, durchsetzten. Bei der Frage nach konkreten Zusagen über die Verpflichtung für ein Folgeabkommen nach 2020 einigte man sich, dass die Staaten, die bereit sind, diesem beizutreten, bis Anfang 2015 ihre Emissionsziele bekannt geben müssen (vgl. Simonis et al. 2017, S. 283). Bei der COP20 in Lima stand die Vorbereitung eines neuen Klimaschutzabkommens, das auf der COP21 in Paris finalisiert werden und 2020 in Kraft treten sollte, im Vordergrund. Im Beschluss von Lima wurden die Staaten dazu aufgerufen, bis Mai 2015 eigene Klimaschutzbeiträge vorzulegen und anzugeben, wie sie ihre Treibhausgasemissionen mindern können. Des Weiteren wurde bekannt gegeben, dass Staaten in den grünen Klimafonds, der bis 2020 100 Mrd. USD schwer sein soll, 10 Mrd. USD eingezahlt und dadurch die finanzielle Basis geschaffen haben (vgl. Umweltbundesamt, 2014).COP21 und der Pariser KlimaabkommenNachdem seit der Ratifizierung des Kyoto-Abkommens über ein Folgeabkommen ab 2020 verhandelt wurde, konnten sich die Vertragsstaaten 2015 auf der COP21 in Paris einigen und erreichten mit dem Pariser Klimaabkommen (https://www.bmuv.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Klimaschutz/paris_abkommen_bf.pdf), was 2009 auf der COP15 in Kopenhagen noch scheiterte. Die Staatengemeinschaft einigte sich völkerrechtlich verbindlich auf folgende Hauptziele, die in Artikel 2 des Abkommens festgeschrieben sind:a) "der Anstieg der durchschnittlichen Erdtemperatur deutlich unter 2 °C über dem vorindustriellen Niveau gehalten wird und Anstrengungen unternommen werden, um den Temperaturanstieg auf 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen, da erkannt wurde, dass dies die Risiken und Auswirkungen der Klimaänderungen erheblich verringern würde; b) die Fähigkeit zur Anpassung an die nachteiligen Auswirkungen der Klimaänderungen erhöht und die Widerstandsfähigkeit gegenüber Klimaänderungen sowie eine hinsichtlich der Treibhausgase emissionsarme Entwicklung so gefördert wird, dass die Nahrungsmittelerzeugung nicht bedroht wird; c) die Finanzmittelflüsse in Einklang gebracht werden mit einem Weg hin zu einer hinsichtlich der Treibhausgase emissionsarmen und gegenüber Klimaänderungen widerstandsfähigen Entwicklung." (BMUV, 2015. Übereinkommen von Paris)Im Vergleich zum Kyoto-Protokoll sind im Pariser Abkommen nicht nur die Industrieländer, sondern alle Vertragsländer dazu verpflichtet, nationale Klimaschutzpläne (nationally determined contributions, kurz NDCs) umzusetzen, die in 29 Artikeln festgehalten sind. Die Artikel enthalten u.a. Elemente zur Milderung und Anpassung an den Klimawandel, Finanzierung von Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen, Technologietransfer, Ausbau von Kapazitäten sowie Transparenz von Maßnahmen und Unterstützung. Entwicklungsländer sollen bei den Maßnahmen zur Umsetzung unterstützt werden.Um zu überprüfen, ob die Verpflichtungen des Pariser Klimaabkommens eingehalten werden, soll ab 2023 alle fünf Jahre eine Bestandsaufnahme durchgeführt werden. Damit das Klimaabkommen in Kraft treten konnte, war wie beim Kyoto-Protokoll eine Ratifizierung durch mindestens 55 Staaten, die mindestens 55 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verursachen, nötig. Die Ratifizierung erfolgte im Vergleich zum Kyoto-Ankommen schneller, sodass das Pariser Klimaabkommen am 4. November 2016 offiziell in Kraft treten konnte.Durch das Pariser Klimaabkommen wurde der Klimawandel sowie die Notwendigkeit, diesen zu bekämpfen, auf internationaler Ebene anerkannt, es wird daher als ein Meilenstein in der internationalen Klimapolitik angesehen. Kritik gab es von Forschenden und Klimabewegungen dafür, dass das 1,5°Grad Ziel realistisch gesehen mit den im Abkommen festgelegten Rahmenbedingungen nicht mehr zu erreichen ist und auf internationaler Ebene die Rechtsverbindlichkeit fehlt (vgl. Watjer, 2020).Post-COP21-ÄraCOP22 - COP27Auf die Weltklimakonferenz in Paris folgte die COP22 in Marrakesch, die am 7. November 2016, sechs Tage nach dem Inkrafttreten des Pariser Klimaabkommens, startete. Auf der Agenda stand neben der Ausgestaltung des Pariser Klimavertrags die Finanzierung des Klimaschutzes für Entwicklungsländer, mit besonderem Fokus auf Afrika (vgl. Lili Fuhr et al., Nov. 2016).Diese Themen rückten durch den Sieg von Donald Trump bei den US-Wahlen früh in den Hintergrund, was zu einer gedrückten Stimmung unter den Vertragsstaaten führte, da die Sorge bestand, die USA könnte aus dem Pariser Abkommen wieder austreten, da Trump den Klimawandel in der Vergangenheit als chinesische Verschwörung bezeichnet und das Klima-Engagement der USA kritisiert hatte (FAZ, 2020).Nach unruhigem Start der COP22 konnten die VN mit der "Proklamation von Marrakesch" (https://unfccc.int/files/meetings/marrakech_nov_2016/application/pdf/marrakech_action_proclamation.pdf) eine Proklamation verabschiedeten, in der 197 Staaten – darunter auch die USA – zu maximalem politischen Engagement gegen den Klimawandel aufgerufen haben. Fast 50 Staaten erklärten in der Proklamation, schnellstmöglich - spätestens bis 2050 - klimaneutral zu werden und komplett auf erneuerbare Energien umstellen zu wollen. Die Industriestaaten gaben die Zusage, den Grünen Fond, der ab 2020 jährlich 100 Milliarden für Entwicklungsländer im Kampf gegen den Klimawandel bereitstellen soll, zur Verfügung zu stellen (vgl. Europäisches Parlament, 2016).Am 5. August 2017 verkündete Donald Trump bei den VN den Austritt der USA aus dem Pariser Klimaabkommen im Jahr 2020. Im November 2017 trafen sich die Vertragsstaaten in Bonn auf der COP23. Die Präsidentschaft hatten die Fidschi-Inseln inne, die als erster kleiner Inselstaat den Vorsitz bei einer Klimakonferenz übernahmen. Auf der Agenda stand die Ausarbeitung eines Regelwerks zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens, mit dem Ziel, dieses im Folgejahr bei der COP24 in Katowice zu verabschieden.Die Konferenz endete damit, dass zu allen Kapiteln des Regelwerks umfassende Textbausteine mit Kommentaren und Vorschlägen der Länder vorgelegt werden konnten. Weitere Ergebnisse stellten eine internationale Allianz zum Ausstieg aus Kohlekraftwerken von 25. Ländern und Regionen dar, darunter Kanada, die UK, Frankreich und mehrere US-Bundesstaaten, ein Arbeitsprogramm für die Landwirtschaft und die Talanoa-Dialoge als neues Gesprächsformat. Bei diesem handelt es sich um ein traditionelles, auf gegenseitigem Respekt basierendes Kommunikationsformat, das dazu beitragen soll, dass Staaten ihre Ziele beim Klimaschutz nachbessern, ohne sich gegenseitig mit vergangenen Versäumnissen und Verhaltensweisen zu konfrontieren (Vgl. Lili Fuhr et al., 2017).Im Oktober 2018 veröffentlichte der Weltklimarat (IPCC) einen Sonderbericht (https://www.ipcc.ch/site/assets/uploads/2020/07/SR1.5-SPM_de_barrierefrei.pdf), der die Auswirkungen eines Temperaturanstiegs um 1,5 °C gegenüber vorindustriellen Werten bewertet. Der Bericht kam zu dem Ergebnis, dass die aktuellen Klimaziele der Staaten nicht ausreichen und nach derzeitigem Stand sich die globale Temperatur bis 2030 um über 3 °C erhöhen wird.Dieser Sonderbericht sorgte auf der COP24, die kurz nach Erscheinen des Berichts im Dezember in Katowice stattfand, für große Diskussion. Die USA, Saudi-Arabien und weitere arabische Ölstaaten gaben an, den Bericht nicht anzuerkennen und versuchten, diesen zu verwässern. Letztendlich konnten sich die Vertragsstaaten auf das Katowice-Klimapaket (https://unfccc.int/sites/default/files/resource/Informal%20Compilation_proposal%20by%20the%20President_rev.pdf) einigen. In diesem wurden Details zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens festgeschrieben und festgelegt, wie die einzelnen Staaten ihre nationalen Klimabeiträge messen, vergleichen und an das Klimasekretariat der VN zu übermitteln haben.Beim Versuch, den Sonderbericht der IPCC in das Katowicer Dokument aufzunehmen, musste eine Kompromisslösung gefunden werden, indem die Vertragsstaaten im Regelwerk dazu aufgefordert werden, die Informationen des Berichts zu nutzen. Beim Thema eines globalen Emissionshandelssystems wurden Kernfragen weiterhin offengelassen (Vgl. Lehr, Schalatek, 2019).Nachdem sich im Vorfeld der COP25 in Madrid 66 Staaten zum Ziel der Klimaneutralität bis 2050 bekannt hatten, stellte die EU-Kommission auf der Konferenz den "Green Deal" (https://www.esdn.eu/fileadmin/ESDN_Reports/ESDN_Report_2_2020.pdf) mit dem Ziel vor, Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen. Hierfür stellte die Kommission rund 50 Maßnahmen aus den Bereichen Klima- und Umweltpolitik, Energiepolitik, Industrie, Verkehrspolitik und Landwirtschaft vor und plante, um die Klimaneutralität bis 2050 voranzutreiben, diese per Gesetz festschreiben zu lassen (vgl. Auswärtiges Amt, 2019).Insgesamt verlief die COP25 ohne konkrete Ergebnisse. Beim Thema globaler Emissionshandel konnten die VN sich, wie schon auf der COP24, nicht einigen. Das lag unter anderem daran, dass sich Staaten wie Australien, USA und Brasilien wenig kompromissbereit zeigten:"Der Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas komme nun in eine ernsthafte Phase, deshalb organisieren einige Staaten wie die USA, Brasilien und Australien, die eng mit der fossilen Lobby verbandelt sind, eine letzte Abwehrschlacht" (Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch, DW, 2019).Im November 2020 setzte sich Joe Biden bei der Wahl gegen Donald Trump durch. Daraufhin trat die USA dem Pariser Abkommen im Februar 2021 wieder bei. Im Juli 2021 trat das europäische Klimagesetz in Kraft, in dem die EU die Klimaneutralität bis 2050 zum verbindlichen Ziel, mit dem Zwischenziel einer Reduzierung der Netto-Treibhausgasemissionen um mindestens 55 % bis 2030, festgelegt.Im November 2021 kamen die Vertragsstaaten in Glasgow auf der COP26 (die 2020 aufgrund der Covid19-Pandemie auf 2021 vertagt wurde) zusammen, mit dem Ziel, sich auf einen gemeinsamen Kohleausstieg zu einigen. Dieses Ziel konnte teilweise erreicht werden: Im Klimapakt von Glasgow einigte man sich aufgrund des Drucks der von Kohle abhängigen Staaten wie China und Indien lediglich auf einen schrittweisen Abbau.Festgehalten wurde auch, dass der Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen weltweit noch in diesem Jahrzehnt um 45 Prozent sinken muss, wenn das 1,5-Grad-Limit erreichbar bleiben soll. Daneben wurden die reichen Länder aufgefordert, das Geld für die 100 Mrd USD, mit denen die Entwicklungsländer im Kampf gegen den Klimawandel unterstützt werden sollen, bereitzustellen. Eine Überraschung stellte der USA-China-Pakt dar, in dem beide Länder verkündeten, eine gemeinsame Arbeitsgruppe einrichten zu wollen, um den Umbau zu einer klimaneutralen Weltwirtschaft zu beschleunigen (vgl. Dlf, 2021).Die COP27 wurde 2022 im ägyptischen Scharm El-Scheich ausgetragen. Das wichtigste Ergebnis stellt der Fond für klimabedingte Schäden und Verluste dar, der von den Entwicklungsländern seit mehreren Jahren gefordert wurde. Durch diesen sollen ärmere, durch den Klimawandel stark bedrohte Länder bei Schäden, die durch Klimakatastrophen verursacht wurden, Ausgleichszahlungen erhalten. Keine erheblichen Fortschritte konnten dagegen bei den Lösungsansätzen zur Einhaltung des 1,5°C-Ziels aus dem Pariser Abkommen gemacht werden. Versuche, weitergehende Formulierungen zu einem Ausstieg aus fossilen Brennstoffen und Kohle zu verfassen, wurden von China und Saudi-Arabien blockiert. Als Erfolg wird die Klimapartnerschaft zwischen Industrieländern wie den USA und Deutschland mit Entwicklungsländern wie Ägypten, Mexiko und Südafrika gesehen. Die Industrieländer stellen Mittel bereit, um bei den kleineren Ländern die Energiewende voranzutreiben (vgl. Dlf, 2022). COP28 in DubaiAuf der COP28, die vom 30. November bis 12. Dezember 2023 in Dubai stattfand, wurde seit dem Pariser Klimaabkommen erstmals offiziell Zwischenbilanz gezogen. Die EU (-7,4 %) und die USA (-3,0 %) haben es 2023 geschafft, ihre Emissionen im Vergleich zu 2022 zu verringern. In Indien (+8,2 %) und China (+4,0 %) sind sie dagegen angestiegen. Die selbst gesetzten Ziele zur Treibhausgasemission, die sich die Staaten gesetzt hatten, konnten nicht erfüllt werden.Im Vergleich zum Vorjahr sind die Emissionen um 1,1 % angestiegen und liegen bei 36,8 Milliarden ausgestoßenen Tonnen CO₂. Diese werden ergänzt durch Maßnahmen wie z.B. das Roden von Wäldern, sodass die Endbilanz bei 40,9 Milliarden Tonnen CO₂ liegt (vgl. Appelhans, 2023). Die Zwischenbilanz zeigt deutlich, dass die aktuellen Maßnahmen und Umsetzungen der Nationen nicht ausreichen, um das 1,5°C-Ziel zu erreichen.Das "sichtbarste" Ergebnis der Konferenz stellt die Einigung der Weltgemeinschaft auf einen Beschlusstext zu einem "Übergang weg von fossilen Energieträgern in den Energiesystemen" dar. Ziel ist es, durch einen Ausstieg aus fossilen Energien (Öl, Gas, Kohle…) den globalen Süden, den die Auswirkungen des Klimawandels am stärksten treffen, vor weiteren drohenden Katastrophen zu schützen.Bei den fossilen Brennstoffen (Öl und Gas) wurde sich auf den Begriff "Abkehr" anstatt Ausstieg als Kompromiss geeinigt. Dies ist zurückzuführen auf Staaten wie Saudi-Arabien, deren Wirtschaft auf dem Handel mit fossilen Brennstoffen beruht und für die ein Ausstieg, Stand jetzt, nicht in Frage kommt. Um den Ausstieg zu erreichen, benötigt es einen schnellen Umstieg auf erneuerbare Energien. Im Beschlusstext wurde das Ziel formuliert,"... die Kapazität der erneuerbaren Energien bis 2030 zu verdreifachen und das Tempo bei der Energieeffizienz in diesem Zeitraum zu verdoppeln." (BMZ, COP28 Abschnitt 2)Neben dem Ausstieg einigten sich die Staaten auf die Ausgestaltung des auf der COP27 beschlossenen Fonds für Klimaschäden im Globalen Süden. Deutschland und Saudi-Arabien kündigten an, für diesen jeweils 100 Millionen Euro bereitzustellen (vgl. bpb, 2023).Fazit und AusblickDie Historie der zurückliegenden Klimakonferenzen zeigt klar auf, wie kompliziert und hoch angespannt die internationale Klimapolitik ist. Um einen Konsens zu erzielen und ein Vorankommen zu ermöglichen, müssen in der Regel package deals und Kompromisse eingegangen werden, was eine schnelle und effektive internationale Zusammenarbeit erschwert.Ergebnisse zu erzielen, kostete in der Vergangenheit viel Zeit - Zeit, die die Welt und vor allem der globale Süden nicht mehr hat. 2009 scheiterte der erste Versuch, den Klimawandel als ein ernstzunehmendes Problem international offiziell anzuerkennen, auf der COP15 in Kopenhagen. Und es dauerte bis 2015, dass die Vertragsstaaten sich einigen konnten und mit dem 1,5°C-Ziel den Klimawandel anerkannten und ihm gemeinsam den Kampf ansagten. Die Historie von Rio bis Paris offenbart zwei Probleme der internationalen Klimapolitik:Die internationale Klimapolitik ist träge und kommt nur langsam voran. Um überhaupt einen Konsens zu finden, mussten zwischen den Nationen in der Regel immer Kompromisse eingegangen werden. Dies ist am Verlauf des Kyoto-Protokolls, als die EU bei Maßnahmen wie den Senken Industrieländern wie Kanada und Russland entgegenkam, damit das Protokoll überhaupt noch ratifiziert werden kann, gut ersichtlich. Wenige Jahre später stiegen Russland und Kanada bei der Verlängerung des Kyoto-Protokolls bis 2020 dann aus.Es gibt keinen internationalen Souverän, der die einzelnen Staaten maßregelt und Konsequenzen verhängt, wenn Staaten es nicht schaffen, ihre Emissionen zu verringern. Trotz des Pariser Abkommens sind die Treibhausgasemissionen seit 2015, mit Ausnahme der Phase der Covid19-Pandemie, angestiegen. Konsequenzen gab es für die Industrienationen, die Hauptverursacher von Treibhausgasemissionen sind, nicht. Das 1,5°C-Ziel, das bereits 2015 von Kritiker*innen als unrealistisch angesehen wurde, ist acht Jahre später mit dem Trend, dass die CO₂-Emissionen weiter ansteigen, kaum noch zu erreichen. Die Prognose in Bezug auf den Klimawandel sieht für die kommenden Jahre düster aus. Hoffnung könnte der auf der COP28 beschlossene Ausstieg bzw. die Abkehr von fossilen Brennstoffen, die über 80 % der CO₂-Emissionen ausmachen, bieten. Dieser Beschluss könnte - nach dem Pariser Abkommen - ein weiter großer Schritt in die richtige Richtung sein. Wie groß dieser Schritt ausfällt, ist abhängig davon, wie sich die Vertragsstaaten an dem Ausstieg beteiligen und wie schnell sie versuchen, diesen umzusetzen.Ein weiterer Hoffnungsschimmer könnte die steigende Verantwortung sein, die die Industrieländer für den Klimawandel übernehmen. Der globale Süden, der vom Norden über Jahre hinweg ohne große Rücksicht auf Folgen ausgebeutet wurde (und immer noch wird), bekommt das Ausmaß des Klimawandels am deutlichsten zu spüren. Durch den auf der COP27 verabschiedeten Fond für Klimakatastrophen erhält er von den Industrienationen finanzielle Unterstützung, was einen Anfang darstellt. Die Industriestaaten, allen voran die EU, haben sich dazu bekannt, den globalen Süden nicht mehr im Stich zu lassen. Dies kann man gleichzeitig als Zeichen sehen, dass die VN erkannt haben, dass der Klimawandel nur im Kollektiv aufgehalten werden kann.Der Trend der letzten Klimakonferenzen ist positiv. Ob dieser Trend anhält, hängt klimapolitisch stark von den USA, China und mit einigen Abstrichen Indien und den Öl-Staaten ab. Die USA, die eine lange Historie besitzt, sich in der Klimapolitik querzustellen und nicht zu kooperieren, steht vor einem Wahljahr 2024, in dem Donald Trump die Chance hat, nach 2016 erneut zum Präsidenten gewählt zu werden. Trump, dessen Politik unberechenbar ist, ist kein Befürworter von Maßnahmen gegen den Klimawandel und trägt die Verantwortung dafür, dass die USA 2020 aus dem Pariser Abkommen ausgetreten sind.Die USA pflegen trotz des gemeinsamen Pakts für eine klimaneutrale Wirtschaft ein angespanntes Verhältnis zu China, das eskalieren könnte. China, das in Sachen Treibhausgasemissionen seit über zehn Jahren an der Spitze steht, hat lange versucht, sich unter dem Deckmantel "Schwellenland" vor klimapolitischer Verantwortung zu drücken. In der nahen Zukunft könnte sich dies mit Indien, das inzwischen bei den Emissionen auf Platz 3 (Stand 2022) steht, wiederholen.Sollten sich die USA, China und Indien als Top 3 (https://de.statista.com/statistik/daten/studie/179260/umfrage/die-zehn-groessten-c02-emittenten-weltweit/) in Sachen Treibhausgasemissionen aus dem Kampf gegen den Klimawandel zurückziehen bzw. bei dem Ausstieg aus fossiler Energie nicht mitziehen, sieht es düster für den Rest der Welt aus. Auch die Blockadehaltung in Bezug auf den Ausstieg aus fossilen Brennstoffe der Ölstaaten wie Saudi-Arabien muss beobachtet werden.Neben den Wahlen in den USA darf die EU-Wahl nicht unterschätzt werden. In den vergangenen Jahren konnten rechtspopulistische Parteien, von denen viele Klimawandelleugner (vgl. Schmidt-Mattern, 2019) sind, fast in allen EU-Ländern Stimmen dazugewinnen. Sollte es innerhalb des EU-Parlaments zu einem starken Rechtsruck kommen, könnte dies auch Auswirkungen auf die Klimapolitik der EU haben. Das wäre fatal, da die EU schon seit der Rio-Konferenz im Kampf gegen den Klimawandel als Vorreiter agiert und regelmäßig zwischen Parteien mit verschiedenen Standpunkten als Zwischenhändler agiert und so Kompromisse erreicht. Die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Kampf gegen den Klimawandel stehen auf wackligen Beinen, doch der Trend der vergangenen Jahre ist positiv, was Anlass zur Hoffnung gibt. Dennoch müssen die Staaten, wenn sie noch eine Chance haben wollen, den Klimawandel einzudämmen, geschlossener und vor allem schneller agieren als noch in der Zeitspanne zwischen Rio de Janeiro und Paris. LiteraturAuswärtiges Amt. 2018. "Erfolgreicher Abschluss der "COP24" in Kattowitz". https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/klimaaussenpolitik/cop-24-kattowitz/2171152 (24.03.24).Auswärtiges Amt. 2019. "COP25: nationale Anstrengungen zum Klimaschutz deut-lich ausbauen". https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/klimaaussenpolitik/cop25-madrid/2283322 (24.03.24).BMUV 2009. "Kopenhagen Vereinbarung". https://www.bmuv.de/gesetz/die-kopenhagen-vereinbarung (24.03.24).BMUV. "Übereinkommen von Paris". https://www.bmuv.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Klimaschutz/paris_abkommen_bf.pdf (25.03.24)BMZ. "Klimaabkommen von Paris". https://www.bmz.de/de/service/lexikon/klimaabkommen-von-paris-14602 (24.03.24).BMZ. "2023 Weltklimakonferenz in Dubai (COP 28)". https://www.bmz.de/resource/blob/196012/cop28-ergebnisse.pdf (24.03.24).Dlf. 2021. "UN-Klimakonferenz in Glasgow – Aufforderung zum Kohleausstieg". https://www.deutschlandfunk.de/klimakonferenz-cop26-klimawandel-glasgow-100.html (24.03.24).Dlf. 2022. "Klimakonferenz in Ägypten – Was von den Ergebnissen des Klimagipfels zu halten ist". https://www.deutschlandfunk.de/weltklimakonferenz-abschlusserklaerung-aegypten-cop27-100.html (24.03.24).Dlf. 2023. "Was der Beschluss der Weltklimakonferenz für fossile Energien bedeu-tet". https://www.deutschlandfunk.de/cop-weltklimakonferenz-abschlusstext-fossile-energien-100.html (24.03.24).DW. 2019. "Weltklimakonferenz endet fast ergebnislos". https://www.dw.com/de/weltklimakonferenz-in-madrid-geht-fast-ergebnislos-zu-ende/a-45925392 (24.03.24).Europäisches Parlament. 2016. "Fragen und Antworten zur COP22 in Marrakesch 2016". https://www.europarl.europa.eu/topics/de/article/20161114STO51118/fragen-und-antworten-zur-cop22-in-marrakesch (24.03.24).Europäisches Parlament. 2017. 