Leipzig: ein erfolgreicher Logistikstandort? ; branchenspezifische Standortanforderungen und Standortbeurteilungen von Logistikunternehmen
In: Diplomarbeit
Abstract
Inhaltsangabe:Einleitung: In der globalisierten Welt wächst der Warenaustausch zwischen den Ländern stetig an und aufgrund der zunehmenden Verflechtung nehmen logistische Dienstleistungen eine immer bedeutendere Rolle ein. Der Logistik werden boomende Zukunftsaussichten bescheinigt. Durch die verstärkte Berichterstattung in der lokalen und überregionalen Presse über Themen wie 'Flughafen Leipzig/Halle wird zum Frachtdrehkreuz' oder 'Mitteldeutschland etabliert sich als Logistikstandort' ist die Thematik Logistik deutlich in den Fokus gerückt. Grundsätzlich war die Auseinandersetzung mit Logistik immer eine Domäne in der Betriebswirtschaft. Die Geographie hat an sich eher wenige Berührungspunkte mit dieser Thematik. Zwar werden in der Verkehrsgeographie Teilaspekte des Güterverkehrs behandelt, aber überwiegend im Bezug auf strukturelle Objekte wie Verkehrsnetze oder Verkehrsinfrastrukturen. In Verbindung mit der geographischen Standortlehre erarbeitet die vorliegende Arbeit Lösungsansätze und leistet einen Beitrag zur Thematik aus Sicht der Logistikwirtschaft. Die Regionen und Städte stehen zunehmend im nationalen, aber auch internationalen Wettbewerb um Unternehmensansiedlungen, welche heute ein Indiz für das Potenzial und die Wirtschaftskraft eines Standortes sind. Dabei hat die wirtschaftliche Öffnung der mittel- und osteuropäischen Staaten den Kreis der Standortkonkurrenten in der EU um Metropolen in Osteuropa erweitert. Die Qualität eines Standorts entsteht in einem Zusammenspiel von sowohl 'harten' als auch 'weichen' Standortfaktoren, die es im Wettbewerb einzubringen gilt. In Deutschland haben viele Städte ähnliche Voraussetzungen, was z. B. die Verkehrsinfrastruktur oder Rechtssicherheit angeht. So versuchen Städte oder Regionen ein spezifisches, von anderen unterscheidbares Profil zu entwickeln, um sich auf dem 'Markt' der Standortsuchenden behaupten zu können. Deshalb muss man in der heutigen Zeit als Logistikstandort Alleinstellungsmerkmale herausarbeiten und profilieren. Wer Logistikunternehmen ansiedeln kann, schafft zumindest mittelfristig sichere Arbeitplätze. Mit der Ansiedlung des Logistikprimus' DHL und anderen namenhaften Unternehmen dieser Branche versucht auch Leipzig, in diesem Wirtschaftszweig Fuß zu fassen. Die Region Leipzig befindet sich erst am Anfang einer Entwicklung zum Logistikstandort, aber die Chancen, sich zu etablieren und weiterzuentwickeln, stehen gut. Die Rolle als zentraler Logistikstandort mit wichtiger Brückenfunktion zwischen West- und Osteuropa zeichnet sich bereits jetzt ab. Dieses Potenzial gilt es zu nutzen, um die Konkurrenzfähigkeit des Standorts langfristig zu sichern. Eine erfolgreiche Ansiedlungs- und Strukturpolitik sowie die hervorragende Lage haben den Weg geebnet. Welche weiteren Gründe ausschlaggebend für diese Entwicklung der letzten Jahre sind, gilt es u. a. neben Zukunftsperspektiven und -handlungsempfehlungen in dieser Arbeit herauszufinden. Gang der Untersuchung: Die vorliegende Forschungsarbeit hat zum Ziel, die Standortwahl von Unternehmen aus dem Bereich der Warenwirtschaft und Logistik in Hinblick auf die Relevanz von Standortfaktoren bei der Standortentscheidung und deren Qualität zu analysieren. Diese Untersuchung klärt die Fragestellungen 'Was zeichnet einen erfolgreichen Logistikstandort aus?', 'Was veranlasst Unternehmen, hier an den Standort Leipzig zu kommen?' Hierbei gilt es in erster Linie die spezifischen Stärken des Standortes herauszuarbeiten. Die Eingrenzung des Begriffs Standort und somit die räumliche Eingrenzung des Untersuchungsraumes ist im vorliegenden Fall schwierig, da oft von einer Logistikregion Leipzig bzw. Leipzig/Halle gesprochen wird. Die zugrunde liegenden Untersuchungen beziehen sich zum Großteil