Persönliche Assistenz: Entwicklung einer Handreichung zur Profilierung dieser Dienstleistung
In: Diplomarbeit
Abstract
Inhaltsangabe: Einleitung: Die nachfolgende Diplomarbeit beschäftigt sich mit dem Konzept der Persönlichen Assistenz in Deutschland. Persönliche Assistenz wird im Kontext der vorliegenden Arbeit als Dienstleistung definiert, die Selbstbestimmung, Teilhabe und Inklusion ermöglichen soll. Kern dieser Arbeit ist es eine Handreichung zu entwickeln, die diese Dienstleistung profilieren soll. Profilierung bedeutet in diesem Zusammenhang für die Autorin das Konzept der Persönlichen Assistenz exakt, markant und fundiert herauszustellen. Die methodische Herangehensweise ist geprägt durch eine intensive Auseinandersetzung mit einschlägiger Fachliteratur, themenspezifischen Internetseiten und einem anschließenden Abgleich der Arbeit mit ausgewählten Experten. Aus diesem Zusammenhang heraus kann die Handreichung als theoretisches Kompendium mit praktischem Bezug für die Praxis gesehen werden. Die Autorin kann feststellen, dass Persönliche Assistenz bisher von der Literatur noch nicht hinreichend aufgearbeitet wurde. Die vorliegende Arbeit möchte einen Beitrag zur Weiterentwicklung dieser Dienstleistung leisten und eine Erhöhung des Bekanntheitsgrades des Konzeptes der Persönlichen Assistenz erreichen. Schlüsselbegriffe der vorliegenden Arbeit: Persönliche Assistenz, Menschen mit Behinderung, Handreichung, Selbstbestimmung, Inklusion. Mit der UN-Konvention zum Schutz der Rechte Behinderter (Behindertenrechtskonvention) wurde ein großer Schritt in Richtung Selbstbestimmung, Inklusion, Teilhabe, Empowerment, Chancengleichheit und Barrierefreiheit für die Menschen mit Behinderung erreicht. Der Leitspruch 'Nichts über uns – ohne uns!' spiegelt sich in den Bestimmungen der UN-Konvention und der interdisziplinären Wissenschaftsform Disability Studies wieder. Menschen mit Behinderung sollen nicht weiter als Objekte betrachtet werden und unter der Fürsorge professioneller Helfer stehen. Schlagworte im Kontext des gesellschaftsorientierten Paradigmas (in Abgrenzung zum medizinischen und pädagogischen Paradigma) sind Inklusion, Subjekt- und Rechtsorientierung. Dieser Paradigmenwechsel im Bereich der Behindertenhilfe und -politik bildet den Ansatzpunkt für neue Versorgungsstrukturen und -konzepte. Die vorliegenden statistischen Daten veranschaulichen ebenfalls einen Bedarf an neuen Konzepten und Dienstleistungen. Ende 2007 waren 6,9 Mio. Menschen in Deutschland schwerbehindert. Diese Zahl verdeutlicht einen historischen Höchstpunkt, seit der ersten Erhebung des Bundesamts für Statistik im Jahr 1993. Die ansteigende Zahl von Menschen mit Behinderung und die damit wachsenden Ausgaben der öffentlichen Haushalte legen darüber hinaus einen Handlungsbedarf dar. Die beträchtliche Zahl von Menschen mit Behinderung, der Paradigmenwechsel im Bereich der Behindertenhilfe und -politik, steigende Ausgaben der Sozialleistungen, und die Forderung nach Selbstbestimmung, Teilhabe und Inklusion bilden den Grundstein für neue Dienstleistungen. Persönliche Assistenz ist eine Dienstleistung, die den Menschen mit Behinderung ein selbstbestimmtes Leben und Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft ermöglichen kann. In erster Linie soll Persönliche Assistenz ermöglichen 'eigene Lebenswege zu gehen und ... Lebensräume selbstbestimmt gestalten zu können'. Persönliche Assistenz erhöht die Lebensqualität der Menschen mit Behinderung. Einen Anspruch auf