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Die globale Biodiversitätskrise stellt neben dem Klimawandel die größte Herausforderung für die Menschheit dar. Um den Schutz der Biodiversität langfristig zu garantieren, sind zwischen allen beteiligten Akteuren abgestimmte Ziele zu vereinbaren, in Konzepten festzulegen und geeignete Naturschutzmaßnahmen zu ergreifen. Dabei sind divergierende Bedürfnisse von Natur und Menschen zu berücksichtigen und ethisch-moralische Fragen über den Wert der Natur sowie unterschiedliche Ansätze zum Naturschutz zu untersuchen. In dieser Dissertation werden Ziele und naturschutzfachliche Werte in deutschen Waldnaturschutzkonzepten in einem interdisziplinären Ansatz unter Berücksichtigung ökologischer, politischer und gesellschaftlicher Aspekte analysiert. Dabei werden der derzeitige Zustand des Waldnaturschutzes in Deutschland bewertet sowie aktuelle und zukünftige Herausforderungen beschrieben. Die Dissertation stellt neue Methoden zur Klassifizierung von Naturschutzzielen und zur Bewertung von Schutzgütern im Wald vor und erörtert mögliche Veränderungen der Naturschutzverantwortung vor dem Hintergrund des Klimawandels. Der langfristige Erhalt sowie eine nachhaltige Nutzung der Wälder sind angesichts des Klimawandels wichtiger denn je geworden, denn Wälder leisten einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Biodiversität und erbringen zahlreiche Ökosystemleistungen. Aufgrund der vielfältigen Schutz- und Nutzungsanforderungen ist im Waldnaturschutz ein Konsens über die Ziele erforderlich. Nur ein auf übereinstimmenden Zielen und Maßnahmen beruhendes transparentes System dürfte ausreichend akzeptiert und umgesetzt werden. Daher wurde in Kapitel 2 dieser Dissertation ein hierarchisches System zur Klassifikation von Naturschutzzielen entwickelt. Innerhalb von übergeordneten Zielbereichen wurden Schutzgütern angestrebte Zieleigenschaften zugeordnet, die durch bestimmte Maßnahmen erreicht werden sollen. Anhand dieses Systems wurden die Inhalte von Biodiversitäts- und Waldnaturschutzkonzepten auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede untersucht. In den Konzepten wurde ein breiter Konsens hinsichtlich der Schutzziele über verschiedene Interessensgruppen und räumliche Bezugsebenen hinweg festgestellt, wobei die Erhaltung von Arten, Ökosystemen und Strukturen in Wäldern als besonders wichtig eingestuft wurde. Im Hinblick auf die genetische Vielfalt, abiotische Ressourcen und soziokulturelle Ziele wurden Defizite festgestellt, ebenso wie eine skalenbedingte Inkonsistenz beim Wissenstransfer. Als Ursachen für diese Divergenzen im Waldnaturschutz können Zielkonflikte, eine mangelnde Abstimmung über Skalenebenen hinweg und eine unzureichende Umsetzung der Ziele identifiziert werden. Im Privatwald, der die Hälfte der deutschen Waldfläche ausmacht, ist die Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen eine besondere Herausforderung. Privatwaldbesitzer haben oftmals Vorbehalte gegenüber hoheitlichen Naturschutzauflagen und aufgrund des finanziellen Aufwands eine geringere Teilnahmebereitschaft. Um für mehr Akzeptanz zu sorgen, sollten Naturschutzmaßnahmen im Wald finanziell ausgeglichen werden. Die vertragliche Vereinbarung von Naturschutzleistung und finanzieller Gegenleistung (= Vertragsnaturschutz) findet im Privatwald jedoch bisher wenig Anwendung. Da die erfolgreiche Umsetzung des Waldvertragsnaturschutzes ein System sinnvoller Maßnahmen erfordert, wurde den in Kapitel 2 identifizierten Schutzgütern (Waldbiotoptypen, Strukturen und Prozessen im Wald) in Kapitel 3 ein naturschutzfachlicher Wert auf Grundlage der Schutzbedürftigkeit und der Schutzwürdigkeit zugeordnet. Einen hohen Naturschutzwert haben Eichen- und Eichenmischwälder, trocken-warme Buchenwälder, historische Waldnutzungsformen (Mittel- oder Hutewälder) und natürliche Strukturelemente wie starkes Totholz (Laubbaumarten, stehend und liegend) oder Habitatbäume. Auf Grundlage des Ausgangswertes und der erwarteten Wertentwicklung wird abgeschätzt, ob Erhaltungs- bzw. Wiederherstellungsmaßnahmen im Rahmen von Vertragsnaturschutz mit unterschiedlichen Laufzeiten sinnvoll sind. Vertragsnaturschutz ist besonders bei Schutzgütern mit einem hohen Ausgangswert geeignet, wenn damit ein Wertverlust vermieden werden kann und wenn mit einer hohen Aufwertung zu rechnen ist. Bei niedrigem Ausgangswert und geringer Aufwertungswahrscheinlichkeit ist Vertragsnaturschutz nicht sinnvoll. Mit diesem Bewertungssystem können Privatwaldbesitzer überprüfen, welche Naturschutzmaßnahmen in ihrem Wald geeignet sind und damit in Zukunft zu einer erhöhten Anwendung des Waldvertragsnaturschutzes beitragen. Der Klimawandel und seine prognostizierten Auswirkungen hinsichtlich Intensität und Häufigkeit von Störungen erfordern eine Anpassung der waldbaulichen Bewirtschaftung. Waldbauliche Planungsinstrumente wie Waldentwicklungstypen (WET) sind in Deutschland oft nur an der wirtschaftlichen Produktivitätsfunktion orientiert, während naturschutzfachliche Anforderungen wenig Berücksichtigung finden. Daher wurde das in Kapitel 3 entwickelte System zur naturschutzfachlichen Bewertung von Waldbiotoptypen in Kapitel 4 an die wirtschaftlich relevanten Hauptbaumarten (Buche, Eiche, Kiefer, Fichte, Tanne, Douglasie und Lärche) angepasst und für die flächendeckende Anwendung im Waldbestand entsprechend der potenziellen natürlichen Vegetation des Standortes weiterentwickelt. Mit dem neuen System können naturschutzfachliche Auswirkungen der waldbaulichen Planung und zukünftigen Baumartenzusammensetzung in Waldbeständen räumlich-explizit eingeschätzt werden. Bestimmte forstliche Baumartenkombinationen können dabei zu einer Verschlechterung des naturschutzfachlichen Ausgangswertes führen, welcher durch den dort natürlicherweise vorkommenden Waldbiotoptyp bestimmt wird. Der höchste Naturschutzwert kann erhalten werden, wenn die geplanten Baumarten sowohl autochthon als auch natürlicher Bestandteil des spezifischen Waldbiotoptyps sind. Anhand eines deutschlandweiten Transekts wurde die naturschutzfachliche Bewertung von zukünftig geplanten WET erprobt. In den meisten Fällen führten die WET-Kombinationen zu einer Verschlechterung des ursprünglichen Naturschutzwertes, da die eingeschränkte Baumartenwahl der WET nicht die vielfältige Artenzusammensetzung der natürlichen Waldbiotoptypen widerspiegelte. Mit diesem Bewertungssystem lässt sich die Waldbauplanung auch naturschutzfachlich einschätzen und auf eine möglichst naturnahe und standortheimische Baumartenzusammensetzung ausrichten. Die Unsicherheiten des Klimawandels und die damit verbundenen Veränderungen der Umweltbedingungen stellen auch den Naturschutz vor neue Herausforderungen und können eine Anpassung von Zielen und Schutzbegründungen erforderlich machen. In Kapitel 5 wurde daher untersucht, ob der günstige Erhaltungszustand von FFH-Waldlebensraumtypen angesichts des Klimawandels ein gut begründetes Ziel bleiben kann. Dabei wurde sowohl auf die Frage der Schutzbegründung eingegangen als auch eine Einschätzung des zukünftigen Entwicklungstrends des Erhaltungszustandes von FFH-Waldlebensraumtypen vorgenommen. Es konnte gezeigt werden, dass aktuelle Nischen- und Artverbreitungsmodelle von Lebensraumtypen und Baumarten darauf hindeuten, dass eine Klimawandel-bedingte Zunahme der Trockenheit für Waldlebensraumtypen wie den subalpinen Bergahorn-Buchenwald sowie den montan-alpinen bodensauren Fichtenwald zu Arealverlusten führen kann. Bei Moor- und Auenwäldern sollte zunächst eine erfolgreiche Renaturierung im Vordergrund stehen, bevor eine zukünftige Entwicklung abgeschätzt werden kann. Waldlebensraumtypen auf Sekundärstandorten wie Eichenmischwälder benötigen wahrscheinlich weiterhin aktive Pflegemaßnahmen, um einen günstigen Erhaltungszustand wiederherzustellen und langfristig zu sichern. Bei den Verbreitungsmodellen für Buchenwaldlebensraumtypen konnte eine zunehmende Unsicherheit bezüglich der zukünftigen Verbreitung festgestellt werden und es ließ sich auch unter Klimawandel überwiegend keine deutlich negative Veränderung erkennen. Eine Flexibilisierung und Anpassung von naturschutzfachlichen Zielsetzungen sollte demnach nur evidenzbasiert und im Rahmen eines adaptiven Managements erfolgen. Insgesamt ergeben sich vorerst keine eindeutigen Hinweise darauf, den günstigen Erhaltungszustand der Waldlebensraumtypen unter Klimawandel als ein gut begründetes Ziel des Naturschutzes aufzugeben. In dieser Dissertation werden die Bedeutung von Waldnaturschutzkonzepten in der heutigen Zeit und die Schwierigkeiten, die bei der Einordnung und Umsetzung von Waldnaturschutzzielen auftreten können, diskutiert. Ferner werden die Herausforderungen, die sich bei der naturschutzfachlichen Bewertung von Schutzgütern und Baumarten sowie bei der zukünftigen Umsetzung von Waldnaturschutzmaßnahmen ergeben können, identifiziert. Dabei wurde festgestellt, dass die systematische Analyse von naturschutzfachlichen Zielsetzungen in der Naturschutzforschung an Bedeutung gewonnen hat und ein insgesamt breiter Konsens über die Ziele im Waldnaturschutz in Deutschland herrscht. Trotzdem besteht ein erheblicher Präzisierungsbedarf, insbesondere im Hinblick auf die Umsetzung des Vertragsnaturschutzes im Privatwald. Die vorgestellten Systeme zur Ableitung von Naturschutzwerten können insofern hilfreich sein, als dass abstrakte Eigenschaften wie Naturschutzwerte in ein vereinfachtes und nachvollziehbares System eingeordnet wurden. Forstliche und naturschutzfachliche Akteure können damit für den Naturschutzwert der Wälder sensibilisiert werden. Um bestehende Vorurteile zwischen den Akteuren abzubauen, ist es zudem notwendig, das Fördersystem in Deutschland im Hinblick auf den finanziellen Umfang und die Wirksamkeit von Naturschutzmaßnahmen weiter zu überarbeiten sowie praktische Handlungsempfehlungen auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse zu geben. Diese Dissertation unterstreicht, dass eine ständige Anpassung der Waldbehandlungsstrategien für den Waldnaturschutz und Waldbau notwendig ist, um die Herausforderungen des Klimawandels zu bewältigen. Damit Wälder ihre vielfältigen Funktionen und Ökosystemleistungen auch in Zukunft erhalten können, sollten naturnahe, artenreiche und aus überwiegend heimischen Baumarten aufgebaute resiliente Mischwäldern bevorzugt und die bestehenden Ziele im Naturschutz nicht ohne Grund aufgegeben werden. Nur so kann Waldnaturschutz in Deutschland und auch weltweit langfristig erfolgreich sein. ; The global biodiversity crisis is, along with climate change, the greatest challenge facing mankind. To ensure the long-term protection of biodiversity, conservation objectives must be agreed upon by all stakeholders, defined in concepts, and appropriate actions taken. This involves considering the often contrasting needs of nature and people and examining ethical-moral issues about the value of nature as well as different approaches to nature conservation. In this thesis, conservation objectives and values in German forest conservation concepts, considering ecological, political and social aspects are analysed in an interdisciplinary approach. The present state of forest conservation in Germany is discussed and current and future challenges are described. Based on this assessment of needs new methods for the classification of conservation objectives and for the assessment of forest conservation objects are presented and possible changes in conservation responsibility in view of climate change are proposed. Forests support a significant proportion of global biodiversity and provide essential ecosystem services, and their long-term conservation and sustainable use is becoming more important than ever in the face of climate change. Due to the diverse demands for conservation and use, a consensus on the objectives is necessary in forest conservation. Only a transparent system based on consistent objectives and measures is likely to be sufficiently accepted and implemented. Therefore, a hierarchical framework for the classification of nature conservation objectives was developed in Chapter 2 of this thesis. Within higher-level target areas, desired target properties were assigned to conservation objects, which are to be achieved through certain measures. Using this framework, the contents of biodiversity and forest conservation concepts were examined for commonalities and differences. A broad consensus on conservation objectives was found in the concepts across different stakeholder groups and spatial scales, with the conservation of species, ecosystems and structures in forests rated as particularly important. Deficits were identified with regard to genetic diversity, abiotic resources and social-cultural objectives, as well as a mismatch in the transfer of knowledge. The reasons for these inconsistencies in forest conservation include conflicting objectives, lack of coordination across scales and inadequate implementation of objectives. In private forests, which make up half of the German forest area, the implementation of nature conservation measures is a particular challenge. Private forest owners often have reservations about sovereign nature conservation regulations and are less willing to participate due to the financial expenses involved. In order to ensure higher acceptance, forest conservation measures should be financially compensated. However, the contractual agreement of nature conservation services and financial remuneration (= contract-based nature conservation) has so far found limited application in private forests. Since the successful implementation of contract-based forest conservation requires a system of reasonable measures, the conservation objects identified in Chapter 2 (forest habitat types, structures and processes in forests) were assigned a conservation value in Chapter 3 on the basis of the need for, and the worthiness of, protection. Oak and mixed oak forests, dry-warm beech forests, historical forms of forest use (coppice forests or wood pastures) and natural structures such as deadwood (deciduous tree species, standing and lying) or habitat trees have a high nature conservation value. Based on the initial value and the expected value development, it was assessed whether conservation or restoration measures within the framework of contract-based forest conservation with varying durations are suitable. Contract-based forest conservation is particularly suitable for conservation objects with a high initial value if a loss of value can be avoided and if a high increase in value can be expected. It is not suitable for low initial values and a low restoration potential. With this framework, private forest owners can easily assess which nature conservation measures are suitable in their forest, increasing the likelihood that they will apply contract-based forest conservation in the future. Climate change and its predicted effects in terms of intensity and frequency of disturbances require an adaptation of silvicultural management. In Germany, silvicultural planning tools such as forest development types are often only related to the economic productivity function, while nature conservation demands are given little consideration. Therefore, the framework developed in Chapter 3 for the conservation value assessment of forest habitat types was adapted in Chapter 4 to the economically relevant tree species (beech, oak, pine, spruce, fir, Douglas-fir and larch) and further developed for application in forest stands according to the potential natural vegetation of the location. With the new framework, the nature conservation impacts of silvicultural planning and future tree species composition in forest stands can be spatially-explicitly assessed. Certain silvicultural combinations of tree species can lead to a reduction in the initial nature conservation value, which is determined by the forest habitat type naturally occurring there. The highest nature conservation value can be achieved if the planned tree species are both autochthonous and a natural component of the respective forest habitat type. The framework was trialled to assess planned forest development types using a Germany-wide transect. In most cases, the forest development type combinations led to a reduction of the initial nature conservation value, as the restricted tree species selection of the forest development types did not correspond to the diverse species composition of the natural forest habitat types. With this evaluation framework, forest planning can also be assessed in terms of nature conservation and be adapted to a tree species composition that is as close to nature and site-specific as possible. The uncertainties of climate change and the associated changes in environmental conditions also pose new challenges for nature conservation and may require an adaptation of the conservation objectives and justifications. Chapter 5 therefore investigated whether the favourable conservation status of forest habitat types of the Habitats Directive remains a well-founded objective when confronted with climate change. In this context, both the question of the conservation justification and an assessment of the future development trend of the conservation status of forest habitat types of the Habitats Directive were addressed. It was shown that current niche and species distribution models of habitat types and tree species indicate that a climate change-induced increase in drought can lead to losses in area of forest habitat types such as the subalpine sycamore-beech forest and the montane-alpine soil-acid spruce forest. In the case of bog woodland and alluvial forests, successful restoration should be the first priority before future development can be assessed. Forest habitat types on secondary sites, such as mixed oak forests, will probably continue to require active management measures to restore and secure a favourable conservation status in the long term. The distribution models for beech forest habitat types showed increasing uncertainty regarding future distribution, and for the most part no significant negative change could be identified, even under climate change. Flexibilisation and adaptation of conservation objectives should therefore only take place on the basis of evidence and within the framework of adaptive management. Overall, no clear indications is found to abandon the favourable conservation status of forest habitat types under climate change as a well-founded objective of nature conservation. This thesis discusses the importance of forest conservation concepts in today's world and the difficulties that can arise in the classification and implementation of forest conservation objectives. Furthermore, the challenges that may arise in the conservation value assessment of conservation objects and tree species as well as in future implementation of forest conservation measures are identified. It was found that the systematic analysis of conservation objectives has gained importance in conservation research and that there is a broad consensus on the objectives of forest conservation in Germany. Nevertheless, there is a considerable need for more specification, especially with regard to the implementation of contract-based nature conservation in private forests. The frameworks presented for the derivation of nature conservation values can be helpful in turning abstract properties such as nature conservation values into a simplified and comprehensible system. Forestry and nature conservation stakeholders can thus be sensitised to the conservation value of forest biodiversity. In order to reduce existing prejudices between stakeholders, it is also necessary to further revise the funding system in Germany with regard to its financial scope and the effectiveness of conservation measures, and to provide practical recommendations for action based on scientific findings. This thesis underlines that a constant adaptation of forest management strategies is necessary for forest conservation and silviculture to cope with the challenges of climate change. For forests to maintain their diverse functions and ecosystem services in the future, semi-natural, species-rich resilient mixed forests composed of predominantly native tree species should be favoured and the existing objectives in nature conservation should not be abandoned without reason. Only in this way can forest conservation in Germany and also worldwide be successful in the long term. ; 2022-04-28
Questa ricerca si propone di ricostruire l'evoluzione della politica di sicurezza della Repubblica Federale Tedesca durante il periodo generalmente definito di "distensione internazionale" (o détente). Si è deciso di condurre l'analisi intorno ad alcune questioni che sono state individuate come centrali per lo sviluppo della politica di sicurezza dell'Alleanza Atlantica, nelle quali la Germania occidentale ha avuto un ruolo significativo cercando di avanzare propri specifici interessi nazionali. Le tematiche scelte sono: il cambiamento strategico avvenuto nell'ambito del sistema di sicurezza transatlantico, il dibattito intorno al Trattato di Non Proliferazione Nucleare, i negoziati per la Conferenza di Helsinki e quelli per la riduzione di armamenti convenzionali nel continente europeo (MBFR). Attraverso una ricostruzione della posizione tedesco‐occidentale nei dibattiti sopra citati si cercheranno di delineare le caratteristiche della politica di sicurezza che la classe politica di Bonn elaborò e portò avanti durante gli anni della distensione. Nella tesi verrà dato particolare risalto ai tentativi della Germania occidentale di cominciare a porsi nella comunità internazionale – a partire dalla metà degli anni '60 – come un attore ormai maturo e indipendente. Pur mantenendo uno stretto rapporto con gli alleati occidentali ed evitando accuratamente un rischioso isolamento internazionale, la Bundesrepublik Deutschland (BRD) manifestava infatti in quel periodo un'insofferenza piuttosto esplicita nei confronti di una gestione del contesto internazionale che essa giudicava eccessivamente improntata alle esigenze delle due superpotenze. Tale considerazione fu determinante nella decisione della Germania occidentale di voler partecipare attivamente alla distensione, senza subirla. Una manifestazione evidente di quest'approccio nella politica estera dei governi di Bonn fu senza dubbio la Neue Ostpolitik, ovvero l'innovativa politica portata avanti dalla Repubblica Federale Tedesca nei confronti degli stati del Patto di Varsavia. Negli stessi anni della nuova Ostpolitik (tra la fine degli anni '60 e l'inizio del decennio successivo) la BRD cercò di modificare ‐ almeno in parte ‐ anche il rapporto con gli alleati occidentali e dunque la propria Westpolitik, con l'intenzione di intraprendere una politica estera che fosse in ogni campo (dunque anche nel delicato settore della sicurezza) maggiormente in linea con i propri specifici interessi. Contesto temporale L'arco temporale che viene preso in esame nella tesi va dal 1967 al 1975. Si è scelto come termine iniziale il 1967, considerandolo un anno cruciale sia per le evoluzioni del sistema internazionale, sia per le novità che si presentarono nel contesto politico interno della Repubblica Federale Tedesca. Per quanto riguarda lo scenario internazionale, nel 1967 ebbero luogo due eventi che a nostro avviso permettono di ritenere tale anno uno spartiacque nella storia della Guerra Fredda, ovvero l'adozione da parte della NATO del "Rapporto Harmel" e il cambiamento di dottrina strategica della stessa alleanza occidentale. Mentre con il Rapporto Harmel gli stati membri del campo occidentale prendevano in considerazione il perseguimento di una politica – possibilmente comune e coordinata ‐ di distensione con il blocco comunista, con l'adozione della dottrina di "Risposta Flessibile" l'Alleanza Atlantica di fatto riconosceva il raggiungimento sovietico