Thesis2004

Politische Mobilisierung durch das Internet?: eine kommunikationswissenschaftliche Untersuchung zur Wirkung eines neuen Mediums

Abstract

Die Arbeit verfolgt drei auf einander aufbauende Ziele: Erstens eine Aufklärung und Beschreibung der politischen Online-Aktivitäten der Deutschen, zweitens eine Prüfung der in der frühen Internet-Literatur häufig ausgesprochenen Vermutung, das Internet könne eine Verstärkung politischer Aktivitäten anregen (Mobilisierung), sowie drittens die Entwicklung und Prüfung eines Erklärungsmodells für die beobachteten Veränderungen im Bereich der politischen Kommunikation auf Basis einer Theorie Rationaler Wahl. - Theoretische Grundlage der Untersuchung war neben der für politische Kommunikation relevanten Spezifika der Online-Kommunikation insbesondere das soziologische RREEMM-Modell rationalen Handelns. Die Forschungsfragen wurden mit Hilfe eines Datensatzes beantwortet, der im Rahmen eines mehrjährigen DFG-Projektes am Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaft der TU Ilmenau in den Jahren 2002 und 2003 entstand. Dieser Datensatz enthält aus zwei Befragungswellen mit jeweils ca. 1.400 Personen ein Panel von ca. 900 Personen, das die Basis bildete für die Prüfung der Forschungsfragen. - Die Ergebnisse zeigen erstens, dass Internetnutzer grundsätzlich aktiver sind in ihrer politischen Kommunikation als die Nicht-Nutzer. Dabei werden die Aktivitäten, die den geringsten individuellen Einsatz erfordern, am häufigsten ausgeübt: Ganz vorne steht die interpersonale Kommunikation sowie die rezeptive Nutzung politischer Online-Informationsangebote (57 % der Internetnutzer). Die politische Nutzung des Netzes durch den einzelnen Bürger folgt damit relativ deutlich bereits bekannten Mustern der Kommunikation. - Die Analyse der vorliegenden Panel-Daten in einem quasi-experimentellen Design konnte zeigen, dass sich die Zunahme der Aktivitäten im Bereich der rezeptiven Kommunikation signifikant auf die unabhängige Variable "Erweiterung des individuellen Kommunikationsrepertoires durch Internetzugang" zurückführen lässt und man damit in diesem Teilbereich tatsächlich von einer begrenzten Mobilisierung sprechen kann. - Die empirische Prüfung eines Ansatzes rationaler Wahl zur Erklärung dieses Effekts konnte aufgrund der forschungsökonomisch bedingt begrenzten Datenbasis nur ansatzweise und beispielhaft erfolgen. Hierbei zeigte sich, dass für die verstärkte rezeptive Kommunikation Veränderungen bei den Restriktionen ebenso eine Rolle spielen wie unterschiedliche Nutzenerwartungen und Leistungsbewertungen der einzelnen Kommunikationsformen. Ein Gesamtmodell rationaler Wahl erwies sich jedoch, nicht zuletzt wegen der schmalen Datenbasis, als nicht ausreichend erklärungskräftig. Hier eröffnet sich ein Feld für weitere Forschungsprojekte, die sowohl zur weiteren Aufklärung der Online-Nutzung als auch zur Prüfung von Rationalitätstheorien beitragen können.

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