Lebensqualität und 'gleichberechtigte Lebenschancen in allen Lebensbereichen ...' hat jeder Mensch, unabhängig von Art und Schwere der Behinderung. Persönliche Assistenz ist eine Dienstleistung, die es Menschen mit Behinderung ermöglicht ohne Bevormundung und Diskriminierung ihren Lebensort frei zu wählen und zu gestalten. Ziel der gesetzlichen Verankerung, ambulant vor stationär, sollte eine Bereitstellung von Versorgungsangeboten und -strukturen für Menschen mit Behinderung fern von stationären Formen und klassischen ambulanten Versorgungsmöglichkeiten sein. Ziel- und Fragestellung der Arbeit: Anhand der vorangegangenen Ausgangsituation ergeben sich verschiedene Forschungsfragen. Diese werden im Folgenden vorgestellt und im Rahmen dieser Arbeit diskutiert. - Was unterscheidet die Persönliche Assistenz von anderen Dienstleistungen für Menschen mit Behinderung? - Können Menschen mit Behinderung durch die Inanspruchnahme der Persönlichen Assistenz selbstbestimmter Leben? - Welche Rolle spielt die Soziale Arbeit für die Persönliche Assistenz? Aus einem Forschungsprojekt an der Fachhochschule Erfurt heraus entstand eine Handreichung zum Konzept der Persönlichen Assistenz. Diese umfasst alle Aspekte einer Dienstleistung, die den Menschen mit Behinderung eine selbstbestimmte Teilhabe in allen Bereichen des Lebens ermöglichen soll. Ziel der Diplomarbeit ist ferner die kritische Auseinandersetzung dieser Handreichung. Mittels Expertengespräche wird die Handreichung auf ihre praktische Relevanz geprüft. Methodik zur Erstellung der Arbeit: Diese Arbeit bezieht sich im Kern auf die Entwicklung einer Handreichung zum Konzept der Persönlichen Assistenz. Die Handreichung wird anschließend durch vier gewählte Experten aus der Praxis kritisch überprüft. Die Thematik der Persönlichen Assistenz ist in Deutschland zwar nicht neu, wird aber von der Fachliteratur seltener aufgegriffen. Aus diesem Grund wurde zur Erstellung der vorliegenden Arbeit auf Artikel in Sammelbänden zurückgegriffen. Fachliche Inhalte dieser Artikel stehen im Zusammenhang mit dem Konzept der Persönlichen Assistenz. Als zweite wichtige Informationsquelle dient das Internet mit ausgewählten Fachseiten. Insbesondere bezieht sich die Autorin der vorliegenden Arbeit auf folgende einschlägige und empfehlenswerte Fachliteratur und Internetseite zur Persönlichen Assistenz. MOBILE – Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V.. Selbstbestimmt Leben mit Persönlicher Assistenz. Ein Schulungskonzept für AssistenznehmerInnen. Band A. Dortmund. MOBILE – Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V.; Zentrum für selbstbestimmtes Leben Köln. Selbstbestimmt Leben mit Persönlicher Assistenz. Ein Schulungskonzept für Persönliche AssistentInnen. Band B. Dortmund; Köln. ForseA. Bundesweites, verbandsübergreifendes Forum selbstbestimmter Assistenz behinderter Menschen e.V.. Über Assistenz selbst bestimmen – Assistenz, Schlüssel zur Selbstbestimmung behinderter Menschen. http://www.forsea.de. Verwendete Gesetzestexte der vorliegenden Arbeit können mit dem aktuellsten Stand vom Bundesministerium der Justiz nachgelesen werden. In der vorliegenden Arbeit wird von 'Menschen mit Behinderung' gesprochen. Diese sprachliche Bezeichnung wurde von der Autorin bewusst gewählt. Mit der Verwendung dieser Begrifflichkeit wird verdeutlicht, dass der Mensch im Vordergrund steht und nicht seine Behinderung. Im Statistikkapitel 3 wurde die Bezeichnung 'schwerbehinderte Menschen' vom Bundesamt für