Interdependenzen im internationalen System
In: Frieden und Konflikt in den internationalen Beziehungen: Festschrift für Ernst-Otto Czempiel, S. 190-222
Abstract
Dem Autor geht es um eine sachbezogene Differenzierung im Begriff "Interdependenz". Deshalb werden internationale Politik und internationale Beziehungen auf ihren "Interdependenzgehalt" hin überprüft. Es wird ein empirisch-induktives Verfahren gewählt, indem gefragt wird, wo im internationalen System welche Interdependenzen vorliegen. Für eine differenzierte Analyse internationaler Interdependenzen wird vorgeschlagen, die folgenden acht Handlungszusammenhänge zu berücksichtigen: die symmetrische Interdependenz in den West-West-Beziehungen, die asymmetrische Interdependenz zwischen den Zentren und den Entwicklungsregionen, die konfrontative Interdependenz in den ehemaligen Ost-West-Beziehungen, die internationale ökonomische und ökologische Interdependenz, die institutionelle Interdependenz auf weltweiter Ebene, die weltweite kooperativ-funktionale Interdependenz und die sich internationalisierende normativ-moralische Interdependenz. Anhand einiger Beispiele wird der Interdependenzgehalt dieser acht Konstellationen internationaler Beziehungen skizziert. Dabei zeigt sich, daß die mit dem Interdependenzbegriff verbundenen friedenspolitischen Erwartungen nur im Bereich der symmetrischen Interdependenz innerhalb der West-West-Beziehungen erfüllt werden. Dennoch stellt symmetrische Interdependenz ein normatives Richtmaß dar: mit ihr wächst die Chance für eine Zivilisierung internationaler Politik - auch wenn symmetrische Interdependenz auf weltweiter Ebene ein "unrealistisches Ziel" ist. (ICD)
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