auf Unternehmen im Stadtgebiet Leipzig und ergänzend auf die angrenzenden Orte Schkeuditz, Markkleeberg oder Markranstädt. Ein besonderes Augenmerk gilt dabei der Identifizierung von Alleinstellungsmerkmalen. Außerdem kann die Studie eine Grundlage für weitere Untersuchungen bilden, in denen ausgewählte Aspekte und Fragestellungen dieser Branche näher untersucht werden können. Um dem Ziel der Forschung Rechnung zu tragen, ist es notwendig, für die gewählten thematischen Schwerpunkte folgende Forschungsfragen abzuleiten: - Welche konkreten Standortfaktoren begünstigen die Attraktivität des Logistikstandortes Leipzig? - Welche Rolle spielen 'harte' und 'weiche' Standortfaktoren? - Welche Bedeutung hat die regionale Wirtschaftsförderung und Fördermaßnahmen bei der Standortentscheidung? - Welchen Einfluss haben Netzwerkbeziehungen und welche Struktur weisen sie auf? - Wie beurteilen die ansässigen Unternehmen der Logistikwirtschaft und Vertreter der öffentlichen Einrichtungen die Qualität des Standortes aus heutiger Sicht? Wo sehen sie zukünftige Chancen und Risiken des Standortes? - Welche quantitativen und qualitativen Arbeitsmarkteffekte gehen von der Logistikwirtschaft für den Standort aus? Der Inhalt der Diplomarbeit gliedert sich in neun Kapitel. Im ersten Teil erfolgt die Formulierung der konkreten Aufgabenstellung und verwendete Begriffe werden für ein einheitliches Verständnis abgegrenzt und definiert. Im darauf folgenden Kapitel werden Theorien zur Standortwahl skizziert. Diese Theorien dienen als Grundlage und Richtlinien, um zu begründen, was einen Standort für Unternehmungen attraktiv macht und damit Wachstum zulässt. Ebenfalls sind die allgemeinen Entwicklungstrends und die Bedeutung sowie die Aufgaben der Logistikbranche Gegenstand dieses Kapitels. Im dritten Kapitel liegt der Fokus auf den in der Forschungsarbeit angewandten Arbeitsmethoden. Aus der regionalen Perspektive wird im Kapitel 4 herausgearbeitet, welche Voraussetzungen ein Logistikstandort aufweisen muss, um für Investoren attraktiv zu sein. In den folgenden Kapiteln verdichten sich die theoretischen Überlegungen mit den Ergebnissen der Auswertung der Unternehmensbefragung und durchgeführten Interviews, um die Zielstellung mit den eingangs formulierten Forschungsfragen zu beantworten. Darauf aufbauend wird im Kapitel 5 der Logistikstandort Leipzig mit seiner Ausstattung an Faktoren charakterisiert. Um einen Einblick in die zukünftige Entwicklung zu erlangen, wird zunächst im anschließenden Kapitel die Bindung der Unternehmen am Standort untersucht, an die sich im Kapitel 7 eine Stärken-Schwächen-Chancen-Risiken-Analyse (SWOT-Analyse) anschließt. Zum Abschluss werden Ansatzpunkte und mögliche Handlungsempfehlungen im Überblick dargestellt (Kapitel 8) und die wichtigsten Ergebnisse noch einmal kurz zusammengefasst (Kapitel 9). Der Abbildung 1 ist der schematische Aufbau und die Vorgehensweise zur Erreichung der gestellten Ziele zu entnehmen.Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis: DanksagungII InhaltsverzeichnisIII AbbildungsverzeichnisV AbkürzungsverzeichnisVI 1.Einleitung1 1.1Zielsetzung und Aufbau der Arbeit2 1.2Begriffliche Erläuterungen5 2.Standortanalyse im Bereich der Logistikwirtschaft7 2.1Aufgaben der Logistik8 2.2Volkswirtschaftliche Bedeutung der Logistik9 2.3Ansätze der Standortentscheidung10 2.3.1Polarisationstheorie10 2.3.2Theorie der nationalen Wettbewerbsvorteile13 2.3.3Clusteransatz15 2.3.4Konzept der 'langfristigen industriellen Wachstumspfade'17 2.4Standortentscheidungsprozess20 2.4.1Anlass für die Standortwahl20 2.4.2Typen von Standortentscheidungen21 2.4.3Räumliche Ebenen der Standortwahl22 2.4.4Phasen des Standortentscheidungsprozesses22 2.5Standortanforderungen der Logistikwirtschaft24 2.6Entwicklungsdynamiken in der Logistik27 3.Methodische Vorgehensweise32 3.1Quantitative Analyse32 3.1.1Aufbau des Fragebogens33 3.1.2Durchführung der Befragung34 