Konsum im Kaiserreich. Eine statistisch-analytische Untersuchung privater Haushalte im wilhelminischen Deutschland. 1871-1914
Abstract
In der Arbeit von Fischer wird auf der Basis von fast 4000 Haushaltsrechnungen aus der Zeit des zweiten Deutschen Reiches bis 1914 der Frage nachgegangen, wie sich die einzelnen darin versammmelten Haushalte aller soialen Schichten hinsichtlich ihrer Konsumstruktur unterscheiden. Ziel ist die Typenbildung von Haushalten jener Epoche, und die Identifizierung der entsprechenden Konsummuster. Der Bezugsrahmen stellt die Gesellschaft des wilhelminischen Kaiserreichs dar. Es soll das Bild der Gesellschaft des deutschen Kaiserreiches anhand des Ausgaben- bzw. Konsumverhaltens der Privathaushalte abgebildet werden.
Die räumliche Fokussierung auf das Reichsgebiet erscheint aus zwei Gründen sinnvoll: erstens stellt das Deutsche Reich einen politisch-kulturellen Bezugsrahmen dar, abgegrenzt von anderen Nationalstaaten Europas. Zweitens erhält man durch die Wahl des gesamten Reichsgebietes als Untersuchungsgebiet die breiteste Überlieferung statistischer Daten. Ein engerer Fokus, zum Beispiel auf einen Staat wie Preußen, wäre möglich gewesen, aber nur um den Preis einer bedauerlichen Einschränkung der ohnehin nicht reichhaltigen Quellenbasis.
Für die zeitliche Eingrenzung finden sich zahlreiche politische wie auch wirtschaftliche Argumente. Kursorischh sollen hier nur zwei genannt werden: Erstens stellte das Kaiserreich bis 1914 eine Phase politischer Stabilität dar, in der sich weder Grenzen verschoben, noch Kriege die gesellschaftliche Struktur durcheinanderwirbelten. Zweitens war es trotz gewisser konjunktureller Schwankungen eine Phase weitgehend ungestörter wirtschaftlicher Entwicklung.
Grundlage dieser Arbeit sind die Wirtschaftsrechnungen privater Haushalte, aufgezeichnet entweder von den Haushalten selbst oder erhoben von zeitgenössischen Sozialforschern. Insgesamt 3.994 solcher Aufstellungen haben sich zum Zweck dieser Untersuchung zusammentragen lassen. In dieser Art und Weise einzigartig versammelt bilden sie den "Kölner Datensatz". Dieser Datensatz wurde aus ca. 116 unterschiedlichen Quellen kompiliert. Es wurde versucht, nach Möglichkeit alle aus der Zeit des Kaiserreiches überlieferten deutschen Haushaltsrechnungen, die den Ansprüchen dieses Projektes genügten, in einen Datensatz zu integrieren. Als Grundlage der Recherche konnten einige sehr ausführliche kommentierte Bibliographien herangezogen werden (z.B. die Verzeichnisse von Haushaltsrechnungen in den Arbeiten Albrechts aus den Jahren 1912 und 1914 sowie in dem zusammenfassenden Werk von Williams und Zimmerman von 1935. Einige Ergänzungen fanden sich in den Literaturberichten Spiekermanns aus der Mitte der 1990er Jahre ).
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