Albaniens langer Weg in die Europäische Union: Innenpolitischer Machtkampf blockiert zentrale Reformen
In: DGAP-Analyse, Band 11
Abstract
Im Jahr 2009 hat Albanien sein Beitrittsgesuch bei der Europäischen Union (EU) eingereicht. Unterstützt von der breiten Bevölkerungsmehrheit deklarieren alle politisch bedeutsamen Kräfte des Landes den EU-Beitritt als oberstes Politikziel. Dennoch macht Albanien nur geringe Fortschritte in Richtung einer nachhaltigen Entwicklung und Konsolidierung seiner Demokratie. Eine der wichtigsten Ursachen hierfür ist die starke Polarisierung zwischen den beiden großen Parteien, der Demokratischen Partei (DP) und der Sozialistischen Partei (SP), und die stark personalisierte Fehde ihrer beiden Vorsitzenden, Salih Berisha und Edi Rama. Das bipolare politische System behindert ein kooperatives Miteinander und somit ein rasches Fortkommen im Reformprozess. Der Konflikt reicht weit in die Gesellschaft hinein. Die Medien sind eingebunden in die politische Auseinandersetzung und vertreten mehr oder weniger offen entweder die Interessen der DP oder der SP. Auch die Zivilgesellschaft ist gespalten. Nur wenige Organisationen agieren politisch unabhängig. Die Ursachen für die starke Polarisierung in Albanien liegen vor allem in der politischen Kultur des Landes, das in seiner Geschichte kaum Erfahrungen mit Demokratie gemacht hat. Der ehemalige albanische Diktator Enver Hoxha hatte ab 1944 ein stalinistisch geprägtes, kommunistisches System der totalen Kontrolle und Abschottung nach außen installiert. Die Nachwirkungen dieser Zeit sind bis heute spürbar. In Albanien hat nach 1990 weder ein umfassender Austausch der Elite noch eine ehrliche Aufarbeitung der Vergangenheit stattgefunden. Neben der extremen politischen Polarisierung sind mangelnde Rechtsstaatlichkeit, Korruption, organisierte Kriminalität und ein im europäischen Vergleich kaum konkurrenzfähiges Wirtschaftssystem weitere Hürden Albaniens auf dem Weg in die EU. Die Europäische Kommission hat im Sinne ihres Konditionalitätsansatzes 2010 zwölf Prioritäten benannt, die Albanien vor der Verleihung des Kandidatenstatus bearbeiten soll. Bislang hat es hierbei jedoch kaum Fortschritte gegeben. Für nachhaltigen Wandel ist der politische Wille der albanischen Elite entscheidend; sie muss ihre Machttaktierereien den dringenden Reformen unterordnen. Langfristig kann nur eine europäisch sozialisierte Generation das Land grundlegend reformieren.
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