di una parità nucleare strategica con gli USA e cercava di adattare la propria strategia ai mutati equilibri internazionali. Anche dal punto di vista della storia della Germania occidentale il 1967 è una data che si può giudicare particolarmente rilevante al fine di stabilire un'utile periodizzazione. Nel dicembre del 1966 infatti ‐ a seguito della caduta del governo Erhard (CDU/CSU‐FDP) – nella Repubblica Federale Tedesca venne costituito un governo di Große Koalition, ovvero basato sull'alleanza dei partiti conservatori con i socialdemocratici dell'SPD. Tale coalizione di governo rappresentava una novità del tutto inedita nella storia politica della Germania occidentale. Sebbene infatti il Cancelliere ‐ nella persona di Kurt Kiesinger ‐ fosse ancora una volta espressione delle forze conservatrici della CDU, i socialdemocratici arrivavano per la prima volta al potere (con la nomina di Willy Brandt a capo dell'importante Ministero degli Esteri). L'azione politica di questa nuova alleanza di governo fu funzionale all'avvio di un "processo di emancipazione" della Repubblica Federale Tedesca, che la vedeva definire i suoi interessi in modo più autonomo dai propri alleati rispetto alla prima fase della propria esistenza politica. L'analisi della politica di sicurezza tedesco‐occidentale rappresenta dunque un interessante banco di prova per riscontrare i segni di tale evoluzione e individuare le caratteristiche di continuità e discontinuità rispetto agli anni precedenti. Come termine finale della ricerca si è scelto invece l'anno 1975, data comunemente considerata dagli storici come l'apice della distensione, a causa della conclusione della Conferenza di Helsinki e dell'emanazione del relativo Atto Finale. La seconda metà degli anni '70 rappresenta infatti una fase significativamente diversa dal periodo precedente, in cui i presupposti della distensione entrarono progressivamente in crisi e – con il cambiamento sia delle problematiche del contesto internazionale sia dei suoi principali protagonisti – si è ritenuto dunque opportuno non inserirla nella stessa trattazione. Fonti della ricerca Le fonti su cui si basa questa ricerca comprendono sia pubblicazioni di carattere storiografico e memorialistico, sia documenti d'archivio. Per quanto riguarda la letteratura, ci si è concentrati sulle opere fondamentali di storiografia relative alla Guerra Fredda e in particolare alla fase di distensione e su volumi e saggi sulla storia e l'analisi della politica estera e di sicurezza della Germania occidentale, tanto nel contesto generale del conflitto Est‐Ovest quanto nel periodo specifico che va dalla fine degli anni '60 alla metà del decennio successivo. Per l'approfondimento del tema specifico ci si è poi serviti ‐ oltre che di volumi storiografici, memorialistica e saggi in libri collettanei ‐ anche di articoli scientifici pubblicati in importanti riviste internazionali quali Cold War History, Diplomatic History, History & Memory, War in History, Contemporary European History, Bulletin of German Historical Institute (Washington D.C.), Journal of Cold War Studies e Journal of Transatlantic Studies, e alcune pubblicazioni tedesche tra cui Europa Archiv (edita dalla Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik ‐ DGAP), Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte (pubblicata dall'Institut für Zeitgeschichte di Monaco‐Berlino) e Archiv für Sozialgeschichte. Per quanto riguarda poi i protagonisti degli eventi discussi, oltre alla lettura delle relative memorie e autobiografie, sono state di grande utilità le raccolte pubblicate di loro scritti, interviste e discorsi. Dal punto di vista dei documenti, una fonte particolarmente utile sono stati i documenti diplomatici tedeschi pubblicati nelle raccolte ufficiali degli "Akten zur Auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland" (AAPD), editi per il Ministero degli Esteri dall'Istituto di Storia Contemporanea di Monaco‐Berlino. Sempre nell'ambito dei documenti pubblicati ‐ tra le altre utili raccolte ‐ sono state fondamentali per questa ricerca soprattutto le trascrizioni delle sessioni di lavoro della Commissione Esteri del Bundestag ("Der Auswärtige Ausschuss des Deutschen Bundestages; Sitzungsprotokolle"), attraverso le quali si è potuto ricostruire con una certa precisione il dibattito parlamentare relativo ai temi affrontati. Il lavoro di ricerca in archivio si è focalizzato esclusivamente sulle fonti tedesco‐occidentali. Per quanto riguarda le fonti provenienti dal Ministero degli Esteri si è fatto ampio uso dei fondi reperiti presso il "Politisches Archiv des Auswärtigen Amts" (PA AA) situato a Berlino. Un altro archivio fondamentale per realizzare questa ricerca è stato l'Archivio del Partito Socialdemocratico che si trova a Bonn‐Bad Godesberg, all'interno della "Friedrich Ebert Stiftung" (Fondazione politica dell'SPD). Nella Fondazione sono consultabili gli archivi personali dei principali protagonisti della classe politica socialdemocratica della BRD, tra cui l'Archivio Willy Brandt, il Deposito Egon Bahr e l'Archivio Helmut Schmidt. Un terzo archivio consultato è stato il "Bundesarchiv" (Archivio Federale) di Koblenz, presso il quale si è potuto analizzare il fondo dei documenti relativi all'Ufficio della Cancelleria. Un'altra fonte d'archivio – seppure d'importanza minore per questa ricerca (a causa dell'arco temporale solo in parte coincidente con il tema scelto) ‐ è stata poi rappresentata dal materiale del "Nuclear History Program" (NHP), una collezione di documenti declassificati provenienti dal Ministero della Difesa della Repubblica Federale Tedesca e di altre fonti raccolte sempre nell'ambito del NHP (quali atti di convegni e produzioni di storia orale). Il fondo relativo al progetto NHP è conservato attualmente al "Militärgeschichtliches Forschnungsamt" (Istituto di ricerca per la storia militare) di Potsdam. Poiché la tesi privilegia lo studio degli aspetti politici della sicurezza rispetto alla dimensione più propriamente militare, non sono state invece consultate le fonti primarie del Ministero della Difesa tedesco, salvo il suddetto fondo "NHP". Stato dell'arte, metodologia e obiettivi Nella tesi ci si propone di analizzare l'evoluzione della politica di sicurezza della Repubblica Federale Tedesca durante il periodo della distensione, ponendo una particolare attenzione all'istanza di emancipazione della stessa BRD nei confronti dei propri alleati. Una domanda alla quale si è cercato di rispondere è pertanto in che misura si possa per quel periodo parlare da una parte di una continuità della politica tedesco‐occidentale rispetto al passato e dall'altra parte di un progressivo scostamento, anche radicale, dallo stallo politico interno e internazionale in cui Bonn aveva finito per trovarsi a metà degli anni '60. L'analisi del periodo 1967‐1975 si pone anche come un imprescindibile punto di partenza per tentare di individuare la formazione di un'autonoma identità di sicurezza tedesca, il cui impatto divenne poi più evidente tra la metà degli anni '70 e la fine della Guerra Fredda. Tale aspetto ci sembra particolarmente utile anche ai fini di poter ampliare un quadro interpretativo storiografico circa le più generali relazioni transatlantiche nell'ultima fase del conflitto Est‐Ovest, in cui si può registrare una certa divergenza politico‐strategica tra l'Europa occidentale e l'alleato statunitense, derivante in larga misura da diverse valutazioni e percezioni delle minacce presentate dal contesto internazionale. Per quanto riguarda la storiografia disponibile sul tema di questa ricerca, si deve constatare come sia pressoché ancora assente uno studio completo sulla politica di sicurezza della Repubblica Federale Tedesca durante gli anni della distensione. Se infatti non mancano pubblicazioni "generali" degne di nota, 7 relative alla storia politica della BRD durante tutto il periodo della sua esistenza (di Helga Haftendorn, Timothy Garton Ash e Wolfram Hanrieder),1 o studi che si focalizzano su aspetti specifici della politica estera di Bonn (come quelli di Mary Elise Sarotte sulla Ostpolitik, William Glenn Gray sulla Dottrina Hallstein e la sua crisi, Petri Hakkarainen sulla CSCE e Arne Hofmann sul pensiero politico di Brandt)2, il panorama relativo alla politica di sicurezza appare più lacunoso e frammentario. Alcuni contributi – seppure utili – appaiono inoltre piuttosto datati e pertanto non si sono potuti avvalere delle fonti primarie d'archivio resesi nel frattempo disponibili. Tra essi si devono ad esempio menzionare il volume di Martin Müller sui negoziati MBFR e quello di Catherine Kelleher sul nucleare.3 Vi è poi un altro gruppo di autori che ha affrontato – in modo rigoroso e utilizzando anche fonti primarie – temi di politica di sicurezza tedescooccidentale, concentrandosi tuttavia su un arco temporale precedente a quello che si è scelto in questa ricerca. Le loro analisi sono estremamente interessanti e offrono importanti spunti per approfondire il campo di ricerca in questione. Fanno parte di questa serie le ricerche pubblicate nell'ambito del "Nuclear History Program" (NHP), progetto di ricerca internazionale attivo soprattutto negli anni '90, tra cui spiccano i volumi di Axel Gablik, Christoph Hoppe e Christian Tuschhoff, tutti focalizzati sul periodo compreso tra gli anni '50 e la metà degli anni '60.4 Il tentativo di Barry Blechman e Cathleen Fisher (dello statunitense Institute for Defense Analyses) di indagare le diverse attitudini dei vari partiti politici tedesco‐occidentali relativamente al tema del controllo degli armamenti ‐ nonostante sia privo di un solido inquadramento storico (avvalendosi esclusivamente del contributo di analisti politici) e risulti spesso frammentario ‐ suggerisce altresì interessanti piste di ricerca.5 Utili elementi relativi alla politica di sicurezza tedesca si trovano anche in due pubblicazioni in cui l'analisi della storia della Germania è affiancata a quella di Gran Bretagna e Francia, al fine di metterne in luce similitudini e divergenze, ovvero il volume di Beatrice Heuser sulle strategie nucleari europee6 e quello di Daniel Möckli sul tentativo di politica estera comune sperimentato dall'Europa occidentale tra la fine degli anni '60 e l'inizio degli anni '70.7 Le pubblicazioni più autorevoli nell'ambito della politica di sicurezza della BRD sono probabilmente quelle risultanti dalle molteplici ricerche compiute da Christoph Bluth e da Helga Haftendorn. Bluth ha dedicato un libro all'analisi della strategia nucleare della BRD e della Gran Bretagna durante tutta la Guerra Fredda e un altro volume invece alla dimensione convenzionale della sicurezza, analizzata dalla prospettiva di Bonn.8 Se si esclude il volume della Haftendorn9, peraltro datato e con un orizzonte temporale limitato al 1955‐1973, avente ad oggetto l'analisi della politica tedesco‐occidentale nel processo di disarmo e controllo degli armamenti in tutte le sue diverse sfaccettature, si deve constatare come manchi ancora ad oggi una ricerca sulla politica di sicurezza della Repubblica Federale Tedesca che riesca (esaminando in modo soddisfacente le singole tematiche comprese) a coprire tutto il periodo della détente. Vanno a colmare – almeno parzialmente – le lacune presenti nella storiografia sulla politica di sicurezza di Bonn, numerosi articoli dedicati alla Germania presenti in volumi collettanei di più ampio respiro, tra i quali si devono ricordare quelli di Oliver Bange e Gottfried Niedhart, e di Andreas Wenger, Vojtech Mastny e Christian Neunlist sulla CSCE;10 quelli di Wilfried Loth e Georges‐Henri Soutou, e di Piers Ludlow dedicati alla dimensione europea11 e quello di Carole Fink e Bernd Schaefer sulla Ostpolitik.12 A questi si devono aggiungere infine alcuni volumi relativi alle relazioni di Bonn con i propri alleati occidentali, tra cui si ricordano qui quello curato da Detlef Junker sui rapporti con gli USA e quello edito da Thomas Schwartz e Matthias Schulz più in generale sulle relazioni tra Europa e Stati Uniti.14 Se dunque la storiografia relativa alla politica estera della Germania occidentale è piuttosto ricca, si deve tuttavia notare come – in tale ambito ‐ l'analisi specifica della politica di sicurezza tedesco‐occidentale sia un campo ancora relativamente inesplorato dalla ricerca storica. La letteratura che prende in esame la storia della Repubblica Federale Tedesca durante gli anni della distensione si è infatti prevalentemente concentrata sulla Nuova Ostpolitik di Willy Brandt e sul suo impatto nel contesto internazionale, trascurando invece lo studio della politica di sicurezza e della posizione tedesco‐occidentale all'interno del contemporaneo vivace dibattito transatlantico su difesa, sicurezza e controllo degli armamenti. La maggior parte della storiografia (tedesca e internazionale) esistente sulla politica della BRD durante la distensione ha preso infatti in esame la straordinaria azione diplomatica dei governi tedesco‐occidentali nei confronti degli stati del blocco comunista e – nei casi in cui la storia tedesca è stata affrontata in un contesto più ampio – si è scelto di indagare principalmente come gli alleati di Bonn (e in primo luogo gli Stati Uniti) reagissero alla Ostpolitik attuata soprattutto a partire dal 1969 dal governo social‐liberale Brandt‐Scheel. Da quanto si riscontra nell'analisi del materiale bibliografico disponibile, la grande attenzione della storiografia nei confronti degli sviluppi della Ostpolitik non si è pertanto accompagnata ad una parallela analisi approfondita della Westpolitik tedesco‐occidentale dello stesso periodo. Si è deciso dunque di porre proprio tale tematica al centro di questa tesi, ritendendo che – negli stessi anni della celebre Ostpolitik – la politica estera della BRD presenti un'evoluzione particolarmente interessante anche a proposito delle relazioni con i propri alleati, soprattutto dal punto di vista dell'elaborazione strategica e della gestione della propria politica di sicurezza. Da un punto di vista concettuale la presente ricerca si colloca innanzitutto in quella tendenza storiografia che approfondisce lo studio della Guerra Fredda aggiungendo i punti di vista specifici di "junior partner", che consentano pertanto un superamento della tradizionale (e ormai decisamente in via di superamento) interpretazione strettamente bipolare del conflitto Est‐Ovest. Questo studio si prefigge dunque l'obiettivo di approfondire la conoscenza della politica di sicurezza della BRD tra gli anni '60 e '70 al fine sia di contribuire ad una migliore comprensione della specifica declinazione tedesco‐occidentale della strategia di distensione, sia di aggiungere al contempo un tassello alla storia dei rapporti transatlantici e in generale della politica occidentale durante tale fase della Guerra Fredda. Questo secondo obiettivo deriva dalla considerazione che la Repubblica Federale Tedesca tra la fine degli anni '60 e l'inizio del decennio successivo rappresentasse un attore chiave del contesto internazionale, passando rapidamente dall'essere il maggiore ostacolo per una distensione Est‐Ovest al rappresentarne il suo motore fondamentale. Tale cambio di approccio di Bonn nei confronti della propria questione nazionale e del più generale scenario europeo metteva in moto dinamiche per certi aspetti problematiche dal punto di vista degli stati del Patto di Varsavia e degli stessi alleati della BRD nel campo occidentale. La "questione tedesca" ‐ al centro della Guerra Fredda fin dalle origini del conflitto Est‐Ovest ‐ continuò probabilmente anche negli anni della distensione a rappresentare il fulcro degli sviluppi politici internazionali. Tutto ciò evidenzia pertanto come un'analisi critica della politica estera e di sicurezza della Repubblica Federale Tedesca possa contribuire in modo significativo ad un miglioramento della comprensione delle generali dinamiche di trasformazione in atto nel contesto storico della détente. In questa ricerca si è cercato di affrontare l'argomento scelto tenendo presente – oltre che il contesto tedesco – anche un quadro d'analisi d'insieme, che comprenda ad esempio il processo di elaborazione politico‐strategica dell'Alleanza Atlantica e le relazioni di Bonn con gli alleati europei e con la superpotenza egemone del campo occidentale. La politica del blocco occidentale è stata pertanto indagata da un punto vista sia multilaterale (dunque essenzialmente nel processo di integrazione europea e soprattutto nel contesto della NATO) sia – seppure in misura minore ‐ bilaterale (ovvero dei rapporti della Germania con i singoli alleati). L'obiettivo che ci si è posti è stato pertanto quello di contribuire ad un approfondimento della conoscenza della politica estera della BRD durante gli anni della distensione, collocando le strategie di Bonn nell'ambito delle politiche del campo occidentale e dei principali dibattiti in corso in quel periodo nel contesto delle relazioni transatlantiche. La scelta di prendere in esame un arco temporale piuttosto esteso (nove anni) e una molteplicità di tematiche – decisione peraltro necessaria per individuare i tratti di continuità e d'innovazione della politica di sicurezza della BRD rispetto al periodo precedente – non ha consentito tuttavia una ricostruzione esauriente e con un alto grado di dettaglio per ognuno degli argomenti affrontati (ciascuno dei quali sarebbe in se stesso degno e passibile di essere oggetto di una specifica tesi di dottorato). Se l'assenza di una trattazione più approfondita talvolta può apparire grave nella ricostruzione degli eventi, tuttavia l'obiettivo di ricostruire lo sviluppo della politica tedesco‐occidentale non avrebbe consentito altra scelta se non quella di analizzare appunto in modo congiunto alcuni snodi fondamentali di quel periodo e le principali questioni che – nell'ambito della sicurezza – impegnarono i governi di Bonn in tali anni, a discapito di un possibile maggiore approfondimento Struttura della tesi La tesi si compone di cinque capitoli e delle conclusioni. I primi due capitoli sono di carattere introduttivo per la trattazione dell'argomento centrale e sono serviti come strumenti per affrontare in modo rigoroso e documentato il tema scelto, inserendolo in un appropriato contesto storico e storiografico. Si è scelto infatti di dedicare un primo capitolo alla ricostruzione delle caratteristiche di quella fase della Guerra Fredda comunemente definita dagli studiosi come "distensione" e all'esame della principale storiografia esistente su tali anni, al fine di analizzare il contesto internazionale di cui ci si occuperà poi nello specifico dalla prospettiva tedesco‐occidentale. Considerata la complessità e l'eterogeneità del fenomeno della distensione internazionale, si è ritenuto infatti necessario dedicare all'inizio dell'esposizione un ampio spazio a tale tema, per comprenderne gli eventi centrali e le più rilevanti letture che ne hanno dato gli esperti. Prendendo in esame alcuni autori e le loro pubblicazioni, si è cercato perciò di presentare le principali interpretazioni relative al periodo della distensione, che presentano tra loro alcune analogie ma anche significative divergenze, sia per quanto riguarda il punto di vista scelto per affrontare l'argomento sia per le conclusioni che gli stessi storici ne hanno tratto. In questo primo capitolo si è dunque affrontata la distensione come tema generale e non circoscritto all'esperienza tedesca, reputando infatti imprescindibile rispetto al tema scelto un'analisi preliminare dell'intero contesto internazionale e delle dinamiche in atto negli anni '60 e '70. Dopo aver dunque esaminato e discusso la bibliografia fondamentale sulla distensione, si passa poi ad un'analisi della storia della Germania occidentale. Il secondo capitolo consiste infatti in una ricostruzione a grandi linee della storia politica della Repubblica Federale Tedesca dal dopoguerra (e dunque dalla sua fondazione) fino alla distensione e alla sua relativa crisi. Analizzando l'evoluzione della politica estera e di sicurezza della Germania occidentale in questo arco temporale, si è accordato ampio spazio allo sviluppo della Entspannungspolitik (politica di distensione) tedesca, riscontrando come tale esperienza sia stata centrale per una maturazione politica dello stato tedesco occidentale in direzione di una sempre più evidente emancipazione dalla stretta dipendenza dai propri alleati (e in parte anche dal proprio drammatico passato). A questi primi due capitoli, che hanno la funzione di definire il contesto internazionale della détente e le caratteristiche della politica tedesco‐occidentale in tale periodo, seguono i tre capitoli centrali della tesi. Il terzo capitolo si focalizza sul 1967, che ‐ come si è già accennato, rappresenta una data cruciale per la storia dell'Alleanza Atlantica e della stessa BRD, a causa dell'adozione del Rapporto Harmel, del cambiamento della dottrina strategica NATO e della formazione del governo di Große Koalition. Il quarto e il quinto capitolo sono invece di carattere tematico: ognuno di essi ricostruisce infatti ‐ durante tutto l'arco temporale scelto (1967‐1975) – il comportamento e il ruolo della Repubblica Federale Tedesca nell'ambito di due questioni centrali per la sicurezza tedesco‐occidentale quali, rispettivamente, il dibattito sugli armamenti nucleari e il tema dei negoziati multilaterali per una distensione politica (CSCE) e militare (MBFR) in Europa. Il terzo capitolo cerca pertanto di evidenziare quali fossero i presupposti per una distensione politica e militare, analizzando come l'Alleanza Atlantica cercava di affrontare il crescente problema della credibilità degli Stati Uniti nei confronti dei propri alleati e come la BRD reagiva ai cambiamenti in atto nel contesto politico‐strategico transatlantico. Il capitolo quarto, dopo aver delineato le principali tappe nell'evoluzione del rapporto della Germania occidentale con le armi nucleari, esamina in particolare il dibattito che si sviluppò a livello internazionale e nella Repubblica Federale Tedesca intorno al Trattato di Non Proliferazione Nucleare (TNP) del 1968. L'ultimo capitolo è poi dedicato all'intensa attività diplomatica svolta dal governo di Bonn nell'ambito della Conferenza di Helsinki (CSCE) e dei negoziati per un controllo degli armamenti convenzionali in Europa (MBFR). Si cercheranno infine di avanzare alcune conclusioni derivanti dall'analisi delle tematiche scelte in questa ricerca, nel tentativo di contribuire al dibattito più generale sul fenomeno della distensione internazionale e all'interpretazione storiografica riguardante la crescita politica della Repubblica Federale Tedesca durante gli anni '60 e '70.
