Aufsatz(elektronisch)2022

Die gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten – Identifizierung und Konkretisierung –

In: Europarecht, Band 57, Heft 2, S. 145-164

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Abstract

Für die Errichtung und Fortentwicklung der Unionsrechtsordnung hatten die in den mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen anerkannten Rechtsgrundsätze im Allgemeinen und die gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen im Besonderen schon immer eine fundamentale Bedeutung. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat sie, insbesondere in den ersten Jahrzehnten seiner Spruchtätigkeit, immer wieder als zentrale Quelle für die Konkretisierung des Unionsrechts genutzt - nicht nur, aber auch im Bereich des Grundrechtsschutzes. Inzwischen scheint der Rückgriff auf die gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten in den Hintergrund getreten zu sein, finden sich kaum noch detailliertere, rechtsvergleichende Auseinandersetzung mit den mitgliedstaatlichen Verfassungsordungen. Gründe dafür mögen die Erweiterung des Kreises der Mitgliedstaaten sein, die ansatzweise Positivierung unionsrechtlicher Standards in Gestalt der Charta der Grundrechte und die Konstitutionalisierung des Unionsrechts unter Rückgriff auf seine vermeintliche Autonomie. Dem Wesen der Europäischen Union als Staaten- und Verfassungsverbund und dem Ineinandergreifen von Unionsrecht und nationalem Recht als wechselseitigen Auffangordnungen wird dies jedoch nicht gerecht. Gemeinsamkeiten der unterschiedlichen (Teil-)Rechtsordnungen zu identifizieren und konkretisieren - wie etwa im Ökotox-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts geschehen - bleibt vielmehr eine vordringliche Aufgabe aller Mitglieder des Verfassungsgerichtsverbundes, auch des Gerichtshofs der Europäischen Union.

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