Statistik und Landesamt für Statistik Thüringen verwendet. Diese Bezeichnung wurde in diesem Kapitel von der Autorin übernommen, um den statistisch erhobenen Personenkreis genau abzugrenzen. In den verwendeten statistischen Erhebungen wird nur die Personengruppe einbezogen, der ein Grad der Behinderung (GdB) von mind. 50 bescheinigt wurde und damit als schwerbehindert zählt. Eine Differenzierung der Geschlechter wird in der vorliegenden Arbeit nicht vorgenommen. Durch Berechnung des Bestimmtheitsmaß R² wurde ermittelt, dass es zwischen den männlichen und weiblichen Menschen mit Behinderung einen fast linearen Zusammenhang gibt. Dieser rein statistische Fakt bildet die Grundlage zur Verwendung der sprachlichen Form 'Menschen mit Behinderung'. Wird nicht von der Gesamtheit gesprochen, sondern von Einzelpersonen, Geschlechts- oder Berufsbezeichnungen, wird die männliche Form verwendet. Dies dient der sprachlichen und stilistischen Einfachheit, schließt aber in jedem Fall die weibliche Form mit ein. Aufbau der Arbeit: Der Hauptteil dieser Arbeit umfasst die Kapitel zwei bis acht. Kapitel 2 widmet sich zunächst den grundlegendsten Definitionen im Kontext der vorliegenden Arbeit. Diese Definitionen bilden die Grundlage zum Verständnis der Persönlichen Assistenz. Ferner wird betrachtet, warum Persönliche Assistenz als Dienstleistung zur Ermöglichung der Teilhabe und Selbstbestimmung für Menschen mit Behinderung gesehen werden kann. Kapitel 3 legt statistischen Daten für Menschen mit Behinderung in Deutschland und in Thüringen dar. Dabei wurde die Gesamtentwicklung von Menschen mit Behinderung von 1993-2007 betrachtet. Bei ausgewählten Aspekten, ferner Altersgruppen; GdB; Arten und Ursachen der Behinderung, wurden die aktuellsten Zahlen von 2007 verwendet. Kapitel 4 beschäftigt sich mit Verpflichtungen und Gesetzen, die im Kontext folgende Schwerpunkte gemeinsam haben: Diese Verpflichtungen und Gesetze sollen Benachteiligungen von Menschen mit Behinderung verhindern oder beseitigen. Sie sollen Teilhabe gewährleisten und eine selbstbestimmte Lebensführung ermöglichen. Dabei wurde die Herangehensweise von der Nationalen-, über die Europäische-, zur Bundes-, und Länderebene betrachtet. Die dargelegten Verpflichtungen und Gesetze bilden die Säule für den Paradigmenwechsel in der Behindertenhilfe und –politik und sind Grundlage für das Konzept der Persönlichen Assistenz. Persönliche Assistenz bedeutet in jedem Fall ein hohes Maß an Lebensqualität für den Menschen mit Behinderung. Aber auch aus anderen Perspektiven heraus hat diese Dienstleistung Effekte. Diese werden im Kapitel 5 umrissen. So wird das Konzept der Persönlichen Assistenz aus ökonomischer Sicht aufgezeigt. Schwerpunkt hierbei ist die Darlegung, welche Auswirkungen die Dienstleistung Persönliche Assistenz auf den Wirtschaftskreislauf in Deutschland hat. In einem weiteren Schritt betrachtet die Autorin die Aufgaben der Profession Sozialen Arbeit zur Förderung und Implementierung des Konzeptes der Persönlichen Assistenz in Deutschland. Kapitel 6 umfasst die Darstellung des Arbeitsprozesses zur Erstellung der Handreichung. Allgemeine Aspekte zur Erstellung einer wissenschaftlichen Arbeit wurden in Bezug zur Entwicklung der Handreichung gesetzt. Neben der Theorie zur Anfertigung der Handreichung werden in diesem Kapitel das Ziel und die Personengruppe aufgezeigt, die durch die Handreichung angesprochen werden sollen. Die kritische Überprüfung der Handreichung, durch gewählte Experten aus