Córdoba es la segunda ciudad más poblada de la Argentina, y posee el ejido municipal más extenso del país, siendo un importante centro industrial y de servicios del centro del país. Es además la cabecera de la segunda región metropolitana argentina, el Área Metropolitana de Córdoba (AMCBA). Si bien el desarrollo de sus áreas centrales y periurbanas es un tema bastante desarrollado académicamente, actualmente hay un vacío de conocimiento en la situación actual de las áreas pericentrales e intermedias de esta ciudad -aun cuando ocupan más del 30% del área urbanizada y donde habita la mayor parte de su población-. Es en estas áreas donde se ubica el objeto de estudio de esta tesis: los barrios pericentrales que forman un anillo alrededor del área central. Originados como extensiones suburbanas alrededor de 1940, y consolidados como barrios residenciales de clase media y media alta de baja densidad antes de 1970, ocupan lo que son hoy algunas de las áreas con mejor calidad ambiental y urbana de la ciudad. Los barrios pericentrales son considerados generalmente consolidados y estables; sin embargo, analizados en detalle, muestran complejas transformaciones: un vaciamiento poblacional constante, a pesar del crecimiento demográfico en general de Córdoba y el AMCBA; aumento de inmuebles abandonados; y a diferencia de sectores en una similar posición, no son objeto de grandes inversiones inmobiliarias de renovación urbana. Esta situación es invisibilizada, en parte por ser resultado de procesos con poco impacto relativo en la ciudad, y en parte porque estos procesos no están contemplados por los modelos urbanos locales vigentes –basados en la teoría racionalista y determinista de principios del siglo XX-, que conceptualizan a los barrios pericentrales como una "panacea urbana". Esta tesis puso en disputa estos modelos, partiendo de la discusión sobre un fenómeno informal detectado indefectiblemente (aunque no exclusivamente) en estos barrios pericentrales: la microdensificación emergente. La imposibilidad de colocar los inmuebles existentes en el mercado hace que los propietarios busquen nuevas formas de valorizar sus propiedades, de facilitar el acceso a la vivienda a sus hijos o de invertir sus ahorros de forma segura, obteniendo una fuente adicional de ingresos: en cada parcela edificada se aumenta la cantidad de unidades funcionales, aprovechando la superficie construible vacante o refuncionalizando las construcciones obsoletas, aunque manteniendo el grano y la escala de intervención respecto al tejido existente. La oferta de hábitat en estos barrios se diversifica, y no sólo evita la expulsión de población, sino que también atrae a nuevos habitantes. Además, en un tejido originalmente sólo residencial, incorpora actividades de comercio y servicios que enriquecen el tejido funcional. El proceso se realiza sin planificación general (y por supuesto fuera del marco legal): es la suma de acciones individuales que se reconstruyen como una "tendencia" o "patrón emergente", revitalizando el tejido urbano de forma sutil pero definitiva. Se planteó como hipótesis que la microdensificación emergente es un proceso de revitalización que aprovecha el potencial del tejido de estos barrios de forma más sostenible y eficiente que el modelo impuesto formalmente. 10 La tesis se encuadró bajo el enfoque sistémico de la complejidad. Este enfoque entiende a la ciudad como un sistema complejo y dinámico, en desarrollo constante; determinado más por las interrelaciones entre sus componentes y entre esos componentes y el contexto, que por las condiciones de cada elemento individualmente. La calidad y cantidad de estas interacciones es primordial, al punto de definir la condición urbana de una aglomeración. Según estas premisas, un sistema urbano sostenible y eficiente será aquel que, maximizando recursos materiales y humanos (y de acuerdo a la capacidad de carga del sistema) desarrolle de redes de intercambio múltiples, diversas y descentralizadas, que generen procesos de sinergia y desarrollo inclusivos. La investigación se estructuró entonces de forma tal de responder las siguientes preguntas: • En primer lugar, ¿cuáles son las condiciones específicas que catalizan la microdensificación en los barrios pericentrales de Córdoba? • Siendo la microdensificación una respuesta a una situación particular dentro del sistema urbano, ¿Cuál es el grado de sostenibilidad y eficiencia que aporta a los barrios pericentrales (en particular) y a Córdoba (en general)? • Y tras haber identificado su impacto en la estructura urbana, su potencial transformador y organizativo, ¿puede el estudio de los procesos emergentes hacer un aporte conceptual e instrumental a los modelos locales de planeamiento urbano? Primeramente, un análisis documental reconstruyó la condición específica de los barrios pericentrales, y el escenario actual de Córdoba con respecto a la producción y acceso al hábitat urbano. Luego se infirió un escenario tendencial a corto y mediano plazo, que sirvió para definir distintos patrones de territorialización, incluyendo el patrón "formal" de los barrios pericentrales. Se continuó con el análisis específico de la microdensificación, proponiendo un escenario posible a mediano plazo donde el patrón de microdensificación ha sido plenamente desarrollado, transformando cuali y cuantitativamente el tejido espacio-funcional y socioeconómico. A partir de estos resultados, se realizó un análisis comparativo de los distintos patrones de desarrollo urbano de Córdoba en cuanto a su sostenibilidad y eficiencia. Se demostró que el patrón de microdensificación en los barrios pericentrales es mucho más sostenible y eficiente que los patrones formales existentes, y se abrió la discusión que se desarrolla en la última parte de esta tesis: El argumento desarrollado en esta investigación y los resultados que de él se desprenden tienen un carácter analítico y explicativo útil para el análisis de otros escenarios en el contexto urbano argentino y latinoamericano. En primer lugar, sobre preferir la revitalización progresiva frente a la renovación total o la creación de nuevo suelo urbano en la periferia; promover una ciudad compacta, diversa e inclusiva tanto social como funcionalmente; basada en la multiplicación y diversificación de los agentes productores de ciudad; que considera estos procesos, así como los mecanismos de empoderamiento, participación y gobernanza como instrumentos para lograr mayor sostenibilidad y eficiencia en el desarrollo urbano. Por otro lado, esta tesis puso en relevancia el rol de los procesos emergentes en un sistema urbano como mecanismo vital para generar esta revitalización. Finalmente, se discute el aporte del enfoque sistémico para comprender, explicar y proponer intervenciones a la disciplina. ; Córdoba ist die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz im Nordosten Argentiniens. Sie ist der Mittelpunkt der zweitgrößten Metropolregion des Landes (bekannt unter der spanischen Abkürzung AMCBA) und ein wichtiges kulturelles und wirtschaftliches Zentrum des Landes. Derzeit scheint die Stadt durch zwei gegensätzlichen Prozesse geprägt, die zeitgleich von statten gehen: Einerseits die Erneuerung des Zentralbereichs und der Umgebung durch Hyperverdichtung, mit dem damit verbundenen Verlust des sozialen und architektonischen Erbes und dem Zusammenbruch der vorhandenen Infrastruktur-Netzwerke. Anderseits die Expansion der gebauten Stadt auf ländliche und industrielle Gebiete der städtischen Peripherie, was aufgrund einer abnehmenden Belegungsdichte immer mehr zu einer Verdünnung der Stadtstruktur führt. Darüber hinaus konzentriert sich der Wohnungsbau auf immer kleinere Gruppen und dies obwohl sich sowohl der Wohnungsbau beschleunigt als auch das Angebot an urbanen Wohnräumen erhöht: Während private Immobilienprojekte fast ausschließlich auf Bevölkerungsgruppen mit hohem Einkommen und Investoren, die nicht in der Stadt wohnen, ausgerichtet sind, sind die staatlichen Investitionen im sozialen Wohnungsbau ausschließlich für die Bevölkerungsgruppen mit den niedrigsten Einkommen bestimmt. Dadurch entsteht ein Defizit an Wohnangeboten für die Mittelschicht Córdobas, die fast 45% der Stadtbevölkerung ausmacht. Diese Schwerpunktsetzung ist auch bei lokalen Stadtforschern und Stadtplanern zu erkennen. Die aktuelle Situation der perizentralen Gebiete und Zwischenbereiche der Stadt sind weniger präsent, obgleich diese mehr als 30 % der urbanisierten Stadtfläche einnehmen und von der Mehrheit der Stadtbevölkerung bewohnt werden. Um diese Wissenslücke zu schließen, stehen die perizentralen Stadtviertel, die das Stadtzentrum umschließen, im Mittelpunkt dieser Arbeit. Sie sind ab 1940 als Erweiterungen der Vorstadt entstanden und etablierten sich im Laufe der 1960er Jahre als Wohngebiete mit einer geringen Bevölkerungsdichte, die heute von der Mittelschicht bewohnt werden und die höchste Umweltqualität und urbane Qualität der Stadt aufweisen. Die Gesetzgebung begrenzt dabei die Bebauung der Grundstücke auf Einfamilienhäusern, um die gewünschte geringe Bevölkerungsdichte beizubehalten. Man könnte die Untersuchung von bereits konsolidierten und stabilen urbanen Sektoren als sinnlos betrachten. Doch, wenn sie im Detail analysiert werden, zeigen sich komplexe demografische, räumliche und funktionale Transformationen, die von Interesse sind. Obwohl sich über die Jahre hinweg in diesen Stadtvierteln das bis zu diesem Moment angeblich "perfekteste" Wohnmodell materialisiert hat, nämlich ein Modell, welches "alle möglichen städtischen Wohnbedürfnisse erfüllt", leidet das soziale Gefüge und die bebaute Umwelt darunter. Das aktuelle Szenario zeigt, trotz des demografischen Wachstums von Cordoba und der Metropolregion AMCBA, einen konstanten Bevölkerungsrückgang in diesen Stadtvierteln: Junge Leute verlassen die Wohngegenden, während die zurückbleibende Bevölkerung altert und die Anzahl an verlassenen Gebäude stetig steigt. Für die auf dem Immobilienmarkt angebotenen Gebäude ist es schwierig, den Immobilienwert zu halten geschweige denn Käufer zu finden. Im Gegensatz zu anderen Bereichen der Stadt, die sich in einer ähnlichen Position befinden, sind diese Stadtviertel nicht im Fokus großer Immobilienaktivitäten. Dies widerspricht ihrer privilegierten Lage innerhalb der Stadtstruktur. 2 Diese Entwicklungen wurden lange Zeit übersehen. Zum einen da sie das Ergebnis von Prozessen sind, die wenig Auswirkungen auf die Stadt haben und zum anderen weil diese Prozesse in den heutigen lokalen städtischen Wohnmodellen nicht berücksichtigt werden, welche auf rationalistischen und deterministischen Theorien aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts basieren und diese perizentralen Stadtviertel als städtisches Allheilmittel betrachten. Es ist unmöglich eine Hypothese abzuleiten, die aktuelle oder zukünftige Szenarios der perizentralen Stadtviertel in Córdoba unter diesen Rahmenbedingungen erklärt. Daher stellt diese Arbeit solche Modelle und ihre Fähigkeit, die Entwicklung der Stadt zu erklären oder in ihr effektiv zu arbeiten, in Frage und schlägt einen theoretischen Rahmen vor, der zum Verständnis, zur Erklärung und zur effektiven Umsetzung in der Stadt beitragen soll. Dies erfolgt auf Grundlage der Auseinandersetzung mit einem informellen Phänomen, welches deutlich (aber nicht ausschließlich) in diesen perizentralen Stadtvierteln erkennbar ist: die aufkommende Mikroverdichtung. Aufgrund der bereits genannten Unmöglichkeit, existierende Immobilien gewinnbringend auf den Markt zu bringen, suchen Eigentümer neue Wege, um ihr Wohneigentum aufzuwerten, ihren Kindern den Zugang zu einer Wohnung zu erleichtern oder ihre Ersparnisse sicher zu investieren und sich dadurch eine zusätzliche Einnahmequelle außerhalb des traditionellen Immobilienmarktes zu sichern. Aus diesem Grund erhöhen die Eigentümer die Anzahl der funktionalen Einheiten auf ihrem Grundstück, indem sie freie Fläche bebauen oder veraltete Konstruktionen renovieren. Das Stadtgefüge wird dabei durch diese Eingriffe nicht tiefgreifend verändert. Des Weiteren wird das Wohnraumangebot in diesen Stadtvierteln umfangreicher und verhindert nicht nur die Verdrängung der alten Bewohner, sondern zieht auch neue an. Auch werden dem ursprünglichen Wohngebiet zusätzliche nicht-residentielle Nutzungen hinzugefügt, die das Stadtgefüge bereichern. Letztendlich hat die Mikroverdichtung der perizentralen Nachbarschaften eine spezielle Eigenschaft, und zwar seinen emergenten / aufkommenden Zustand: Der Prozess erfolgt ohne allgemeine Planung (und auch außerhalb des rechtlichen Rahmens). Hauptakteure dieses Wandels sind die Eigentümer selbst, die ohne jegliche vorherige Absprachen agieren. Ob aus Notwendigkeit oder aus Opportunismus heraus, es handelt sich dabei um einen fragmentierten Prozess. Es beinhaltet eine Vielzahl individueller Aktionen, die als ein "Trend" oder "neu aufkommendes Muster" innerhalb der allgemeinen Organisation der perizentralen Stadtviertel zu begreifen sind und das Stadtgefüge auf subtile aber endgültige Art und Weise erneuern. Die vorliegende Arbeit stellt die Hypothese auf, dass die aufkommende Mikroverdichtung in diesen Stadtvierteln von Córdoba ein Revitalisierungsprozess ist, der das Potenzial des Stadtgefüges nachhaltiger und effizienter nutzt als das formell auferlegte Stadtentwicklungsmodell. Aufgrund des offenkundigen Gegensatzes zwischen dieser Hypothese und den aktuellen Rahmenbedingungen der lokalen Stadtentwicklung, ist es notwendig, einen theoretischen Rahmen zu schaffen, der die offensichtlichen Widersprüche auflöst und die Arbeitshypothese einrahmt. Diese These ordnet sich dem systemischen Ansatz der Komplexität zu, der analytischen Erforschung von komplexen Systemen. Dieser theoretische Rahmen ermöglicht, die aufkommenden Prozesse als integraler Bestandteil einer Stadt (ein "urbanes System"), seine Entwicklung im Laufe der Zeit, seine Komplexität und die Faktoren, von denen die urbane Nachhaltigkeit und Effizienz abhängen, zu erklären. Der systemische Ansatz begreift die Stadt als ein komplexes und dynamisches System in ständiger Entwicklung; ein System, das eher durch die Wechselbeziehungen zwischen seinen Komponenten und zwischen diesen und dem Kontext bestimmt wird, als durch den einzelnen Zustand jedes Elements. Die Qualität und Quantität dieser Interaktionen steht dabei an erster Stelle und definiert sogar den urbanen Zustand eines Ballungsgebietes. Urbanität ist nicht allein durch ihre Größe oder ihre Dichte gegeben, sondern ist gemäß der Synergie definiert, die durch eine Vielzahl an verschiedenen Interaktionen und Wech3 selwirkungen zwischen unterschiedlichen Akteuren produziert wird. Dieser Prozess heißt Synoikismos. Die Entfaltung der technologischen, sozialen und politischen Entwicklungen und Innovationen, die den städtischen Zustand charakterisieren, ist das inhärente Ergebnis dieser Interaktionen und eine direkte Funktion ihrer Intensität, Vielfalt und Redundanz, sowohl räumlich als auch zeitlich. Laut diesen Voraussetzungen ist ein nachhaltiges und effizientes Städtesystem eines, das durch die Maximierung der menschlichen und materiellen Ressourcen (und der Systembelastbarkeit entsprechend) mehrere unterschiedliche und dezentrale Austauschnetzwerke entwickelt, die inklusive Synergie- und Entwicklungsprozesse erzeugen. Dies bedeutet zum einen eine energieeffiziente Stadt, auch effizient im Konsum jeglicher Ressourcen und zum anderen eine kompakte Stadt, welche mehrere Begegnungen zwischen verschiedenen Akteuren ermöglicht, die Beteiligung an politischen Mechanismen und die intensive Nutzung des öffentlichen Raums, die Fußgängermobilität und eine funktionale und soziale Vielfalt in der Stadt fördert. Dies schließt auch Flexibilität und Anpassungsfähigkeit an Veränderungen durch Widerstands- oder Transformationsprozesse ein. Laut den lokalen Stadtentwicklungsmodellen, sind aufkommende und informelle Prozesse, wie die Mikroverdichtung, ein Zeichen der Krise im städtischen System: Anomalien, die durch die Entwicklung von schädlichen Prozessen im Konflikt mit dem Rest der Stadtstruktur entstanden sind. Konflikte, die sogar zum Zusammenbruch führen können. Laut dem theoretischen Ansatz dieser Arbeit jedoch, können diese Prozesse auch als Versuch des Systems verstanden werden, sich selbst zu regulieren und sich an neue Situationen anzupassen: Als Antwort auf ein ungelöstes Spannungsszenario; eine Art und Weise, in der das System sich selbst organisiert, um auf diese Spannung zu reagieren, indem ein neues Gleichgewicht gesucht wird. Die Arbeit strukturiert sich anhand von diesem theoretischen Rahmen, um die folgenden Fragen beantworten zu können: • Erstens, welche besonderen Rahmenbedingungen führen zu der aufkommenden Mikroverdichtung in den perizentralen Stadtvierteln in Córdoba? • Begreift man die Mikroverdichtung als Antwort auf eine bestimmte Situation innerhalb des städtischen Systems, stellt sich folgende zweite Frage: Welches Ausmaß an Nachhaltigkeit und Effizienz ermöglichen die Prozesse der Mikroverdichtung in den perizentralen Stadtvierteln im Speziellen und in Córdoba im Allgemeinen? • Nach der Identifizierung der Auswirkungen dieser Prozesse auf die Stadtstruktur, sowie des damit einhergehenden transformativen und organisatorischen Potenzials steht die dritte Frage im Raum: Kann die Erforschung von aufkommenden Prozessen dieser Art einen konzeptionellen und instrumentellen Beitrag zur lokalen Stadtplanung leisten? Um diesen Fragen nachzugehen wurde im weiteren Verlauf der Forschung eine Dokumentenanalyse durchgeführt, um den spezifischen Zustand der perizentralen Stadtviertel, der das Phänomen der aufkommenden Mikroverdichtung ermöglicht, zu rekonstruieren. Diese Analyse vollzog sich in zwei Schritten: Als Erstes wurden die perizentralen Stadtviertel und der Grund für ihr besonderes Urbanisierungsmuster historisch rekonstruiert und dadurch als (nahezu) monofunktionelle Wohnviertel mit einer geringen Bevölkerungsdichte identifiziert. Als Zweites wurde das aktuelle urbane Szenario Córdobas hinsichtlich der Produktion von und dem Zugang zu städtischem Habitat analysiert, um urbane, regionale und globale Variablen zu entwickeln, die die Entwicklungstrends der Stadt bestimmen. Dieses Vorgehen ermöglichte die Formulierung eines umfassendes Arguments, das alle Prozesse erklärt, die bisher als "gleichzeitig aber widersprüchlich" erfasst wurden. Darüber hinaus erklärt und prognostiziert