Sammelwerksbeitrag(gedruckt)2008

Umweltbewegung (inkl. Tierschutz)

In: Die sozialen Bewegungen in Deutschland seit 1945: ein Handbuch, S. 219-244

Abstract

Der Verfasser zeigt, dass die Umweltbewegung einen Institutionalisierungsprozess durchlaufen hat. Umweltschutz ist ohne Zweifel gesellschaftsfähig geworden. Die öffentliche Resonanz des Umweltthemas ist gleichwohl seit den 90er Jahren erheblich geschwunden. Das ist zum einen der Überlagerung durch wirtschaftliche und soziale Probleme geschuldet. Globalisierungsdebatte, Arbeitslosigkeit, Um- und Abbau des Sozialstaats, Terrorismus, Rechtsradikalismus und Zuwanderung beherrschen die Felder der Innen- und Außenpolitik. Zum anderen scheinen aber auch die institutionellen Erfolge der Umweltbewegung, die Etablierung einer nationalen und internationalen Umweltpolitik, die Dringlichkeit des Themas im öffentlichen Bewusstsein verringert zu haben. Das Bewusstsein für die Notwendigkeit einer "nachhaltigen" Entwicklung hat gleichwohl in Politik und Wirtschaft unverkennbar Fuß gefasst. Öffentliche Katastrophendiskurse verleihen dieser Notwendigkeit immer wieder Nachdruck. Die Umweltbewegung hat sich in diesem Umfeld mehr und mehr von einer Protest- zu einer proaktiven Umsetzungsbewegung gewandelt. Statt Konfrontation wird der Konsens gesucht - wenn auch nicht um jeden Preis und unter Bewahrung der eigenen Kampagnenfähigkeit. Diese Entwicklung wird den Trend zur Professionalisierung bei den etablierten Umweltverbänden weiter stärken. Statt Konfrontation wird der Konsens gesucht - wenn auch nicht um jeden Preis und unter Bewahrung der eigenen Kampagnenfähigkeit. Zieht man die infrastrukturelle Stabilität der Umweltorganisationen und ihrer Netzwerke, ihre insgesamt gestiegene Ressourcen- und Mitgliederbasis, aber auch die durchgängig hohe, durch Katastrophen unterschiedlicher Art und durch die intensive, öffentliche Debatte über die Folgen der Klimaerwärmung immer wieder geschürte Sensibilität für Umweltthemen in Betracht, so hat die Umwelt- und Tierschutzbewegung in Deutschland ihre Mobilisierungskraft keineswegs eingebüßt. Eine Reihe von Faktoren hat allerdings zum Verlust eines klaren Feindbildes und der einen, großen Gegenvision geführt. Das verhindert nicht die Entstehung möglicher neuer ökologischer Massenmobilisierungen - etwa im Rahmen von Klimakampagnen. Aber diese Mobilisierungen tragen keinen anti-systemischen, fundamentalistischen Charakter mehr; sie sind vielmehr in breite gesellschaftliche Allianzen eingebunden. (ICF2)

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