3.2Qualitative Analyse35 3.2.1Ablauf der Interviews36 3.2.2Vorstellung der befragten Experten37 4.Standortanforderungen und Standortqualitäten39 4.1Die Standortanforderungen von Logistikunternehmen39 4.2Standortbewertung aus Sicht der Unternehmen42 5.Charakterisierung des Logistikstandortes Leipzig48 5.1Standortvorteil Verkehrsinfrastruktur49 5.1.1Flughafen Leipzig/Halle50 5.1.2Das Güterverkehrszentrum52 5.2Flächenverfügbarkeit54 5.3Struktur und Entwicklung des Arbeitsmarktes im Logistikbereich57 5.4Netzwerke und Clusterwirkungen61 5.4.1Kooperationsverhalten der Unternehmen67 5.4.2Intensität der Zusammenarbeit68 5.5Einflussnahme kommunaler Akteure auf die Standortentscheidung69 6.Zur Standortbindung der Unternehmen73 7.Stärken-Schwächen-Chancen-Risiken-Analyse des Logistikstandortes Leipzig76 7.1Stärken des Standortes76 7.2Schwächen des Standortes77 7.3Entwicklungsperspektiven für die Region Leipzig80 7.4Risiken für den Logistikstandort Leipzig83 7.5EU-Osterweiterung - Chance oder Risiko85 8.Ansatzpunkte und Handlungsoptionen zur Stärkung der Logistik89 9.Schlussbetrachtung92 LiteraturverzeichnisVII AnhangXVTextprobe:Textprobe: Kapitel 2.5, Standortanforderungen der Logistikwirtschaft Generell ist die Logistikbranche bezüglich ihrer Standortwahl durch eindeutige Zentralisierungstendenzen gekennzeichnet. Logistikdienstleister bevorzugen die unmittelbare Nähe zu Absatz- und Produktionsmärkten, was dazu führt, dass sich die meisten Logistikbetriebe in größeren Ballungsregionen befinden. Dahingegen gehen aktuelle Studien davon aus, dass Logistikbetriebe nicht zwangsläufig an urbane Verdichtungsräume gebunden sind, sondern tendenziell auch neuen Kunden bzw. Produktionsstandorten folgen. Neu ausgewiesene Logistikstandorte befinden sich zunehmend in städtischen Randlagen oder im ländlichen Raum (vgl. Kap. 5.2). Hier sind ausreichend Flächenpotenziale, exzellente Straßenverkehrsanbindung, Kundennähe und ein weitgehend restriktionsfreies Umfeld mit Planungssicherheit und vergleichsweise niedrigen Bodenpreisen sowie keinerlei Auflagen zum 24-Stunden-Betrieb vorhanden. Die rasanten Entwicklungen mit den einhergehenden neuen Abläufen und komplexen technischen Systemen der Logistik üben einen großen Druck auf die Städte und Regionen aus, welche den gestiegenen Anforderungen im Standortwettbewerb der Unternehmen gerecht werden wollen. Dies gilt vor allem für: - die reibungslose Organisation und Bereitstellung von Materialfluss und Verkehr. - die Verfügbarkeit von Flächen bzw. Standorten und Infrastruktur für logistische Dienste. - die Schaffung eines wettbewerbsfähigen Unternehmensumfelds. - Die Standortstrukturen der logistischen Produktion sind durch eine wachsende Flächenausdehnung entlang der logistischen Ketten geprägt. Die Nutzer intermodaler Dienste sind in ihrem Standortverhalten oft festgelegt, denn sie sind in der Regel auf die Nähe zu einem Hafen, Terminal oder Flughafen angewiesen. Die Standortentscheidung für einen neuen Betrieb ist abhängig von den Zielen des Unternehmens und den Aufgabenfeldern. Die strategischen Überlegungen zur Standortwahl erfordern vornehmlich die Klärung zweier Fragekomplexe: Wo sind welche Lagereinrichtungen oder Umschlagpunkte innerhalb eines logistischen Netzwerks zu lokalisieren? Und: Wie soll der Produktfluss innerhalb dieses Netzwerkes erfolgen? Für Logistikunternehmen mit Lager- und Umschlagfunktionen werden vor allem die Logistikkosten, Summe der Betriebskosten und der Transportkosten für Zulauf- und Ablauftransporte bei der Standortwahl berücksichtigt, welche möglichst minimal sein sollen. Der optimale Logistikstandort kann in folgenden Schritten bestimmt werden: - Zusammenstellung und Analyse transportunabhängiger Faktoren. - Bestimmung des transportoptimalen Standorts für die Zulaufströme aus den Beschaffungs-/Abholorten und Transporte zu den Zustellorten. - Kalkulation des transportoptimalen Standortes und seiner