Strukturwandel der Frauenarbeit 1880 bis 1982
Abstract
Im Rahmen des von der Stiftung Volkswagenwerk von 1979-1984 geförderten Projekts ´Vergleichende Analysen der Sozialstruktur mit Massendaten´ (VASMA; Projektleitung: Prof. Dr. Walter Müller, Universität Mannheim) sind eine Reihe von Daten der amtlichen Statistik erschlossen worden, die für historische Analysen der Sozialstruktur von großem Wert sind. Insbesondere hat die maschinenlesbare Aufbereitung von mehrdimensionalen Tabellen der Arbeitsstättenzählungen ab 1875 und von Berufszählungen ab 1882 die Voraussetzung dafür geschaffen, zentrale Aspekte des sozialen Wandels bis 1970 nachzeichnen zu können ohne die oftmals schwer zugänglichen Tabellenbände in die Hand nehmen zu müssen.
Die wesentlichen Ergebnisse aus zwei Teilprojekten zum Thema "Strukturwandel der Frauenarbeit 1880 bis 1982" sind hier zu einer Studie zusammengeführt.
(a) Die historische Entwicklung geschlechtsspezifisch segregierter Arbeitsmärkte in Deutschland wird von Angelika Willms (-Herget) auf der Basis von Zensusdaten untersucht (Willms 1980, 1983; Willms-Herget 1985).
Die Datenbasis der Untersuchungen von Angelika Willms (1980, 1983, 1985) basiert auf Berechnungen aus den veröffentlichten Tabellen der amtlichen Berufszählungen 1882, 1895, 1907, 1925, 1933, 1939, 1950, 1961 und 1970 sowie aus entsprechenden Daten der Mikrozensen von 1980 und 1982. Segregation des Arbeitsmarktes wird untersucht als horizontale Ungleichheit der Verteilung von Männern und Frauen auf Wirtschaftsgruppen, sowie als vertikale Ungleichheit des Zugangs zu beruflichen Stellungen in Industrie und Handwerk. Die Verteilung der Frauen auf Arbeitplätze wird hier als Folge einer selektiven Rekrutierung durch die Betriebe interpretiert, d.h. als direktes Ergebnis eines betrieblichen Arbeitsplatzangebots an Frauen. Damit wird der Weg einer nachfrageorientierten Analyse beschritten, im Gegensatz zu solchen Arbeiten, in denen Erwerbsbeteiligung und Erwerbsstruktur von Frauen als Ergebnis eines Entscheidungsprozesses der Frauen betrachtet wird oder als das Ergebnis von den Vorbedingungen auf Seiten der Frauen (wie schulische oder berufliche Bildung, Freistellung von häuslichen Aufgaben usw.).
- In der ersten Studie (A. Willms, 1980) werden erste Aspekte des Strukturwandels der Erwerbsbeteiligung und der Erwerbsformen von Frauen im Deutschen Reich (1882-1939) beschrieben, wobei zunächst die quantitativen Veränderuungen der familialen und marktvermittelten Erwerbsquoten im Vordergund stehen.
- Die Folgestudie (A. Willms 1983 und A. Willms 1985) dehnt den Untersuchungszeitraum bis 1980 bzw. 1982 aus. Hier wird für einhundert Jahre der Weg der Frauen aus den hauhalts- und familienbezogenen Arbeitformen in Land- und Hauswirtschaft in die abhängigen Arbeitsverhältnisse in Industrie und Dienstleistungen nachgezeichnet. Im Rückgriff auf Thesen zum 'Segmentierten Arbeitsmarkt' wird der Versuch unternommen, die Strukturbedingungen des betrieblichen Einsatzes von Frauen und deren historischen Wandel zu erklären. Die Fragestellung ist, in welcher Weise sich Frauenarbeit und Männerarbeit in verschiedenen historischen Zeitpunkten unterschieden haben und welchen Zusammenhang es zwischen dem Wandel der Wirtschaftsstruktur und der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung gibt.
(b) Für einen nachfrageorientierten Ansatz plädiert auch Reinhard Stockmann. Anhand der amtlichen Daten aus den Betriebs- und Arbeitsstättenzählungen der Jahre 1882, 1895, 1907, 1925, 1933, 1950 und 1970 untersucht Stockmann (1984, 1985, 1988) die geschlechtsspezifische Segregierung des Beschäftigungssystems in einer langfristigen historischen Perspektive.
Die Fragestellung ist, in welchen Beschäftigungsfeldern (Branchen) und in welchen Beschäftigungsgruppen (betriebliche Stellungen) weibliche Arbeitskräfte tätig sind und welche Wandlungsprozesse in dem 100jährigen Untersuchungszeitraum stattgefunden haben. Dabei interessiert besonders, inwieweit Frauen an der quantitativen Expansion der gewerblich organisierten Arbeitsform teilgenommen haben, und in welchem Ausmaß sie von den qualitativen Veränderungen (Bürokratisierung, Technisierung, Rationalisierung etc.) im Zeitverlauf betroffen sind.
Es wird der Versuch unternommen, eine Verbindung zwischen der industriellen Entwicklung und der Beteiligung von Frauen in der nichtlandwirtschaftlichen sowie nichthäuslichen Erwerbsarbeit nachzuweisen. Die Veränderung der Beschäftigtenstruktur wird im Zusammenhang mit strukturellen Entwicklungen in Betrieben gesehen. Der Wandel der Organisationsstrukturen findet seinen Ausdruck in einer historisch jeweils unterschiedlichen Zusammensetzung betrieblicher Stellung (Mithelfende, tätige Inhaber, Kaufmännische angestellte, Technische angestellte, Arbeiter) in den Betrieben. Im Vordergrund der Untersuchung von Stockmann steht die betrieblich organisierte und gewerblich betriebene Erwerbsarbeit, so dass die Daten der Betriebs- und Arbeitsstättenzählungen herangezogen wurden.
Themenschwerpunkte der Studie
(Gliederung der Datentabellen in der GESIS-ZA-Online-Datenbank HISTAT):
A. Datenbasis: Berufszählungen
A.0 Übersichtstabellen (Statistisches Bundesamt Wiesbaden, 1972: Bevölkerung und Wirtschaft 1872–1972)
A.1 Grundzüge der Entwicklung der Frauenarbeit von 1880–1980 (A. Willms 1983)
A.2 "Segregation auf Dauer? Entwicklung des Verhältnisses von Frauenarbeit und Männerarbeit in Deutschland von 1882 – 1980" (A. Willms 1983); "Frauenarbeit 1925 bis 1982" (A. Willms-Herget 1985)
A.3 Ausgewählte Basistabellen zur Erwerbstatistik in Deutschland, 1925-1982 (R.Stockmann/A. Willms-Herget 1985)
A.4 "Die Entwicklung der Frauenerwerbstätigkeit im Deutschen Reich 1882-1939" (jeweiliger Gebietsstand) (A. Willms 1980)
A.5 Deutsches Reich 1882 bis 1939 (1939: bereinigte Daten für den Gebietsstand 1937)
B. Datenbasis: Betriebszählungen
"Organisationsstrukturelle Analyse zur Entwicklung der geschlechtsspezifischen Beschäftigtenstruktur" (R. Stockmann 1984)
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