dieses Argument die "undenkbare" Situation von perizentralen Stadtvierteln. Nach der Rekonstruktion des aktuellen Szenarios wurde ein kurzes und mittelfristiges (10 Jahren) Trendszenario des Phänomens abgeleitet. Dies diente dazu, die unterschiedlichen 4 Entwicklungsmuster in Córdoba zu vergleichen und deren Auswirkungen auf die Stadtstruktur zu bewerten. Im weiteren Verlauf der Arbeit wurde die Analyse der Mikroverdichtung hinsichtlich der Veränderungen im sozialen, funktionalen und räumlichen Stadtgefüge fortgeführt. Als Ergebnis wurde ein mögliches Zukunftsszenario vorgeschlagen, bei dem das Muster der Mikroverdichtung formalisiert und somit das räumlich-funktionale und sozioökonomische Gefüge der Stadtviertel transformiert wurde. Anschließend wurden das Potenzial und die Stärken (und Schwächen) gegenüber dem mittelfristigen Trendszenario von Córdoba und den perizentralen Stadtvierteln spezifiziert. Basierend auf diesen Ergebnissen wurden verschiedene Stadtentwicklungsmuster von Córdoba mithilfe der Variablen analysiert, die als strukturelle Bedingungen für Nachhaltigkeit und Effizienz definiert waren. Mit dem Ergebnis, dass die Nachhaltigkeit und die Effizienz der Mikroverdichtungsszenarien deutlich größer war als in den aktuellen Trendszenarien. Die vorliegende Analyse konnte somit die Hypothese dieser Arbeit belegen. Im letzten Abschnitt der Arbeit wurde der Diskussionsteil eröffnet. Die erste Diskussion befasste sich mit der Entwicklung, die eine progressive Revitalisierung fördert anstatt einer vollständigen Erneuerung des Stadtgefüges oder der Schaffung von neuem städtischem Land in der ruralen Peripherie der Stadt. Zudem fördert sie sowohl auf soziale, räumliche als auch funktionale Art und Weise eine kompakte, vielfältige und integrative Stadt. Diese Entwicklung beruht auf der Multiplikation und Diversifizierung der Akteure, die im Städtebau involviert sind, und betrachtet diese Prozesse, sowie die Ermächtigungs-, Beteiligungs- und Staatsführungsmechanismen als Instrumente zur Erlangung einer größeren Nachhaltigkeit und Effizienz in der Stadtentwicklung. Das bedeutet, eine Stadt, die in der Lage ist, kreativere Synergien zu schaffen und so zu sozialen, technologischen und wirtschaftlichen Vorteilen kommt. Des Weiteren betonte diese Arbeit die Rolle der aufkommenden Prozesse in einem städtischen System. Die aufkommende Mikroverdichtung hat wenig Einfluss auf die städtische Struktur von Córdoba. Jedoch ist es ein wichtiger Mechanismus, um die Verarmung und den Verlust von Ressourcen in perizentralen Bereichen und Zwischengebieten zu verhindern, d.h. um den partiellen Zusammenbruch der städtischen Struktur zu vermeiden und gleichzeitig Urbanität in Gebieten zu schaffen, die als bloße Wohnungsviertel charakterisiert sind. In der Stadtplanung ist es wichtig, auf aufkommende Prozesse in der Stadtentwicklung und auf die Erzeugung von Synergien Wert zu legen. Ihre Einbeziehung in die kritische Analyse beinhaltet die Entwicklung von Planungsinstrumenten, die nicht nur die Notwendigkeit der Dezentralisierung der Stadtentwicklung und der Entscheidungsfindung erkennen können, sondern die auch in der Lage sind, die Ungewissheit als Variable zu integrieren. Darüber hinaus müssen sie flexibel genug sein, um Veränderungen und die Notwendigkeit für Korrekturen und Anpassungen im Laufe der Zeit zu erkennen. Das Argument dieser Arbeit hat einen analytischen und erklärenden Charakter, der für die Analyse von anderen urbanen Szenarien in Argentinien und Lateinamerika nützlich ist. Dies ermöglicht die Verallgemeinerung sowohl der Ergebnisse als auch der theoretischen Annäherung an städtische Phänomene, basierend auf dem Stadt-Verständnis als komplexes, für ihre Umgebung offenes System, welches weit entfernt vom Gleichgewicht ist. Der größte Beitrag dieser Arbeit zur Urbanistik ist das Verständnis der Rolle der aufkommenden Phänomene und die Analyse der Widersprüche und Spannungen innerhalb der traditionellen lokalen Stadtmodelle, die auch Ausgrenzungen und Ungerechtigkeit im Zugang zu Stadt hervorhebt. Die Rolle des Staates und des Immobilienmarktes in der Stadtentwicklung von Cordoba wurde denaturiert und eine dialektische Artikulation der Logik des territorialen Lebensraumes in der Stadt, die sowohl Produktions- und Zugangsstrategien als auch die scheinbaren Widersprüche in der Stadtentwicklung der lateinamerikanischen mittelgroßen Städten erklärt, wurde vorgeschlagen. ; Córdoba is the capital of the province of Córdoba, in Argentina. It is also the principal city of the second-most populous metropolitan area of the country, the Greater Córdoba Metropolitan Area (AMCBA according to its acronym in Spanish), with strengths in business, automotive industry, culture, education, and research. Currently, the city seems to develop in two simultaneous and opposing processes: On the one hand, renovation by densification of the central area and its extensions, with losses of social and built heritage, and the collapse of infrastructure networks that this entails. On the other hand, extension of the urbanized area over rural and industrial periphery, with dwindling occupancy densities that dilute the urban structure more and more in the territory. Besides that, although housing production accelerates -increasing its supply-, it is concentrated in ever smaller groups: while real estate projects are targeted almost exclusively at high-income sectors and investors who do not live in the city, State investment in social housing is allocated exclusively to lower income sectors. This situation produces a deficit in proposals aimed at the so-called "middle class", even though it makes up of almost 45% of the city´s population. In addition, these processes concentrate the interest of the greater part of both local academics and urban planners. This situation produces a knowledge gap in the current situation of Córdoba´s pericentral and intermediate areas, which occupy more than 30% of the city´s urbanized land (and where the majority of this city´s inhabitants reside). It is there where this thesis´ case study is located: the pericentral districts that surround the central area. They originated as suburban extensions around 1940, and consolidated as middle-class/low-density residential neighborhoods before 1970. Today, they occupy some of the best environmental and urban quality areas of the city. Even land-use regulation specifically limits occupancy to single-family dwellings on individual plots to maintain the desired low-density residential neighborhood pattern. We can discuss the futility of studying urban sectors considered already consolidated and stable; however, when analyzed in detail, pericentral areas show complex demographic, spatial, and functional transformations that contradict this characterization: Despite the fact that these neighborhoods materializes the supposedly "most perfect" residential model known until now, a model "that solves each and every one of the urban-life needs", its social and built fabric resents. The current scenario shows a constant population-shrinking process, in spite of the demographic growth of both Córdoba and the AMCBA. Young people leaves these neighborhoods, while the remaining population ages. Abandoned buildings constantly increase; the ones offered in the real estate market have difficulties to find buyers, or even to maintain their price, which contradicts its privileged status within the city. At the same time -and unlike areas in a similar position- these neighborhoods are not the object of major real estate investments. Local academics and urban planners overlook this situation, in part because it is the result of processes with relative less impact in the city, and in part because these processes are not covered by current local urban models -based on the rationalist and deterministic urban theory of early 20th century-, which conceptualize suburban neigh6 borhoods as an urban panacea. It is impossible to deduce a hypothesis that explains the current nor the trend scenario of pericentral neighborhoods of Córdoba in terms of that framework. Therefore, this thesis discussed those theoretical models, and its capacity to explain Córdoba´s development. It proposed a theoretical framework that allowed understanding, explaining, and operating effectively in the city. It did so based on the discussion of an informal phenomenon unfailingly (but not exclusively) detected in pericentral neighborhoods: the emergent micro-densification. Given the impossibility of advantageously placing their properties in the housing market -due to factors such as land-use restrictions, and specific conditions of the local real estate market-, the landowners seek new ways to valorize their properties, facilitate access to housing for their children, or profitably invest their savings, obtaining an additional income outside the "traditional" real estate market. They increase the number of functional units in their plots, occupying the vacant building area or refurbishing obsolete constructions, while maintaining the intervention scale in relation to the existing urban fabric. These neighborhoods´ housing supply diversifies; and it not only prevents the expulsion of population, but it also attracts new inhabitants. In addition, in an originally residential fabric, it incorporates non-residential activities that enrich the urban fabric. Finally, micro-densification in pericentral neighborhoods presents a differential quality: its "emergent" condition. The process carries out without general planning (and of course outside the legal framework); inhabitants/landowners decide to do so, without any prior agreement. It is an atomized and fragmented process, result of necessity or opportunism. It is the sum of individual actions reconstructed as a "trend", or an "emerging pattern" within the general organization of pericentral neighborhoods, revitalizing the urban fabric in a subtle but definitive way. This research hypothesized that emergent micro-densification in these neighborhoods is a process of revitalization that harnesses the potential of their urban fabric; it does so in a more sustainable and efficient way than the current urban development patterns. Faced with the manifest opposition between this hypothesis and the current local urFaced with the manifest opposition between this hypothesis and the current local urban development framework, it was necessary to construct a theoretical framework able to solve the apparent contradictions detected -that the latter cannot explain-, and frame the working hypothesis. Therefore, this thesis is framed under the systemic complexity approach, that is, the analytical study of complex systems. This theoretical framework has the capacity to explain emergent processes as integral part of a city, its development over time, its complexity, and the factors on which urban sustainability and efficiency depend. The systemic approach understands the city as a complex and dynamic system, in constant development; a system determined more by interrelationships between its components, and between those components and the context, than by the individual conditions of each component. The quality and quantity of these interactions is paramount, to the point of defining the urban condition of a human agglomeration in the territory: urbanity is not given merely by the size or density of a human agglomeration; it is defined in terms of the synergy produced by a large number of different interactions between different agents; a process called synekism. The generation of innovation, and technological/social/political development that characterize the urban condition is an inherent result of these interactions, and a direct function of the intensity, diversity, and redundancy of them in the territory, over time. 7 A sustainable and efficient urban system will be one that, by maximizing material and human resources (and according to the system´s load capacity), develops decentralized, multi-exchange networks; one capable of generating synergy and inclusive development. This implies an energy efficient city, but also efficient in the consumption of any type of resources; a compact city, which prioritizes participatory political mechanisms and intensive use of public spaces, but also pedestrian mobility, and functional and social diversity. It also implies flexibility and adaptability in the face of changes, through processes of resilience or transformation. According to local urban development models, emergent and informal processes such as micro-densification are a sign of crisis within the urban system: anomalies due to the development of harmful processes, in conflict with the rest of the urban structure; conflicts that may even lead to the city´s collapse. But according to the theoretical approach proposed in this thesis, these processes can also be identified as an attempt by the system to self-regulate and adapt to new situations: as a response to a scenario of tension; a way in which the system self-organizes, and responds to that tension seeking a new equilibrium. The research is then structured in order to answer the following questions: • First, what are the specific conditions that catalyze micro-densification in the pericentral neighborhoods of Córdoba? • Second, since micro-densification is a response to a particular situation within the urban system, what is the degree of sustainability and efficiency that transformations through micro-densification provides to pericentral neighborhoods (in particular) and to Córdoba (in general)? • Finally, having identified the impact of such processes on the urban structure, and its transformative and organizational potential, can the study of emergent processes make a conceptual or instrumental contribution to local urban planning? The research continued with a document analysis that reconstructs the specific condition of pericentral neighborhoods of Córdoba -which catalyzes the phenomenon of emergent micro-densification-. This stage developed in two parts: In the first place, we historically reconstruct pericentral neighborhoods of Córdoba, and the reasons for their urbanization pattern, which consolidates them as residential, (virtually) mono-functional, low-density, middle-class neighborhoods. Secondly, we analyzed Córdoba´s current scenario -with respect to the production and access to urban habitat- establishing urban, regional, and global variables that determine the city´s current development trends. This analysis allowed us to develop a comprehensive argument that explains all the processes that until now were conceptualized as "simultaneous but contradictory". It also explains and predicts the "unthinkable" situation of pericentral neighborhoods. After reconstructing the current scenario and defining different development patterns in Córdoba (including the "formal" pericentral neighborhoods´ pattern), we inferred a trend scenario in the short and medium term (10 years). We continued analyzing the micro-densification phenomenon, in terms of its social, functional, and spatial urban fabric transformations. As a result, a possible future scenario was proposed in which the micro-densification pattern has been formalized, transforming qualitatively and quantitatively the spatial-functional and socio-economic fabric. We specified their potential and strengths (as well as their weaknesses), against the future trend scenario of Córdoba and the pericentral neighborhoods. 8 Based on these results, we analyzed the different urban development patterns in Córdoba according to the variables defined as structural conditions of sustainability and efficiency: The sustainability and efficiency of the micro-densification scenario are much greater than those of the current trends scenario. Therefore, we verified the working hypothesis, and opened the discussion of this thesis. A first line of discussion dealt with development that fosters progressive revitalization, instead of complete renewal of urban fabric, or creation of new urban land on city´s rural periphery. Development that promotes a compact, diverse, and inclusive city, both socially, spatially and functionally; based on the multiplication and diversification of city-building agents. Development that considers these processes, as well as the mechanisms of empowerment, participation, and governance as instruments to achieve greater sustainability and efficiency in urban development. A city capable of generating more creative synergy, which translates into social, technological, and economic benefits. We denatured both the role of the State and the real estate market in the urban development of Córdoba; we proposed a dialectical articulation of different logics of urban development, explaining both the production and access strategies to habitat, and the apparent contradictions in urban development of Latin American middle cities. This thesis´ argument has an analytical and explanatory character, useful for analyzing other urban systems in Argentina and Latin America. It allows the generalization of both the results and the theoretical approach to urban phenomena, understanding the city as a complex system open to its surroundings and far from equilibrium. On the other hand, this thesis emphasized the role of emergent processes in an urban system. So far, emergent micro-densification has little impact on Córdoba´s urban structure. However, it is a vital mechanism to prevent pauperization and loss of resources in pericentral and intermediate urban areas -that is to say, to avoid the partial collapse of the urban structure-, while generating urbanity in areas characterized as mere residential fragments. It is essential to give importance in urban development and in generation of synergy to emergent processes. Incorporating them into critical analysis and diagnosis involves developing planning tools capable not only of recognizing the need to decentralize urban development and sharing decision-making, but also capable of incorporating uncertainty as a variable. In addition, they must be flexible enough to detect changes and the need for adjustment and adaptation over time. This thesis makes its greatest contribution to urban studies by helping to understand the role of emergent phenomena, highlighting contradictions and tensions within the traditional local urban models, and exclusions and inequities driven by those models.