verschiedenen Bereichen der Praxis, wird im Kapitel 7 aufgezeigt. Mit dem fachspezifischem Handlungs- und Erfahrungswissen der vier gewählten Experten werden Funktion und Inhalt der Handreichung bewertet. Geplant sind halbstandardisierte Interviews mittels eines Interviewleitfadens, der durch die Autorin erarbeitet wird. Nach Abschluss der Expertengespräche werden die kritischen Anmerkungen der Experten von der Autorin geprüft und in die Handreichung eingearbeitet. Aufbauend auf die beiden vorherigen Kapitel beinhaltet das Kapitel 8 die Handreichung mit den eingearbeiteten Expertenhinweisen.Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis: Abkürzungsverzeichnis A Abbildungsverzeichnis B Tabellenverzeichnis C Inhaltsverzeichnis 1.EINLEITUNG 1.1Abstract1 1.2Die Relevanz der Arbeit2 1.3Ziel- und Fragestellung der Arbeit3 1.4Methodik zur Erstellung der Arbeit4 1.5Aufbau der Arbeit5 2.RELEVANTE DEFINITIONEN DER PERSÖNLICHEN ASSISTENZ8 2.1Persönliche Assistenz.8 2.2Selbstbestimmung und Teilhabe10 2.3Dienstleistung12 3.STATISTISCHE DATENAUSWERTUNG VON MENSCHEN MIT BEHINDERUNG IN DEUTSCHLAND UND THÜRINGEN15 3.1Schwerbehinderte Menschen in Deutschland (1993 – 2007)15 3.2Der Zusammenhang zwischen Männer und Frauen (1993-2007)18 3.3Vergleich der schwerbehinderten Menschen in Deutschland und Thüringen nach Altersgruppen (2007)20 3.4Vergleich der schwerbehinderten Menschen in Deutschland und in Thüringen nach dem Grad der Behinderung (GdB)200722 3.5Vergleich der Behinderungsursachen in Deutschland und in Thüringen (2007)24 3.6Vergleich der Behinderungsarten in Deutschland und Thüringen (2007)25 3.7Inanspruchnahme von Persönlicher Assistenz in Deutschland27 3.8Zusammenfassung der statistischen Daten für Deutschland und Thüringen 28 4.Verpflichtungen, Richtlinien und Gesetze, die Benachteiligungen von Menschen mit Behinderung verhindern oder beseitigen, Teilhabe gewährleisten und eine selbstbestimmte Lebensführung ermöglichen29 4.1UN-Konvention zum Schutz der Rechte Behinderter (Behindertenrechtskonvention BRK)30 4.2Die vier Richtlinien der Europäischen Union (EU-Richtlinien)31 4.3Das Grundgesetz (GG) für die Bundesrepublik Deutschland32 4.4Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)33 4.5Das Sozialgesetzbuch IX (SGB IX) – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen35 4.6Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen / Behindertengleichstellungsgesetz (BGG)36 4.7Thüringer Gesetz zur Gleichstellung und Verbesserung der Integration von Menschen mit Behinderungen (ThürGIG)38 5.Persönliche Assistenz unter anderen Gesichtspunkten39 5.1Persönlichen Assistenz aus der ökonomischen Sicht39 5.2Persönliche Assistenz aus Sicht der Profession Soziale Arbeit zur Förderung und Implementierung des Konzeptes der Persönlichen Assistenz in Deutschland41 6.Methodik zur Erstellung der Handreichung 6.1Darstellung des Arbeitsprozesses44 6.2Aufbau und thematische Aspekte der Handreichung49 6.3Ziel und angesprochener Personenkreis der Handreichung49 7.Kritische Auseinandersetzung und Überprüfung der Praxisrelevanz mit Hilfe von Expertengesprächen50 7.1Ziel und Methodik der kritischen Auseinandersetzung und Überprüfung50 7.2Interviewleitfaden zu den Gesprächen53 8.Die Handreichung57 8.1Einleitung57 8.2Definitionen im Kontext der Persönlichen Assistenz58 8.2.1Behinderung58 8.2.2Pflegebedürftigkeit61 8.2.3Teilhabe66 8.2.4Paradigmenwechsel67 8.2.5Inklusion statt Integration68 8.2.6Peer Counseling69 8.2.7Vom Betreuer zum Begleiter oder