Zur Ideengeschichte der Gewaltenteilung und der Funktionsweise der Justiz
In: Demokratie in Europa und europäische Demokratien: Festschrift für Heidrun Abromeit, S. 224-262
Abstract
Die Verfasserin stellt das vordemokratisch-vormoderne Gewaltenteilungssystem Montesquieus der konkurrierenden demokratischen Version von Locke und Kant gegenüber. Sie sieht die wichtigste Differenz zwischen beiden Gewaltenteilungssystemen neben dem Unterschied der Trennung der Gewalten entweder nach Funktionsbereichen oder nach Inkompatibilitätsgeboten darin, dass der demokratischen Version ein Souveränitätsbegriff zugrunde liegt, den Montesquieu umgeht, indem er einen unspezifischen Machtbegriff verwendet. Montesquieus Modell beruht auf Souveränitätsteilung, während die Gewalten verschränkt bleiben. Die Freiheitssicherung liegt nach dem Montesquieuschen (und auch us-amerikanischen) Verfassungsmodell im Antagonismus teilsouveräner Gewalten, nach dem demokratisch-parlamentarischen Modell im Antagonismus zwischen gesetzgebender Souveränität des Volkes und den gesetzgebundenen, das staatliche Gewaltmonopol handhabenden Staatsapparaten insgesamt. Vor diesem Hintergrund fragt die Verfasserin abschließend nach der Bestimmung der Justizfunktion, die mit beiden Gewaltenteilungsmodellen verbunden ist, und untersucht den Wandel dieser Funktion seit Beginn des 20. Jahrhunderts im Kontext von Veränderungen der Rechtsstruktur und der Methodenlehre der Rechtsprechung. Dabei werden Erosionen der Grundlagen von Rechtsstaat, Gewaltenteilung und Demokratie unter nationalstaatlicher wie supranationaler Perspektive erörtert. (ICE2)
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