Córdoba es la segunda ciudad más poblada de la Argentina, y posee el ejido municipal más extenso del país, siendo un importante centro industrial y de servicios del centro del país. Es además la cabecera de la segunda región metropolitana argentina, el Área Metropolitana de Córdoba (AMCBA). Si bien el desarrollo de sus áreas centrales y periurbanas es un tema bastante desarrollado académicamente, actualmente hay un vacío de conocimiento en la situación actual de las áreas pericentrales e intermedias de esta ciudad -aun cuando ocupan más del 30% del área urbanizada y donde habita la mayor parte de su población-. Es en estas áreas donde se ubica el objeto de estudio de esta tesis: los barrios pericentrales que forman un anillo alrededor del área central. Originados como extensiones suburbanas alrededor de 1940, y consolidados como barrios residenciales de clase media y media alta de baja densidad antes de 1970, ocupan lo que son hoy algunas de las áreas con mejor calidad ambiental y urbana de la ciudad. Los barrios pericentrales son considerados generalmente consolidados y estables; sin embargo, analizados en detalle, muestran complejas transformaciones: un vaciamiento poblacional constante, a pesar del crecimiento demográfico en general de Córdoba y el AMCBA; aumento de inmuebles abandonados; y a diferencia de sectores en una similar posición, no son objeto de grandes inversiones inmobiliarias de renovación urbana. Esta situación es invisibilizada, en parte por ser resultado de procesos con poco impacto relativo en la ciudad, y en parte porque estos procesos no están contemplados por los modelos urbanos locales vigentes –basados en la teoría racionalista y determinista de principios del siglo XX-, que conceptualizan a los barrios pericentrales como una "panacea urbana". Esta tesis puso en disputa estos modelos, partiendo de la discusión sobre un fenómeno informal detectado indefectiblemente (aunque no exclusivamente) en estos barrios pericentrales: la microdensificación emergente. La imposibilidad de colocar los inmuebles existentes en el mercado hace que los propietarios busquen nuevas formas de valorizar sus propiedades, de facilitar el acceso a la vivienda a sus hijos o de invertir sus ahorros de forma segura, obteniendo una fuente adicional de ingresos: en cada parcela edificada se aumenta la cantidad de unidades funcionales, aprovechando la superficie construible vacante o refuncionalizando las construcciones obsoletas, aunque manteniendo el grano y la escala de intervención respecto al tejido existente. La oferta de hábitat en estos barrios se diversifica, y no sólo evita la expulsión de población, sino que también atrae a nuevos habitantes. Además, en un tejido originalmente sólo residencial, incorpora actividades de comercio y servicios que enriquecen el tejido funcional. El proceso se realiza sin planificación general (y por supuesto fuera del marco legal): es la suma de acciones individuales que se reconstruyen como una "tendencia" o "patrón emergente", revitalizando el tejido urbano de forma sutil pero definitiva. Se planteó como hipótesis que la microdensificación emergente es un proceso de revitalización que aprovecha el potencial del tejido de estos barrios de forma más sostenible y eficiente que el modelo impuesto formalmente. 10 La tesis se encuadró bajo el enfoque sistémico de la complejidad. Este enfoque entiende a la ciudad como un sistema complejo y dinámico, en desarrollo constante; determinado más por las interrelaciones entre sus componentes y entre esos componentes y el contexto, que por las condiciones de cada elemento individualmente. La calidad y cantidad de estas interacciones es primordial, al punto de definir la condición urbana de una aglomeración. Según estas premisas, un sistema urbano sostenible y eficiente será aquel que, maximizando recursos materiales y humanos (y de acuerdo a la capacidad de carga del sistema) desarrolle de redes de intercambio múltiples, diversas y descentralizadas, que generen procesos de sinergia y desarrollo inclusivos. La investigación se estructuró entonces de forma tal de responder las siguientes preguntas: • En primer lugar, ¿cuáles son las condiciones específicas que catalizan la microdensificación en los barrios pericentrales de Córdoba? • Siendo la microdensificación una respuesta a una situación particular dentro del sistema urbano, ¿Cuál es el grado de sostenibilidad y eficiencia que aporta a los barrios pericentrales (en particular) y a Córdoba (en general)? • Y tras haber identificado su impacto en la estructura urbana, su potencial transformador y organizativo, ¿puede el estudio de los procesos emergentes hacer un aporte conceptual e instrumental a los modelos locales de planeamiento urbano? Primeramente, un análisis documental reconstruyó la condición específica de los barrios pericentrales, y el escenario actual de Córdoba con respecto a la producción y acceso al hábitat urbano. Luego se infirió un escenario tendencial a corto y mediano plazo, que sirvió para definir distintos patrones de territorialización, incluyendo el patrón "formal" de los barrios pericentrales. Se continuó con el análisis específico de la microdensificación, proponiendo un escenario posible a mediano plazo donde el patrón de microdensificación ha sido plenamente desarrollado, transformando cuali y cuantitativamente el tejido espacio-funcional y socioeconómico. A partir de estos resultados, se realizó un análisis comparativo de los distintos patrones de desarrollo urbano de Córdoba en cuanto a su sostenibilidad y eficiencia. Se demostró que el patrón de microdensificación en los barrios pericentrales es mucho más sostenible y eficiente que los patrones formales existentes, y se abrió la discusión que se desarrolla en la última parte de esta tesis: El argumento desarrollado en esta investigación y los resultados que de él se desprenden tienen un carácter analítico y explicativo útil para el análisis de otros escenarios en el contexto urbano argentino y latinoamericano. En primer lugar, sobre preferir la revitalización progresiva frente a la renovación total o la creación de nuevo suelo urbano en la periferia; promover una ciudad compacta, diversa e inclusiva tanto social como funcionalmente; basada en la multiplicación y diversificación de los agentes productores de ciudad; que considera estos procesos, así como los mecanismos de empoderamiento, participación y gobernanza como instrumentos para lograr mayor sostenibilidad y eficiencia en el desarrollo urbano. Por otro lado, esta tesis puso en relevancia el rol de los procesos emergentes en un sistema urbano como mecanismo vital para generar esta revitalización. Finalmente, se discute el aporte del enfoque sistémico para comprender, explicar y proponer intervenciones a la disciplina. ; Córdoba ist die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz im Nordosten Argentiniens. Sie ist der Mittelpunkt der zweitgrößten Metropolregion des Landes (bekannt unter der spanischen Abkürzung AMCBA) und ein wichtiges kulturelles und wirtschaftliches Zentrum des Landes. Derzeit scheint die Stadt durch zwei gegensätzlichen Prozesse geprägt, die zeitgleich von statten gehen: Einerseits die Erneuerung des Zentralbereichs und der Umgebung durch Hyperverdichtung, mit dem damit verbundenen Verlust des sozialen und architektonischen Erbes und dem Zusammenbruch der vorhandenen Infrastruktur-Netzwerke. Anderseits die Expansion der gebauten Stadt auf ländliche und industrielle Gebiete der städtischen Peripherie, was aufgrund einer abnehmenden Belegungsdichte immer mehr zu einer Verdünnung der Stadtstruktur führt. Darüber hinaus konzentriert sich der Wohnungsbau auf immer kleinere Gruppen und dies obwohl sich sowohl der Wohnungsbau beschleunigt als auch das Angebot an urbanen Wohnräumen erhöht: Während private Immobilienprojekte fast ausschließlich auf Bevölkerungsgruppen mit hohem Einkommen und Investoren, die nicht in der Stadt wohnen, ausgerichtet sind, sind die staatlichen Investitionen im sozialen Wohnungsbau ausschließlich für die Bevölkerungsgruppen mit den niedrigsten Einkommen bestimmt. Dadurch entsteht ein Defizit an Wohnangeboten für die Mittelschicht Córdobas, die fast 45% der Stadtbevölkerung ausmacht. Diese Schwerpunktsetzung ist auch bei lokalen Stadtforschern und Stadtplanern zu erkennen. Die aktuelle Situation der perizentralen Gebiete und Zwischenbereiche der Stadt sind weniger präsent, obgleich diese mehr als 30 % der urbanisierten Stadtfläche einnehmen und von der Mehrheit der Stadtbevölkerung bewohnt werden. Um diese Wissenslücke zu schließen, stehen die perizentralen Stadtviertel, die das Stadtzentrum umschließen, im Mittelpunkt dieser Arbeit. Sie sind ab 1940 als Erweiterungen der Vorstadt entstanden und etablierten sich im Laufe der 1960er Jahre als Wohngebiete mit einer geringen Bevölkerungsdichte, die heute von der Mittelschicht bewohnt werden und die höchste Umweltqualität und urbane Qualität der Stadt aufweisen. Die Gesetzgebung begrenzt dabei die Bebauung der Grundstücke auf Einfamilienhäusern, um die gewünschte geringe Bevölkerungsdichte beizubehalten. Man könnte die Untersuchung von bereits konsolidierten und stabilen urbanen Sektoren als sinnlos betrachten. Doch, wenn sie im Detail analysiert werden, zeigen sich komplexe demografische, räumliche und funktionale Transformationen, die von Interesse sind. Obwohl sich über die Jahre hinweg in diesen Stadtvierteln das bis zu diesem Moment angeblich "perfekteste" Wohnmodell materialisiert hat, nämlich ein Modell, welches "alle möglichen städtischen Wohnbedürfnisse erfüllt", leidet das soziale Gefüge und die bebaute Umwelt darunter. Das aktuelle Szenario zeigt, trotz des demografischen Wachstums von Cordoba und der Metropolregion AMCBA, einen konstanten Bevölkerungsrückgang in diesen Stadtvierteln: Junge Leute verlassen die Wohngegenden, während die zurückbleibende Bevölkerung altert und die Anzahl an verlassenen Gebäude stetig steigt. Für die auf dem Immobilienmarkt angebotenen Gebäude ist es schwierig, den Immobilienwert zu halten geschweige denn Käufer zu finden. Im Gegensatz zu anderen Bereichen der Stadt, die sich in einer ähnlichen Position befinden, sind diese Stadtviertel nicht im Fokus großer Immobilienaktivitäten. Dies widerspricht ihrer privilegierten Lage innerhalb der Stadtstruktur. 2 Diese Entwicklungen wurden lange Zeit übersehen. Zum einen da sie das Ergebnis von Prozessen sind, die wenig Auswirkungen auf die Stadt haben und zum anderen weil diese Prozesse in den heutigen lokalen städtischen Wohnmodellen nicht berücksichtigt werden, welche auf rationalistischen und deterministischen Theorien aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts basieren und diese perizentralen Stadtviertel als städtisches Allheilmittel betrachten. Es ist unmöglich eine Hypothese abzuleiten, die aktuelle oder zukünftige Szenarios der perizentralen Stadtviertel in Córdoba unter diesen Rahmenbedingungen erklärt. Daher stellt diese Arbeit solche Modelle und ihre Fähigkeit, die Entwicklung der Stadt zu erklären oder in ihr effektiv zu arbeiten, in Frage und schlägt einen theoretischen Rahmen vor, der zum Verständnis, zur Erklärung und zur effektiven Umsetzung in der Stadt beitragen soll. Dies erfolgt auf Grundlage der Auseinandersetzung mit einem informellen Phänomen, welches deutlich (aber nicht ausschließlich) in diesen perizentralen Stadtvierteln erkennbar ist: die aufkommende Mikroverdichtung. Aufgrund der bereits genannten Unmöglichkeit, existierende Immobilien gewinnbringend auf den Markt zu bringen, suchen Eigentümer neue Wege, um ihr Wohneigentum aufzuwerten, ihren Kindern den Zugang zu einer Wohnung zu erleichtern oder ihre Ersparnisse sicher zu investieren und sich dadurch eine zusätzliche Einnahmequelle außerhalb des traditionellen Immobilienmarktes zu sichern. Aus diesem Grund erhöhen die Eigentümer die Anzahl der funktionalen Einheiten auf ihrem Grundstück, indem sie freie Fläche bebauen oder veraltete Konstruktionen renovieren. Das Stadtgefüge wird dabei durch diese Eingriffe nicht tiefgreifend verändert. Des Weiteren wird das Wohnraumangebot in diesen Stadtvierteln umfangreicher und verhindert nicht nur die Verdrängung der alten Bewohner, sondern zieht auch neue an. Auch werden dem ursprünglichen Wohngebiet zusätzliche nicht-residentielle Nutzungen hinzugefügt, die das Stadtgefüge bereichern. Letztendlich hat die Mikroverdichtung der perizentralen Nachbarschaften eine spezielle Eigenschaft, und zwar seinen emergenten / aufkommenden Zustand: Der Prozess erfolgt ohne allgemeine Planung (und auch außerhalb des rechtlichen Rahmens). Hauptakteure dieses Wandels sind die Eigentümer selbst, die ohne jegliche vorherige Absprachen agieren. Ob aus Notwendigkeit oder aus Opportunismus heraus, es handelt sich dabei um einen fragmentierten Prozess. Es beinhaltet eine Vielzahl individueller Aktionen, die als ein "Trend" oder "neu aufkommendes Muster" innerhalb der allgemeinen Organisation der perizentralen Stadtviertel zu begreifen sind und das Stadtgefüge auf subtile aber endgültige Art und Weise erneuern. Die vorliegende Arbeit stellt die Hypothese auf, dass die aufkommende Mikroverdichtung in diesen Stadtvierteln von Córdoba ein Revitalisierungsprozess ist, der das Potenzial des Stadtgefüges nachhaltiger und effizienter nutzt als das formell auferlegte Stadtentwicklungsmodell. Aufgrund des offenkundigen Gegensatzes zwischen dieser Hypothese und den aktuellen Rahmenbedingungen der lokalen Stadtentwicklung, ist es notwendig, einen theoretischen Rahmen zu schaffen, der die offensichtlichen Widersprüche auflöst und die Arbeitshypothese einrahmt. Diese These ordnet sich dem systemischen Ansatz der Komplexität zu, der analytischen Erforschung von komplexen Systemen. Dieser theoretische Rahmen ermöglicht, die aufkommenden Prozesse als integraler Bestandteil einer Stadt (ein "urbanes System"), seine Entwicklung im Laufe der Zeit, seine Komplexität und die Faktoren, von denen die urbane Nachhaltigkeit und Effizienz abhängen, zu erklären. Der systemische Ansatz begreift die Stadt als ein komplexes und dynamisches System in ständiger Entwicklung; ein System, das eher durch die Wechselbeziehungen zwischen seinen Komponenten und zwischen diesen und dem Kontext bestimmt wird, als durch den einzelnen Zustand jedes Elements. Die Qualität und Quantität dieser Interaktionen steht dabei an erster Stelle und definiert sogar den urbanen Zustand eines Ballungsgebietes. Urbanität ist nicht allein durch ihre Größe oder ihre Dichte gegeben, sondern ist gemäß der Synergie definiert, die durch eine Vielzahl an verschiedenen Interaktionen und Wech3 selwirkungen zwischen unterschiedlichen Akteuren produziert wird. Dieser Prozess heißt Synoikismos. Die Entfaltung der technologischen, sozialen und politischen Entwicklungen und Innovationen, die den städtischen Zustand charakterisieren, ist das inhärente Ergebnis dieser Interaktionen und eine direkte Funktion ihrer Intensität, Vielfalt und Redundanz, sowohl räumlich als auch zeitlich. Laut diesen Voraussetzungen ist ein nachhaltiges und effizientes Städtesystem eines, das durch die Maximierung der menschlichen und materiellen Ressourcen (und der Systembelastbarkeit entsprechend) mehrere unterschiedliche und dezentrale Austauschnetzwerke entwickelt, die inklusive Synergie- und Entwicklungsprozesse erzeugen. Dies bedeutet zum einen eine energieeffiziente Stadt, auch effizient im Konsum jeglicher Ressourcen und zum anderen eine kompakte Stadt, welche mehrere Begegnungen zwischen verschiedenen Akteuren ermöglicht, die Beteiligung an politischen Mechanismen und die intensive Nutzung des öffentlichen Raums, die Fußgängermobilität und eine funktionale und soziale Vielfalt in der Stadt fördert. Dies schließt auch Flexibilität und Anpassungsfähigkeit an Veränderungen durch Widerstands- oder Transformationsprozesse ein. Laut den lokalen Stadtentwicklungsmodellen, sind aufkommende und informelle Prozesse, wie die Mikroverdichtung, ein Zeichen der Krise im städtischen System: Anomalien, die durch die Entwicklung von schädlichen Prozessen im Konflikt mit dem Rest der Stadtstruktur entstanden sind. Konflikte, die sogar zum Zusammenbruch führen können. Laut dem theoretischen Ansatz dieser Arbeit jedoch, können diese Prozesse auch als Versuch des Systems verstanden werden, sich selbst zu regulieren und sich an neue Situationen anzupassen: Als Antwort auf ein ungelöstes Spannungsszenario; eine Art und Weise, in der das System sich selbst organisiert, um auf diese Spannung zu reagieren, indem ein neues Gleichgewicht gesucht wird. Die Arbeit strukturiert sich anhand von diesem theoretischen Rahmen, um die folgenden Fragen beantworten zu können: • Erstens, welche besonderen Rahmenbedingungen führen zu der aufkommenden Mikroverdichtung in den perizentralen Stadtvierteln in Córdoba? • Begreift man die Mikroverdichtung als Antwort auf eine bestimmte Situation innerhalb des städtischen Systems, stellt sich folgende zweite Frage: Welches Ausmaß an Nachhaltigkeit und Effizienz ermöglichen die Prozesse der Mikroverdichtung in den perizentralen Stadtvierteln im Speziellen und in Córdoba im Allgemeinen? • Nach der Identifizierung der Auswirkungen dieser Prozesse auf die Stadtstruktur, sowie des damit einhergehenden transformativen und organisatorischen Potenzials steht die dritte Frage im Raum: Kann die Erforschung von aufkommenden Prozessen dieser Art einen konzeptionellen und instrumentellen Beitrag zur lokalen Stadtplanung leisten? Um diesen Fragen nachzugehen wurde im weiteren Verlauf der Forschung eine Dokumentenanalyse durchgeführt, um den spezifischen Zustand der perizentralen Stadtviertel, der das Phänomen der aufkommenden Mikroverdichtung ermöglicht, zu rekonstruieren. Diese Analyse vollzog sich in zwei Schritten: Als Erstes wurden die perizentralen Stadtviertel und der Grund für ihr besonderes Urbanisierungsmuster historisch rekonstruiert und dadurch als (nahezu) monofunktionelle Wohnviertel mit einer geringen Bevölkerungsdichte identifiziert. Als Zweites wurde das aktuelle urbane Szenario Córdobas hinsichtlich der Produktion von und dem Zugang zu städtischem Habitat analysiert, um urbane, regionale und globale Variablen zu entwickeln, die die Entwicklungstrends der Stadt bestimmen. Dieses Vorgehen ermöglichte die Formulierung eines umfassendes Arguments, das alle Prozesse erklärt, die bisher als "gleichzeitig aber widersprüchlich" erfasst wurden. Darüber hinaus erklärt und prognostiziert dieses Argument die "undenkbare" Situation von perizentralen Stadtvierteln. Nach der Rekonstruktion des aktuellen Szenarios wurde ein kurzes und mittelfristiges (10 Jahren) Trendszenario des Phänomens abgeleitet. Dies diente dazu, die unterschiedlichen 4 Entwicklungsmuster in Córdoba zu vergleichen und deren Auswirkungen auf die Stadtstruktur zu bewerten. Im weiteren Verlauf der Arbeit wurde die Analyse der Mikroverdichtung hinsichtlich der Veränderungen im sozialen, funktionalen und räumlichen Stadtgefüge fortgeführt. Als Ergebnis wurde ein mögliches Zukunftsszenario vorgeschlagen, bei dem das Muster der Mikroverdichtung formalisiert und somit das räumlich-funktionale und sozioökonomische Gefüge der Stadtviertel transformiert wurde. Anschließend wurden das Potenzial und die Stärken (und Schwächen) gegenüber dem mittelfristigen Trendszenario von Córdoba und den perizentralen Stadtvierteln spezifiziert. Basierend auf diesen Ergebnissen wurden verschiedene Stadtentwicklungsmuster von Córdoba mithilfe der Variablen analysiert, die als strukturelle Bedingungen für Nachhaltigkeit und Effizienz definiert waren. Mit dem Ergebnis, dass die Nachhaltigkeit und die Effizienz der Mikroverdichtungsszenarien deutlich größer war als in den aktuellen Trendszenarien. Die vorliegende Analyse konnte somit die Hypothese dieser Arbeit belegen. Im letzten Abschnitt der Arbeit wurde der Diskussionsteil eröffnet. Die erste Diskussion befasste sich mit der Entwicklung, die eine progressive Revitalisierung fördert anstatt einer vollständigen Erneuerung des Stadtgefüges oder der Schaffung von neuem städtischem Land in der ruralen Peripherie der Stadt. Zudem fördert sie sowohl auf soziale, räumliche als auch funktionale Art und Weise eine kompakte, vielfältige und integrative Stadt. Diese Entwicklung beruht auf der Multiplikation und Diversifizierung der Akteure, die im Städtebau involviert sind, und betrachtet diese Prozesse, sowie die Ermächtigungs-, Beteiligungs- und Staatsführungsmechanismen als Instrumente zur Erlangung einer größeren Nachhaltigkeit und Effizienz in der Stadtentwicklung. Das bedeutet, eine Stadt, die in der Lage ist, kreativere Synergien zu schaffen und so zu sozialen, technologischen und wirtschaftlichen Vorteilen kommt. Des Weiteren betonte diese Arbeit die Rolle der aufkommenden Prozesse in einem städtischen System. Die aufkommende Mikroverdichtung hat wenig Einfluss auf die städtische Struktur von Córdoba. Jedoch ist es ein wichtiger Mechanismus, um die Verarmung und den Verlust von Ressourcen in perizentralen Bereichen und Zwischengebieten zu verhindern, d.h. um den partiellen Zusammenbruch der städtischen Struktur zu vermeiden und gleichzeitig Urbanität in Gebieten zu schaffen, die als bloße Wohnungsviertel charakterisiert sind. In der Stadtplanung ist es wichtig, auf aufkommende Prozesse in der Stadtentwicklung und auf die Erzeugung von Synergien Wert zu legen. Ihre Einbeziehung in die kritische Analyse beinhaltet die Entwicklung von Planungsinstrumenten, die nicht nur die Notwendigkeit der Dezentralisierung der Stadtentwicklung und der Entscheidungsfindung erkennen können, sondern die auch in der Lage sind, die Ungewissheit als Variable zu integrieren. Darüber hinaus müssen sie flexibel genug sein, um Veränderungen und die Notwendigkeit für Korrekturen und Anpassungen im Laufe der Zeit zu erkennen. Das Argument dieser Arbeit hat einen analytischen und erklärenden Charakter, der für die Analyse von anderen urbanen Szenarien in Argentinien und Lateinamerika nützlich ist. Dies ermöglicht die Verallgemeinerung sowohl der Ergebnisse als auch der theoretischen Annäherung an städtische Phänomene, basierend auf dem Stadt-Verständnis als komplexes, für ihre Umgebung offenes System, welches weit entfernt vom Gleichgewicht ist. Der größte Beitrag dieser Arbeit zur Urbanistik ist das Verständnis der Rolle der aufkommenden Phänomene und die Analyse der Widersprüche und Spannungen innerhalb der traditionellen lokalen Stadtmodelle, die auch Ausgrenzungen und Ungerechtigkeit im Zugang zu Stadt hervorhebt. Die Rolle des Staates und des Immobilienmarktes in der Stadtentwicklung von Cordoba wurde denaturiert und eine dialektische Artikulation der Logik des territorialen Lebensraumes in der Stadt, die sowohl Produktions- und Zugangsstrategien als auch die scheinbaren Widersprüche in der Stadtentwicklung der lateinamerikanischen mittelgroßen Städten erklärt, wurde vorgeschlagen. ; Córdoba is the capital of the province of Córdoba, in Argentina. It is also the principal city of the second-most populous metropolitan area of the country, the Greater Córdoba Metropolitan Area (AMCBA according to its acronym in Spanish), with strengths in business, automotive industry, culture, education, and research. Currently, the city seems to develop in two simultaneous and opposing processes: On the one hand, renovation by densification of the central area and its extensions, with losses of social and built heritage, and the collapse of infrastructure networks that this entails. On the other hand, extension of the urbanized area over rural and industrial periphery, with dwindling occupancy densities that dilute the urban structure more and more in the territory. Besides that, although housing production accelerates -increasing its supply-, it is concentrated in ever smaller groups: while real estate projects are targeted almost exclusively at high-income sectors and investors who do not live in the city, State investment in social housing is allocated exclusively to lower income sectors. This situation produces a deficit in proposals aimed at the so-called "middle class", even though it makes up of almost 45% of the city´s population. In addition, these processes concentrate the interest of the greater part of both local academics and urban planners. This situation produces a knowledge gap in the current situation of Córdoba´s pericentral and intermediate areas, which occupy more than 30% of the city´s urbanized land (and where the majority of this city´s inhabitants reside). It is there where this thesis´ case study is located: the pericentral