von Unterstützung zur Assistenz69 8.2.8Individuelle Schwerstbehindertenbetreuung71 8.2.9Empowerment71 8.2.10Disability Studies72 8.3Persönliche Assistenz73 8.3.1Geschichte und Entwicklung der Persönlichen Assistenz in Deutschland73 8.3.2Definition der Persönlichen Assistenz75 8.3.3Kompetenzen der Persönlichen Assistenz76 8.3.4Personenkreis der Persönlichen Assistenz77 8.3.5Qualitätssicherung der Persönlichen Assistenz78 8.4Organisationsformen der Persönlichen Assistenz79 8.4.1Übersicht über Organisationsformen79 8.4.2Grundverständnis zur Inanspruchnahme der verschiedenen Organisationsformen80 8.4.3Das Arbeitgebermodell81 8.4.4Die Assistenzgenossenschaft85 8.4.5Einschränkung der Ausübung der vier Kompetenzen des Assistenznehmers88 8.5Rechte und Pflichten der Assistenznehmer im Arbeitgebermodell91 8.5.1Grundverständnis zu den Rechten und Pflichten des Assistenznehmers91 8.5.2Anmeldung des "Betriebs"92 8.5.3Der Arbeitsvertrag92 8.5.4Beendigung des Arbeitsverhältnisses95 8.5.5Verwaltung des "Betriebes"96 8.6Leistungen der Persönlichen Assistenz104 8.6.1Assistenz im Bereich der Behandlungs- und Grundpflege104 8.6.2Arbeitsassistenz105 8.6.3Assistenz in der Ausbildung / Schule / Studium107 8.6.4Assistenz im Haushalt108 8.6.5Assistenz zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft / Freizeitassistenz108 8.6.6Assistenz im Krankenhaus108 8.6.7Elternassistenz / Assistenz für behinderte Eltern109 8.7Finanzierungsmöglichkeiten der Persönlichen Assistenz110 8.7.1Grundverständnis zur Finanzierung der Persönlichen Assistenz110 8.7.2Finanzierung der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung112 8.7.3Finanzierung der Behandlungspflege118 8.7.4Finanzierung der Arbeitsassistenz119 8.7.5Finanzierung der Assistenz in der Ausbildung / Schule / Studium122 8.7.6Assistenz zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft / Freizeitassistenz124 8.7.7Assistenz im Krankenhaus127 8.7.8Elternassistenz / Assistenz für behinderte Eltern127 8.7.9Das (trägerübergreifende) Persönliches Budget als neue Finanzierungsmöglichkeit für Persönliche Assistenz131 8.8Bundesweite Beratungsstellen und Ansprechpartner zur Persönlichen Assistenz.137 9.Diskussion und Ausblick (Fazit)144 9.1Stärken und Schwächen der Handreichung144 9.2Grenzen der Persönlichen Assistenz145 9.3Die Hinterfragung der verwendeten Quellen146 9.4Offene Forschungsfragen147 9.5Conclusio / Beantwortung der Forschungsfragen147 Quellenverzeichnis148Textprobe:Textprobe: Kapitel 8.2.4, Paradigmenwechsel: Im Bereich der Behindertenpolitik wird in den letzten Jahren über einen Paradigmenwechsel gesprochen, der folgende Perspektiven verändert hat: - Mit Schaffung des SGB IX wurden nicht nur die Begrifflichkeiten, sondern auch das Verständnis verändert. Statt Versorgung, Betreuung und Fürsorge stehen jetzt Teilhabe und Selbstbestimmung der Menschen mit Behinderung im Mittelpunkt; - Vom einrichtungs- zum personenzentrierten Ansatz oder; - Vom angebots- zum bedarfsorientierten Ansatz: Die Individualität des Menschen mit Behinderung mit seinen Wünschen und Bedarfen steht im Vordergrund. Die Einrichtungen, die die Teilhabe und die Selbstbestimmung der pflegebedürftigen Menschen oder Menschen mit Behinderungen ermöglichen, sollen ihre Leistungen danach ausrichten bzw. reflektieren, ob diese Angebote nach den Bedarfen der Klientel ausgerichtet sind. In diesem Kontext werden auch verstärkt ambulante Angebote/Versorgungsmöglichkeiten in den Blickpunkt genommen. Der personenzentrierte Ansatz wird