Umgebung mit jeweiligen Betriebs- und Transportkosten. - Bestimmung des optimalen Standortes mithilfe der Verschiebung des Standortes in Richtung kostengünstiger Standortfaktoren und minimierter Betriebs- und Transportkosten. Dabei versteht man unter transportunabhängigen Standortfaktoren alle Umstände, Kosten und Preise, die die Standortentscheidung beeinflussen. Dies sind: - Grundstück und Gebäude: Grundstücks- und Gebäudepreis, Angebot, Eignung, Zuschnitt, Erreichbarkeit, Erschließung, Verkehrsflächen und Bebauungsvorschriften. - Erreichbarkeit und Verkehrsanbindung: Nähe zu Hauptverkehrsstraßen, Häfen und Flughäfen sowie Bahnanschluss, Nachtfahr- und Flugverbote. - Arbeitskräfte und Personalkosten: Verfügbarkeit geeigneter Arbeitskräfte; Löhne, Urlaubszeiten und Krankheitsquoten. - allgemeine Rahmenbedingungen: Fördermittel und Subventionen, Steuern und Abgaben, Genehmigungszeiten und Arbeitszeitbeschränkungen, Planungssicherheit. Die transportabhängigen Faktoren, also die Kosten für Zu- und Ablauftransporte werden von den Fahrweglängen, den Transportzeiten und dem Transportmittelbedarf bestimmt. Sie spielen jedoch in der durchgeführten Forschungsarbeit durch die Konzentration auf die Faktorausstattung des Standortes nur eine untergeordnete Rolle. Vor der mikroskopischen Standortwahl werden Standortszenarien und großräumige Netzstrukturanalysen der überregional agierenden Logistikunternehmen durchgeführt. Dabei bestimmen die Unternehmen ihre Standorte in erster Linie nach den Logistikkosten und der Erreichbarkeit der Kunden, und nicht anhand stadtplanerischer Kriterien. Zusammenfassend kann man sagen, dass sich die Planungen und Ansiedlungsentscheidungen der Logistikwirtschaft an der möglichst effizienten Gestaltung der Transportprozess in besonderem Hinblick auf Zeit- und Kostenaspekte orientieren. Die Wettbewerbssituation, die eine optimale Erreichbarkeit der Kunden und Absatzmärkte sowie die Konkurrenzsituation vor Ort beinhaltet, beeinträchtigt ebenso die lokale Standortwahl wie der Faktor Personal (Verfügbarkeit, Qualifikationsniveau). Darüber hinaus können rechtliche Rahmenbedingungen, wie Genehmigungszeiten und Bau- und Planungsrecht, Auswirkungen auf die Standortentscheidung haben. Logistikdienstleister müsse heute in der Lage sein, innerhalb eines halben Jahres alle personellen, baulichen und organisatorischen Maßnahmen umzusetzen. Ein Logistikstandort gilt bei Investitionen als attraktiv, wenn er im Wettbewerb mit anderen Wirtschaftsstandorten über relative Vorteile bei den relevanten Standortkriterien verfügt. Jeder Standort weist ein bestimmtes Eigenschaftsprofil mit Standortfaktoren auf. Dabei entscheidet sich der Investor für denjenigen Standort, der die höhere Standortattraktivität aufweist, wobei eine Vielzahl von Standortfaktoren die Attraktivität eines Wirtschaftsstandortes bestimmt. Es gibt also nicht nur ein entscheidendes Kriterium, sondern ein hierarchisches System von Standortdeterminanten. Bei einer Untersuchung der Universität Dortmund im Jahre 2005 wurden sowohl Logistikunternehmen als auch Vertreter der Kommunen und der Stadt zur Relevanz der verschiedenen Standortfaktoren bei der Standortentscheidung befragt. Dabei wurde festgestellt, dass die Relevanz der Standortfaktoren von Vertretern beider Seiten sehr ähnlich eingeschätzt wird. Das wichtigste Kriterium ist die überörtliche Anbindung an das Straßennetz, insbesondere die Nähe zu Autobahnen und Bundesstraßen. Dagegen spielen das Vorhandensein eines Gleisanschlusses sowie die Nähe zu Flughäfen eine weniger entscheidende Rolle. Die Standortgegebenheiten am Mikrostandort, wie z. B. die Grundstücksgröße und der Preis sowie der uneingeschränkte 24-Stunden Betrieb, sind weitere sehr wichtige Standortfaktoren. Und auch die Nähe zu den Kunden bzw. zu den Absatzgebieten spielt eine ebenso wichtige Rolle bei der Standortwahl.
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