districts that surround the central area. They originated as suburban extensions around 1940, and consolidated as middle-class/low-density residential neighborhoods before 1970. Today, they occupy some of the best environmental and urban quality areas of the city. Even land-use regulation specifically limits occupancy to single-family dwellings on individual plots to maintain the desired low-density residential neighborhood pattern. We can discuss the futility of studying urban sectors considered already consolidated and stable; however, when analyzed in detail, pericentral areas show complex demographic, spatial, and functional transformations that contradict this characterization: Despite the fact that these neighborhoods materializes the supposedly "most perfect" residential model known until now, a model "that solves each and every one of the urban-life needs", its social and built fabric resents. The current scenario shows a constant population-shrinking process, in spite of the demographic growth of both Córdoba and the AMCBA. Young people leaves these neighborhoods, while the remaining population ages. Abandoned buildings constantly increase; the ones offered in the real estate market have difficulties to find buyers, or even to maintain their price, which contradicts its privileged status within the city. At the same time -and unlike areas in a similar position- these neighborhoods are not the object of major real estate investments. Local academics and urban planners overlook this situation, in part because it is the result of processes with relative less impact in the city, and in part because these processes are not covered by current local urban models -based on the rationalist and deterministic urban theory of early 20th century-, which conceptualize suburban neigh6 borhoods as an urban panacea. It is impossible to deduce a hypothesis that explains the current nor the trend scenario of pericentral neighborhoods of Córdoba in terms of that framework. Therefore, this thesis discussed those theoretical models, and its capacity to explain Córdoba´s development. It proposed a theoretical framework that allowed understanding, explaining, and operating effectively in the city. It did so based on the discussion of an informal phenomenon unfailingly (but not exclusively) detected in pericentral neighborhoods: the emergent micro-densification. Given the impossibility of advantageously placing their properties in the housing market -due to factors such as land-use restrictions, and specific conditions of the local real estate market-, the landowners seek new ways to valorize their properties, facilitate access to housing for their children, or profitably invest their savings, obtaining an additional income outside the "traditional" real estate market. They increase the number of functional units in their plots, occupying the vacant building area or refurbishing obsolete constructions, while maintaining the intervention scale in relation to the existing urban fabric. These neighborhoods´ housing supply diversifies; and it not only prevents the expulsion of population, but it also attracts new inhabitants. In addition, in an originally residential fabric, it incorporates non-residential activities that enrich the urban fabric. Finally, micro-densification in pericentral neighborhoods presents a differential quality: its "emergent" condition. The process carries out without general planning (and of course outside the legal framework); inhabitants/landowners decide to do so, without any prior agreement. It is an atomized and fragmented process, result of necessity or opportunism. It is the sum of individual actions reconstructed as a "trend", or an "emerging pattern" within the general organization of pericentral neighborhoods, revitalizing the urban fabric in a subtle but definitive way. This research hypothesized that emergent micro-densification in these neighborhoods is a process of revitalization that harnesses the potential of their urban fabric; it does so in a more sustainable and efficient way than the current urban development patterns. Faced with the manifest opposition between this hypothesis and the current local urFaced with the manifest opposition between this hypothesis and the current local urban development framework, it was necessary to construct a theoretical framework able to solve the apparent contradictions detected -that the latter cannot explain-, and frame the working hypothesis. Therefore, this thesis is framed under the systemic complexity approach, that is, the analytical study of complex systems. This theoretical framework has the capacity to explain emergent processes as integral part of a city, its development over time, its complexity, and the factors on which urban sustainability and efficiency depend. The systemic approach understands the city as a complex and dynamic system, in constant development; a system determined more by interrelationships between its components, and between those components and the context, than by the individual conditions of each component. The quality and quantity of these interactions is paramount, to the point of defining the urban condition of a human agglomeration in the territory: urbanity is not given merely by the size or density of a human agglomeration; it is defined in terms of the synergy produced by a large number of different interactions between different agents; a process called synekism. The generation of innovation, and technological/social/political development that characterize the urban condition is an inherent result of these interactions, and a direct function of the intensity, diversity, and redundancy of them in the territory, over time. 7 A sustainable and efficient urban system will be one that, by maximizing material and human resources (and according to the system´s load capacity), develops decentralized, multi-exchange networks; one capable of generating synergy and inclusive development. This implies an energy efficient city, but also efficient in the consumption of any type of resources; a compact city, which prioritizes participatory political mechanisms and intensive use of public spaces, but also pedestrian mobility, and functional and social diversity. It also implies flexibility and adaptability in the face of changes, through processes of resilience or transformation. According to local urban development models, emergent and informal processes such as micro-densification are a sign of crisis within the urban system: anomalies due to the development of harmful processes, in conflict with the rest of the urban structure; conflicts that may even lead to the city´s collapse. But according to the theoretical approach proposed in this thesis, these processes can also be identified as an attempt by the system to self-regulate and adapt to new situations: as a response to a scenario of tension; a way in which the system self-organizes, and responds to that tension seeking a new equilibrium. The research is then structured in order to answer the following questions: • First, what are the specific conditions that catalyze micro-densification in the pericentral neighborhoods of Córdoba? • Second, since micro-densification is a response to a particular situation within the urban system, what is the degree of sustainability and efficiency that transformations through micro-densification provides to pericentral neighborhoods (in particular) and to Córdoba (in general)? • Finally, having identified the impact of such processes on the urban structure, and its transformative and organizational potential, can the study of emergent processes make a conceptual or instrumental contribution to local urban planning? The research continued with a document analysis that reconstructs the specific condition of pericentral neighborhoods of Córdoba -which catalyzes the phenomenon of emergent micro-densification-. This stage developed in two parts: In the first place, we historically reconstruct pericentral neighborhoods of Córdoba, and the reasons for their urbanization pattern, which consolidates them as residential, (virtually) mono-functional, low-density, middle-class neighborhoods. Secondly, we analyzed Córdoba´s current scenario -with respect to the production and access to urban habitat- establishing urban, regional, and global variables that determine the city´s current development trends. This analysis allowed us to develop a comprehensive argument that explains all the processes that until now were conceptualized as "simultaneous but contradictory". It also explains and predicts the "unthinkable" situation of pericentral neighborhoods. After reconstructing the current scenario and defining different development patterns in Córdoba (including the "formal" pericentral neighborhoods´ pattern), we inferred a trend scenario in the short and medium term (10 years). We continued analyzing the micro-densification phenomenon, in terms of its social, functional, and spatial urban fabric transformations. As a result, a possible future scenario was proposed in which the micro-densification pattern has been formalized, transforming qualitatively and quantitatively the spatial-functional and socio-economic fabric. We specified their potential and strengths (as well as their weaknesses), against the future trend scenario of Córdoba and the pericentral neighborhoods. 8 Based on these results, we analyzed the different urban development patterns in Córdoba according to the variables defined as structural conditions of sustainability and efficiency: The sustainability and efficiency of the micro-densification scenario are much greater than those of the current trends scenario. Therefore, we verified the working hypothesis, and opened the discussion of this thesis. A first line of discussion dealt with development that fosters progressive revitalization, instead of complete renewal of urban fabric, or creation of new urban land on city´s rural periphery. Development that promotes a compact, diverse, and inclusive city, both socially, spatially and functionally; based on the multiplication and diversification of city-building agents. Development that considers these processes, as well as the mechanisms of empowerment, participation, and governance as instruments to achieve greater sustainability and efficiency in urban development. A city capable of generating more creative synergy, which translates into social, technological, and economic benefits. We denatured both the role of the State and the real estate market in the urban development of Córdoba; we proposed a dialectical articulation of different logics of urban development, explaining both the production and access strategies to habitat, and the apparent contradictions in urban development of Latin American middle cities. This thesis´ argument has an analytical and explanatory character, useful for analyzing other urban systems in Argentina and Latin America. It allows the generalization of both the results and the theoretical approach to urban phenomena, understanding the city as a complex system open to its surroundings and far from equilibrium. On the other hand, this thesis emphasized the role of emergent processes in an urban system. So far, emergent micro-densification has little impact on Córdoba´s urban structure. However, it is a vital mechanism to prevent pauperization and loss of resources in pericentral and intermediate urban areas -that is to say, to avoid the partial collapse of the urban structure-, while generating urbanity in areas characterized as mere residential fragments. It is essential to give importance in urban development and in generation of synergy to emergent processes. Incorporating them into critical analysis and diagnosis involves developing planning tools capable not only of recognizing the need to decentralize urban development and sharing decision-making, but also capable of incorporating uncertainty as a variable. In addition, they must be flexible enough to detect changes and the need for adjustment and adaptation over time. This thesis makes its greatest contribution to urban studies by helping to understand the role of emergent phenomena, highlighting contradictions and tensions within the traditional local urban models, and exclusions and inequities driven by those models.
Die Corona-Pandemie wird den Schulbetrieb wahrscheinlich auch noch im Schuljahr 2020/2021 erheblich einschränken. Dabei stellen sich jenseits der Fragen zum Gesundheitsschutz zunehmend auch solche, die den Kern der Schule als Bildungsinstitution betreffen. Besondere Aufmerksamkeit muss dabei bildungsbenachteiligten Schüler*innen und solchen mit speziellen Förderbedarfen zu Teil werden, denn vieles spricht dafür, dass die Schere zwischen Kindern aus sozial privilegierten und benachteiligten Familien in Folge der Schulschließungen weiter aufgegangen ist. Diese Entwicklung wird sich im Zuge einer schrittweisen Öffnung der Schule fortsetzen, wenn nicht bewusst gegengesteuert wird. Notwendig ist deshalb eine breite bildungswissenschaftliche Diskussion über Ansätze und Maßnahmen, die zum Abbau der neu entstandenen und der schon bestehenden Bildungsungleichheiten beitragen. Im ersten Teil dieses Bandes werden Ergebnisse aus Erhebungen im Frühjahr 2020 vorgestellt, die Aufschluss darüber geben, wie Schüler*innen, Eltern und pädagogisches Personal die mit dem Fernunterricht verbundenen Herausforderungen erlebt haben. Die Beiträge des zweiten Teils widmen sich schulischen Problemfeldern. Unter besonderer Berücksichtigung der Ungleichheitsthematik fassen sie kurz den Forschungsstand zu rechtlichen, pädagogischen, didaktischen und anderen Fragen zusammen und leiten daraus Vorschläge ab, wie Schule, Unterricht und Lernen unter den voraussichtlich noch länger andauernden Einschränkungen und darüber hinaus gestaltet werden könnten. Das Beiheft richtet sich an eine bildungspolitisch interessierte Öffentlichkeit und insbesondere an diejenigen, die in der Bildungspolitik, der Bildungsadministration und natürlich in den Schulen Verantwortung für die Gestaltung des Unterrichts und für schulisches Lernen tragen. (DIPF/Orig.)
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Holger Hanselka soll die Fraunhofer-Gesellschaft aus der Krise holen. Wie will er das machen? In seinem ersten Interview als neuer Fraunhofer-Präsident spricht der Wissenschaftsmanager über saubere Governance, die Verteilung von Macht und eine deutsche Krise.
Angekommen: Am heutigen Dienstag übernimmt Holger Hanselka das Amt als Fraunhofer-Präsident. Foto: Markus Jürgens/Fraunhofer.
Herr Hanselka, herzlichen Glückwunsch zum Amtsantritt als neuer Fraunhofer-Präsident. Welches Dienstfahrzeug werden Sie fahren?
Funktional muss es sein. Als ich beim Karlsruher Institut für Technologie (KIT) anfing, habe ich den Sechszylinder meines Vorgängers gegen einen Vierzylinder eintauschen lassen. Damit fühlten sich die Fahrer nicht so gut, aber ich habe mich gut gefühlt. Heute denkt man nicht mehr in Zylindern, sondern in anderen Antriebsformen. Klar ist also: Fahren muss das Fahrzeug, ich muss drin arbeiten können, aber Luxus oder Statussymbol brauche ich nicht.
Wie sieht es mit der Kategorie der Hotels aus, in denen Sie übernachten werden?
Ich schlafe sehr häufig für 80 Euro die Nacht. Es gibt aber Jahreszeiten und Situationen, in denen mit 80 Euro nichts zu machen ist – denken Sie zum Beispiel an die Hannover-Messe –, und wenn man die nötigen Mehrausgaben plausibel begründet, geht das auch mit dem Reisekostengesetz in Ordnung. Ist eine ordentliche Begründung nicht möglich, dann sollte man es nicht machen. So einfach ist das. Ich sehe da kein Problem. In Zeiten gleich mehrerer Polykrisen auf dem gesamten Planeten steht Fraunhofer aber vor ganz anderen Herausforderungen.
Die massiven Vorwürfe gegen den Fraunhofer-Vorstand um Ihren Vorgänger Reimund Neugebauer sind aber ein Problem. Sie betreffen unter anderem den Umgang mit Spesen und Steuergeldern, ein mutmaßlich problematisches Führungsverhalten und die angebliche Erzeugung eines Klimas der Angst. Als neuer Präsident erben Sie die alten Skandale, die Vertrauenskrise nach außen und innen und die gerade erst begonnene Aufarbeitung.
Als neuer Präsident bin ich verantwortlich für die Fraunhofer-Gesellschaft, und dieser Verantwortung stelle ich mich. Es ist eine Selbstverständlichkeit für mich, dass all die Vorwürfe, die im Raum stehen, transparent und lückenlos aufgeklärt werden. Die Federführung dafür liegt beim Senat, und da gehört sie auch hin. Meine Rolle als Präsident wird darin bestehen, dass der Vorstand und ich den Senat bei seiner Aufklärungsarbeit weiterhin vollumfänglich unterstützen. Und wenn es soweit ist, wird es meine Aufgabe sein, aus bestätigten Fehlern und Fehlverhalten die notwendigen Konsequenzen zu ziehen, so dass sie sich nicht wiederholen können. Ein Klima der Angst kann ich bei Fraunhofer nicht wahrnehmen.
HOLGER HANSELKA, 61, ist Maschinenbauingenieur und wurde am 25. Mai vom Fraunhofer-Senat einstimmig zum neuen Präsidenten der Forschungsgesellschaft gewählt. Die vergangenen zehn Jahre war er Präsident des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und fungierte als für den Forschungsbereich Energie zuständige Vizepräsident der Helmholtz-Gemeinschaft, zu der das KIT gehört. Bevor Hanselka nach Karlsruhe kam, leitete er das Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit in Darmstadt. Das KIT hatte von 2006 bis 2012 den Status einer Exzellenzuniversität, verlor ihn dann vorübergehend – und gewann ihn 2019 zurück. Bei Fraunhofer gilt Hanselka nach angesichts der Spesenaffäre als Hoffnungsträger, der gleichermaßen Aufklärung und Neustart gewährleisten soll. Foto: Markus Breig, KIT.
Verlassen Sie sich nicht zu sehr auf den Senat? Immerhin war er es, der noch im August 2021, als längst massive Whistleblower-Vorwürfe gegen Reimund Neugebauer laut wurden, Ihren Vorgänger nicht nur im Amt bestätigt, sondern seine Amtszeit sogar noch verlängert hat. Einfach so im Umlaufverfahren.
Wie der Senat in der Vergangenheit gewirkt hat, kann ich schwer beurteilen. Anfang dieses Jahres stand die Stellenausschreibung für das Präsidentenamt in der Zeitung, erst seitdem habe ich mich intensiv mit Fraunhofer und auch mit dem Fraunhofer-Senat auseinandergesetzt. Seitdem, das kann ich sagen, war ich besonders von der ebenfalls neuen Senatsvorsitzenden Hildegard Müller sehr beeindruckt und ihren Bemühungen um eine transparente und lückenlose Aufklärung. Daher lautet meine Antwort: In einen Senat unter Frau Müllers Leitung habe ich großes Vertrauen. Und wie gesagt: Ich als Präsident werde dafür sorgen, dass auch wir als Vorstand gemeinsam jeden erdenklichen Beitrag leisten, die Dinge zu klären.
Obwohl dem Senat zum Teil noch dieselben Leute angehören, die sich wie eine Mauer vor Reimund Neugebauer gestellt, im Herbst 2021 die Vorwürfe gegen ihn per Senatsbeschluss als "durchweg
haltlos" und die Aufklärung faktisch als abgeschlossen eingestuft haben. Übrigens sitzen auch im Vorstand, den Sie jetzt leiten, noch Leute, die über viele Jahre Weggefährten Neugebauers waren. Darunter Alexander Kurz, der seit 2011 verschiedene Vorstandsämter bekleidet hat, als enger Vertrauter Neugebauers gilt und genau wie dieser von der Fraunhofer-Mitgliederversammlung für das Rechnungsjahr 2022 nicht entlastet wurde. Wir erinnern uns: Die Rücktrittsforderungen nach den im Februar 2023 öffentlich gewordenen Vorwürfen im Bericht des Bundesrechnungshofs, erhoben unter anderem von Bundesforschungsministerin Stark-Watzinger, richteten sich gegen den Vorstand als Ganzes.
Der Senat hat zur Aufklärung der sehr eindeutigen Vorwürfe im Rechnungshofbericht einen eigenen Ausschuss eingerichtet, der sich sehr intensiv seiner Arbeit widmet, und zwar in enger Zusammenarbeit mit verschiedenen Kanzleien und der Staatsanwaltschaft. Als bislang Außenstehender ist mein Eindruck, dass mit Unterstützung des gesamten Vorstands alles getan wird, was man tun kann, um Transparenz zu schaffen und aufzuklären. Die Frage nach den Konsequenzen, die ich gerade schon angesprochen habe, kann erst seriös beantwortet werden, wenn zu der begonnenen Untersuchung Ergebnisse vorliegen. Alles andere wäre unlauter. Worüber ich mir ehrlich gesagt die größeren Gedanken mache: Wie können und müssen wir die Governance bei Fraunhofer so verändern, dass künftig jeder seine Rolle hat, das Zusammenspiel funktioniert und vor allem auch die Aufsichtsfunktion des Senates greift? Da sehe ich Nachholbedarf.
"Ich sehe eine Parallelität zwischen dem Zustand, in dem sich das Karlsruher Institut für Technologie bei meinem Amtsantritt befand, und der Situation bei Fraunhofer heute."
Was meinen Sie konkret?
Die jetzt zu Recht von allen geforderte Compliance funktioniert nur, wenn die Governance einer Institution sauber aufgestellt ist. Und genau an der Stelle kann ich mit der Erfahrung, die ich anderswo gesammelt habe, meinen vielleicht wichtigsten Beitrag leisten. Ich werde mein Wissen und meine Erfahrung aus den vergangenen Jahren auf die Fraunhofer-Gesellschaft übertragen und hinterfragen: Was haben wir schon? Was fehlt? Das ist eine Aufgabe, auf die ich mich freue, weil sie klar und pragmatisch ist und ehrlich gesagt gar nicht so kompliziert. Man muss sie halt gründlich erledigen. Und dann können wir uns wieder um unser Kerngeschäft kümmern.
Wenn Sie von der anderswo gesammelten Erfahrung sprechen, meinen Sie das KIT, an dem Sie 2013 Präsident wurden?
In der Tat sehe ich eine Parallelität zwischen dem Zustand, in dem sich das KIT damals befand, und der Situation bei Fraunhofer heute.
2013 hatte das KIT gerade seinen Status als Exzellenzuniversität verloren, die Fusion der Universität mit einem Helmholtz-Zentrum steckte in der Krise, die Stimmung war schlecht und das Vertrauen der Mitarbeiter in die Institution gestört. Was fehlte, war ein vergleichbarer Compliance-Skandal.
Aber die institutionelle Governance war auch damals ein Problem. Und aus dieser Parallelität schöpfe ich Mut für meine aktuelle Aufgabe. Es ist mir einmal gelungen, das Ruder herumzureißen. Warum sollte es mir nicht ein zweites Mal gelingen? Der Schlüssel zum Erfolg war und ist aus meiner Sicht der Dialog. Mit den Menschen reden ist das, was ich kann. Und ich glaube, dass man mir zutraut, nach außen und innen aufrichtig zu kommunizieren und ehrlich miteinander umzugehen. Gerade am Anfang werde ich ein hohes Maß an Energie aufs Zuhören verwenden, um zu verstehen, wo die Probleme und Nöte liegen und wie wir gemeinsam zu Lösungen kommen.
"Dialog" und "Transparenz" sind in der Krisenkommunikation viel genutzte und oft missbrauchte Begriffe.
Nicht, wenn die Leute merken, dass sie ehrlich gemeint sind. Ich werde alles ansprechen, alles hinterfragen, mir zu allem erst eine Meinung bilden, wenn ich die der anderen gehört habe. Dialog funktioniert nur auf Augenhöhe – nur wenn ich selbst alles auf den Tisch lege, kann ich die anderen dazu ermutigen, das Gleiche zu tun. Das heißt nicht, dass alles geändert wird oder geändert werden kann. Aber, wo wir alle gemeinsam – und damit meine ich wirklich Fraunhofer als Ganzes – Fraunhofer besser machen können, werden wir nicht zögern, es zu tun. Diese herausragende Institution, deren Präsident ich nun sein darf, hat so viele Stärken, für sie arbeiten so viele engagierte und hochprofessionelle Menschen, es wäre doch gelacht, wenn wir es nicht schafften, uns wieder auf unsere weltweit anerkannte Arbeit zu konzentrieren.
"Wir müssen zur Normalität zurück, wie sie das Gesetz vorgibt: nicht wie die Fürsten speisen, aber es kann auch nicht sein, dass es nur noch Wasser und Salzstangen gibt."
Aus den Fraunhofer-Instituten ist großer Frust zu vernehmen, dass sie jetzt gerade stehen sollen für die mutmaßliche Steuerverschwendung in den Chefetagen. Nach dem Motto: Wir dürfen unseren Gästen nicht einmal mehr Kekse zum Kaffee servieren, weil es in der Zentrale Ärger um vermeintlich überflüssige Dienstfahrten oder angeblich horrende Bewirtungs- und Hotelrechnungen gibt.
Es trifft zu, dass die Fraunhofer-Gesellschaft verschärfte Auflagen im Zuwendungsbescheid durch das Bundesforschungsministerium bekommen hat, wie mit Geschenken, Bewirtungen oder Reisekosten umzugehen ist, deren Rigorosität man zum Teil schon hinterfragen kann. Ich finde, wir müssen auch da zur Normalität zurück, wie sie das Gesetz vorgibt: nicht wie die Fürsten speisen, aber es kann auch nicht sein, dass es nur noch Wasser und Salzstangen gibt. Angesichts der Vorwürfe ist das Pendel zu stark in die entgegengesetzte Richtung ausgeschlagen.
