Antisemitismus in der postnazistischen Migrationsgesellschaft: eine interdisziplinäre Bestandsaufnahme
In: Trierer Beiträge zur interdisziplinären Antisemitismusforschung Band 1
Ob im Klassenzimmer oder auf dem Sportplatz, in der Sozialen Arbeit oder der deutschen Erinnerungskultur – Antisemitismus ist immer noch trauriger Alltag in der postnazistischen Migrationsgesellschaft Deutschlands. Die Autor*innen beleuchten Kontinuitätslinien und aktuelle Entwicklungen des Antisemitismus in der Bundesrepublik und blicken auf Akteur*innen, Ideologien und die Möglichkeiten von Bildung gegen Antisemitismus. In der spezifischen Konstellation von postnazistischen ideologischen Kontinuitäten mit rassistischen und antisemitischen Deutungsmustern und gleichzeitig zunehmend (post-)migrantischen Identitäten wird gerade Antisemitismus immer wieder zum Gegenstand von Konflikten um Deutungsmacht und Aushandlungsprozessen. Während die Mehrheitsgesellschaft sich gerne für ihre vermeintlich gelungene Erinnerungskultur feiert und Antisemitismus externalisiert, in dem sie ihn mit dem Prädikat "importiert" versieht, finden sowohl klassisch wie insbesondere auch israelbezogene antisemitische Narrative überdurchschnittlich großen Anklang in migrantischen Communities. Unabhängig davon, von welcher Gruppe sie gerade angefeindet – oder instrumentalisiert – werden: Für Jüdinnen und Juden in Deutschland ist Antisemitismus alltäglich sichtbar. Die antisemitischen Phänomene und Diskurse zu benennen und zu analysieren ist Ziel der Initiative Interdisziplinäre Antisemitismusforschung, die insbesondere Nachwuchswissenschaftler*innen die Gelegenheit bietet, die Ergebnisse ihrer Forschung zum Thema zu präsentieren. Der vorliegende Sammelband ist dabei Auftakt einer Reihe kritischer Auseinandersetzungen mit gegenwärtigen und historischen Erscheinungsformen, Ursachen und Lösungsansätzen des Antisemitismus in der deutschen Gegenwartsgesellschaft. Seine interdisziplinäre Ausrichtung liefert wichtige Anknüpfungspunkte aus diversen Perspektiven.