häufig im Zusammenhang von individueller Hilfeplanung angeführt. Individuelle Hilfeplanungen sind standardisierte Verfahren zur Ermittlung des individuellen Hilfebedarfs eines Klienten. Nach Antragstellung des Menschen mit Behinderung auf Leistung wird in einem Hilfeplangespräch / einer Hilfeplankonferenz oder/und mittels eines standardisierten Verfahrens (z. B. IBRP, Metzler-Verfahren, ITP) der individuelle Hilfebedarf des Menschen ermittelt. Von Fremd- zu Selbstbestimmung (im Kontext der Persönlichen Assistenz bezieht sich Selbstbestimmung auf die Kompetenzen der Assistenznehmer): - Das Leben von Menschen mit Behinderung soll nicht mehr von außen, durch 'gesunde Menschen' bestimmt werden, sondern sie sollen als 'Experten in eigener Sache' angesehen werden und ihr Leben in allen Bereichen selbst bestimmen und im Rahmen ihrer Möglichkeiten selbst organisieren. Von Typologie und Klassifizierung zu Individualisierung: Der Mensch mit Behinderung soll nicht mehr in Kategorien und Diagnosen 'gesteckt werden', die allgemeingültig für sein Leben sind, sondern die Individualität seiner Person soll Beachtung finden. Inklusion statt Integration: Inklusion kann mit folgenden Punkten kurz beschrieben werden: Inklusion ist die Einbeziehung und unbedingte Dazugehörigkeit Sie geht von einer heterogenen Gesellschaftsstruktur aus (alle Menschen unterscheiden sich durch Geschlecht, Herkunft, Ethnie, körperliche Verfassung, Intelligenz). Inklusion zielt darauf ab, dass alle Menschen in einer Gesellschaft gleichberechtigt miteinander leben Integration grenzt sich zur Inklusion ab und kann mit folgenden Punkten kurz dargestellt werden: Integration ist die Wiedereinbeziehung / die Eingliederung in ein Ganzes In der Sonderpädagogik umfasst Integration eine gemeinsame Bildung und Erziehung von behinderten und nichtbehinderten Menschen Sie ist die weitgehende Eingliederung von Menschen mit Behinderung(en) in die Gesellschaft Die öffentliche und fachliche Diskussion in Deutschland war um die Integration von Menschen mit Behinderung in bestehende gesellschaftliche Strukturen bemüht. Das Konzept der Inklusion setzt auf die Umgestaltung der sozialen Umwelt, um Menschen mit Behinderung die gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Inklusion meint auch den 'Verzicht jeglicher institutioneller Sonderbehandlungen oder -verfahren'. Peer Counseling: Unter Peer Counseling wird eine 'unabhängige Beratungsmethode von Betroffenen für Betroffene' verstanden. Während nach Böhm Beratung als eine Hilfeleistung beschrieben wird, die hauptsächlich von Sozialpädagogen und Psychologen erbracht wird, steht beim Peer Counseling eine Beratung durch Menschen im Vordergrund, die gleichfalls betroffen sind. Die wesentliche Grundannahme dieser Methode ist es, dass alle Menschen ihre Probleme und Schwierigkeiten selbst lösen können. Die Dauer und Organisationsform des Peer Counselings bestimmen die betroffenen Menschen selbst. Vom Betreuer zum Begleiter oder von Unterstützung zur Assistenz: Alle Paradigmen, anhand derer man erkennen kann, ob die Verantwortung für den eigenen Lebensentwurf dem Menschen mit Behinderung obliegt oder nicht, haben einen Grundsatz gemeinsam: Sie gehen von Selbstbestimmung und Autonomie aus. Menschen mit Behinderung wollen ihr Leben so normal wie möglich gestalten und unabhängig von anderen führen. Sie wollen ein Leben gestalten und führen, das ihren Interessen und Fähigkeiten entspricht. Die Bundesvereinigung Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung e.V. hat einige Merkmale zusammengefasst, die 'die Verantwortung für den eigenen Lebensentwurf' von Menschen mit Behinderung darstellen: Die Verantwortung nicht wegnehmen ('Wir entscheiden! Wir müssen unsere Entscheidungen selbst treffen') Selbstverantwortlich sein dürfen (Lebensentwürfe selbst gestalten, Verantwortung für die eigenen Angelegenheiten übernehmen) Von der Verantwortung für die Person zur Verantwortung für die Begleitung (Bereitstellung von Beratung, Unterstützung und Angeboten, wenn sie gefordert werden, Begleitung als 'Handlangerdienste') Ein anderer Text der Bundesvereinigung Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung e. V. differenziert die Begriffe der Unterstützung und Assistenz. Assistenz hat in diesem Zusammenhang einen primär kompensierenden Charakter und ist bedarfsorientiert. Unterstützung hingegen ist häufig notwendig für Menschen mit schweren oder schwersten Beeinträchtigungen und geht über die Assistenz hinaus. Unterstützung kann in praktische und inhaltliche Unterstützung differenziert werden. Praktische Unterstützung ist assistenzähnlich und es geht darum, 'Hände, Füße und Kopf für eine behinderte Person' zu sein. Bei der inhaltlichen Unterstützung übernimmt die Unterstützungsperson die aktive Rolle und stellt ihr Wissen zur Verfügung. Ziel der Unterstützung ist es, Menschen, die mit Anleitung und Assistenz überfordert sind, dazu zu befähigen, Assistenz in Anspruch zu nehmen. Unterstützung soll als Wissensvermittlung dienen und die Grundeinstellung des Menschen mit Behinderung dahingehend beeinflussen, dass er Persönliche Assistenz in Anspruch nimmt. Als deutlicher Unterschied kann herausgestellt werden, dass Betreuer und Unterstützer als professionelle Helfer in medizinischen, pädagogischen und pflegerischen Strukturen tätig sind. In Abgrenzung hierzu ist der Assistent als Laie tätig und wird durch den Menschen mit Behinderung angelernt. Individuelle Schwerstbehindertenbetreuung: Individuelle Schwerstbehindertenbetreuung (ISB) oder Individuelle Schwerbehindertenassistenz (ISA) sind Begriffe, die synonym für Persönliche Assistenz genannt werden. ISB wird auch ganz konkret für den Einsatz von Zivildienstleistenden (ZDL) genannt. Allerdings sollte bei dem Einsatz von ZDL bedacht werden, dass der Mensch mit Behinderung die Personal- und Finanzkompetenz abgeben muss. Empowerment: Unter dem englischen Begriff Empowerment werden Unterstützungsformen zusammengefasst, die nach Theunissen als 'Selbstermächtigung und Selbstbemächtigung (
), Selbstverfügungskräfte, Wiedergewinnung von Stärken, Selbstbefähigung' definiert werden. Der Empowermentansatz sieht Hilfebedürftigkeit als 'Ergebnis eines ungünstig verlaufenden Lernprozesses' an. Sprach man früher von Normalisierung und Integration, so gilt Empowerment heute als Wegweiser für die Heilpädagogik und Behindertenhilfe. Empowerment soll die Menschen ermutigen, ihre eigenen Stärken kennen, zu lernen und Selbstbestimmung und Lebensautonomie zu erhalten. Es sollen Ressourcen freigesetzt werden (ressourcenorientierter Ansatz), mit deren 'Hilfe sie eigene Lebenswege und Lebensräume selbstbestimmt gestalten können'. Die Beratung durch Peer Counseling bezieht sich auf den Empowermentansatz. Peer Counseling soll 'Selbstkräfte' freisetzen, die den Menschen mit Behinderung befähigen, Probleme zu bewältigen. Das Konzept der Persönlichen Assistenz greift auf den Empowermentansatz zurück.
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