Wenn für Sie eine funktionierende Governance in einer sauberen Rollenverteilung zwischen den Gremien und einer funktionierenden Aufsicht besteht, was bedeutet das für das künftige Verhältnis zwischen Senat, Vorstand und Mitgliederversammlung?
Der Senat kann nicht alles beaufsichtigen, deshalb ist der erste Schritt, seine Kontrollaufgaben genau zu definieren, zu denen sicher zentral die Überprüfung des Wirtschaftsplans gehört. Die Kontrollaufgaben, die der Senat hat, muss er dann professionell erledigen. Dafür muss er aus Menschen bestehen, die die Fähigkeiten und das Wissen haben, die notwendigen Bewertungen vornehmen zu können. Die bereit sind, möglicherweise ein Veto gegen eine Entscheidung des Vorstands einzulegen, wenn es die Aufsicht erzwingt. Genauso muss die Leitungsaufgabe des Vorstandes beschrieben sein, und ich als Präsident muss die Aufgabenverteilung des Vorstands vertreten, und gemeinsam müssen wir die nötigen Kompetenzen aufweisen, um diese zu erledigen. Drittens die Mitgliederversammlung: Ein eingetragener Verein, wie die Fraunhofer-Gesellschaft einer ist, hat weniger gesetzliche Anforderungen in Sachen Transparenz zu erfüllen als zum Beispiel eine Aktiengesellschaft. Darum muss die Mitgliederversammlung es zu ihrer zentralen Aufgabe machen, die Fraunhofer-Satzung so zu überarbeiten, dass sie die im Gesetz fehlenden Regeln, die Rollen- und Mandatsbeschreibungen für eine moderne Governance und Compliance, erfüllt. Das mag alles ein bisschen theoretisch klingen, ist aber grundlegend und muss einmal durchdekliniert werden. Das ist Fleißarbeit und hier und da auch eine Machtfrage.
"Wenn man mehr Macht in das eine Körbchen und weniger ins andere legt, schafft das die nötige institutionelle Balance, mag aber den einen oder anderen aus dem Gleichgewicht bringen."
Nur hier und da?
Macht ist an sich nichts Böses. Man muss nur definieren, wo sie liegt und wo nicht, und dass mit Macht auch immer Verantwortung verbunden ist. Das gilt es möglichst rational zu beschreiben, ohne Rollenbeschreibungen und Menschen zu vermischen. Aber klar: Wenn man mehr Macht in das eine Körbchen und weniger ins andere legt, schafft das hoffentlich die nötige institutionelle Balance, mag aber den einen oder anderen Betroffenen aus dem Gleichgewicht bringen. Macht muss sich aber von der zu erfüllenden Funktion ableiten und nicht von Personen.
Die von Ihnen beschworene Rationalität in Ehren. Aber seien wir ehrlich: Sie als Präsident sind neu, Sie kommen aber in ein System hinein mit vielen Leuten, die sich an dieses System gewöhnt haben – und damit an eine Machtverteilung, die womöglich weniger transparent, aber sehr real ist. Wie wollen Sie die überzeugen, die im Moment die Macht haben – zumal Sie die impliziten Machtstrukturen gar nicht genau kennen?
Wenn man eine Governance neu und transparent festzurrt, heißt das noch lange nicht, dass sich alle Personen dem unterwerfen werden. Darum braucht man Aufsichtsorgane. Vor allem aber braucht es die Hartnäckigkeit, jedem Menschen die immer gleichen Fragen zu stellen. Was tust du? Warum tust du die Dinge so, wie Du sie tust? Wem gegenüber trägst Du für Dein Handeln die Verantwortung? Wer hat dir etwas zu sagen? Wem hast du etwas zu sagen? Und: Ist es so richtig organisiert? All das habe ich am KIT schon einmal durchexerziert. Und aus dieser Erfahrung sage ich: Die meisten Dysfunktionalitäten entstehen nicht durch Vorsatz, nicht aus bösem Willen, sondern sie wachsen historisch und werden dann nicht mehr hinterfragt. Ich bin mir sicher: Ich werde viele Stellen finden, wo die Zuständigkeiten nicht richtig definiert sind und es nur funktioniert, weil die Menschen im Sinne der Sache die organisatorischen Schwächen kompensieren. Bis es dann halt irgendwann nicht mehr funktioniert. Diese ganze Fragerei wird mir sicherlich gerade am Anfang nicht nur Sympathien einbringen, aber für Sympathie werde ich nicht bezahlt. Sondern für Sinnstiftung. Und wenn dieser Sinn zu erkennen ist, folgen dem am Ende die Menschen.
Auch die Menschen, die in einem transparenten System zu den Verlierern zählen?
Ich bestreite, dass irgendwer in einem solchen System verliert. Vielleicht muss man sich neu orientieren, sich neu aufstellen. Aber was ist so schlimm daran? Wenn alles sich verändert, verliert nur der, der stehenbleibt. Und so ist Fraunhofer nicht. Das ist eine agile Gesellschaft, die aus veränderungsbereiten Menschen besteht, die sich an Märkten und ihren Bedürfnissen orientieren. Im Vergleich zu einer klassischen Universität wird es das für mich einfacher machen.
"Ich möchte eine Kultur, in der intern alles zu sagen erlaubt ist, auch das, was sich nicht gut anhört."
Werden Sie auch den Kontakt suchen zu den Whisteblowern innerhalb der Fraunhofer-Gesellschaft, die bislang aus Angst vor den Konsequenzen meist aus der Anonymität heraus agieren mussten?
Ich wünsche mir, dass wir bei Fraunhofer wieder lernen, miteinander zu reden und nicht übereinander. Das heißt: Ob Sie gute Nachrichten haben oder schlechte, bitte kommen Sie zu mir. Ich möchte eine Kultur, in der intern alles zu sagen erlaubt ist, auch das, was sich nicht gut anhört. Nur wenn alles gesagt wird, können wir gemeinsam darüber nachdenken, was zu tun ist. Wenn ich als Präsident Dinge nur um die Ecke erfahre, über irgendwelche Bande, macht das die Sache mit dem Dialog nicht unmöglich, aber schwieriger.
Der Bundesrechnungshof hat kürzlich seinen zweiten Fraunhofer-Bericht in diesem Jahr fertiggestellt. Darin kritisiert er den Umgang mit Rücklagen und die Abwicklung des internen Wettbewerbs zwischen den Fraunhofer-Instituten. Noch mehr Altlasten, mit denen Sie umgehen müssen?
Ich hatte bislang keinen Zugang zu diesem zweiten Bericht. Ich kenne auch nur die von Ihnen erwähnten Buzzwords. Sobald ich den Bericht habe, werde ich die Schlussfolgerungen des Rechnungshofs sehr genau studieren. Was ich schon jetzt und ein bisschen ins Blaue hinein sagen kann: Das Modell von Fraunhofer unterscheidet sich grundlegend von dem, was die Max-Planck-Gesellschaft oder die Helmholtz-Gemeinschaft ausmacht. Bei Fraunhofer ist weniger als ein Drittel des Haushalts durch staatliche Grundmittel finanziert; der Anteil, den die Institute selbst erwirtschaften müssen, ist viel größer. Wir müssen also wie Unternehmer denken und agieren. Dazu gehört, die eigene Liquidität zu sichern für Phasen, in denen die Geschäfte mal nicht so gut laufen. Dass eine solche Logik nur schlecht zur Kameralistik staatlicher Haushalte passt, dass es da immer wieder Spannungen gibt und geben muss, ist offensichtlich. Rücklagen gehören in dieses Spannungsfeld. Ich bin gespannt, was der Rechnungshof an Vorschlägen hat, um hier eine vernünftige Balance herzustellen.
Bevor Sie 2013 ans KIT wechselten, haben Sie selbst ein Fraunhofer-Institut geleitet. Der vom Rechnungshof kritisierte interne Wettbewerb zwischen den Instituten ist Ihnen also nicht fremd.
Einen internen Wettbewerb gibt es nicht nur bei Fraunhofer, er ist der Wissenschaft inhärent. Bei Helmholtz wird er über die Programmorientierte Förderung ausgetragen, mal in Kooperation, mal in Konkurrenz zwischen den Zentren. An den Hochschulen bewerben sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gemeinsam um DFG-Projektgelder und wetteifern zugleich um dieselben Töpfe. Die eine Woche sind sie Begutachtete, die nächste Woche Gutachtende. Diese Formen des Wettbewerbs halte ich für zwingend erforderlich, damit unser Wissenschaftssystem agil bleibt. Das Besondere bei Fraunhofer ist, dass die Institute rechtlich unselbstständig sind. Wenn sie im Wettbewerb besonders erfolgreich sind und Überschüsse erwirtschaften, gehen diese Überschüsse auf die Gemeinschaftsebene. Das muss zwangsläufig begleitet werden von einer anderen internen Verrechnung zugunsten der gut wirtschaftenden Institute, um den Anreiz und die Dynamik zu erhalten. Auch das ist eine Frage der vernünftigen Balance. Hier werde ich mich als Fraunhofer-Präsident dafür einsetzen, bei den Haushältern im Bundestag das nötige Verständnis zu schaffen und gleichzeitig im Dialog mit der Politik Wege zu finden, wie man das jetzige System zugleich bedarfsgerecht und anforderungsorientiert gestalten kann.
"Anstatt immer mehr Leute einzusetzen, die sich
angucken, was alles nicht funktioniert, sollten
wir den Spieß umdrehen und dafür sorgen, dass die Dinge erstmal wieder funktionieren."
Ist Fraunhofer inmitten seiner Modernisierungskrise Sinnbild für ein ganzes Land, dessen Geschäftsmodell nicht mehr funktioniert? Spätestens in der Corona-Zeit zeigte sich, dass die Bundesrepublik ein dramatisches Innovationsproblem hat: eine veraltete Infrastruktur, eine lückenhafte Digitalisierung, eine in Teilen dysfunktionale Verwaltung – und eine Wirtschaft, die sich zu lange auf angestammte Produktlinien verlassen hat.
Ich glaube, es handelt sich eher um eine Krise der Haltung als der Modernisierung.
Was meinen Sie damit?
Ich fange mit dem Positiven an. Ich war am vorvergangenen Wochenende in München und habe aus naheliegenden Gründen eine neue Wohnung gesucht. Da kam ich an einem Schild vorbei, auf dem war ein Hirsch abgebildet, und ich habe erwartet, dass "Nicht füttern" drunter steht. Von wegen. Drauf stand: Wenn Sie die Tiere füttern möchten, denken Sie daran, dass es Pflanzenfresser sind, also bitte pflücken Sie Pflanzen oder nehmen Sie Mohrrüben. Die Bayern haben es irgendwie drauf, habe ich da als Norddeutscher gedacht. Die wissen, wie die Menschen sind, und anstelle von Verboten, die doch keiner einhält, gibt es pragmatische Tipps. Damit bin ich wieder bei der Krise der Modernisierung oder besser der Haltung. Wir müssen wegkommen von diesem Wahnsinn der Überregulierung und immer noch mehr Bürokratie, in den wir hineingeraten sind. Wir müssen als Gesellschaft wieder mehr Zuversicht und Vertrauen in die Menschen haben und ihnen mehr Freiraum geben.
Sagen Sie ausgerechnet nach dem, was gerade bei Fraunhofer passiert ist?
Ich kann da keinen Widerspruch erkennen. Für eine Ermöglichungskultur, die ich meine, brauchen Sie zuerst ein klares Regelwerk, eine in sich stimmige Governance. Wenn ich beides habe, ist zugleich die Zahl der unsinnigen Vorschriften reduziert, dann brauche ich keine Bürokratiemonster, um die Einhaltung der Regeln zu überprüfen. Anstatt immer mehr Leute einzusetzen, die sich angucken, was alles nicht funktioniert, sollten wir den Spieß umdrehen und dafür sorgen, dass die Dinge erstmal wieder funktionieren. Und je besser sie funktionieren, desto transparenter geht es zu, und desto weniger Leute müssen es kontrollieren.
Und die Innovationskrise erledigt sich dann quasi wie von selbst mit? Ist das nicht etwas zu einfach? Bei vielen Technologien hat Deutschland längst den Anschluss verloren, und das gründlich. Da hat auch Fraunhofer wenig dran geändert – das immer noch einen Großteil seiner Lizenzeinnahmen aus einer Innovation der 80er und 90er Jahre bestreitet: des MP3-Standards.
Da bin ich doch deutlich optimistischer als Sie und habe auch einen weiteren Innovationsbegriff. MP3 war vor allem ein Patenterfolg. Aber die Innovation, für die Fraunhofer steht, ist mehr als die wirtschaftliche Verwertung einzelner Technologien. Unser Kerngeschäft ist es, Forschungsaufträge mittelständischer Unternehmen auszuführen, aus denen dann in Form von Gemeinschaftsprojekten neue Erkenntnisse, Anwendungsmöglichkeiten und Produkte entstehen. Wenn Sie sich auf dem Weltmarkt umschauen, könnten Sie auf die Produkte unzähliger Unternehmen "Fraunhofer inside" draufschreiben, das ist unser Kerngeschäft, der Gradmesser unseres Erfolgs. Nur wird der in der politischen Debatte allzu oft auf die Zahl unserer Startups, Spinoffs und Patente verkürzt.
"Unser Ziel muss sein, dass zum Beispiel Batterien nicht irgendwo auf der Welt produziert werden, sondern bei uns in Deutschland, und dass dies dann auch in unserer Gesellschaft wertgeschätzt wird."
Soweit der Werbeblock für Fraunhofer. Eigentlich ging es mir aber um Deutschlands technologischen Rückstand.
Und an der Stelle bin ich ganz bei Ihnen. Wir gehen in Deutschland zu wenig ins Risiko. Wenn ich mir die Zukunftstechnologien anschaue, zum Beispiel die Künstliche Intelligenz, die Robotik oder die Energiespeicherung, dann befinden sich sämtliche Schlüsselspieler außerhalb von Deutschland und, in den meisten Fällen, Europas. Die Batterietechnik ist ein gutes Beispiel. Ob in Ulm oder Münster, bei der Forschung sind wir gut dabei, da gehören wir auch unter Fraunhofer-Beteiligung zur Weltspitze. Aber wir schaffen es nicht, die Forschungsergebnisse in die nächste oder übernächste Generation von Batterien auf den Weltmarkt zu bringen. Unser Ziel muss sein, dass uns genau dieses wieder gelingt: dass diese Batterien nicht irgendwo auf der Welt produziert werden, sondern bei uns in Deutschland, und dass dies dann auch in unserer Gesellschaft wertgeschätzt wird. Genau da kommt es auf uns bei Fraunhofer an.
Was können Sie von der internationalen Konkurrenz lernen?
Nehmen wir das Feld der Künstlichen Intelligenz. Da könnten Sie jetzt auch mit einigem Recht sagen, da sei für uns in Deutschland der Zug abgefahren. Aber ich glaube das nicht. Wir müssen genau hinschauen, was Amazon oder Microsoft erfolgreich macht. Das meiste werden wir nicht nachmachen können, weil die finanziell in ganz anderen Dimensionen unterwegs sind. Aber wir können schauen, wie auch wir die Künstliche Intelligenz nutzen, um zum Beispiel unsere Produktionsprozesse der Analyseverfahren zu verändern. Entscheidend ist, dass wir nicht zur verlängerten Werkbank anderer werden, sondern dass wir uns schleunigst die richtigen Partner in der deutschen und europäischen Industrie suchen. Dass wir uns mit ihnen zusammentun, um neue Technologien entwickeln, die zu unserer Wirtschaft passen und zu neuen Produkten und Wertschöpfungen führen. Keine Sorge, ich bin nicht naiv, ich weiß schon, dass wir aufpassen und hungrig bleiben müssen. Aber wann immer ich ein Fraunhofer-Institut besucht habe in der letzten Zeit, habe ich diesen Hunger in den Augen unserer jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gesehen.
Der neue Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, Patrick Cramer, hat im Interview hier im Blog die Verbesserung der Karrierewege als zentrales Ziel seiner Amtszeit benannt. Nachdem auch Sie gerade die Bedeutung junger Forschender so betont haben, welchen Änderungsbedarf sehen Sie an der Stelle bei Fraunhofer?
Zur Abwechslung mal überhaupt keinen. Wer zu Fraunhofer geht, tut das nicht vorrangig um einer wissenschaftlichen Karriere willen. Wer die anstrebt, ist an den Universitäten oder bei Max Planck besser aufgehoben. Wer zu Fraunhofer geht, den interessiert das Projektgeschäft. Der möchte nah dran sein an den Belangen der Wirtschaft und der Märkte – und dabei möglicherweise eine Promotion mitnehmen. Und über diese Promotion springe ich dann entweder in die Industrie oder übernehme Verantwortung anderswo in der Gesellschaft. Dass ich nach einer Promotion aus der Fraunhofer-Welt hinaus auf eine Postdoc-Stelle wechsle, eine Habilitation anstrebe oder Richtung Juniorprofessur, ist ungewöhnlich und sollte es bleiben.
Zu den Aufgaben eines Fraunhofer-Präsidenten gehört vor allem auch die Lobbyarbeit gegenüber der Politik. Wofür werden Sie sich einsetzen in einer Zeit, in der mit viel zusätzlichem Geld nicht zu rechnen ist und einige sogar die regelmäßigen Aufwüchse für die Forschungsorganisationen in Frage stellen?
Ich fordere nicht mehr Geld. Ich fordere, dass die Politik alles dafür tut, dass wir wieder eine starke und gesunde Wirtschaft bekommen. Politik muss dafür die nötigen Rahmenbedingungen schaffen. Politik kann aber auch, und das ist besonders wichtig, Haltung zeigen, sich öffentlich positionieren. Politik braucht das Selbstbekenntnis zu unserer Wirtschaftskraft und ihrer Bedeutung, sie muss sie fördern und priorisieren. Wenn die Politik das tut, findet auch Fraunhofer seine Rolle als technologieorientierter Ermöglicher unserer wissensbasierten Art zu wirtschaften. Wir haben nichts Anderes als Nation, wir haben keine Rohstoffe, wir können nicht vom Ackerbau leben, wir haben nur unsere Art zu forschen und zu wirtschaften, aber in der waren wir immer richtig gut. Dahin müssen wir wieder zurückkommen.
"Auf meiner Agenda stehen acht Jahre, die traue ich mir zu."
Irgendwelche speziellen Wünsche für Fraunhofer?
Ich halte es für wichtig, dass die Politik sich noch einmal das Zuwendungsrecht ansieht. Wir entsprechen in der Art, wie wir wirtschaften, weniger den anderen Forschungsorganisationen und stärker der Bundesagentur für Sprunginnovationen, die gerade neue Freiheiten in der operativen Verwendung von Steuergeldern erhalten hat. Warum sollten Elemente davon nicht auch für Fraunhofer anwendbar sein?
Nach zehn Jahren verlassen Sie jetzt das KIT, das Sie zurück zum Exzellenzstatus geführt haben. Angesichts der gerade angelaufenen nächsten Runde der Exzellenzstrategie: Wie ungünstig ist der Zeitpunkt Ihres Weggangs für die Karlsruher Erfolgschancen?
Wir Menschen neigen dazu, uns die Welt schönzureden, aber ich glaube tatsächlich, dass der Zeitpunkt für meinen Weggang nicht besser sein könnte. Regulär wäre meine Amtszeit im September 2025 zu Ende gewesen, mitten in der entscheidenden Phase der Exzellenzstrategie. Ein Präsident, dessen Abschied fest- oder dessen Wiederwahl aussteht, hätte dann die Strategie für die nächsten sechs Jahre präsentieren müssen. Sowas kommt bei Gutachtern gar nicht gut an. Insofern ist es nahezu ideal, dass sich das KIT jetzt, zwei Jahre vor Beginn der Begutachtungen, eine neue Präsidentin oder einen neuen Präsidenten suchen kann.
Wie stark schmerzt Sie der Abschied?
Ich habe mehr gelernt, als ich je geglaubt habe, lernen zu können. Ich hatte das Privileg, alle Professorinnen und Professoren zu berufen, ich konnte in alle Wissenschaftsdisziplinen hineinschauen von den Natur- über die Ingenieur- bis hin zu den Geistes- und Sozialwissenschaften. Ich habe so viele neue Facetten für mich erkannt, wie Wissenschaft funktioniert und wie Menschen funktionieren in diesen Wissenschaften. Diese zehn Jahre des Lernens kann mir keiner nehmen, die begleiten mich in die nächste Welt hinein. Ich hatte 2013 das Bild einer Einrichtung vor Augen, das ich umsetzen wollte, und das habe ich meines Erachtens auch getan. Ich bin angetreten mit einem Zehn-Punkte-Plan für zehn Jahre, und diese zehn Punkte sind jetzt abgearbeitet.
Beim KIT war es ein Zehn-Punkte-Plan für zehn Jahre, wie viele Punkte für wie viele Jahre werden es bei Fraunhofer?
Auf meiner Agenda stehen acht Jahre, die traue ich mir zu. Und das kommuniziere ich bewusst schon jetzt so, damit keiner auf die Idee kommt, mich aussitzen zu können. Ich stehe für Veränderung, und diese Veränderung will ich erreichen. Einen neuen Punkteplan braucht es dafür nicht, denn es wäre langweilig, immer genau das Gleiche zu machen. Aber dass ich einen Plan habe, haben Sie hoffentlich gemerkt.