Sammelwerksbeitrag(gedruckt)2007

'Wir geben das Land unserer Väter nicht preis': Polens prekäre Grenzen und ihre Rolle bei der Konstruktion nationaler Identität im europäischen Einigungsprozess

In: Der europäische Raum: die Konstruktion europäischer Grenzen, S. 87-107

Abstract

Der Verfasser untersucht die Rolle der Grenzen bei der Konstruktion nationaler Identitäten am Beispiel Polens, das über 120 Jahre lang von den politischen Landkarten Europas verschwunden war. Die Erfahrung der konstanten Grenzunsicherheit hat die Thematik gesicherter staatlicher Existenz als bedeutsames Problem im kollektiven Bewusstsein der Polen herauskristallisiert, hat aber erst vor dem Hintergrund des 19. und 20. Jahrhunderts ihre volle identitätsstiftende Wirksamkeit entfaltet. Die Neukonstituierung des polnischen Nationalstaates blieb weiterhin an die Politik des Deutschen Reiches und Russlands gebunden. Nach 1945 wurde Polens Territorium nach Westen verschoben, sodass eine erneute territoriale Traumatisierung die Folge war. Der Autor zeigt, dass die Angst vor dem deutschen Revisionismus im "post-deutschen Raum" ein territoriales Bedrohungsgefühl zurückgelassen hat, was auch nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Regimes fortzubestehen scheint. Sie wird aber in Deutschland nicht wirklich verstanden. Immer noch wird mit dem Slogan vom deutschen "Drang nach Osten" operiert, wenn die westlichen Nachbarn von Abbau der Grenzen im Rahmen der europäischen Integration sprechen. Dadurch wird die große Herausforderung des europäischen Raums verdeutlicht, nämlich das Bedürfnis nach Autonomie zu befriedigen und die ehemaligen Grenzen einzuebnen, ohne die alten Spannungen mit neuem Leben zu erfüllen. Das eindeutige Votum für die Mitgliedschaft in der EU zeigt, dass umfassendere Identitäten nicht ganz aus dem Blickfeld entschwunden sind. (ICG2)

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