Armenpolitik in den USA - ein Überblick

In: Sozialwissenschaftliche Informationen für Unterricht und Studium: sowi, Band 14, Heft 3, S. 194-205

Abstract

Im Vergleich zur Bundesrepublik ist die Armenpolitik in den USA auf der Bundesebene stark ausgeprägt. Der Bundesregierung fällt die rechtliche Regulierung, die Finanzierung und die Verwaltung der Armut zu. Gegenüber dem Individualprinzip der deutschen Sozialhilfe, deren Schwerpunkt auf der Befriedigung eines allgemeinen d.h. universellen Rechts eines jeden einzelnen auf ein Existenzminimum liegt, gilt in den USA der kategoriale Ansatz. Die sozialen Gruppen der Alten, Behinderten, Alleinerziehenden, Arbeitslosen usf. werden in besonderen Sozialhilfeprogrammen als gesonderte Kategorien mit unterschiedlichen Rechten und Pflichten in jeweils eigenständigen Gesetzen und Ämtern erfaßt. Die Leistungen sind hierarchisch abgestuft: je weiter weg die Gruppen vom Arbeitsmarkt zu verorten sind (Alte, Behinderte, Blinde usw.), umso hochrangiger und dichter ist die soziale Sicherung. Je mehr sie sich auf den Arbeitsmarkt zubewegen (z. B. Alleinerzieher) desto schlechter wird die soziale Sicherung. Universelle Programmansätze (Nahrungsmittelmarken, Krankenhilfe) expandierten in den siebziger Jahren. Der Verfasser analysiert nun die schleichende Deformation des letzten sozialen Netzes seit Mitte der siebziger Jahre, die bisher bereits Millionen um ein Drittel unter die offizielle - niedrig gehaltene - Armutsgrenze drückt. Die Armut in den USA expandiert und betrifft schon etwa ein Viertel der Bevölkerung. Seit den Einschnitten der Reaganschen Sozialpolitik sind wieder klassische Armutsphänomene (Hunger, Obdachlosigkeit, mangelhafte gesundheitliche Versorgung) in wachsendem Maße zu konstatieren. (SD)