Weltweit verringerte Handlungsspielräume von Zivilgesellschaft
In: GIGA Focus Global, Band 5
Abstract
Zivilgesellschaftliche Akteure wurden in den letzten Jahren auf der ganzen Welt von staatlicher Seite immer stärker beobachtet. Gleichzeitig sind sie steigenden Restriktionen und zunehmender Repression ausgesetzt. Die zivilgesellschaftliche Revolution der 1980er Jahre ist innerhalb der letzten Jahre einer zivilgesellschaftlichen Konterrevolution gewichen.
Die Debatten zur Einschränkung von zivilgesellschaftlichen Handlungsspielräumen sind definitorisch wie empirisch stark fragmentiert und zeigen kein einheitliches Bild. Eine allgemeingültige Erklärung für diese Entwicklung gibt es bisher nicht.
Die historischen Daten des V-Dem Projekts zeigen seit etwa 2010 für alle Weltregionen, dass zivilgesellschaftliche Handlungsspielräume immer mehr eingeschränkt werden. In der historischen longue durée seit 1946 fällt diese Verschlechterung bisher noch gering aus. Zudem existieren wichtige, bislang meist ignorierte Unterschiede zwischen den Weltregionen.
Das uneinheitliche Bild hängt teilweise damit zusammen, dass ein Maßstab fehlt, der die gerechtfertigten Grenzen staatlicher Regulierung zivilgesellschaftlicher Aktivitäten definiert. Geeignete Messinstrumentarien hierfür fehlen bisher. Diese müssten drei Bedingungen erfüllen: (a) die Vielfalt der staatlichen Restriktionen und des repressiven Verhaltens abbilden, (b) Vergleiche über möglichst viele Länder und längere historische Zeiträume zulassen und (c) Restriktionen und Repression innerhalb eines Landes einheitlich dokumentieren.
Die Forschung steht daher vor zwei zentralen Aufgaben: Zum einen muss die Datenlage zu Einschränkungen zivilgesellschaftlichen Handelns verbessert werden. Zum anderen sollten insbesondere Erfolgsfälle analysiert werden, die entweder nicht dem globalen Trend folgen, oder in denen es trotz drohender Restriktionen gelungen ist, diese abzuwenden.
Politisch sollte gelten: Wehret den Anfängen! Freiheitsrechte für Akteure der Zivilgesellschaft sind für Demokratisierungsprozesse sowohl praktisch als auch theoretisch von großer Bedeutung. Daher muss die Forderung nach ihrer Einhaltung ein zentraler Bestandteil einer werteorientierten Außenpolitik in liberalen Demokratien sein.
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